Info

Dieser Artikel ist in der MSZ 12-1987 erschienen.

Systematik


DIE DROHENDE WELTWIRTSCHAFTSKRISE

An der internationalen Meinungsbörse wurde eine Auffassung gar nicht erst notiert. Der Standpunkt, die Spekulanten sollten ihre Werte nachzählen und notfalls verzweifeln, gilt nichts. Hoch im Kurs steht dagegen das von Pessimismus triefende Warnertum, mit dem ein von theoretischer Sorgepflicht angekränkelter Optimismus konkurriert. Rund um den Globus zirkuliert ein Seufzen nach Sicherheit, die fehlt; anläßlich des Mangels an Vertrauen, der die Börse so durcheinander gebracht hat, rufen die Auguren der Konjunktur lautstark dazu auf, Vertrauen zu schaffen.

Das kommt daher, daß die Liebhaber des kapitalistischen Wirtschaftens dem Krach an der Börse einiges an Wirkungen zutrauen, wie sie sie gar nicht mögen.

Von der Verwechslung von Vertrauen mit Kredit

Mit ihren Aufrufen an sämtliche maßgeblichen Instanzen, sie möchten nach Kräften Vertrauen stiften, damit die Krise vermieden werde, stellen sich die öffentlichen Pfleger und Anwälte eines gedeihlichen Wirtschaftslebens ein Armutszeugnis aus. Sie tun so, als wüßten sie nicht, wie eine so rührselige moralische Kategorie wie das "Vertrauen" Einzug in die harte Welt des Geschäfts halten konnte. Gefragt ist dieser Glaube in die Verläßlichkeit anderer stets dann, wenn Geschäfte mit Schulden gemacht werden. Und dann gilt er dem Geschäftserfolg des Schuldners, dem man einräumt, fristgemäß zur Tilgung seiner Schuld in der Lage zu sein. Diese Erwartung künftiger Zahlungsfähigkeit versetzt den Gläubiger freilich schon bei den schlichtesten Formen des kommerziellen Kredits in eine Abhängigkeit, die er um seines Erfolgs willen gerne mit gewissen Garantien versehen sieht. Die kriegt er durch die Gewalt, die ihm das Recht auf sein Eigentum sichert - und somit etwas gegen seine Zweifel tut.

Wenn Schulden in den Banken zentralisiert werden und von vornherein als Kapital be- und gehandelt werden, wo sich Gläubiger wie Schuldner gleichzeitig auf die "Verzinsung" des verliehenen bzw. verwendeten Vermögens verlassen, sieht die Sache mit dem Vertrauen auch nicht anders aus. Die Erwartung, daß die finanzierten Geschäfte gehen, ist das eine - die Eigentumsgarantie das andere. Und daß im vertrauensvollen Dienst, durch den fremde Leute mit "Liquidität" versorgt werden, -auch ein bißchen Konkurrenz stattfindet, ist auch kein Geheimnis. Immerhin melden da gleich mehrere Parteien ihren Anspruch auf ein und denselben Ertrag an - und auf dessen Zustandekommen, das weder Markt noch Staat garantieren, wird vertraut.

Auf das Gelingen des Gewinnemachens verläßt sich auch jene Abteilung des Geschäftslebens, die mit Aktien wirtschaftet. Dabei rechnet der Betrieb, der in Form einer Aktiengesellschaft aufgezogen wird, als einzige Partei wirklich mit Erträgen herum. Einmal durch an den Mann gebrachte Papiere finanziert, braucht ihm der Kredit-Charakter seiner Kapitalausstattung keine Sorgen mehr zu machen. Mit Anleihen, die allenfalls den Anspruch auf Verzinsung, aber kein Recht auf Rückzahlung einschließen, läßt sich gut rechnen - und das Problem erweiterter Kreditbedürfnisse ist ebenfalls nur zum Teil eine Frage der "Solidität" des Geschäfts. Denn die andere Partei, deren Eigentumstitel zum Handelsobjekt werden, erledigt durch ihre Spekulation die fällige Nachfrage nach zusätzlichen Aktien gleich mit. Worauf der Aktienhandel vertraut, ist die Suche nach Anlagemöglichkeiten, die von Leuten mit Vermögen veranstaltet wird. Insofern setzt dieser aparte Geschäftszweig darauf, daß sich das Kreditieren im allgemeinen und das von Aktiengesellschaften im besonderen rentiert.

Einerseits ist dieses Vertrauen enorm strapazierfähig, weil es sich auf sein eigenes Bedürfnis, die Vermehrung von fiktivem Kapital richtet. Andererseits ist es auch schwer empfindlich - und zwar aus demselben Grund. Denn die dem ganzen Geschäft zugrundeliegende Gleichung, daß Kredit eben Geld ist und allemal als Kapital taugt, hat im internationalen Verkehr einen entscheidenden Härtetest zu bestehen, auf den die Staaten - Garanten und Mitveranstalter des Kredits - ziemlich Wert legen. Sie bestehen nämlich darauf, daß die unter ihrer Regie exekutierte Gleichung überall gültig ist, daß ihrer Sorte Kredit auf der ganzen Welt dasselbe Vertrauen entgegengebracht wird. In der Konkurrenz auf dem Weltmarkt scheint die Tauglichkeit des Kredits umgekehrt nicht mehr eine Frage des Vertrauens zu sein, das ihm seine Benützer zukommen lassen; vielmehr findet eine Prüfung der Leistungen statt, die er bringt. Daß seine vertrauensvolle Benützung die Zahlungsfähigkeit von Firmen, Banken und Staat steigert, gilt nicht immer und überall. Gegenwärtig erinnert die Weltmacht Nr. 1 sich und andere daran, daß Geld nur sehr bedingt durch Kredit - und Kredit nur sehr bedingt durch Vertrauen ersetzbar ist.

Das ist kein Wunder und Leuten, die auf dem Weltmarkt handeln, längst vertraut und Bestandteil ihrer Kalkulationen. Diese Kosmopoliten des Geschäfts wissen, daß die Vermehrung des umlaufenden Kredits innerhalb einer Nation ihresgleichen dazu beflügelt, die umlaufenden Zahlungsmittel als "Kaufkraft" anzusehen und sich nach Kräften zu bedienen. Wenn zusätzlich zum fiktiven Kapital und als geldschöpferische Bedingung desselben die Staatsverschuldung zunimmt, so hüten sie sich, dagegen zu protestieren, daß die öffentliche Hand mehr ausgibt als einnimmt. Solche Torheiten überlassen sie den Wahlkämpfern und ihren Adressaten, die sich einen Staatshaushalt wie ihren Geldbeutel zurechtlegen und "Solidität" gut finden. Statt dessen nützen sie die zirkulierenden Kredite als Geld aus, das zur Begleichung ihrer Rechnungen wie geschaffen ist. Die Inflation, die so zustandekommt, interessiert sie beim internationalen Vergleich der Währungen. Den stellen sie an, weil es für ihren Geschäftserfolg ziemlich entscheidend ist,

was sie für ihr Geld in aller Welt kriegen bzw. welche internationale Kaufkraft sie sich einhandeln. Jede Veränderung in der Relation der nationalen Gelder wirkt sich auf die Privatmacht ihres Reichtums aus, und die Beobachtung der Wechselkurse gerät ihnen zu einer eigenständigen Geschäftsbedingung.

Mit den aus Angebot und Nachfrage auf den Devisenmärkten und ihren vielen Telephonen ermittelten Wechselkursen haben allerdings nicht nur die Unternehmen zu schaffen, die sich einer Produktion befleißigen und deswegen Waren erstehen und verkaufen. Den Anlegern, denen die Welt zu einem einzigen riesigen Finanzmarkt zusammenschrumpft, sind die Wechselkurse mit ihren Tendenzen ein extra Kriterium dafür, wo sich die Plazierung von Geldern lohnt. Die nationale Einfärbung ihrer Eigentumstitel erscheint ihnen äußerst sachgemäß als Quelle der Verzinsung und als Bestimmungsgrund ihrer eigentlichen Größe. Für diese Abteilung sind nationale Kreditzettel aller Art - vom Geldschein über die Aktien bis zu den im Papierhandel zirkulierenden Staatsanleihen - schlicht attraktiv oder nicht. Vergleichsweise. Durch die Praktizierung dieser Sichtweise werden sie zur Avantgarde, was die Verwechslung von Vertrauen und Kredit angeht. Allerdings auch zu leichten Opfern dieser Gleichsetzung, die sich ihrer Geldgier verdankt, welche Nationen in der Kalkulation mit ihrem Kredit auszunützen trachten. Während ihr Spekulationsinteresse den Willen eines Staates, seinen Kredit attraktiv zu machen, für dasselbe wie dessen Fähigkeit nimmt, schlagen sich Staate auch einmal auf die andere Seite. Dann prüfen sie, was ihre Schulden (noch) leisten, und sie gestehen ein, daß die Brauchbarkeit ihres Kredits durch Vertrauen nicht (wieder)hergestellt wird.

"Vertrauensvolle Zusammenarbeit contra Krise"

Die unmittelbaren Wirkungen des Börsenkrachs sind banal. Erstens ist das Vermögen von Aktieninhabern dezimiert. Unter Berücksichtigung des Umstands, daß die Besitzer ihre Urkunden sowieso nicht verzehren, sondern deren Wert vermehren wollten, ist ihr Pech erträglich. Zweitens aber waren eben diese Kreditmassen ein Kapital, mit dem nach den Regeln des Geldarbeitenlassens verfahren werden sollte. Ihre anstelle des Wachstums nun eingetretene Schrumpfung soll schon manchen Pechvogel dazu bewogen haben, vom Luxus, den er nun nicht mehr abzweigen kann, Abstand zu nehmen. Das wäre auch nicht weiter schlimm. Wenn an den kapitalisierten Krediten, die nun entwertet sind, etwas Kritisches ist, dann ist es die Infragestellung des Geschäfts mit dem Kredit, die davon ausgeht. Die Papiere haben ja als Vermögen gezählt, in Privathand, bei Banken und bei Staaten als "Sicherheit" gedient, weil sie ein Plus auf Konten aller Art dargestellt haben.

Insofern ruft die verkrachte Börse mit einem Schlag an allen Ecken und Enden "Gefahren" hervor: Alle möglichen Instanzen müssen sich auf ein geringeres Kreditvolumen einstellen, bei sich und bei anderen, und die Erhaltung der Zahlungsfähigkeit wird zum Problem.

Ironischerweise haben die Entscheidungen der Spekulantenelite wieder einmal ihren Annahmen recht gegeben. Sie haben Unsicherheit des Kredits befürchtet, die Börsianer, und sie hervorgerufen. Und dem Zweifel an der Fähigkeit der Wirtschaftsmächte, einvernehmlich ihre Streitigkeiten bezüglich Währungen, Defizit etc. zu regeln - Zweifel, die der Sorge um das sichere Kapitalisieren von Krediten entsprungen sind -, folgt der fällige Appell: Die internationale Kooperation soll Schlimmeres verhüten. In Erinnerung an 1929 ff. gibt man zu bedenken, daß die damaligen Maßnahmen mancher Staaten, ihre "Alleingänge", ihre gegen andere gerichtete Außenwirtschaftspolitik zum allgemeinen Desaster geführt haben. In der Angst vor Verstößen gegen das "gemeinsame" Interesse der Weltwirtschaftsnationen werden seitens der Krisenauguren nationale Interessen als Fehler in Betracht gezogen, weil sie die Geschäftsbedingungen sämtlicher Weltwirtschaftler gefährden. Zu einem Zeitpunkt, da sich die wichtigsten "Wirtschaftsnationen" wechselseitig Rechnungen präsentieren, damit sie nicht zu kurz kommen, predigen die Liebhaber des Weltmarkts das Ideal einer Abhängigkeit, die es den Nationen verbietet, gegeneinander und auf Kosten anderer Finanz- und Wirtschaftspolitik zu treiben. Voller Sorgen um das System, in dem noch so läppische Dinge wie die Herstellung von Kühlschränken, Schuhen und Lebensmitteln, mithin auch unser aller "Arbeitsplatz" vom ach so empfindlichen (Vertrauen in den) Kredit abhängen, ist eine absurde Mahnung in Mode gekommen: Vorsicht vor Konkurrenz, denn sie belebt ausnahmsweise nicht das Geschäft - sie schadet ihm!

Konkurrenz contra Kredit

Die Staatsmänner der führenden Wirtschaftsmächte scheuen sich nicht, diese Losung zu übernehmen. Sie richten sich ohne - Umschweife mit dem Hinweis auf die "gemeinsame Verantwortung" gegen die anderen, deren Konkurrenz sie unterbinden wollen. Sie bangen nicht um das Vertrauen und den Kredit, sondern um ihre nationale Ausgabe davon. Daran gewöhnt, das internationalistische Treiben ihrer und fremder Geschäftsleute daran zu messen, wie es in ihrer Freiheit zu Buche schlägt, Politik zu machen, erkennen sie als politische Ökonomen allemal zuerst die nationale Bilanz als das wesentliche Resultat des Geschäftslebens an.

Daß Unternehmen Gewinne machen, Kredite als Geschäftsmittel dafür brauchen, geht für einen freiheitlichen Staat in Ordnung. Natürlich garantiert er auch, daß Schulden zum Geschäftsartikel werden, daß es dafür einen Markt gibt mit Banken als Großunternehmen und ihm selbst als letzter hoheitlicher Instanz in allen Fragen der Gültigkeit des zirkulierenden Kredits. Er braucht das Wachstum dieses Typs, weil er aus ihm seine ökonomische Potenz bezieht. Gerade deswegen aber fallen seine Interessen überhaupt nicht automatisch mit denen des kapitalistischen Geschäfts zusammen. Manche Resultate des internationalen Kaufens, Verkaufens, Anlegens und Spekulierens mögen für Kapitalisten erfreulich sein - dem Staat sind sie Ausweis eines gegen ihn gerichteten Gangs des Wachstums. Sein Internationalismus ist sehr bedingt, aber auch radikal: Das in aller Welt stattfindende freie Wirtschaften soll stattfinden, um ihn zu stärken. Genehm sind ihm sämtliche "Abhängigkeiten", in denen r bestimmend und nutznießend zugleich tätig wird. Dann ist er eine Macht in der Weltwirtschaft, hat überall Rechte, die er "verteidigt", Einflußsphären, die er sich nicht streitig, machen läßt, und überhaupt ganz viel Verantwortung:

Am Fall der USA wird deutlich, wie schön eine solche Rolle nach zwei Weltkriegen sein kann - allerdings auch, daß die Etablierung eines Weltmarkts mit sich als Führungsnation darauf auch ihre Tücken hat. Eine Nation, die über den Erfolg von Kapital den ihren sichert, verläßt sich eben auf die Grundrechnungsarten des Geschäfts, das sie sichert. Sie schafft sich in der internationalen Konkurrenz, die sie ihrer "Wirtschaft" wegen begrüßt und durchsetzt, eine Schranke, was ihre ökonomische Potenz angeht. Und zwar deswegen, weil sie sämtliche Mittel ihrer Gewalt so dem Geschäft dienstbar macht, daß sie, d.h. der Staatsapparat nicht als Hindernis in Erscheinung tritt, obgleich er ökonomisch nichts anderes als faux frais darstellt. Kapitalistische Staaten führen Buch über die Kosten ihrer Souveränität, weil sie selbst diese Kosten noch bis zur letzten Rakete als nationales Geschäftsmittel benützen lassen wollen. Und ihre Schulden schon gleich. Und zwar wie immer auf der ganzen Welt.

Die USA, nach dem 2. Weltkrieg die einzige Nation, deren nationales Kreditgeld als Zugriffsmittel auf auswärtigen Reichtum taugte, dürfen mit Fug das Verdienst beanspruchen, den modernen Weltmarkt geschaffen zu haben. Dessen Subjekte sind allerdings nicht nur jene natürlichen und juristischen Personen, die aus der freiheitlichen Zirkulation von Waren, Kapital und Kredit etwas zu machen verstehen. In der "Weltwirtschaft' gibt es auch noch Nationen, die mit ihrer Gewalt - mag sie auch einmal eine auf strategischen Nutzen berechnete, von den Amerikanern verliehene sein - dieselben nationalökonomischen Rechnungen und dieselben imperialistischen Zielsetzungen wahrmachen wie die USA mit ihrer Leitwährung. Zwei dieser Mächte sind bei aller Partnerschaft auf dem Feld der waffenstarrenden "gemeinsamen Grundwerte" dahin gekommen, aus ihrem Laden etwas zu machen. Mit Japan und Europa treten den USA längst Wirtschaftsmächte gegenüber, die aus dem weltweiten Geschäft ihre nationalen Ressourcen entwickelt haben, deren nationale Bilanz einen Nationalkredit aufweist, der weltweit als gutes Geld zählt - und eine Fülle von "Beziehungen" im Gefolge hat, in denen es nach den Geschäftsbedingungen dieser "leistungsfähigen" Volkswirtschaften zugeht.

Im Vergleich mit diesen Partnern sind auch die "Probleme" der USA entstanden, die zunächst einmal auf die Brauchbarkeit des Kredits made n USA hinauslaufen. Und allein in diesem Vergleich liegt auch die Antwort auf die Frage, warum 120 Mrd. Dollar Staatsverschuldung relativ problemlos durchgingen und auf 170 Mrd. hochgetrieben wurden, die jetzt aber entschieden zuviel sein sollen. Dasselbe "zuviel" gibt bei den Auslandsverbindlichkeiten Rätsel auf: Was soll an 400 Mrd. schlimm sein, während 280 Mrd. noch als Auftakt für die flotte Vergrößerung des Zahlungsbilanzdefizits gehandhabt wurden? Und überhaupt: Was ist eigentlich der passende Kurs der US-Währung - und wie soll Ronald Reagan mit seinem Baker darauf aufpassen?

Die USA haben sich darauf verlegt, ihre Selbstkritik in finanzpolitischen Dingen, die Klagen über die diversen "Zuviels", die ja immerhin auf ihren Umgang mit dem lieben Geld zurückgehen, in Gestalt einer Kritik abzuwickeln. Damit konfrontiert, daß ihre Staatsverschuldung zwar zur Vermehrung des umlaufenden Kredits, aber nicht zur Mehrung von dessen, also auch des Staates Kaufkraft führt, ist ihnen zunächst der Einfall mit der Hochzinspolitik gekommen. Der verriet schon das Bedürfnis danach, daß die internationale anlagefreudige Geschäftswelt eine Nachfrage nach Dollar zu vollführen hätte, also auch das Bewußtsein, daß das Drucken von Geld dem immensen Ausgabenbedarf der Weltmacht Nr. 1

nicht dienlich ist. Die Stiftung einer Nachfrage per lockender Verzinsung kündet von dem Ideal, wirklichen Reichtum einzunehmen von Leuten, die solide Kaufkraft haben und sich für US-Kredit als die passende Ware entscheiden. Der Haken dieser Stiftung lag von Anfang an darin, daß sie vom Haushalt der USA inszeniert und bezahlt werden muß - also nur das Kreditgelddrukken in komplexerer Form verstärkt.

Das ist den lernfähigen Nationalökonomen des Weißen Hauses auch nicht entgangen, so daß sie zur Ursachenforschung übergegangen sind. Daß es den USA zusteht, für die Erhöhung ihrer vor allem militärischen Ausgaben aus dem Gang der Weltwirtschaft finanziert zu werden, war ihnen schon immer klar. Insofern verbuchten sie ihren Geldmangel als eindeutiges Zeichen dafür, daß auf dem Weltmarkt etwas nicht in Ordnung ist. Von Washington aus ergingen Appelle an die anderen Wirtschaftsmächte, nicht mehr so viel in die USA zu exportieren und mehr amerikanische Waren zu kaufen. Mit der Drohung von Handelshemmnissen und einigen kleineren Maßnahmen (Einfuhrbeschränkungen gegenüber Japan, ein Vorstoß in Sachen Getreideexport wegen der Süderweiterung der EG etc.) als Bekräftigung versehen, ließen unsere Freunde erneut ein Ideal heraushängen, das aber schon mehr auf die Klärung von weltwirtschaftlichen Schuldfragen hinauslief. Die waren damit auch auf der Tagesordnung, während das Anliegen selbst auf der Strecke blieb. Amerika hatte zwar seine Interessen zum Ausdruck gebracht; mit seinem Imperativ, die Deutschen und Japaner sollten ihren "Aufschwung" machen, "Konjunkturlok" spielen und das alles zugunsten amerikanischen Exports, war aber etwas Absurdes verlangt. Schließlich sind es ja Exportnationen, denen es gelingt, kauf- und anlagekräftig zu sein; schließlich machen die Geschäftsleute in aller Welt ihren Reibach damit, daß sie von deutschem und japanischem Boden und Geld aus wirtschaften - und gerade nicht dadurch, daß sie Amerika leerkaufen und finanzieren.

Auch dieser Sachverhalt scheint jenseits des Atlantik irgendwie angekommen zu sein, allerdings nicht in Form der für einen Reagan oder Baker zu komplizierten Auskunft, daß man die Nutznießer des internationalen Schachers nicht ihrer Vorteile berauben kann, um sie auszunützen; daß man die Kalkulationsgrundlage von konkurrierenden Geschäftsleuten nicht verändert, indem man ihnen Verlustrechnungen vorschreibt. Die Botschaft, sicher garniert mit Hinweisen wie: "Das wollen wir doch alle nicht, mit Handelshemmnissen ist doch keinem gedient" etc., kam an und schlicht als Retourkutsche zurück: Da dürfte aber auch der

Dollar nicht so unverschämt und künstlich hoch sein. Das hat denen in Washington wohl eingeleuchtet; auf diversen finanzpolitischen Treffen wurde ein "gemeinsames Herunterfahren" des Dollar beschlossen, mit dem Ideal, wegen seiner Allgegenwart auf sämtlichen Konten der Welt einen gewissen Kurs aber auch zu halten. Die Funktion der notleidenden Leitwährung, die sie für die sichere = kalkulierbare Abwicklung von Geschäften aller Art hat, sollte gerettet werden bei dem Versuch, im Namen des US-Defizits ihren Kurs zu drücken. Freilich mußten sich auch die Erwartungen blamieren, die das amerikanische Interesse an einen niedrigen Dollar knüpfte. So funktioniert der Welthandel nun auch wieder nicht, daß ein "Faktor", der Preis des Geldes einer Nation, von heute auf morgen einen riesigen Umsatz von amerikanischen Waren hervorruft - Waren, von denen noch nicht einmal bekannt ist, daß sie als amerikanische Produkte für den Weltmarkt existieren und nur abgeholt zu werden brauchen.

Um die erstrebte Tendenz endlich wahrzumachen und ihr grundsätzliches Korrekturbedürfnis bezüglich der Ergebnisse der internationalen Konkurrenz deutlich zu machen, ist den Sachverständigen des amerikanischen Rechts auf ökonomische Freiheit der Einfall gekommen, vom gemeinsamen "Schutz", von der "Betreuung" des Dollar Abstand zu nehmen.Ihn, den Exportartikel Nr. 1 der USA über vier Jahrzehnte hinweg, fallen zu lassen, wie es Angebot und Nachfrage wünschen, ohne finanzpolitische Incentives usw., lautete der Beschluß. Auch das hat bislang nicht zum Ansturm auf US-Waren geführt - und die Nachfrage dürfte sich auch künftig in Grenzen halten. Die Maßnahme wurde nämlich insgesamt ganz anders aufgefaßt - als das Heraufbeschwören einer prinzipiellen Unsicherheit darüber, was nun aus der Leitwährung wird, mit der allenthalben gerechnet werden muß, weil sie auf allen maßgeblichen Konten der Welt reichlich vorhanden ist; Unsicherheit, weil ihre Kaufkraft auf sämtlichen Märkten der Welt nicht mehr berechenbar ist.

o hat die Entscheidung der USA, m ihren Kredit mit finanz- bzw. währungspolitischen Praktiken n wirtschaftspolitischer Absicht zu konkurrieren, die empfindlichen Börsen erschüttert. Dort, wo das Vertrauen in den Kredit die Geschäftsgrundlage ausmacht, ist man mißtrauisch geworden, weil die Stabilität des Kredits in seiner bislang bedeutendsten Nationaluniform aufgekündigt worden ist. Die damit in die Welt gesetzte Aufregung, die aus der "Krisenangst" einen festen Bestandteil der öffentlich-rechtlichen Betreuung der Völker macht, ist nur allzu berechtigt. Sie steht der Elite in den Abteilungen Geld und Gewalt gut zu Gesicht und dürfte demnächst noch etwas intensiver um den faszinierenden Gedanken bereichert werden, der da immer fällig ist. Sobald sich die Falschmeldung abgenutzt hat, daß "die Wirtschaft" eigentlich - also getrennt vom Kreditsystem zurechtgedacht, von dem sie ja ein bißchen abhängt, solang's um Geld geht - gesund sei, und sich herausstellt, daß Fabriken keine Anlagen zur Rettung vor Finanzkrisen sind, werden sie sicher lauter: die Stimmen, die in der Krise eine Schwächung unserer ganzen freiheitlichen Welt beschwören, die nur einem nützt.

Dem Volk ist dieses Mal im Gegensatz zu den Propagandisten der prekären Lage und ihrer Gefahren zu sagen, daß Angst ein schlechter Ratgeber ist. Sie verhindert ja nicht, daß es für die Krise des Kapitals haftbar gemacht wird.