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Dieser Artikel ist in der MSZ 5-1988 erschienen.

Systematik


DEMOKRATISCHE MEINUNGSBILDUNG 1988

Wenn die führende Weltmacht des Westens einen Diktator fallenläßt, dann weiß die Öffentlichkeit sofort Bescheid. Die meinungsbildenden Organe kommen ihrem grundgesetzlich verankerten Auftrag nach und stiften ganz viel Durchblick: Sie versorgen das staatsbürgerliche Publikum mit objektiven Informationen -

"Die Demokratie hat es nicht leicht in Zentralamerika... Der pockennarbige Noriega, knapp fünfzig Jahre alt, ist heute der unbestrittene Herrscher - solange er ein System aufrechterhalten kann, das durch Korruption, Betrug und Erpressung die Taschen seiner Soldaten füllt, und solange sich das Land ausbeuten läßt... Noriega verkörpert nicht nur die brutale Raffgier eines ehrgeizigen Offiziers. Der Mischlings-Parvenu... der intellektuell mäßig begabte General... manchmal gestotterten Ansichten... Frauengeschichten... Hang zum Okkultismus... verbreitet Furcht... finster... hat Noriega nie begriffen ... la pina, die Ananas..." (Die Zeit),

üben Kritik -

"Die USA blamieren sich in Panama. Die Supermacht findet kein Mittel gegen den lästigen Dikator Noriega. Wie wird man einen Diktator los?... Man kann ihn zum Beispiel übler Verbrechen beschuldigen. Wenn das nicht reicht, empfiehlt sich eine Geldsperre oder eine kleine Invasion. Die Vereinigten Staaten haben alle nur denkbaren Wege ausprobiert. Und alle verliefen im Sande." (Abendzeitung, 6.4.88)

und bemühen sich um konstruktive Vorschläge -

"Gibt es in Pnnama niemanden der den Diktator absetzen kann?

Nein. Der gewählte Präsident Eric Arturo Delvalle, der es versucht hatte, wurde Ende Februar von Noriega aus dem Amt gejagt. Er versteckt sich seitdem. Sein Nachfolger Manuel Solis Palma ist eine Marionette.

Was werden die Amerikaner tun?

Derzeit üben sie wirtschaftlichen Druck auf Panama aus... Die Reagan-Regierung spielt sogar mit dem Gedanken, die fälligen Jahreszahlungen für die Benutzung des Kanals - derzeit 78 Millionen Dollar - vorläufig zurückzuhalten. ... Experten schließen nicht aus, daß die Amerikaner am Ende noch einmarschieren und für Ordnung sorgen werden - wie vor Jahren auf der Karibikinsel Grenada." (Quick, 16.3.88)

Die Besprechung einer imperialistischen Alltagsaktion der USA findet nichts normaler als die von dort vorgegebenen Maßstäbe: Intervention muß sein. Eigentlich hätte sie schon gestern sein müssen, dann wäre es nicht zu den heutigen unhaltbaren Zuständen und Personen gekommen....