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Dieser Artikel ist in der MSZ 3-1980 erschienen.

Systematik


DAS JUGOSLAWISCHE MODELL

Der Tod des alten Partisanen, der als Präsident der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien zwar nicht mehr die Kluft, aber bei jeder Gelegenheit den Geist der Kampfzeit zur Schau stellte, versammelte mitten in der "Weltkrise" einträchtig die Staatsmänner von Ost und West zum Leichenbegängnis. Aus den Elogen, die dem Marschall mit ins Grab gegeben wurden, sprach mehr als die Höflichkeit unter Kollegen der Machtausübung: Während die Oberhäupter der kapitalistischen Welt auch diesmal nicht das Gefühl haben mußten, beim Anlanden in Belgrad den Boden einer anderen, feindlichen Welt zu betreten, betonten die Staatsrats- und Parteivorsitzenden regierender KPs ihren Respekt vor dem jugoslawischen Weg zum Sozialismus. Auch die mit ihm beglückten Bürger des Tito-Staates führen sich in kollektiver Trauer so auf, als hätten sie durch den Tod ihres Staatspräsidenten einen Verlust erlitten. Ein Sozialismus, der ihnen keine Reichtümer und einer stattlichen Zahl von Arbeitsemigranten nicht einmal ein Auskommen im eigenen Lande bietet, eine Demokratie, in der das Volk die Ausbeutung selbst verwaltet und ein blockfreier Staat, dem der US-Präsident den Schutz der imperialistischen Führungsmacht versprochen hat: Die Frage, ob der Titoismus ein "sozialistisches Modell" oder eine Perspektive des "demokratischen Sozialismus" ist, erübrigt sich also.

Ost-West-Beziehungen:


EUROPA - EIN ZENTRUM DES FRIEDENS

Mittel zur Sicherung des Friedens sind zur Zeit viele im Gespräch - miteinander reden, reisen, Handel treiben, in Europa und besonders in Deutschland fest zusammenhalten, aber auch die atlantische Solidarität festigen und Entschlossenheit zeigen -, und der Vorwurf läßt sich den Staatsmännern nicht machen, daß sie nicht auch alle ausprobieren. Allerdings zeigen diese Aktivitäten auch, daß der Titel Frieden ein Name für die Zuspitzung im Verhältnis von Ost und West ist, die die USA eingeleitet haben und an der sich die BRD mit allem, was sie zu bieten hat, beteiligt. Diese Vorbereitungen für den nächsten Krieg werden natürlich öffentlich begründet: Schließlich wird der weltweite Verteidigungsfall demokratisch vorbereitet.

DER FROMME ERICH ODER: SEIN MUS DER MENSCH HABEN

Eine komplette Weltanschauung mit Hilfe des psychologischen Mißbrauchs zweier unschuldiger Hilfsverben hinterließ der "marxistische Psychoanalytiker" Erich Fromm in Gestalt seines späten Hauptwerks, das seit Monaten die vorderen Plätze der Bestsellerliste hält. Daß in dem ganzen Buch keine einzige Zeile sich der Wissenschaft verdankt, sondern ausschließlich der überhitzten Phantasie des Denkers, stört ohnehin niemand. Furore macht das Opus wegen seiner Botschaft, das so ziemlich allen modischen Varianten der Ideologie recht gibt, Mensch sei erst, wer nichts mehr will.