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USA contra Nicaragua
KEINE CHANCE FÜR DIE SANDINISTEN
"Seit Monaten erlebt Mittelamerika einen beispiellosen Friedenspoker. Die sandinistischen Comandantes mischten die besten Karten. Sie verfolgen die Strategie, mit Hilfe des Arias-Plans den Contra-Rebellen den Todesstoß zu versetzen. Wenn der US-Kongreß der antikommunistischen Guerilla-Bewegung keine Mittel mehr bewilligt, ist ihr Ziel erreicht." (Die Welt, 9.11.87)
Erst 270 MiUionen, dann 36 Millionen Dollar wollte Reagan den Freiheitskämpfem der Contra zukommen lassen. Dies hat der Kongreß mit seiner Abstimmung von Anfang Februar zunächst verhindert. Seitdem blühen die Spekulationen über einen Erfolg des Friedensprozesses in Mittelamerika und eine kurz bevorstehende Beeinträchtigung der militärischen Schlagkraft des antisandinistischen Terrorismus.
Die Sorge um den endgültigen Erfolg des "schmutzigen Stellvertreterkrieges" übersieht freilich nicht nur, daß die US-Regierung schon 1986 ganz offiziell den CIA mit der Organisation und Kontrolle der Contra beauftragt hat (über diese Sorte von Sponsorship ist auch dieses Mal nicht abgestimmt worden), sondern läßt auch die ausdrückliche Absichtserklärung der oppositionellen Demokraten unbeachtet, "humanitäre" Hilfe bewilligen zu wollen. An Unterstützung aus den USA fehlt es den Contras weiterhin nicht.
Demokratische Alternative zum Fertigmachen: Friedliche Kapitulation
Die demokratischen Widersacher Reagans wollten auch gar nicht das Mißverständnis aufkommen lassen, sie hielten die gesamte Kriegspolitik gegenüber Nicaragua für verfehlt. Im Zweck sind sie sich mit ihrer Regierung sehr einig: Der Druck auf die Sandinisten muß fortgesetzt weiden, damit diese weitere Konzessionen machen und eines nicht mehr so fernen Tages freiwillig von der Macht zurücktreten. Während Reagan auf die ununterbrochene Überzeugungskraft weiterer Kriegshandlungen setzt, also vor, während und nach den Verhandlungen, die seit dem Abkommen von Guatemala (Arias-Plan) laufen, den Krieg weiterführen will, bauen die Demokraten so sehr auf den bisher gelaufenen Terror, daß sie eine Demonstration der Zurückhaltung in der gegebenen Lage für angebracht halten. Sie beantragen eine geringere Unterstützung der Contras - auf deren Druck auch sie nicht verzichten wollen -; sie befürworten eine Feuerpause als Test darauf, ob sich die Sandinisten ohne militärischen Druck "auch nicht daneben benehmen", sprich: zur freiwilligen politischen Selbstdemontage bereit sind. Die Ideologie dazu heißt:
"Die USA sollten Mittelamerika seine Angelegenheiten selbst regeln lassen, anstatt grobschlächtig zu intervenieren." (Jim Wright, demokratischer Sprecher des Repräsentantenhauses)
Von einer Forderung nach Auflösung der Contra ist im Kongreß nichts bekannt geworden.
"Die Führer der Demokraten im Repräsentantenhaus haben inzwischen erklärt, daß sie keineswegs beabsichtigen, die Contras von allen Mitteln abzuschneiden. Sie bereiten ein altematives Gesetzespaket vor für 'humanitäre' Hilfe: Lebensmittel, Bekleidung und Medikamente. Damit, so beruhigten der Fraktionsvorsitzende Jim Wright und andere die nervös gewordenen Fraktionsmitglieder der gemäßigten Richtung, könne die Rebellenarmee weiterhin Druck auf die Sandinisten ausüben, sich bei den Verhandlungen kompromißbereit zu geben. Das hielten die Demokraten nicht nur für den besten Weg, die Abstimmung zu gewinnen. Sie hofften ebenfalls, sich so politisch abzusichern, um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, sie würden Nicaragua dem Kommunismus in die Hände fallen lassen." (Newsweek, 15.2.)
"Gemäßigt" ist die demokratische Opposition in den USA also nur in einem bescheidenen Punkt: Sie begrüßt die Verhandlungen, weil sie darauf setzt, daß die Sandinisten weiter nachgeben werden. Sie sollen freiwillig auf die Forderungen der Contra nach Regierungsbeteiligung usw. eingehen, jedes Ultimatum und jedes Verhandlungsdiktat akzeptieren; sie sollen anerkennen, daß sie gar nicht die rechtmäßige Regierung ihres Landes sind; eigentlich solle sie - ganz friedlich und am Verhandlungstisch - ihrer eigenen Abdankung von der Macht zustimmen. Tun sie das nicht, dann müßten die USA "leider" wieder zu einer härteren Gangart greifen und der Contra wieder mehr direkte Angriffe und Sabotageakte erlauben, sie also voll als "Druckmittel" ausspielen. Für die Reagan-Administration erscheint so eine Stellung bereits als Gefährdung der US-Kontrolle über Mittelamerika; sie will eine bedingungslose Unterwerfung der Sandinisten und jeden Zustand und jede Maßnahme unterhalb dieses Zieles begreift sie als "Mißerfolg". Darüber will sie nicht mit sich reden lassen. Und den Sandinisten verweigert sie ganz prinzipiell direkte Verhandlungen, weil ihr das als zuviel Anerkennung für "einen Haufen Banditen" (Reagan) vorkommt. Verhandlungen taugen für die Reagan-Administration nur dann etwas, wenn ihre Forderungen in einen Vertragstext gegossen werden und die Kapitulation des Gegners besiegeln.
Der Arias-Plan und der "Beginn des Friedensprozesses" sind gegen amerikanische Bedenken zustandegekommen. Allzu groß ist ihr Unmut über diese Entwicklung aber auch nicht. Weitere "humanitäre" Hilfe ist ja in Aussicht gestellt, und die Contra-Terrorgruppe bleibt einsatzfähig - die neuesten Nachrichten vom Kriegsschauplatz Nicaragua mit ihren Anschlägen und Mordopfern begleiten noch jede anstehende Verhandlungsrunde. Vom maßgebenden Standpunkt der US-Innenpolitik aus hat sich also bestenfalls eines geändert:
"Die einzige wirkliche Änderung liegt darin, daß man jetzt eher den demokratisch beherrschten Kongreß als das republikanische Weiße Haus für einen Fehlschlag oder einen Erfolg der amerikanischen Nicaragua-Politik verantwortlich machen wird." (Newsweek, 15.2.)
An den Maßstäben für Erfolge und Mißerfolge amerikanischer Politik hat sich also nichts geändert. Daß energisches Auftreten zu einer erfolgreichen Politik gehört, ist eben für Regierung und Opposition einer Großmacht wie der USA selbstverständlich. Ihre Kriegspolitik gegen Nicaragua war, in diesem Lichte besehen, sogar ausgesprochen moderat - sie hat Nicaragua an den Verhandlungstisch mit den Contras gebombt, ohne selbst intervenieren zu müssen. Der jetzige Verhandlungspoker ist also durchaus die Fortsetzung einer erfolgreichen Politik des Niedermachens eines Landes, das die Frechheit besessen hat, sich durch einen Aufstand von der Somoza-Diktatur zu befreien. Für die USA rechtfertigte das den Verdacht, daß sich hier ein Staat ihren Ansprüchen auf Weltordnung unter ihrer Führung entziehen wollte. Und daraus folgt für jede US-Regierung mit tödlicher Sicherheit der Kommunismusvorwurf. Von der selbst geschaffenen Notwendigkeit, für ihren Kampf gegen den Weltkommunismus in Nicaragua lauter getürkte "Beweise" vorzulegen, machte sich die amerikanische Regierung schnell frei: Sie hielt sich an ihren Kampfauftrag "Den Krieg nach Nicaragua tragen" (Studie des Außenministeriums von 1981) und organisierte aus ehemaligen Nationalgardisten Somozas ihre Contra-Truppe. An großzügiger Ausrüstung und Alimentierung sollte es nicht fehlen. Begleitet wurde der Krieg durch einen von den USA verhängten Wirtschaftsboykott und eine militärische Rundumaufrüstung der Nachbarstaaten Nicaraguas. Der Einsatz eigener Truppen wurde immer unter der Schwelle des direkten Eingreifens in Nicaragua gehandhabt: Gemeinsame Manöver mit der hochgerüsteten Armee Honduras, jede Menge neue Stützpunkte und Flughäfen für den nicht eintretenden "Ernstfall", Verminung wichtiger Häfen und das "Einüben" einer Seeblockade anläßlich ausführlicher Marinemanöver -"mehr" war nicht. So war und blieb die Drohung mit der Intervention äußerst lebendig.
Diplomatie der Ohnmacht contra Weltmacht Nr. 1
"Meine Begegnung mit dem Papst soll kühl gewesen sein? Das bestreite ich. Ich bin gekommen, um vom Frieden zu sprechen, und Seine Heiligkeit hat sich dafür ausgesprochen, den Friedensprozeß zu unterstützen. Ich bin sehr zufrieden." (Interview mit Daniel Oitega, in "la Repubblica", 2.2.88)
Noch jeder Versuch der letzten Jahre, für Nicaragua und Mittelamerika eine "friedliche Lösung" zu finden, hatte ganz zwangsläufig seinen Ausgangspunkt in den Tatsachen, die die USA mit ihrer Gewaltmaschinerie und ihrem Krieg gegen die Sandinisten inzwischen geschaffen haben. Aber immer, wenn von Vermittlung und Frieden geredet wurde, sollte und soll man sich gleich dazudenken, daß das nichts mehr mit Krieg und Erpressung, mit Angreifer und Angegriffenem zu tun hat. Dabei lebte schon der Contadora-Plan davon, daß sich die unterlegene Kriegspartei freiwillig der imperialistischen Macht unterordnen sollte - wer da wen warum erpreßte, war den Friedensstiftern (Mexiko, Panama, Venezuela und Kolumbien) ziemlich gleichgültig. Sie wollten einen Konflikt beseitigen, der den "traditionellen" Formen des Zusammenlebens von Staaten in ganz Amerika widersprach; den "Konflikt" wollten sie "neutral" sehen, als Auseinandersetzung zwischen zwei Seiten, die irgendwie gleich seien und die nun beide gleichermaßen ihre Rüstung und ihre Angriffspotentiale zurückschrauben sollten.
Während die Vereinigten Staaten nicht bereit waren, die in solchen Vorstellungen enthaltene Anerkennung ihres Gegners und einen allgemeinen Waffenlieferungsstop (der also auch ihre Contra-Schützlinge getroffen hätte) hinzunehmen, sah Nicarägua darin eine Chance, endlich mit dem eigentlichen Gegner ins Gespräch zu kommen.
Die permanent wiederholten Versuche Nicaraguas das Feld der Diplomatie für eine Beendigung des Krieges oder zumindest Ruhe an einer der Fronten zu benützen, künden von einer kaum zu überwindenden Ausweglosigkeit der Situation des Landes. Statt diplomatischer Anerkennung und der 'normalen' Ausbeutung der natürlichen Reichtümer durch US-Konzerne, die Staaten der "3. Welt" zum Mitmachen und zu sonst nichts ermächtigt, sahen sich die neuen Machthaber in Nicaragua spätestens mit dem Amtsantritt Reagans mit einer grundsätzlich anderen Haltung konfrontiert: Die USA fanden diese Regierung unbotmäßig; deswegen stellten sie sich auf den Standpunkt, sie sei auch nicht rechtmäßig. Dieses Urteil haben sie in den letzten neun Jahren vollstreckt. Die üblichen Gepflogenheiten im Umgang von Staaten miteinander, die üblichen Berechnungen und politischen Druckmittel der Diplomatie, wollten sie im Verkehr mit den Sandinisten nicht mehr gelten lassen. Dabei waren und sind sie sich sehr sicher darin, als Weltmacht Nr. 1 auch alle militärischen Kampfmittel und Alternativen der Erpressung zu besitzen, die eine frei einsetzbare Handlungsfähigkeit gegenüber außenpolitischen Kontrahenten erfordert.
Genau um diese Grundlage der Diplomatie steht es bei Nicaragua ausgesprochen schlecht.
Jede Mitteilung an den gegnerischen Staat, jede Demarche oder jede Ankündigung von "härteren" Maßnahmen entbehrt der erforderlichen militärischen oder ökonomischen oder politischen Druckmittel. Auf Diplomatie zu setzen, bedeutet deshalb für die USA und für Nicaragua etwas ganz Verschiedenes: Für die USA herrscht Freiheit, sich zusätzlich der Diplomatie zu bedienen, wenn sie es für notwendig erachten in einem Fall wie Nicaragua, und es ist für sie absolut kein Zugeständnis oder Gesichtsverlust, wenn ihr Außenminister Shultz - wie im März 1984 geschehen - auch mal zu den ansonsten strikt abgelehnten direkten Verhandlungen nach Managua reist. Nicaragua geht von dem Standpunkt der Not aus, es ist gezwungen, mit dem von den Amerikanern diktierten Kriegszustand zurechtzukommen, und muß deshalb immer wieder auf Verhandlungslösungen setzen. Dies trifft um so mehr zu, als es keine wirkliche Garantiemacht an seiner Seite weiß - die Sowjetunion ist in den neun Jahren Nicaraguakonflikt einem "zweiten Cuba" und den daraus folgenden weltpolitischen Verwicklungen konsequent aus dem Wege gegangen.
Den Unterschied beim Einsatz der diplomatischen Mittel haben die USA beim Contadora-Vorschlag vorexerziert: Der erste Vertragsentwurf, von Nicaragua akzeptiert, wurde von ihnen zurückgewiesen und solange dem Wechselbad "diplomatischer Kanäle" zu Mexiko und den anderen lateinamerikanischen Vertragsstaaten unterworfen, bis er sich in seiner neuen, zweiten Fassung eindeutig und einseitig gegen Nicaragua richtete. Den Sandinisten blieb nichts anderes übrig, als nun ihrerseits den Entwurf abzulehnen. Damit hatten die USA und sämtliche Kommentatoren des freien Westens den erneuten Beweis für die mangelnde Friedfertigkeit bzw. Kompromißbereitschaft der Sandinisten.
In die gleiche Zwickmühle sind die Comandantes natürlich auch mit ihren Versuchen geraten, sich militärisch gegen die USA und ihre stellvertretend Krieg führenden Contras und Verbündeten wie Honduras zu behaupten. Das Urteil steht fest: Eine zur Verteidigung fähige Armee und eine aus dem gleichen Grund eingerichtete Volksbewaffnung steht Nicaragua nicht zu; "für seine Verhältnisse" ist es zu "hochgerüstet" - wer das Land dazu gezwungen hat, ist in dieser Logik völlig unerheblich. Viel logischer ist es schon, in der Rüstung den "Grund" dafür zu sehen, daß der nicaraguanische Staat hinten und vorne kein Geld hat, vor allem nicht in der Lage ist, seine Bevölkerung anständig zu ernähren. Und das ausgerechnet in einem der seltenen Fälle, wo Rüstung gebraucht und Krieg geführt wird, um die Leute vor Terror von auswärts zu schützen. Auch deswegen übrigens haben die Sandinisten die allgemeine Volksbewaffnung und die Vergrößerung der Volksmilizen beschlossen - das wird ihnen als "totalitär" angekreidet.
Ebenfalls wegen der amerikanischen Aggression mußten die Sandinisten schon vor Jahren davon Abstand nehmen, entsprechend ihrem Programm die ökonomischen und sozialen Verhältnisse zu ändern. Von den USA in die Enge getrieben, sehen sie sich heute gezwungen, "einige unrevolutionäre Dinge" (Newsweek, 21.12.87) zu tun. Geld in den Umbau der Wirtschaft zu stecken oder die Grundnahrungsmittel ausreichend zu subventionieren, das hieße Abzug von den unerläßlichen Verteidigungsanstrengungen. Also werden überall Devisen eingespart, und die staatliche Notenpresse läuft auf Hochtouren (ca. 1500% Inflation). Die eigentliche Währung des Landes, auf die auch die Regierung scharf ist, ist die des Feindes: Der Staat braucht sie für seine Waffenkäufe, für die alten (amerikanischen) Maschinen und industriellen Anlagen sind Ersatzkäufe in Kanada und vergleichbaren Ländern nötig. Strom und Wasser stehen nur stundenweise oder gar nicht zur Verfügung. Hämisch vermelden die Auslandskorrespondenten aus Managua, daß es immer mehr staatlich geführte "diplotiendas" gibt, wo man gegen- Dollars "einfach alles" kaufen kann.
Kein "Kompromiß" geht weit genug
Und wo sich die Sandinisten anstrengen, um die Weltöffentlichkeit zu beeindrucken und so diplomatisch Punkte zu sammeln, bekommen sie genauso gnadenlos vorgeführt, in welcher Situation sie sich befinden. Die Sache mit den freien Wahlen zum Beispiel, die sie 1984 veranstaltet haben, war dem Ausland aus einem einfachen Grund heraus denn doch nicht demokratisch genug: Die Sandinisten hatten einfach "übersehen", daß man von ihnen eine Niederlage und einen freiwilligen Abschied von der Macht erwartet hatte. Andererseits gab die Wahl wieder einen schönen Beleg dafür ab, daß die Sandinisten eben mit Waffengewalt vertrieben werden müssen...
Wenn Nicaragua heute als einziges Land den Arias-Plan erfüllt, den Ausnahmezustand aufhebt, verurteilte Nationalgardisten von Somoza und gefangengenommene Contras entläßt, für alle Contraangehörigen eine Amnestie verspricht und - was das Guatemala-Abkommen ausdrücklich nicht vorsah - direkt mit den Führern des Contra-Terrorismus über die politische Zukunft des Landes verhandelt, dann merkt es nicht nur in den Verhandlungen, in welche Lage es die USA manövriert haben. Die Sandinisten können auf immer neue Bedingungen eingehen - der Gegenseite dient es nur als Beweis, daß noch mehr zu holen ist. Parallel zu den Verhandlungen werden sie "weiter unter Druck gehalten", eine Entspannung oder Entwarnung an der Kriegsfront ist also nicht abzusehen. Ganz praktisch bekommt Nicaragua noch einmal die Maßlosigkeit des US-Anspruchs vorgeführt: Inzwischen haben sich die Sandinisten dazu durchgerungen, die Contras als gleichberechtigte Kraft anzuerkennen und ihren geistlichen Führer, den Kardinal Obando, als "Vermittler" zu nominieren. Die 14 Oppositionsparteien agitieren ungehindert im Land herum, und für den Fall eines entsprechenden Wahlausgangs haben die Sandinisten ihren Rücktritt angekündigt. Den USA und ihren Freunden ist das alles nicht genug - sie halten an der Vollstreckung ihres Urteils gegen die Sandinisten fest: Machtübergabe an die Contra sofort ist ihre "Verhandlungs"linie. Inzwischen ist die schöne Situation eingetreten, daß nach der amerikanischen Kapitulationslogik die sandinistische Revolution eigentlich dazu geführt hat, daß nicht einmal ein politischer Abgang mehr möglich ist. Denn treten die Sandinisten heute oder morgen zurück, dann blieben ja immer noch die sandinistische Armee und die Volksmilizen...
Ob dagegen das Insistieren auf Verhandlungen und das Annehmen immer neuer Bedingungen hilft, ist mehr als fraglich. Andererseits bleibt den Sandinisten auch nichts anderes übrig, als neben den militärischen Verteidigungsanstrengungen - die eine demo-artige Invasion a la Grenada immerhin verunmöglichen - auf einen diplomatischen Kompromiß hinzuarbeiten. Sicher ist dabei, daß die Sandinisten die Wirkung diplomatischer Erfolge überschätzen. Der Papst wird sich hüten, bei Reagan wegen eines Friedensabkommens vorstellig zu werden oder die Contras zu exkommunizieren, selbst wenn Ortega noch so oft mit Ehefrau und in schicken Zivilklamotten auftritt. Auch eine Diplomatie der "Blitzreisen", u.a. nach Spanien zu dem "neuen Atlantiker" und NATO-Freund Gonzalez, dokumentiert Hilflosigkeit und verbessert die weltpolitische Lage Nicaraguas nicht, solange die USA bei ihrer Linie bleiben. Das hätte Ortega eigentlich schon aus der Klage beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag lernen können: Die USA reagierten auf die Anklage, mit ihrer Verminung der Häfen Nicaraguas das Völkerrecht verletzt zu haben, schlicht mit der Ankündigung, zwei Jahre lang Urteile des Hohen Gerichts zu Mittelamerika einfach nicht zur Kenntnis zu nehmen.