Der Verfall des politischen Liberalismus von einer Ideologie der aufgeklärten Bourgeoisie zum organisierten Koalitionskalkül reflektiert in den Physiognomien von F.D.P.-Vorsitzenden: Sie werden immer teigiger. Muß man sich Genscher schon mühsam an den Ohren merken, so prägt sich Bangemann nur noch über seine zweienhalb Zentner ein: dick, dumm und eitel.
Die "Vertreter des Staates" sitzen über dessen Gegner zu Gericht: eine eindeutige Sache, sollte man meinen. Wer aus politischen Gründen andere Staatsbürger ins Jenseits befördert, kann weder den Totschlagsparagraphen für sich in Anspruch nehmen noch auf mildernde Umstände hoffen (von wegen "Mord im Affekt").
In seiner Neujahrsrede - und seitdem immer wieder bei jeder sich bietenden Gelegenheit - verkündete der Kanzler, ohne da er sich dazu bei seinem Volke extra hätte erkundigen müssen: "Zuversicht und Optimismus sind überall spürbar." Im Januar überprüfte die "Münchner Hochschulzeitung" der MARXISTISCHEN GRUPPE (MG) mit einer Umfrage unter Studenten der Ludwig-Maximilians-Universität wie die Frohbotschaft des Kohl unter den angehenden Akademikern angekommen ist.
Was treibt ein Volk, dessen Regierung die eigene Armee zur zweitstärksten konventionellen Streitmacht des Westens aufrüstet und auf eurostrategischer Parität mit der feindlichen Weltmacht besteht? Womit beschäftigen sich Bürger, die von ihrem Inneneminister unter ziemlich totale Erfassung und Überwachung gestellt werden?
Agententausch zwischen Ost und West gehört inzwischen nicht mehr zu den Nacht- und Nebelaktionen dubioser Geheimdienste, von denen man bestenfalls hinterher erfährt, daß sie stattgefunden haben. Die jüngste Aktion dieser Art haben die beiden Lager gleich als einen hoheitlichen Staatsakt inszeniert und gleichermaßen Wert darauf gelegt, der wechselweisen Herausgabe gefangenen feindlichen Personals den Charakter einer öffentlichen Politshow zu verleihen.
Ein Gerücht geht um, an das keiner glaubt: SDI soll die Welt von Atomwaffen befreien. Jeder glaubt, daß der sowjetische Vorschlag zwar vorgibt, vom selben Geist beseelt zu sein, aber nie und nimmer ehrlich gemeint sein kann.
CDU und FDP spüren es bei SPD und "Neuer Heimat" auf: SPD und Gewerkschaft entdecken es bei der Berliner CDU: "Spiegel" und Co. wittern es wieder einmal überall: "Mißwirtschaft" und "Korruption", "Gigantomanie" und "Filz" sind eingerissen, wo es um Grund und Boden, Bauen und Sanieren, Verpachten und Mieten geht.
...In Bereichen wie Gesellschaft, Wirtschaft, Staat tragen Betrachtungen über logische Antinomien weder dazu bei, positiv Erkenntnisse zu gewinnen, noch aufgestellte Behauptungen zu widerlegen.
Aber nur sehr sachte, als öffentlich vorgetragener Streit zwischen Gewerkschaft und Regierung samt ihrem Unternehmerlager, als Auseinandersetzung zwischen Regierung und Opposition im Parlament und wo sie sonst noch Wahlkampf machen. Tatsächlich wird der für die Bundesrepublik sprichwörtliche soziale Friede nirgendwo angekratzt; Kämpfe der Arbeiter, um die es ja in der Sache irgendwie gehen soll, gegen die Unternehmer und ihren Klassenstaat finden nicht statt.
Die letzten Fragen geistern durch die Öffentlichkeit. Politiker, Richter, Ärzte, Bischöfe, Philosophen, Joumalisten ereifern sich über die "Grenzfragen", als gelte es, ein dringliches Menschheitsproblem zu lösen, damit endlich Sicherheit einkehre ins tägliche Leben und Sterben.
Die Philippinen: militärischer Stützpunkt der amerikanischen Navy und Flugwaffe, der den Pazifik zum Binnenmeer westlicher Freiheit macht. Dieser Flugzeugträger hat ein Hinterland: rund 7000 Inseln und 55 Millionen Filipinos, zusammen ein Staat, der über einen Naturreichtum an Kokospalmen, Zuckerrohr, Manilahanf und Gold, sowie über einen nationalen Markt gebietet.
Der historisch ungebildete Zeitgenosse könnte bei der Lektüre des demokratischen Pressewesens anläßlich der Wahlen von Manila glatt auf den Gedanken kommen, bei den Philippinen handle es sich um den 51. Bundesstaat der USA oder das pazifische Inselreich sei immer noch eine amerikanische Kolonie: Mit einer bedenkenlosen Selbstverständlichkeit behandelt die westliche Öffentlichkeit die Probleme des Marcos mit seiner Opponentin exklusiv und vor allem als ein Problem der USA und kommentiert nur die Frage, ob und wie Reagan damit fertig wird.
Pünktlich zum Eintritt in die EG hat Portugal einen der letzten noch ausstehenden Schritte "politischer Normalisierung" vollzogen- und sich mit dem bewährten Staatssanierer Mario Soares "den ersten zivilen Präsidenten seit 60 Jahren" zugelegt.
Daß mit dieser penetrant zitierten Gharakterisierung die 10-jährige Amtszeit des Vorgängers von Soares, Eanes, umstandslos mit dem faschistischen "estado novo" Salazars in eins geworfen wird, ist gewiß kein Zufall.
Ein Bericht, der die wesentlichen Leistungen einer Wissenschaft erklärt, benennt ihren Gegenstand, referiert die grundsätzlichen Erkenntnisse über ihn und führt die Beweise für die zentralen Einsichten des Fachs an.
Dazu versteigen sich im Falle der Psychologie auch die Vertreter der Disziplin nicht.
Deutsche Fernsehzuschauer regt nichts auf im wirklichen Leben, nicht einmal ein Krieg anderswo oder der III. Weltkrieg, solange er noch nicht angefangen hat.
Einerseits hat es sich im Fall von Arbed Saarstahl um eine sehr normale Pleite gehandelt: Der Boom der ersten Hälfte der 70er Jahre entpuppte sich in der zweiten Hälfte als "Überkapazitäten". Nicht nur an der Saar, denn im Geschäft mit dem industriellen Rohstoff schlägt jede Konjunkturschwankung unmittelbar durch.