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Friedensforscher Prof. Senghaas zum Golf
KRIEG - ES GIBT KAUM EINE BESSERE LÖSUNG!
Man muß ihn nur richtig führen!
"In der derzeitigen Lage gibt es wahrscheinlich keine realistische Alternative zu einer Politik des anhaltenden Embargos und einer militärischen Eindämmung. Solche Eindämmung war jahrzehntelang die Grundlage von Politik im Ost-West-Konflikt. ... Bei solcher Eindämmungspolitik (handelt es sich) weder um eine attraktive politische und militärische Option, noch gar um eine optimale Strategie, sondern allein um eine wenig gefällige Alternative zur derzeit problematischeren Option kriegerischer Auseinandersetzungen." (Frankfurter Rundschau 12.1.91)
Wenn der freie Westen dem Irak praktisch die Feindschaft erklärt, hat ein Friedensforscher gleich gar nichts mehr zu erklären. Die Sache des freien Westens ist fraglos gut. Das einzige, womit ein beamteter Geist sich noch befassen mag, ist die Frage, wie der Irak optimal fertigzumachen ist. Und das ihm eigentümliche Problembewußtsein stellt Senghaas dadurch unter Beweis, daß er an der Notwendigkeit einer gewaltsamen "Eindämmung" des Irak keinen Zweifel läßt, aber keine der Optionen im Einsatz der Gewalt, über die die Herren in Washington, Paris und Bonn befinden, ihn persönlich vollauf befriedigen kann.
Der Mann hat eben nicht nur Verantwortungsbewußtsein für die Weltordnung, sondern auch Geschmack.
1.
Am Krieg könnte er schon Gefallen finden. Wenn's ein "Blitzkrieg" wird. Aber leider muß "seine erfolgreiche Durchführung jedoch für unwahrscheinlich erachtet" werden.
Das findet der Mann schade.
2.
Am liebsten wäre es Senghaas deshalb gewesen, wenn die Politiker sich für eine andere Methode entschieden hätten, die am Golf versammelte Gewalt des freien Westens zum Einsatz zu bringen. Unerbittlich aushungern und militärisch abriegeln, das ist so recht nach seinem Geschmack. Dafür sprechen in seinen Augen die guten Erfahrungen des Kalten Krieges. Die NATO hat mit dieser Militärdoktrin jetzt "nach 40 Jahren Erfolg" gehabt und die Sowjetunion kleingekriegt.
Natürlich, Abschreckungspolitik schließt Krieg ein, das ist auch Senghaas sonnenklar. Schließlich sind die zum Störenfried der westlichen Ordnung erklärten Staaten in der Regel nicht so freundlich wie die Sowjetunion und beseitigen sich nicht selbst:
"In die Ecke gedrängte Aggressoren neigen nicht dazu, klein beizugeben. ... Eine militärische Eindämmungspolitik ist also auch keine Garantie, daß es nicht zum Krieg kommen wird. Vielleicht wäre - wenn alles schiefgeht - aus späterer Perspektive ihre Funktion eine andere, als den Kriegsbeginn hinausgezögert zu haben. Aber darüber gibt es noch kein sicheres Wissen! Also ist es sinnvoll, diese zumindest zunächst nicht kriegerische Option einer unmittelbar kriegerischen Auseinandersetzung vorzuziehen."
Wenn also der Irak nicht klein beigibt, ist über kurz oder lang Krieg fällig. das hält Senghaas für ein Erfordernis. Und das kann man keineswegs dem freien Westen ankreiden, sondern das geht voll auf das Konto des Irak. Kapitulation des Irak angesichts der westlichen Kriegsdrohung, das wäre die beste Lösung. Krieg nur die zweitbeste.
3.
Jetzt ist Krieg am Golf. Prompt liefert der Friedensforscher die vorausschauende Interpretation, mit der sich jedermann guten Gewissens den Bombardements als friedensstiftendes Ordnungswerk anschließen können soll:
"Es muß deutlich gemacht werden, daß sich die Angriffe nicht gegen die irakische Bevölkerung, sondern gegen den Militärapparat richten. Der Bestand des Völkerrechtssubjekts Irak, das muß vermittelt werden, stehe nicht zur Disposition." (Weser-Kurier, 20.1.91)
Nicht, sondern? Die toten Iraker werden an dieser verlogenen Unterscheidung ihre Freude haben. Die westlichen Kriegsherren natürlich auch, weil ihnen noch mitten im stattfindenden Gemetzel aus dem Haus der Wissenschaft der Nobelpreis für Humanismus überreicht wird. So menschlich kann das Töten sein, wenn es mit technischer Perfektion über die Bühne geht. Wenn sie sich dann doch nicht an die guten Ratschläge von Senghaas beim Kriegführen halten, wird er ihnen sicher den Vorwurf nicht ersparen können, den Erfolg ihres Krieges gefährdet zu haben. Da ist der Mann sensibel.
Zukunftsweisend auch die Empfehlung, daß mit den Flächenbombardements nicht das Völkerrechtssubjekt, der Staat, zur Disposition stehen darf. Das können sich die deutschen Kriegsherren dann am Tag danach von den besiegten Arabern als Mäßigung honorieren lassen, mit der zweifelsfrei beglaubigt ist: "Wir" sind die Zuständigen für die Ordnung im Nahen Osten, im Krieg wie im Frieden.
P.S.
Seine mahnende Stimme, daß im "Atomzeitalter" Kriege "sinnlos" geworden sind, braucht Senghaas nicht mehr zu erheben. Der Irak ist nicht die Sowjetunion, die sich den Kriegsdrohungen des Westens widersetzen könnte. Insofern hat am Golf die Abschreckungspolitik auch nicht "versagt", wenn der Krieg auf die Tagesordnung gesetzt wird. Am Golf bewährt sich der Krieg als Mittel der Politik, die Welt in ihrem Sinne zu ordnen. Senghaas wäre der Letzte, der daran etwas auszusetzen hätte. Im Gegenteil.