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NICHTS STIFTET MEHR VERTRAUEN IN DIE HERRSCHAFT ALS EIN SAFTIGER SKANDAL
Ein Professor der Politischen Wissenschaft wählt den feinsinnigen Umweg über die tröstliche Zerbrechlichkeit der Macht:
"Es gibt in diesem globalen Theater, in dem eine Weltmacht ihren Erzfeind mit Waffen ausstattet, einen einzigen Aspekt, der den Beobachter tröstlich stimmt. Es ist dies der Aspekt von der Zerbrechlichkeit der Macht in westlichen Demokratien. Der tritt immer dann zutage, wenn sich die Arroganz der Macht allzu offen zeigt. Wenn diese Macht so groß geworden ist, daß sie glaubt, Opposition nicht mehr fürchten zu müssen, dann erst ist die Stunde der Wahrheit gekommen." (Paul Noack in der Abendzeitung, 1.12.)
Rumms, da ist die Macht perdu.
Ein Ami-Kolumnist stimmt eine Hymne auf die Hochanständigkeit seiner Mit-Amis an - bloß leider sind die viel zu gut für diese Welt, die dann auch noch immerzu von diesen Tugendwachteln auf Linie gebracht sein will:
"Amerikaner sind leidenschaftliche Demokraten und daher hochgradig empfindlich gegenüber dem Widerspruch zwischen Demokratie, deren Versprechen und Bedingung der Offenheit und der Geheimwelt der paramilitärischen Ränkespiele. Amerikaner verabscheuen ausgemauschelte Geheimverträge, weil sie nach Alter-Welt-Realpolitik riechen, nach Geschäftsmethoden, mit denen die amerikaniiche Republik Schluß machen solle. Aber dieser Widerwille ist heutzutage nur mehr Nostalgie und Sentimentalität. Amerika kann nicht Schweden sein. Und ohne Amerika, was würde da aus Schweden werden? Amerikaner mögen eine Abneigung dagegen hegen, eine Supermacht zu sein, aber sie haben keine andere Wahl. Es gibt niemand anderen, der diese Last tragen würde. Eine Welt der Ayatollahs und Sandinisten ist eine Welt, die oft Geheimgeschäfte erfordert. Wenn wir das große Spiel der Gewalt spielen und andere dazu auffordern wollen, ihr Leben zu riskieren, um uns gewinnen zu helfen, dann sollten wir auch die Notwendigkeit anrüchiger Heimlichkeit akzeptieren. Oder das Spiel überhaupt lassen." (Time, 8.12.)
Theo Sommer, Chefredakteur der "Zeit", darf als Gastkolumnist in "Newsweek" zurückrufen, daß die europäischen Schlappschwänze nichts dringlicher brauchen als eine straffe Führung aus Washington - zumindest, solange sie nicht selber im Weltmachtsformat Politik treiben:
"Das westliche Bündnis braucht einen starken Präsidenten. Wir haben jetzt einen verkrüppelten Präsidenten. Wir haben zwei Jahre der Lähmung vor uns. Und das Bestürzende ist, daß niemand da ist, um die Scherben zusammenzuklauben. Jeder redet über die Notwendigkeit, daß Europa in Fragen der Weltpolitik mit einer lauten Stimme sprechen sollte, aber das europäische Versagen, die eigene Stimme zu Gehör zu bringen, springt in die Augen. Die Thatchers, Kohls, Mitterrands und Craxis sind alle bloß hinter ihrer Kirchturmpolitik her. Ihre Rhetorik ist europäisch, ihre Taten sind provinziell. Die Frage ist: Wenn nicht einmal der Zusammenbruch der amerikanischen Administration die Europäer zu Aktivitäten aufschreckt, was dann jemals?" (Newsweek, 8.12.)
Und der "Spiegel", sturzzufrieden über die Bestätigung seiner geschmäcklerischen Sorgen um den groben Eindruck der Cowboy-Politik aus dem Weißen Haus, übertreibt ein kleines bißchen, was den Scherbenhaufen in Washington angeht:
"In der Zwischenzeit dürfte von Regierungsseite kein Dollar mehr an die geliebten Contras gehen, so daß den Sandinisten der Sieg sicher ist - eine Katastrophe für die Mittelamerikapolitik des Präsidenten." (Spiegel, 8.12.)
Derweil werden gerade wieder einmal nicaraguanische Dörfer bombardiert. Das macht aber nichts. Der "Spiegel" malt lässig auch einmal einen Sieg der Sandinisten an die Wand, nur um die tröstliche Botschaft loszuwerden, daß letztlich nur eine formvollendete, niveauvolle, kurz: europäische Politik auch eine erfolgreiche sein kann.