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Dieser Artikel ist in der MSZ 7-1987 erschienen.


Eine deutsche Schuld suchen wir uns selber aus, auswärtige Schulden nützen wir aus

In ihren Finanznöten ist die polnische Regierung auf die Idee verfallen, sie könnte es eigentlich einmal mit dem Israel-Trick probieren, unvergeßliche Schuld, Wiedergutmachung usw., und von der Deutschen Bundesbank ein paar Gelder abstauben, bzw. eine größere Bereitwilligkeit für neue Kredite erzeugen.

Abgesehen von den von Deutschland umgebrachten Polen gab es nach Kriegsende noch ungefähr 10 Millionen lebende Polen, die als KZ-Insassen, Zwangsarbeiter oder Hinterbliebene von NS-Opfern gewisse Schädigungen geltend machen konnten, wie sie zivilrechtlich zumeist mit Geld abgegolten werden. Völkerrechtlich ist diese Frage natürlich ungleich komplizierter.

Einfach deshalb, und da haben sich die Polen eben geschnitten, weil von seiten der Bundesrepublik überhaupt gar kein guter Grund oder ein Interesse existiert, Polen finanziell zu unterstützen, wie das bei Israel der Fall war und ist. Die alte diesbezügliche Heuchelei mit dem Warschauer Kniefall von Willy Brandt und die alten Kredite haben ja ihre Wirkung getan; die politischen Bedürfnisse der Bundesrepublik, sich eine Ostpolitik zu erschließen, sind befriedigt, und sie ist - zumindest ökonomisch - in der Lage, einiges zu diktieren. In so einem Fall redet man doch nicht mehr über Geld, allenfalls über das, was Polen uns schuldet.

Die bundesdeutschen Politiker haben dementsprechend die polnische Forderung mit einem müden Lächeln abblitzen lassen. Bzw. das Auswärtige Amt hat dazu noch ein eigenes Papier angefertigt. Laut "Spiegel" vom 11.5. mit folgenden "Argumenten":

Es bestehe "wenig Chance auf Einigung" Sprich: Die BRD will nicht.

Das Thema würde ohnehin nur "alte Wunden aufreißen und wahrscheinlich das bilaterale politische Klima verschlechtern". Sprich: Wenn ihr uns weiter nervt, verschlechtern wir das Klima.

"Zu erwarten sei auch eine innenpolitische Auseinandersetzung in der Bundesrepublik über die deutschen Gebietsverluste und Vertreibungsschäden im Osten."

Sprich: Wenn ihr uns wirklich weiter nerven wollt, dann mobilisieren wir unsere - wie ihr das nennt - "revanchistischen Kräfte". Wir mobilisieren dann unsere Öffentlichkeit, die uns todsicher bestätigt, daß der Ausgang des letzten Krieges ein einziger Auftrag für den nächsten ist.

In Fragen von Schuld und Moral sind die Deutschen nämlich empfindlich. Wenn der deutsche Kanzler in Israel an der falschen Stelle den falschen Hut aufhat, dann kreischt die gesamte intellektuell-feinfühlige Presse entgeistert über solche Taktlosigkeiten auf. Schließlich genießt man Stilfragen im Umgang mit einem so nützlichen Vasallen.

Wenn aber irgendwelche dahergelauifenen Polacken kommen, die wir einerseits, was die ökonomische Seite betrifft, eigentlich schon längst einkassiert haben, die aber andererseits politisch im falschen Bündnis und uns damit schon wieder im Weg liegen, und wenn diese Polacken uns mit deutscher Schuld kommen und nur Geld meinen, dann können wir nur sagen: Das hat keinen Stil.