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Dieser Artikel ist in der MSZ 7-1986 erschienen.

Wissenschaftler vor der Atomfrage
WAS GIBT ES AN DER KERNSPALTUNG AUSZUSETZEN?

Nach der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl ist die Technik der Wärmegewinnung aus Kernenergie ins Gerede gekommen. Ihre Brauchbarkeit, "Beherrschbarkeit" und Tauglichkeit überhaupt wurde prinzipiell angezweifelt.

Debatten dieser Art sind schon eine Ausnahme. Normalerweise interessiert die Tauglichkeit eines technischen Verfahrens diejenigen, die es für ihre Zwecke benützen wollen. Ausgerechnet denen waren die vielen skeptischen Nachfragen nach der Zweckmäßigkeit der Technologie, die sie anwenden, aber gar nicht eingefallen und auch gar nicht recht. Die sind mit den Leistungen ihrer AKWs "nach Tschernobyl" genauso zufrieden wie vorher. Nach der Seite hin gibt es überhaupt keine Einwände.

Leute, die überhaupt nie in die Verlegenheit kommen, aus einer ordentlichen Kernspaltung ihren Nutzen zu ziehen, haben Zweifel an den dabei angewandten Techniken erhoben. Das hat seinen guten Grund - neben manchen anderen, auch schlechten Gründen - in einer Eigentümlichkeit dieser Sorte Energieproduktion.

Eine Technologie zur Sortierung erwünschter und zu vermeidender Wirkungen

Das gewünschte Ergebnis zu erzielen, ist nämlich für versierte Ingenieure so schwierig nicht; bei Wiederaufbereitungsanlagen versichern die Betreiber schon gleich zurecht, daß die paar Schritte der chemischen Uran- und Plutonium-Extraktion eine leichte Kunst sind im Vergleich zu dem, was Chemiebetriebe heutzutage sonst alles auseinanderanalysieren und zusammensynthetisieren. Der Haken ist nur, daß die Probleme des Umgangs mit atomarem "Brennstoff" damit nicht erledigt sind, sondern in gewisser Weise erst anfangen. Der viel umfänglichere und schwierigere technische Aufwand ist dazu nötig, die arrangierten Produktionsabläufe erstens absolut störungsfrei zu gestalten und zweitens nach außen hin total abzuschirmen. Gewisse naturgesetzliche Wirkungen der eingeleiten Kernspaltungsprozesse müssen nämlich technologisch unterdrückt und unschädlich gemacht werden weil die sonst die energieproduzierende Kettenreaktion leicht zu einer Explosionskatastrophe geraten lassen und außerdem gesundheitsschädlich bis tödlich sind. Um diese Auswirkungen außuschließen, wären eine 100-prozentige Funktionssicherheit aller Geräte, einschließlich ihres Materials und mitsamt ihren Bedienungsmannschaften, sowie ein Werkstoff vonnöten, der Radioaktivität von der zur industriellen Wärmeerzeugung nötigen Stärke sicher einschlißen könnte.

Vom verrückten Ideal 100-prozentiger Funktionssicherheit...

Nun sind allerdings zum einen die Künste der Werkstoff-Technologie und die Wirkungweise kernphysikalischer Prozesse einigermaßen inkommensurabel; mit den Mitteln der ersteren ist die erzeugte Radioaktivität nicht zu neutralisieren, nur abzuschwächen. Es ist eben kein Zufall, daß die atomare Energieproduktion zuerst als Bombe Verwendung gefunden hat; als Zerstörungstechnik taugt sie am allerbesten, ohne jede Einschränkung; als Zerstörungstechnik taugt sie am allerbesten, ohne jede Einschränkung. Zum anderen ist das Nicht-Versagen-Können technischer Gerätschaften, ihre 100-prozentige Funktionssicherheit, ein schönes Ideal, aber selbst keine herstellbare technische Leistung: kein Ding leistet den methodischen Dienst, nicht kaputtgehen oder versagen zu können. Eben deswegen kann man hier so vieles besser oder schlechter machen, kommt es auf mehr Sicherheit durch bessere Qualität an. Die Vorkehrungen, die eigentlich nötig wären, um aus der industriellen Kernspaltung nur die gewünschten Effekte - enorm viel Hitze - zu erhalten und nicht die schädlichen und riskanten, sind daher nicht zu haben.

...zur Technologie des relativ Besten...

Das hindert die praktizierenden Energiewirtschaftler in Ost und West allerdings nicht daran, AKWs in Gang zu setzen und sich bei der Technologie, die die schädlichen Wirkungsketten neutralisieren soll, mit einem "so gut es eben geht" zufriedenzugeben. Sie verdoppeln und vervierfachen die technischen Geräte, auf die es zur Vermeidung von "Zwischenfällen" mit ihrer AKW-eigenen katastrophalen Perspektive ankommt; sie stülpen Stahlkessel über das Ganze: sie verbauen massenhaft Blei und Beton. Und immerzu folgen sie dabei eigentlich gar nicht ihrem Zweck, aus Atomenergie Dampfkraft für Stromgeneratoren zu gewinnen, sondern dem ihnen auferlegten, rein negativen Ziel, die damit einhergehenden Katastrophengefahren zum "Restrisiko", die mitgegebenen laufenden Schädigungen zur vernachlässigbaren "Nebenwirkung" herabzusetzen.

...und zur Ökonomie des kostengünstig verringerten Schadens

Wann dieses Ziel erreicht, was dafür zu tun ist, ist Sache einer Berechnung, die nicht - wie im Normalfall zweckmäßiger Technologie - den erforderlichen Aufwand mit dem zustandegebrachten Ergebnis vergleicht, sondern den in Kauf genommenen Schaden gegen den erzielten Nutzen abwägt. Das geht allerdings nur über einen "Zwischenschritt", in dem Grund und Zweck der gesamten Veranstaltung zutage treten. Katastrophenrisiko und Krankheitsrate auf der einen, Kilowattstunden auf der anderen Seite sind nämlich inkommensurabel; die Unkosten für Vorrichtungen, die "Restrisiko" und "Nebenwirkungen" noch etwas geringer gestalten könnten, und eine rentable Preiskalkulation für Atomstrom passen aber durchaus in dieselbe Bilanz.

Das Kritikable an der Atomtechnik: Die politische Ökonomie der Zumutung

Diese Bilanz folgt allerdings einer etwas andersgearteten Logik als beispielsweise ein Mediziner, der die absehbaren Schäden einer radioaktiven Bestrahlung gegen ihren therapeutischen Nutzeffekt abwägt. Das Interesse am Geschäftserfolg steht am Anfang; um seinetwillen wird überhaupt der widersprüchliche Versuch unternommen, Gefahr und Schaden aus der großindustriellen Kernenergiefreisetzung heraußusortieren; an ihm entscheidet sich also auch, wann das gut genug gelungen ist. An ihm liegt es damit aber auch, und nicht an irgendwelchen Tücken der angewandten Technik, daß eine dauernde geringe radioaktive Verseuchung von Land und Leuten und die Chance einer ziemlich gigantischen bei der Stromerzeugung herausschauen. Diese schönen Errungenschaften gibt es, weil sie im Interesse der Energiewirtschaft und -politik als Nebenwirkungen einer rundheraus nützlichen Sache, des nationalen Geschäftslebens eben, definiert snd und in Kauf genommen werden: ein Verfahren übrigens, das den Ökonomen des realen Sozialismus ebenso wie den Verteidigern und Nutznießern der marktwirtschaftlichen Freiheit auch sonst geläufig ist, nämlich immer, wenn sie Armut und Leistung, Dreck und Gift, Erhohlung und "Streß" verordnen - und das tun sie dauernd.

So führt die Eigentümlichkeit der Technologie der Kernkraftnutzung richtig betrachtet zur Kritik des banalen Interesses, dem sie dient. Etwas anderes Kritikables ist n ihr schlechterdings nicht dran.

Die Deutungsangebote der Wissenschaft: Geistige Führung statt Kritik

Das sieht die bürgerliche Gelehrtenwelt, die durch die russische Katastrophe in heftige Wallungen versetzt worden ist, nun allerdings gründlich anders.

Da merken z.B. Naturwissenschaftler, daß die Eigenarten der Atomenergietechnik auf irgendwie kritikwürdige Kalkulation politökonomischer Natur verweisen; doch prompt mißlingt ihnen die fällige Schlußfolgerung, und zwar nicht aus fachlicher Unkenntnis - allerdings auch nicht nur aus fachlicher Borniertheit.

Von der Kritik zur wohlmeinenden Warnung

In einem Artikel, der ansonsten lauter staatseigene Verharmlosungsideologien entkräftet, kommt etwa F. Vester zu folgendem Einwand gegen AKWs:

"Die Reaktortechnik ist angesichts der heutigen Erkenntnisse eine altmodische Technologie, die mit einem gewaltigen technischen Aufwand letztlich über das Prinzip der Dampfmaschine Strom erzeugt. Diese Technik ist weder von der langfristigen Materialbeanspruchung, noch von den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen her beherrschbar und muß daher mit einem ins uferlose steigenden Aufwand an Kapital, Sicherheitsvorkehrungen, staatlicher Kontrolle, Entsorgung etc. betrieben werden. Nichts ist teurer als die Kernenergie..."

Fast möchte man meinen, der Autor wäre darauf gestoßen, daß die Stromerzeugung in AKWs technische "Probleme" aufwirft, deren "Lösung" auf Kosten von Sicherheit und Gesundheit gehen muß, und hätte damit zu einer Kritik der Elektrizitätswirtschaft gefunden, die sich daraus ihren Geschäftserfolg errechnet; doch ist es so nicht gemeint. Er erinnert nur an das nicht realisierbare Ideal 100-prozentiger Werkstoff- und Sicherheitstechnik, um den realisierten "Kompromissen" Untauglichkeit vorzuwerfen - und zwar ausgerechnet für den ökonomischen Zweck des ganzen Betriebs. Er erinnert an die Unbezahlbarkeit idealer Sicherheitsgarantien, nicht um die locker bezahlten wirklichen Sicherheitsstandards dafür zu kritisieren, daß sie nichts als die Interessen der AKW-Betreiber garantieren, sondern gerade umgekehrt: um die AKW-Betreiber vor einer angeblich drohenden Unkostenflut zu warnen. Ein bißchen blamieren will er sie auch, weil ihnen für so etwas Kompliziertes wie die Kernenergiefreisetzung nur so ein simpler Verwendungßweck wie das Wasserkochen einfällt - aber das ist erst recht alles andere als eine Kritik der Kalkulation, die auf diese "altmodische" Weise prachtvoll aufgeht. Es ist der Gestus des ideell verantwortlichen Verwalters aller gesellschaftlichen Unkosten und Reichtümer, mit dem Vester sich hier selber ein bißchen blamiert; vor den tatsächlichen Kalkulationen der Energiekapitalisten und -politiker nämlich, die bei Kosten, Aufwand und schädlichen Nach- und Auswirkungen gar nicht an den Fetisch "Gesellschaft", sondern daran denken, wie diese Übel an die Massen weiterzureichen sind, die in einer modernen Nation allemal für sämtliche "Problemlösungen" zu zahlen, zu arbeiten und anderweitig geradezustehen haben.

Von der Warnung zur Sorge um den Fetisch Demokratie

Dieselbe Tour, mit einem - viel zu wenig berücksichtigten - abgrundtiefen Verantwortungsbewußtsein anzugeben, wo mal ein bißchen Kritik angebracht wäre, beflügelt Vesters Kollegen R. Jungk, den altgedienten Katastrophenfanatiker, zu Warnungen noch weit größeren Kalibers:

"Mit der technischen Nutzbarmachung der Kernspaltung wurde der Sprung in eine ganz neue Dimension der Gewalt gewagt. Zuerst richtete sie sich nur gegen militärische Gegner. Heute gefährdet sie die eigenen Bürger. Denn "Atome für den Frieden" unterscheiden sich prinzipiell nicht von "Atomen für den Krieg"... Die Angst vor den Folgeschäden der außer Kontrolle geratenen Kernkraft wird zur denkbar größten Belastung der Menschheit... Aber diese Erfindung muß ja zudem so streng wie keine andere vor den Menschen selbst bewahrt werden: vor ihren Irrtümern, ihren Schwächen, ihrem Ärger, ihrer List, ihrer Machtgier, ihrem Haß. Wollte man versuchen, die Kernkraftanlagen dagegen völlig immun zu machen, so wäre die unausbleibliche Folge ein Leben voll von Verboten, Überprüfungen und Zwängen..."

Die kleine Einsicht, daß die Freisetzung von Atomenergie fürs Zerstören erfunden worden ist und für diesen Zweck am besten taugt, läßt den Autor gleich den Unterschied vergessen zwischen in Kauf genommenen "Folgeschäden" und beabsichtigter Vernichtung militärischer Gegner. "Gewalt" wäre beides, und beidemale sind die vom Menschen 'entfesselten' "Atome" der Grund für ihre bachtliche "Dimension". Diese brutalen Abstraktionen braucht Jungk, um der Menschheit eine Nachteilsrechnung aufzumachen, die über den Gesichtspunkt der unbezahlbaren eigentlichen gesellschaftlichen Kosten hinaus an die höheren Heiligtumer der Demokratie heranreicht: Er fürchtet um die Freiheit im "Atomstaat".

Diese Befürchtung lebt von der höchst antikritischen Auffassung, eben der Staat, der u.a. mit AKWs seine Energiepolitik durchzieht, ließe sich prinzipiell nur aus Fürsorge für seine moralisch wackligen Menschenkinder zu Verboten und Zwangsmaßnahmen herbei. Für diese Menschenfreundlichkeit soll die "atomare Gewalt" zur tragischen Falle werden: Damit sie nicht mit diesem gigantischen Streichholz zündeln, muß die Obrigkeit wider Willen ihr schönstes Geschenk an ihre Untertanen zurücknehmen, nämlich die Freiheit, die sie zwischen allen Gesetzen und Überprüfungen "noch" gewährt. Auf eine solche Eloge auf den demokratischen Noch-nicht-Atomstaat ist selbst Robert Jungk nicht wegen der Atomkraft und ihrer Schädlichkeit verfallen - die Liebe zu den Idealen der Demokratie ist mit ihm durchgebrannt.

Von verantwortungstriefenden Sorgen zur puren Demonstration triefender Verantwortung

Der Präsidentenbruder C.F. von Weizsäcker fängt bei seinen Bedenken gegen die Atomkraft gleich mit "dem Menschen" an - einem moralisch armseligen Wicht, darin ist er sich mit Denkern wie Jungk einig. Zur Abwechslung nimmt er diese Kreatur aber nicht als den Schutzbefohlenen wohlmeinender Staatsaktivitäten, sondern als den eigentlichen Urheber staatlicher Zerstörungswut. Er will nämlich darauf hinaus, daß nicht die Atomkraft oder deren politische Sicherung "den Menschen", sondern dieser die Atomkraft gefährdet - jene Errungenschaft, für die Weizsäcker sich einst wirksam eingesetzt hat und an der er auch heute noch nichts außusetzen findet. Wäre da eben nicht noch so eine seltsame Gewohnheit am Menschen:

"Freilich hatte ich schon um 1968 schlaflose Nächte wegen des Schutzes kerntechnischer Anlagen im Falle eines Kriegs... Ich kann und will nicht ausschließen, daß in einer fernen Zukunft die Kernenergie der Menschheit noch wichtige Dienste leisten wird. Aber das würde voraussetzen, daß zuvor der Weltfriede politisch und kulturell, d.h. im Verhalten der Menschen, gesichert wäre. Wann das geschehen wird, weiß heute wohl niemand."

Ein interessantes Dilemma, das einem Mann wie Weizsäcker viel zu denken gibt. Das denken geht bei ihm so: Er entkleidet seine "Entdeckung" aller real existierenden Inhalte wie Krieg und AKWs und formuliert sie als die Menschheitsgeschichte durchwaltendes Prinzip, das es immerhin erlaubt, bedeutungsschwangere Fragen zu stellen:

"Die Frage nach der Sozialverträglichkeit eines Energiesystems heißt: Kann die moderne Gesellschaft die Rückwirkung dieses Energiesystems auf ihr Leben ertragen? Also, wenn wir die Schritte zurück noch einmal mustern: ... Kann das irdische Leben die Folgen der menschlichen Aktivität ertragen?"

Vom Thema Atomkraft bleibt da endgültig nichts mehr übrig als der lächerliche Anschein äußerster Verantwortung, durch Raum und Zeit hindurch, mit dem gediegene Denker sich ihm gefälligst zu widmen haben.

Von der Verantwortungsheuchelei zu deren methodischer Feier

Diesen Anschein schließlich machen Philosophen vom Fach gleich zu ihrem Thema. Das liest sich dann so:

"Dürfen wir, was wir da tun? In unserer abendländischen Tradition fallen Fragen wie diese in die Zuständigkeit der philosophischen Ethik... Es ist zur Gesinnungsfrage geworden, daß man Verantwortungsethiker ist... Einer der Ahnväter unseres wissenschaftlichen Denkens, Aristoteles, hatte die Ausgewogenheit zu einem Kriterium für moralische Vertretbarkeit von Handlungen gemacht... Und so könnte auch hier sich moralischer Fortschritt durchaus mit technologischem Fortschritt verknüpfen lassen, wenn auch in einem neün Sinne. Vermieden wäre so jedenfalls eines: der Ausstieg aus der Ethik und damit aus der Menschlichkeit." (W.C. Zimmerli im "Spiegel")

Saudumm wäre es und jedenfalls ganz unphilosophisch, selbst so verkehrte Fragen wie die, ob "wir" weiterhin die Freisetzung von Kernkräften zur Stromgewinnung nutzen sollen oder "dürfen", geradehin beantworten zu wollen. Ihr philosophischer Wert liegt darin, daß sie die Kunst, sie mit dem nötigen Tiefgang zu stellen und die Bedingungen der Möglichkeit ihrer "ausgewogenen" Beantwortung zu problematisieren, ins Recht zu setzen. Die Idee eines "Ausstiegs aus der Kernenergie" ist der Einstieg ins Philosophieren. So umstandslos möchte eine Zunft, die davon lebt, dem angeberischen Verantwortungsgetü der gebildeten Menschheit umständlich Recht zu geben, die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl zur Eigenwerbung nutzen.

Die banale Wahrheit über AKWs: Noch ein Stück Kapitalismus - nicht mehr und nicht weniger

Leider fällt in der bundesdeutschen Polit-Kultur solcher Unsinn auf fruchtbaren Boden. Die Beunruhigung, die sich nach dem Reaktorunfall zu Wort gemeldet hat - die Vergangenheitsform ist mit Absicht gewählt -, hat sich immer mit der Demonstration von unendlich viel Verantwortungsbewußtsein ins Recht setzen wollen. Die Schäden, die AKWs anrichten und erst recht anrichten können, wurden zu wahren Weltuntergangsgemälden übertrieben, als wollte man sich von jedem Verdacht reinigen, "bloß" im Namen des eigenen Interesses, und sei es bloß des Interesses an ein paar Naturbedingungen eines erträglichen Lebens, zu sprechen.

Wir halten die Atomkraft nicht für "Teufelszeug", einen "prometheischen" Mißgriff, ein welthistorisches Dilemma, ein neuerliches Paradebeispiel für die uralte Dialektik von Fluch und Segen 'der Technik', oder ähnliches. Der Schaden, den ihre politökonomische Benutzung erstens anrichtet und zweitens in Aussicht stellt, ist geradezu banal. Er paßt zu den widerwärtigen Banalitäten der Klassengesellschaft, die im realen Sozialismus ein leider ziemlich kongeniales Gegenbild bekommen hat.

Eben deswegen reicht uns die durchaus begrenzte Schädlichkeit dieses Industriezweigs. Sie ist schon Grund genug, nicht bloß das Philosophieren zu lassen.