Wo, die Russen 1948 mit der revisionistischen Variante großmächtiger Ausplünderung von Jugoslawien aufgehört hatten, da hat der imperialistische Westen sofort und in Anbetracht der "geostrategischen Bedeutung" dieses Landes ziemlich begeistert angeknüpft. Daß Jugoslawien auch vom Westen nichts Gutes zu erwarten hatte, war Tito zwar bekannt, hinderte ihn aber nicht daran, mit ihm sein Land "allein" aufzubauen:
Ein Land, das dem gebildeten Bundesbürger als einer der Wohnsitze des Yeti und Paradies für Bergsteiger und Haschfreunde bekannt ist, hat es geschafft, in die politischen Seiten der deutschen Tagespresse zu kommen und das, ohne daß die Russen einmarschiert sind.
Ein "Referendum über die zukünftige Staatsform" hat es freilich schon gebraucht, um einem Land die Aufmerksamkeit der deutschen Intellektuellenblätter zu sichern, in dem tagaus tagein nichts anderes passiert, als daß 93,5 Einwohner pro Quadratkilometer Himalaya bis zu einem Durchschnittsalter von 44 dort ansäßig sind, unseren Himalayabezwingern den Krempel ins Basislager schleppen und mit einem mickrigen Jute-, Arzneipflanzen- und Fellexport nicht einmal die Herrschaft eines Königs Maharajadhiraja Birendra Bir Bikram Shah Dev und seines Clans finanzieren können, weswegen fast die ganzen Staatskosten aus der reichlich fließenden Entwicklungshilfe für diesen "Pufferstaat" zwischen Indien und China finanziert werden.
Ein knappes Jahr, nachdem tansanische Truppen "ein gepeinigtes Volk von einem blutigen Tyrannen befreit" haben, darf in der "Süddeutschen Zeitung" beinahe "jeder Ugander" sagen: "Unter Idi Amin war es besser." Während der Einsatz ausländischer Truppen für den Machtwechsel in anderen Gegenden des Erdballs als "schwerer Bruch des Völkerrechts" gegeißelt wird, selbst wenn man vorher z.B.
Seit dem amerikanuchen Beschluß, in Afghanistan die "Unteilbarkeit der Entspannung" zu entdecken und die Sowjetunion den Zweck der Entspannung so spüren zu lassen, daß man ihr zunehmend praktisch die Bewegungsfreiheit bestreitet, hat der innereuropäische Staatenverkehr Hochkonjunktur. Die Diplomatie müht sich um den "Abbau von Spannungen" und startet "Friedensinitiativen", wobei insbesondere der BRD ein paar neue Rollen zugewachsen sind.
Seit Titos Tod, der schließlich die rundum geschätzte personalisierte Garantie des Westens für neutrale Linientreue, staatliche Stabilität und verantwortliche Einheitlichkeit des Staatswesens dahinraffte, geistert wieder der alte, historisch überhöhte politologische Dauerbrenner durch die Presse: Wie steht es mit der Einheit des jugoslawischen Staates?
Das 30 Jahre in Frageform angemeldete Interesse am Erhalt dieser Herrschaft hat wie schon die ewige Dauer dieser Frage beweist - mit der Realität dort unten wenig zu tun.
Nach der Pleite in Lake Placid kann Deutschland wieder stolz sein auf seine Sportler. Denn sie haben bei dieser Olympiade gerade dadurch einen Sieg für die Nation errungen, daß sie zum Wettkampf erst gar nicht antreten wollen.
Die Liebe ist schon eine launige Angelegenheit, besonders zwischen Staaten: Als "wichtiger Schritt zur europäischen Integration" vor etwa einem Jahr von H. Schmidt in die Welt gesetzt und allseits begrüßt, sieht sich das EUROPÄlSCHE WÄHRUNGSSYSTEM (EWS) heute "in einer ersten Bilanz" eher mißtrauisch-enttäuschten Bemerkungen ausgesetzt:
Wenn die Schwarzen anläßlich des Papstbesuches in einigen afrikanischen Diktaturen ein großes Tam-Tam mit Urwaldtrommeln, Kulttänzen und weißen Zaubermännern auf Stelzen veranstalten und sich vor Begeisterung gleich noch gegenseitig tottrampeln, wenn der Oberkatholik Wojtyla "nachsichtig lächelnd" seine Sprüche vom "Erbe der afrikanischen Seele" vom Stapel läßt und noch den letzten verhungernden Negergreis als "jungen Menschen auf einem jungen Kontinent" tituliert, dann kommt zurecht niemand auf die Idee, hier würde gegen den christlichen Auftrag verstoßen. Der mit Affenfell und sonstigen Insignien des großen Medizinmannes ausstaffierte Seelenhirte verkörpert die Wertschätzung der Neger als durchaus taugliche Christenmenschen, die heutzutage auch auf dem Gebiet des Höheren "ihren eigenen afrikanischen Weg gehen".
Zur Ausübung des obersten Amtes im Staat bedarf es keiner besonderen Fähigkeiten weder in den USA noch sonst irgendwo auf der Welt. Wer das Amt einmal hat, dessen Entscheidungen gelten kraft der Macht, die das Amt ihnen verleiht.
Fürst Poniatowski, ehemaliger Innenminister, soll von einem Mord an einem Ex-Parlamentarier gewußt haben, der in seiner Eigenschaft als solcher nicht nur über gute Beziehungen zu Staatsmännern aus Afrika und sonstigen v.a. in waffentechnischer Hinsicht unterentwickelten Regionen verfügte, sondern deren regen Bedarf durch im Dunklen getätigte Geschäfte befriedigte.
Die Zeit ist längst vorbei, als die Arbeitssuche im kapitalistischen Ausland noch als "unpatriotischer Akt" verurteilt wurde, weil ein anständiger Jugoslawe nicht auf mehr Verdienst für mehr Ausbeutung woanders zu spekulieren hat, solange das sozialistische Vaterland noch auf seine Brauchbarkeit spekuliert. Seit der großen Außenhandelsreform von 1965, in deren Gefolge zahlreiche Betriebe rationalisiert oder geschlossen wurden, weil sie in der Konkurrenz mit den ausländischen Waren nicht mithalten konnten, und seit dem damit verbundenen sprunghaften Anstieg der Arbeitslosigkeit sieht recht verstandener Patriotismus anders aus.
Einen demokratischeren Wahlkampf als diesen hat die Bundesrepublik noch nicht gesehen. Das Rennen Schmidt-Strauß hat sich von allem emanzipiert, was noch den Anschein erwecken könnte, es ginge bei der Bundestagswahl im Herbst um mehr ale die Zustimmung des Volkes zur Herrschaft und als hätte der Wahlakt dee Bürgers noch irgendeinen anderen Grund als den, der Herrschaft seine Zustimmung geben zu wollen.
Für Studenten aus Afrika und Asien werden die Zulassungsbestimmungen zu den französischen Universitäten durch Geld - und Sprachnachweise verschärft. Damit wird ihnen nachdrücklich bedeutet, die Interessen ihres Gastlandes zu respektieren, das durch ihre Ausbildung Einfluß auf ihre Heimatländer ausüben will, ohne das Ziel der Ausbildung - die Herauskristallisation der Anwärter auf die Führungsposten - auf seinem Boden zu dulden.
Noch im Tod beweist Tito die Richtigkeit der Politik der Blockfreiheit, weil sich anläßlich seiner Beerdigung die Häuptlinge der Welt getroffen und natürlich auch miteinander geredet haben (als ob die gegenwärtige Weltlage auf mangelnde Gesprächsmöglichkeiten zurückzuführen sei). Und auf dieser Begräbnisfeier zeigte sich auch wieder die große Bedeutung der Blockfreien: Wer sonst kann sich schon rühmen, mit dem gesamten Westen - von geringen Differenzen abgesehen - ein ungetrübtes Verhältnis zu haben, seit 1978 auch zu China wieder Beziehungen zu pflegen und innerhalb der quantitativ anwachsenden Gruppe der Blockfreien eine Führungsposition zu besitzen, die sich mit weltpolitischen Supershows wie der Durchführung der KSZE-Folgekonferenz in Belgrad und dem jetzigen ‚Arbeitsbegräbnis‘ bezahlt macht.
Im vergangenen April gab es in Frankfurt einen Grund zum Feiern. Schon der Ort der Handlung, die Frankfurter Paulskirche, wie auch die Tatsache, daß eigens der Bundespräsident und der zuständige Ministerpräsident anreisten, ließ erkennen, daß es da um Höheres ging.
Die Franzosen, bekannt für ihre selbständige Außenpolitik, haben einen revolutionären Vorschlag in Sachen Völkerverbindung in die Welt gesetzt: sie planen ein Dreiergespräch zwischen afrikanischen, arabischen und europäischen Staaten. Für jeden der Trialogpartner soll etwas herausspringen, und zwar - damit die jeweilige Völkerindividualität zu ihrem Recht kommt - für jeden etwas Passendes:
Zwei Beteiligte der von der Bundesregierung eingesetzten Enquete-Kommission für die künftige Energiepolitik haben die von den Kommissionsmitgliedern unlängst selbst geäußerte Sorge, die von ihnen entworfenen ‚Szenarien‘ für das Jahr 2030 würden überhaupt nicht zur Grundlage der Energiepolitik gemacht, sondern seien nur die Begleitmusik zu den nach anderen Kriterien getroffenen Entscheidungen, eine salomonische Antwort gefunden. Nachdem der Bundeskanzler selbst schon auf die Idee gekommen war, die verstärkte Förderung von Kohle und damit in Zusammenhang stehender technischer Verfahren als Abkehr von der Kernenergie zu verkaufen, also als Zugeständnis an Kernkraftgegner, die nun ihrerseits als echte Demokraten für die existierenden und künftig gebauten Kernkraftwerke zu sein hätten, haben sich zwei wissenschaftliche Geistesriesen den Trick abgeschaut: Die zukünftige Energiepolitik muß ein "Kompromiß" sein.
"Der Welt bedeutendster Friedensstifter, der einnehmendste Staatsmann der Welt, die telegenste Persönlichkeit auf der Weltbühne" (Spiegel 7/1978), übernahm am 15. Oktober 1970 die arabische Republik am Nil, deren Haupteinnahmequelle, eine Wasserstraße zwischen dem Mittelmeer und dem Indischen Ozean, ungenutzt versandete, und deren einzige Ölquellen vom damaligen Hauptfeind Israel ausgebeutet wurden, der einen Teil des nationalen Territoriums besetzt hielt.
Da Erich Fromm pünktlich zum Redaktionsschluß der letzten MSZ von uns gegangen ist, hätten wir uns eine posthume Schmähung seines Angedenkens vielleicht sparen und stattdessen einmal den wahrhaft christlichen Grundsatz anwenden können: De mortuis nil nisi bene. Wie die Dinge aber liegen, steht der Taschenbuch-Auflage des kindischen Katechismus "HABEN ODER SEIN.
Als Sepp Grumberger am 10.5.1980 - zehn Jahre vor dem Rentenalter - das Zeitliche segnete, hinterließ er nichts als Kosten: Sarg, Anzeige und Leichenschmaus fielen zu Lasten der Hinterbliebenen - ansonsten war er zu nichts mehr zu gebrauchen. Ganz anders drei Wochen vorher bei Heinrich Köppler - nur ein Jahr jünger als Sepp G.
Diejenigen, die über die Ausbeutungsbedingungen daheim beschließen, mit ausländischen Kollegen die jeweiligen politischen und geschäftlichen Beziehungen aushandeln, sich auf vermehrte Rüstungsanstrengungen einigen etc., also die politische Herrschaft mit allen dazugehörigen gewalttätigen Konsequenzen nach innen und außen ausüben, opfern gerade vor Wahlen gern ganze Stunden ihres 17-stündigen ‚Arbeitestages, um sich ihrem Volk einmal ganz anders zu präsentieren: Als Mensch, Intellektueller, kurz als Persönlichkeit, die dem Volk dient und diese schwere Aufgabe mit einem Geist erledigt, der für dae harte Geschäft der Politik eigentlich zu schade ist und deshalb in der Politik um so mehr Vertrauen und Bewunderung verdient:
Der Gesundheitstag war ein voller Erfolg. Nicht allein die Masse von 10.000 war es, die den parallel im Internationalen Kongreß Zentrum tagenden Ärztetag und dessen Gezeter über eine "radikale kleine Minderheit" beschämten, und nicht allein das Erscheinen zweier leibhaftiger Gesundheitsminister aus Ländern der ‚3.
in dem Artikel "Warum die Weizenwaffe trifft" (MSZ Nr. 2/1980) wollt ihr nachweisen, daß das amerikanische Getreideembargo gegenüber den Sowjetmenschen tatsächlich "eine nicht unerhebliche Verknappung der Lebensmittel" und damit "Hunger" bewirkt.
Um die Wahrheit über Südkorea zu erfahren, genügt ein Blick ins Fernsehen: Die Kommentierung der Niederschlagung des Aufstands in Kwangju z.B. am selben Abend in den "Tagesthemen" der ARD läßt kaum ein Rätsel über Südkorea mehr ungelöst.
Während in vorwiegend süddeutsclien Regionen ehrbare Bürger alljährlich zur Faschingszeit ihren Spaß daran finden, sich als närrische Untertanen einem gekürten Prinzenpaar zur Verfügung zu stellen, und mit einem glitzernden Zeremoniell samt Hofstaat und Garde ihre sonst eher schmucklose Unterwerfung unter den Staat als Vergnügen feiern (weshalb dieses auch so öde ausfällt), haben sich einige 1000 Anhänger der Ökologieszene vorgenommen, ganz basisemokratisch einmal für ein paar Wochen Staat von unten zu spielen und auf der Tiefbohrstelle 1004 bei Gorleben die "Freie Republik Wendland - Kultstätte 1004" ausgerufen.
Wenn der Schriftsteller Franz Xaver Kroetz seinen Austritt aus der DKP der Öffentlichkeit mit einer "Sensibilisierung im Verhältnis Mensch-Umwelt" erklärt, so heißt dies nicht, daß sich hier ein von tiefem feeling überwältigter Intellekt in ein allumfassendes Verhältnis aufzulösen droht.
Geschärfter Geist meldet sich vielmehr in Kroetzens Entscheidung für den rechten ‚Zeitmarsch‘ an: Es ist nicht mehr ‚in‘ für Westdeutschlands Intellektuelle, den "Sang der Gesänge (für) den Marsch der roten Kolonne" erschallen zu lassen.
Nirgendwo wird die Ideologie, der wahre Sinn "unseres Wirtschaftens" bestünde in der Versorgung der Menschheit mit "Gebrauchsgiitern", eine Mühe, für die deren Macher billigerweise mit Gewinnen entlohnt werden, anschaulicher widerlegt als an den Warenterminmärkten:
Das Geschäft mit dem Warentermingeschäft
Eine Spezies von Lebewesen, die über den regelmäßig wie die Kriege hereinbrechenden ‚Hunger-‚, ‚Mißernten-‚, ‚Bürgerkriegs-‚ und sonstigen Katastrophen in bestimmten Teilen des Globus laufend vergessen zu werden droht, sind die lieben Viecher, die besonders in Afrika und Umgebung sehr unter dem Hunger, Aberglauben und anderen Lastern der Eingeborenen zu leiden haben. Die Schwarzen machen ihnen, wenn keiner aufpaßt, einfach die kärglichen Weidegründe streitig, nehmen auf Tierparkgrenzen und Abschußverbote einfach keine Rücksicht kurz benehmen sich wie die Tiere.
In Österreich heißt der MSB pikanterweise KSV. Sonstige Unterschiede von Belang gibt es nicht, nachdem inzwischen auch der SPARTAKUS seinen Stolz auf "unser Land" äußert und damit den Vorsprung der Alpen-Revis aufgeholt hat, die schon deswegen immer die Parole "Immer für Österreich!"
"Nur über eins gibt die Anzeigeder Zürcher Sowjetbank keinen Aufschluß. Über den größten Goldproduzenten Südafrika schreibt Professor Kolloch: ‚An den märchenhaften Profiten der Goldminenbesitzer haben die schwarzen Arbeiter keinen Anteil.‘
Dieser Vorfall war der "Süddeutschen Zeitung" einen dreispaltigen Artikel wert, handelt es sich hier doch zweifellos um einen Skandal: bei aller Klage über das unverschämte Vordringen des japanischen Kapitals auf dem europäischen Markt - der Richter hätte doch auf jeden Fall berücksichtigen müssen, daß man die einmalige Leistung der Japaner, was die Ausbeutung ihrer Proleten angeht, keinesfalls zu kritisieren, im Gegenteil: nachzuahmen und zu übertrumpfen hätte. Ein nicht unbedeutender italienischer Kapitalist hat ja schon klargemacht, daß der Wettbewerb der Nationen sich an der Arbeitsmoral der Proleten (je härter, desto Moral) und an ihrer Rücksichtslosigkeit gegen die eigene und des Kollegen Gesundheit entscheidet (je weniger Wohlbefinden, desto Produktionsbedürfnis-Erfüllung):
Jetzt dräut sie wieder, die Inflation. In den Karikaturen tauchen vermehrt die Schlangen, Dinosaurier, Teufel und schwarzen Pestilenzen auf, die "uns" an den Geldbeutel gehen - sinnbildhaft das magische Unheil des "Geldwertschwunds" verkörpernd.
Es sind schon lange nicht mehr die Neger, über deren unzivilisierte Dummheit und Exotik man sich mokiert. Die genießen offiziell in jeder Hinsicht die Anerkennung, die sie verlangen.
für die Unausweichlichkeit der Revolution hat der Vorsitzende der Union Investment GmbH (Frankfurt) entdeckt. Wenn die Unternehmen nicht schleunigst dazu übergehen jedermann zum Kapitalisten mit anständigen Profiten zu machen, würden die Aktiengesellschaften bald zusammenbrechen:
Wieder eine Ungerechtigkeit im Wirtschaftsleben haben die Nudelfabrikanten entdeckt: Die italienischen Spaghetti-Plantagen können ihren Hartweizenbedarf zu 690 DM/t befriedigen, während, die Deutschen 761 DM/t bezahlen müssen. Die zweite Ungerechtigkeit besteht darin, daß die Itaker 24 kg Nudeln pro Kopf und Jahr fressen, die Michels aber nur 4 kg - und dennoch sind die italienischen Kapazitäten nicht einmal ausgelastet.
Seitdem in Israel Menachem Begin regiert, ist sie irgendwie perdu, die heroische Idylle vom politischen und sozialen Grundkonsens in diesem Lande. In einer Regierungskrise nach der anderen wird sich immer mehr in seltsamer Verquickung nicht nur um die Sicherheits- sondern auch die Wirtschaftspolitik gestritten.
Mittlerwelle vergeht so gut wie kein - Wochenende, ohne daß sich westdeutsche Linke, Alternative, Bunte und Grüne treffen, um sich im großen Gespräch Auswege aus der Krise zu bahnen. Im April traf man sich in Hamburg zum "Großen Palaver", in Westberlin zum Kolloquium "Ist ein linker Heimatbegriff möglich?"
"650 Baseballspieler der 1. Liga der USA werden am 23. Mai in den Streik treten, wenn die Baseballvereine bis dahin nicht ihr 1972 erkämpftes Tarifrecht anerkennen."
Zwar werden auch in der demokratischen Bundesrepublik die staatstragenden Massen nicht gefragt, ob, wann, wo, wie und wofür sie den nächsten Krieg denn gerne hätten. (Gefragt werden sie etwas ganz anderes: ob sie lieber mit SCHMIDT oder mit STRAUSS das "vor uns liegende Krisenjahrzehnt" in Angriff nehmen wollen!)
Den über 1000 politischen Gefangenen in Italien haben Polizei und Spezialeinbeiten in den letzten Wochen und Monaten einige weitere Hundert hinzugefügt. Die Terroristen der Brigate rosse (Br) und von Prima Linea (PL) revanchieren sich, indem sie weitere Richter- und Polizeichargen sowie Politiker als Opfer aussuchen.
"Wer niemals einen Rausch gehabt, der ist kein braver Mann", sagt der Volksmund und bringt damit zum Ausdeuck, daß das Über-die-Stränge-Schlagen über die normalen Formen der Reproduktion als Ausnahme einer Freizeitgestaltung, die funktional gemacht ist für die Pflichten des Alltags, eine durchaus akzeptable Sache ist. Im Gegensatz dazu ist die bürgerliche Journaille in der gerade laufenden, besorgten Debatte um die Qualitäten der künftigen Elite der Nation nicht müde geworden, darauf hinzuweisen, daß es für den Nachwuchs der Intelligenz geradezu eine regelmäßige Pflichtübung sein sollte, "ein bißchen bürgerliche Unordnung" zu praktizieren und mehr "Abenteuerlust" an den Tag zu legen.
Die brasilianischen Generäle und das ausländische Kapital haben in den letzten Wochen erneut eine "Kraftprobe" mit Arbeitern und Gewerkschaft siegreich bestanden: Der Streik von bis zu 200000 Metallarbeitern im sog. ABC-Gürtel um Sao Paulo, wo u.a.
In einem Fernsehjournal, das sich ansonsten mit den Erschwernissen des Regierens in nicht nur räumlich von uns weit entfernten Ländern befaßt - wo auch mal über die Lebenskünste von Ägyptern auf und von einem Riesenmisthaufen berichtet wird - wurden vor kurzem Bilder über das Betriebsklima in Japan vorgestellt: Vom Dienen und Dienern in Japans Betrieben. Wie der Titel schon sagt, war vom Arbeiten, davon, wie es wirklich zugeht in den Fabriken, wenn die Japaner Autos und Fernseher zusammenbauen, weniger die Rede als von den Eigenheiten dieses Volks bei der Herstellung des nationalen Reichtums, von seinen als kurios ausgegebenen Traditionen, die auf ihre Art klarmachen, daß die Angelegenheit so witzig für die Beteiligten nicht sein kann.
Seiner historischen Verantwortung bewußt, die revolutionäre Bewegung voranzutreiben, erließ das ZK der KPdSU zum internationalen Kampftag der Arbeiterklasse einen richtungsweisenden Aufruf: Es verkündete fünfundsiebzig Parolen zum 1. Mai.
Der Tod des alten Partisanen, der als Präsident der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien zwar nicht mehr die Kluft, aber bei jeder Gelegenheit den Geist der Kampfzeit zur Schau stellte, versammelte mitten in der "Weltkrise" einträchtig die Staatsmänner von Ost und West zum Leichenbegängnis. Aus den Elogen, die dem Marschall mit ins Grab gegeben wurden, sprach mehr als die Höflichkeit unter Kollegen der Machtausübung: Während die Oberhäupter der kapitalistischen Welt auch diesmal nicht das Gefühl haben mußten, beim Anlanden in Belgrad den Boden einer anderen, feindlichen Welt zu betreten, betonten die Staatsrats- und Parteivorsitzenden regierender KPs ihren Respekt vor dem jugoslawischen Weg zum Sozialismus.
Den "Friedenspreis des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels" bekommen in schöner Regelmäßigkeit Persönlichkeiten verliehen, die in sich das Ideal einer Verbindung von Politik und Kultur verkörpern. Nach Leopold Sedar Senghor, der Ende der 60er Jahre schon dafür ausgezeichnet wurde, daß er die bornierte Verwurzeltheit des Afrikaners in Stamm und Kral als Negritude feierte und die Negernatur als "jene Hefe" pries, "derer das weiße Mehl bedarf" (aus einem Senghor-Poem), damit der Negerseele eine Kultur verlieh und zugleich den Umgang der westlichen Welt mit den Schwarzen als geistige Symbiose sanktionierte, ist in diesem Jahr der "zwischen Metaphysik und Politik schwankende Autor" Ernesto Cardenal an der Reihe.
Der Beschluß der Hamburger Universität, Vermächtnis und Renommee einer "Bürger-Uni" durch eine neu einzurichtende "G.E. Lessing-Professur für öffentliche Wissenschaft" zu pflegen, geriet unversehens zum öffentlichen Spektakel. Anlaß dazu war weniger die Absicht von politischem Senat und Universität, mit der "Widmungsprofessur" die "Kluft zwischen akademischen" und den vom lukrativen Geschäft mit dem höheren Blödsinn ausgeschlossenen Bürgern "verkleinern" zu wollen, als vielmehr die "leidenschaftliche Persönlichkeit" W.
Die Frist, die sich die Kontrahenten von Camp David "zur Sicherstellung einer friedlichen und ordentlichen Übergabe der Autorität unter Berücksichtigung der Sicherheitsbedürfnisse aller (!) Parteien" (Wortlaut der Vereinbarungen von Camp David) für das Westufer und Gaza gegeben haben, ist abgelaufen, ohne daß eine "umfassende Friedenslösung zustandegekommen ist, aber auch ohne daß deswegen ein neuer Krieg ausgebrochen wäre.
In der Republik Tschad tobt seit Jahren ein "Bürgerkrieg", der so ausgerichtet wird, daß drei Armeen mit französischen Waffen um die Hauptstadt Nguema, den ehemaligen Kolonialposten Fort Lamy, kämpfen, eine Fallschirmjägerkompanie aus Frankreich Gewehr bei Fuß zusieht und die Kampfpausen durch Koalitionsregierungen der kämpfenden Parteien überbrückt werden. Es geht um die Herrschaft über ein Stück Wüste, Halbwüste, Grassteppe und Trockensavanne, die teils von arabischen Nomaden, teils von schwarzen Wanderhackbauern vor sich hinbewirtschaftet werden.
Ab sofort muß Thomas Münzer, Organisator des Bauernaufstandes in Mühlhausen, mindestens 50% seines Vermächtnisses (Arbeiter- und Bauern-Staat) an Dr. Martin Luther, vormals Fürstenknecht, abtreten.
Das Credo der jugoslawischen Kommunisten heißt "De-Etatisierung". Als einziger der sozialistischen Staaten insistieren die Jugoslawen ausdrücklich auf dem "Absterben des Staates" in der Übergangsgesellschaft:
Der eigenständige jugoslawische Sozialismus hat offenbar ebensowenig wie seine jung- und altsozialistischen Fans hierzulande ein theoretisches oder praktisches Problem damit, daß es eine ganze Menge zu beherrschen gibt im freiesten Land des Sozialismus, daß das "Eigentum der unmittelbar assoziierten Produzenten" gar nicht so recht sicher zu sein scheint vor den Interessen seiner Produzenten und diese am selbstverwalteten "Verein freier Menschen" kein vereinsgemäßes freiwilliges Interesse an den Tag legen. Denn beide, die jugoslawischen Modellbauer wie die hiesigen Bewunderer des humanen Sozialismus, schätzen am Herzstück des jugoslawischen Modell-Sozialismus - der Arbeiterselbstverwaltung der Betriebe und ihrer Konkurrenz unter staatlicher Anleitung -, das mit solchen Marx-Anleihen propagandistisch ausgeschmückt wird, seinen Ursprung und Zweck: die nationalstaatliche Eigenständigkeit und Unabhängigkeit - vom großen sozialistischen Bruder.
Sozialpädagogen sind schon ein seltsames Völkchen: Um sich ein Selbstverständnis als weitherzige Toleranzlinge der bürgerlichen Gesellschaft par excelleace zu erhalten, die als einzige den Zukurzgekommenen ohne jedes Vorurteil, dafür mit umso mehr Helferethos zur Seite springen, sind sie sogar bereit, ihre Klientel mit derartigen Schimpfkanonaden zu belegen, daß es selbst einer Sau graust. Zwar mag sich der Leser bei folgendem entsetzten Ausbruch:
Wenn der deutsche Kriegsminister Frau und Tochter einpackt und im linden Mai mal eben auf drei Tage nach Tunesien fliegt, dann verrät es nicht erst die Wahl von Reisebüro und Fluggesellschaft sowie das mitgebrachte Freigepäck in Form von Verpflegung aus deutschen Landen frisch auf den Tisch für über 100 führende Tunesier, daß seine Reise im Unterschied zu der des normalen Bürgers keine Urlaubsreise ist.
Dann wird dort unten, so gerade recht zum Beginn der Urlaubssaison, deutsche Sicherheitspolitik gemacht, als Beitrag zur westlichen "Sicherheitspolitik im Mittelmeerraum".
und nach dem rumänischen Vorbild vom letzten Sommer hat die DDR den Bürgern der Bruderrepublik Polen kameradschaftlich den Benzinbahn zugedreht. Den polnischen Grenzgängern wird ab sofort mit extra Bezugsscheinen und einem gegenüber der DDR-Mark verschlechterten Zloty-Kurs der Kauf vom - bislang billigeren - DDR-Benzin ver miest.