Wenn "Der Bundesminister des Innern" als Herausgeber tätig wird und zusätzlich zum regelmäßig erscheinenden Verfassungsschutzbericht "Themen zur Inneren Sicherheit" abhandelt, dann besteht ganz bestimmt kein Zweifel daran, welche Absichten die staatliche Behörde mit ihrer Veröffentlichung verfolgt:
Sie hat wieder einmal Feinde ausgemacht, denen das Handwerk gelegt werden muß.
Das erste Vergehen gegen den gesunden Menschenverstand, der sich allemal an den Konjunkturen der nationalen und Weltpolitik orientiert; leistet sich die MG schlicht dadurch, daß es sie gibt. "Im Gegensatz zu der anhaltenden Krise anderer, revolutionär-marxistischer Zusammenschlüsse" weist sie "eine ungewöhnliche Stabilität" auf.
Die MG macnt kommunistiscne Politik; der Verfassungsschutz paßt darauf auf; die MG deckt nacn Kräften ihre Leute; der Verfassungsschutz spioniert sie mit überlegenen Mitteln aus: So weit, so normal in unserer FDGO. Die Broschüre des Bundesinnenministeriums mit ihrem Anliegen, die Notwendigkeit einer MG-Verfolgung zu belegen, beläßt es nicht bei diesem geradlinigen Verhältnis.
Die neueste weltpolitische Aufgabe, die wie auf Kommando Regierende wie Untertanen eint, heißt "Hilfe für die Kurden" ungeachtet des Sachverhalts, daß einige der Regierenden gerade noch Kurden unter Terrorismusanklage gestellt und unbedarfte Zeitgenossen von ihnen bisher gar nichts Besonderes gewußt haben. Allerdings ist diesmal unübersehbar nicht so sehr das private mitleidsvoUe Spendenwesen gefragt, sondern gleich der Einsatz organisierterer Kräfte - militärischer.
Über die Marktwirtschaft weiß jeder das Nötige: Sie hat auf der ganzen Linie ge siegt; ihre Anhänger triumphieren, ihre einstigen Gegner bemühen sich um Nachahmung. Deswegen darf man mittlerweile wieder ganz unbefangen Kapitalismus dazu sagen.
Der weltkriegsträchtige Konflikt zwischen den kapitalistischen Weltwirtschafts- und Weltordnungsmächten des Freien Westens und der sowjetischen Weltfriedensmacht mit ihrem Sozialistischen Lager hat noch die Welt beherrscht, da kam bei vielen, die es besser wissen wollten, bereits der Verdacht auf, es gäbe Wichtigeres als die Alternative "Freiheit oder Sozialismus" und vor allem einen viel bedeutenderen globalen Interessengegensatz als den zwischen ‚Ost‘ und ‚West‘, nämlich einen drohenden Überlebenskampf zwischen ‚Nord‘ und ‚Süd‘: zwischen der 3. Welt und den entwickelten ‚Industriestaaten‘ der Nordhalbkugel.
Eine Neuerung in der Handelsdiplomatie ist eine langwierige Gesprächsrunde namens "Structural Impediment Initiative (SII)", die von den USA und Japan Mitte vorigen Jahres mit einem "Final Report" abgeschlossen wurde. Der Name deutet an, worum es geht.
Wenn professionellen Börsenbeobachtern beim besten Willen kein Argument mehr dafür einfällt, warum der Dollar vorgestern DM 1,48, gestern DM 1,71, heute DM 1,68 kostet und keiner eine Prognose wagen mag, wie es damit wohl in drei Wochen aussieht; wenn die Aktienkurse ganz ohne "Trend" steigen und fallen; wenn ein deutsches Handelsblatt sich und seinen Lesern die Frage vorlegt, ob "uns" von der Bankenkrise in den USA "Gefahr" drohe; wenn eine deutsche Exportmesse sich über Auftragsrückgänge mit dem Hinweis auf eine "noch tragfähige Binnenkonjunktur" hinwegtröstet; wenn die Finanzminister der G7 sich gemeinsam "besorgt über die weltweite Abschwächung des Wirtschaftswachstums" zeigen, Politiker Zinserhöhungen im Ausland als unfreundlichen Akt werten und der wechselseitige Vorwurf des Protektionismus mal wieder lauter wird; wenn nicht nur die Bundesbank sich um die DM sorgt, ein unbedachtes Wort Kursstürze verursacht und der Kanzler Optimismus predigt dann steht fest, daß der Zyklus des Kapitals wieder einmal die Phase erreicht hat, die altmodisch Überakkumulation heißt.
In den Führungskreisen der Weltwirtschaftsmächte ist man sich inzwischen ziemlich einig, daß es sich derzeit - naja, irgendwie - um eine solche "Lage" handelt.
Die Macher der Freien Welt dürfen stolz sein auf den Erfolg ihrer 40jährigen Kampagne ‚Freiheit statt Sozialismus‘. Im gesamten ehemaligen Ostblock inklusive Balkan will von Sozialismus kein Schwein mehr etwas wissen, die Freiheit wird tatkräftig genützt.
"Eine Industrieregion zerbricht" meldet der "Spiegel", der allgemeine Kollaps droht, die Treuhand kommt mit der Privatisierung nicht voran, die Arbeitslosenquote marschiert stramm auf die 50% zu, die Produktion der einst zehntgrößten Industrienation DDR wird 1990 und 1991 zweimal hintereinander halbiert. Die Verantwortlichen sind sich einig, und endlich gibt es auch der Kanzler zu: Das "Anschlußgebiet", mit dem die alte BRD sich stärken wollte, ist eine Katastrophe.
Seitdem es ihn gibt, berichtet das demokratische Pressewesen vom Umfang des Streiks der sowjetischen Bergarbeiter. Und dieselbe Öffentlichkeit, die hierzulande die kurzfristige Aussetzung der Briefzustellung als Testfall für die öffentliche Ordnung wertet, wundert sich überhaupt nicht und rechnet die Hunderttausende zusammen, die in der UdSSR unbefristet einen Hauptnerv der industriellen Produktion lahmlegen.
Nationalist will heute ja keiner mehr sein. Nicht mal Schönhuber, der sich dagegen verwahrt, wenn - im Streitgespräch - Peter Glotz ihm das Wort"national" im Munde dreht und ihm "nationalistisch-demagogische Leidenschaften" unterschiebt.
macht natürlich blind für Regungen eines kollektiven deutschen Unterbewußtseins, dessen sichtbarster Ausdruck die Regungen friedensbewegter Linker hierzulande waren. Das solipsistische Gemüt derselben ist so strukturiert, daß der Krieg gegen den Irak angesichts des verlorenen Zweiten Weltkriegs als bedrohlich empfunden wurde, und darüber hinaus wieder ein latenter Antisemitismus zum Vorschein kommen konnte.
Und wie ist das zu erklären? Nicht dadurch, daß im Kapitalismus "Millionen Menschen" daran gehindert werden, sich um ihren Lebensunterhalt zu kümmern, weil nur dannn gearbeitet werden darf, weil man nur dann von Arbeit leben kann, wenn damit ein Geschäft zu machen geht.
Rudolf Bahro genießt den Ruf eines radikalen Kritikers des erledigten realsozialistischen, aber auch des erfolgreichen kapitalistischen Systems. Im einen als Regimegegner verfolgt und ausgewiesen, im andern Oppositioneller geblieben, das macht ihn vor allem für unzufriedene Ex-DDRler interessant.
Die öffentliche Meinung daheim und im Ausland ist sich ziemlich einig: im Golfkrieg hat die BRD keine gute Figur gemacht. Mit dem ihnen eigenen Gespür dafür, daß ihre Oberen nur in dem Maße Hochachtung verdienen, wie sie Erfolg haben, konfrontieren Journalisten deutsche Polihker am Tag des Waffenstillstandes mit frechen Fragen: "Was kann die BRD in eine neue Friedensordnung am Golf überhaupt einbringen?"
"Von dem, was Altbundeskanzler Brandt sagte ‚Aufrecht und in Würde in die Einheit gehen‘, ist nichts übrig geblieben. Wir im Osten werden eine Zeitlang Deutsche 2.
Die USA haben die Kriegsallianz beieinander, die sie gewollt haben: Alte Verbündeten helfen mit gegen Saddam Hussein. Die politische Allianz jedoch, die die USA mit ihrem Bündniskrieg bezwecken, kommt nicht zustande. Dem amerikanischen Anspruch auf bedingungsloses Mitmachen über den Krieg hinaus und auf eine neue Weltordnung fehlt die Überzeugungskraft: der weltpolitische Sachzwang, der keine Alternative offenläßt.
Was Balten, Georgier, Ukrainer und andere Nationalitäten für ihre Unabhängigkeitsbestrebungen ins feld führen, ist hinlänglich bekannt; ihr Anliegen ist hiesigen Begutachtern so selbstverständlich, daß sie die guten Gründe dafür schon kennen und unterschreiben, bevor oder auch statt daß sie sie zur Kenntnis nehmen: Schluß mit der Unterdrückung durch die Sowjetunion, Beendigung von Fremdherrschaft, eine eigene Nation als Litauer, Letten... Was sie davon haben, ist den Litauern, Letten...
Während Deutschland am Niedermachen des Irak militärisch nicht selber teilnehmen wollte, was im verbündeten Aysland auf Kritik stieß, durfte der Judenstaat Israel keinen aktiven Beitrag zum Gemetzel leisten - und wurde allenthalben dafür gelobt, daß sich seine Regierung raushielt und sich voll und ganz der US-Kriegsstrategie unterordnete.
Vor dem Golfkrieg: Rolle und Position in Ordnung
Unter dem Beifall und mit aktiver Beihilfe des Westens haben sich die Staaten des ehemaligen Ostblocks aus dem sozialistischen "Völkergefängnis" befreit. Alle nationalen Aufgaben, für die der sozialistische Staat einstand, und damit alle Lebensverhältnisse, unter denen das Volk früher eingehaust war, gelten nicht mehr.
"Wir sind ein Volk" - die hellseherische Wahrheit dieser Parole hat sich immer mehr, zuletzt noch eindrucksvoll mit der Dezemberwahl betsätigt, nach der eben dieses Volk bis zur Oder-Neisse von einem schwarzen 2-Zentnermann regiert werden will. Auch wenn den Parolen-Grölern von vor einem Jahr die Begeisterung abhanden gekommen ist und sie statt dessen mit ihrem ‚Deutsche 2.
Es gibt Privatmenschen, die von Berufs wegen Staatsbürger sind. Die diesen Beruf gar nicht als Beamtendienst, sondern als ihre Berufung ausüben, zu der sie sich frei erklären.
Die Befreiung der Wissenschaft im neuen Deutschland vollzieht sich als "Abwicklung" des alten DDR-Hochschulwesens und soll sich - wie alles, was der Rechtsstaat unternimmt - als Dienst an Werten verstehen, die ihm und seiner Verfassung heilig sind. Die hier einschlägigen hohen Güter, denen er mit dem Einsatz seiner Rechtsmittel Geltung verschaffen will, heißen "Autonomie der Hochschulen" und "Freiheit von Lehre und Forschung", und gemeint mit beidem ist die Einführung eines Lehrangebotes, das nach Auskunft des sächsischen Bildungsministeriums "auf eine freiheitliche Gesellschaft, einen demokratischen Rechtsstaat und eine soziale Marktwirtschaft orientieren" soll.
Ein Fauxpas sondergleichen soll er gewesen sein, der Auftritt Jörg Haiders Mitte September 1990. "Mitten im Wahlkampf", "im Ausland", noch dazu und ausgerechnet "in München", kurzum: zur falschen Zeit und am falschen Ort habe er seine Überlegungen darüber angestellt, ob Neutralität und Staatsvertrag noch in die europäische politische Landschaft passen.
Parteien haben es nicht leicht. Jetzt, bei den ersten gesamtdeutschen Wahlen, ist die SPD für vier weitere Jahre auf die bekannt harten Bänke der Opposition abgestellt worden; und das bloß, weil die Kohl-Mannschaft mehr Wahlkreuze auf sich versammelt hat.
Der Agrarminister der USA warnt vor einem "Subventionskrieg". Der Bund der ASEAN-Staaten fürchtet einen "transatlantischen Handelskrieg" und eine "Verhärtung protektionistischer Wirtschaftsblöcke".
Die Wahlniederlage hat die Grünen ins Mark getroffen. Nicht im ersten gesamtdeutschen Parlament vertreten zu sein, ist strömungs- und flügelübergreifend - so ziemlich das größte Unglück, das sie sich vorstellen können.
Der Irak erobert Kuwait. Die Staatenwelt nimmt Stellung; allen voran die USA. Sie erklären sich betroffen - also zuständig. Vor allem für die Entscheidung, welche Bedeutung dem kriegerischen Übergriff des Irak zukommt.
Am Golf ist Krieg. Dies sorgt in den kriegführenden Ländern des Westens - offenbar in Relation zu dem Engagement bzw. der Distanz der jeweiligen Regierungen - für eine gewisse Sorte von Aufregung, die so vorübergehend ist wie der Krieg eine temporäre Angelegenheit.
Die Grundvoraussetzung dafür, überhaupt eine Tarifpolitik machen zu können, will die Gewerkschaft bis zum 1. April 91 geschaffen haben: die Übertragung der westdeutschen Tarifstruktur mit ihren Lohngruppen.
Eine Annexion ist passiert, die von der entscheidenden Instanz in Sachen Weltordnung für nicht hinnehmbar erklärt wurde. Das war das Verbrechen, dessentwegen aus Saddam ein klassischer
Der Russe ist so, wenn er etwas glaubt, dann glaubt er mit Haut und Haaren. Zur Zeit stehen in der Sowjetunion Einsichten in den Wert des Geldes hoch im Kurs, die zwar im Freien Westen erfunden worden sind, wo aber alle Wirtschaftsminister und Bundesbanker, allein schon wegen ihrer Achtung des Eigentums davor wären, wenn sie jemand "anwenden" wollte.
Wenn der freie Westen dem Irak praktisch die Feindschaft erklärt, hat ein Friedensforscher gleich gar nichts mehr zu erklären. Die Sache des freien Westens ist fraglos gut.
Selbstverständlich ruft die deutsche Sozialdemokratie zu keiner Demonstration auf, die sich schlicht und einfach gegen Krieg und einen aktiven Einsatz der Bundeswehr in diesem Krieg richtet. Die SPD fordert die Demonstranten auf, die Entscheidung über einen deutschen Kriegseintritt dem Bundestag zu überlassen und in diesem Gremium ihr Vertrauen den Sozialdemokraten zu schenken.
Ein bis neulich noch kommunistischer Staat beschließt die Übergabe an einen kapitalistischen, ihm feindlich gesonnenen Staat. Sein Volk gibt damit an, das erzwungen zu haben, weil es auf die Einheit schon immer scharf wie Nachbars Lumpi gewesen sei.