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Dieser Artikel ist in der MSZ 5-1989 erschienen.


EIN HERZ FÜR KOMMUNISTEN

Am edelsten ist der Humanismus der demokratischen Politmoral, derzufolge sich beim Hitler-Stalin-Pakt erstens der Abschaum der Menschheit verbündet habe, das zweitens alles Nötige über das System sage, das es heute noch gibt, wenn er sein Herz auch noch für Kommunisten entdeckt. Daß gestandene Antikommunisten sich auf die Tour verstehen, aus den Formen, in denen Genosse Stalin die Linie seiner Partei sauber hielt, die ganze Menschenwidrigkeit des Kommunismus abzuleiten, kennt man ja schon. Kaum mehr auszuhalten aber ist diese Pflege der Dankbarkeit, im garantiert richtigen System dabeizusein, wenn dieselben beinharten Freunde der Menschlichkeit sich in das Los der deutschen Kommunisten einfühlen, die der Diplomatie geopfert wurden. Dann passen nämlich nicht nur alle für Hitler reservierten Titel der Verurteilung auch auf den anderen "Diktator" und tragen so zur Vergewisserung bezüglich dessen bei, was man von dem eh schon wußte: Dann läßt sich auch noch am ach so verwerflichen Umgang des "Totalitarismus" mit Kommunisten zeigen, daß die Verfolgung, die diese in der Demokratie durch den Rechtsstaat genießen, komplett in Ordnung geht, weil kein GULAG oder KZ die Moral der Politik anrüchig macht, die sie gebietet:

"An politischer Amoralität eine der verachtenswertesten Folgen der unheiligen Allianz war die Auslieferung deutscher und österreichischer kommunistischer Emigranten durch Stalins und Berijas Schergen an Hitlers und Himmlers Schergen. Vom GULAG ins KZ." (Süddeutsche Zeitung, 22.8.89)