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Kohl und seine Regierung im Rück-SPIEGEL
4 JAHRE KANZLERSTURZ
Der "Spiegel" ist penetrant. Obwohl Kanzler Kohl nun schon über 4 Jahre im Amt ist und damit seinen Erfolg hinreichend bewiesen hat, mag der "Spiegel" den Kanzler und seine Wenderegierung weiter nicht. Deshalb sägt und sägt er theoretisch weiter am Kanzlerstuhl. Das fällt ihm nicht schwer; denn wer wie der "Spiegel" das Ideal einer starken Regierung ohne Risse und Ösen und mit Qualitätsfiguren drauf hat und sich eine Führung wünscht, die nicht nur im Amt sitzt, sondern dieses auch noch mit Glanz, Fortune und Intelligenz adelt (so, als käme es darauf an), dem fällt allemal ein Skandal nach dem anderen ein. Was ist aus ihnen allen geworden?
Oktober 1983 lacht der Kanzler noch, aber nur vordergründig. Der einfallslose plakative Hintergrund ist schon ganz zerknittert. Das soll an zwei Landtagswahlen liegen. Im Dezember setzt der "Spiegel" mal wieder den Dauerhebel Strauß an. Mit dem wird Kohl nie fertig; jetzt schon über vier Jahre nicht. Ganz schlimm wird es für die Kohl-Regierung im Januar 1984. Das liberale Blatt stellt sich voll und ganz hinter den Kommißkopp General Kießling und deckt die stümperhaften, unsauberen und die Ehre des Soldatentums schwer verletzenden Schleichwege des Verteidigungsministers auf. Kohl, der Veränderung nicht ausstehen kann, zeigt Regierungsschwäche und läßt den abartigen Wörner einfach im Amt. Da sitzt der heute noch. Mai 1984 ist endlich gründlich recherchiert, daß Genscher, Strauß und Kohl Ganoven sind. Sie laufen zwar weiter frei herum, behalten sogar ihre Posten und legalisieren einfach die Parteienbestechung. Aber das macht ja den Skandal gerade so fuchtbar. Der flaut dann erst einmal ab. Dafür dämmert es beim Co. des Kanzlers, Genscher, abwärts, was man Juni 1984 daran sieht, daß Genscher nicht forsch auf einen zu, sondern nachdenklich in den "Spiegel" hineinwandert. Anfang Mai 1985 läßt sich der gutgläubige Deutsche am Arsch des Cowboys aus USA auf ein windelweiches Weltraumabenteuer ein, ohne an die Rückkehr auf den Boden seiner Realitäten zu denken. Um so tiefer sinkt er dann.
1985 ist der Niedergang der FDP so weit gediehen, daß der "Spiegel" ein taktisches Personalmanöver der Liberalen verwechselt und einen abgehalfterten König erfindet, der nicht mehr sticht. Den "Durchmarsch" (eine Feinheit der Ramsch-Karte) kennt der "Spiegel" offenbar nicht: Genscher steuert inzwischen sein 20-jähriges Jubiläum als Minister an, und die "letzte Karte Bangemann" hängt sichtlich zufrieden im Wirtschaftsministerium rum. Aber das hilft Kanzler Kohl damals auch nichts.
Der "Spiegel" hat von der Niederlage der CDU in Nordrhein-Westfalen das Wunschbild abgezogen, daß der Kanzler bald absäuft. Obwohl Kohl noch eine zündende Idee hat, nämlich seinen "Blackout", verstrickt er sich doch so sehr in unseriöse Geldangelegenheiten, daß der "Spiegel" März 1986 keine Mühe hat, die absolute Null an der Spitze der Bundesrepublik Deutschland in die negativen Zahlen tiefzurechnen. Es bleibt freilich ein Geheimnis des "Spiegel", wie der absaufende, völlig verstrickte und kleinste Kanzler seit je auf deutschem Boden wegen des denkbar knappen Siegs Albrechts in Niedersachsen noch verschnaufen kann. September 1986 weiß der "Spiegel", weshalb Kohl trotz eindeutiger Tendenzen immer noch Kanzler ist: Er hat einen gewieften Hintermann, der als Schaf verkleidet den Kanzlersturz des "Spiegel" vorläufig verhindert: Deshalb unterbricht der "Spiegel" seinen Countdown in Sachen Kohl und versucht mit matten Anpinkeleien das Negativ-Bild von Kanzler Birne warmzuhalten. Ausgerechnet mit dem Vorwurf, gegen die Russen ausfällig geworden zu sein, und mit Wallmann einen inkompetenten und ineffektiven Umweltschützer, also eine Flasche ins Ministerium geholt zu haben. Als hätte Kohl den wegen Gesundheit und Umwelt geholt. Völlig von seiner Matte scheint aber der "Spiegel" Januar 87 zu sein. Der schon fast totgesagte Kanzler Kohl steht aufrecht und ist gar einer Versuchung fähig "Die Konservativen kommen." Sollte der "Spiegel" resignieren und sich nur mehr aufs moralische Anschwärzen des "Aussitzers" auf dem Kanzlerstuhl beschränken?
Welch ein Glück für den "Spiegel", daß die CDU in der Bundestagswahl glatte 4% verloren hat. Man sieht auf dem Bild deutlich daß die deutsche Eiche mit Sitzfleisch ihrer weiteren Kanzlerschaft nicht wirklich froh sein kann. Es fehlt der ganze Siegeskranz. Ausgesprochen bitter...
Das waren sie, die Skandale um Kanzler Kohl aus vier Jahren, die der "Spiegel" aufgedeckt hat. Sag mir, wo die Folgen sind, wo sind sie geblieben! Wenn der "Spiegel" so weitermacht - und das ist bei seiner reaktionären, geschmäcklerischen Kritik an der Herrschaft anzunehmen - dann... ja, was dann eigentlich? Nichts! Nicht einmal dann ist was, wenn wieder mal ein anderer regiert.