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Dieser Artikel ist in der MSZ 7-1986 erschienen.
Letzte Meldung aus Peru
400 LEICHEN FÜR DIE "SOZIALISTISCHE INTERNATIONALE"
"Bei der Niederschlagung von Revolten in zwei Gefängnissen der peruanischen Hauptstadt Lima sind über 400 inhaftierte linksgerichtete Guerilleros von Soldaten getötet worden." (FAZ, 21.6.)
"Als die Gefängnis-Revolte begann, landete Willy Brandt (72) in Lima. Er leitet dort den Kongreß der Sozialistischen Internationale." (Bild, 21.6.)
"Ein Sprecher der Regierung erklärte, die vermutlich zur maoistischen Untergrundorganisation 'Leuchtender Pfad' gehörenden Gefangenen wollten mit ihrem Aufstand in drei Gefängnissen 'das internationale Ansehen Perus' vor dem Beginn des Kongresses der SI schmälern." (Süddeutsche Zeitung, 20.6.)
Das Ansehen eines Staates, und wenn es "bloß" Peru ist, läßt sich nämlich nicht dadurch beeinträchtigen, daß die Armee in ihrem "Kampf gegen den Terrorismus" Gefangene einsperrt, ohne durch die Einleitung eines Gerichtsverfahrens zu riskieren, daß der eine oder andere jemals wieder freikommt:
"Von den insgesamt rund 100 unter Terrorismus-Vorwurf einsitzenden Häftlingen sind 96% Untersuchungshäftlinge, von denen sich zwei Drittel bereits über zwei Jahre ohne Urteil in Haft befinden." (taz, 21.6.)
Und die haben noch Glück gehabt, daß sie nicht schon bei der Gefangennahme umgelegt worden sind.
Das Ansehen eines Staates wird geschwächt, wenn die Dauerinsassen von 3 Gefängnissen einen Aufstand hinkriegen. Deswegen wird es logischerweise auch wiederhergestellt, wenn die Armee mit schweren Waffen und Sprengstoff zuschlägt und die Aufrührer unter den Trümmern des Gefängnisses begräbt.
Es wird schon so sein, daß die Anstifter der Häftlingsrevolte auf die Zusammenkunft der "Sozialistischen Internationale", die diesmal ihrem peruanischen Zögling, dem Sozialdemokraten Garcia, in Lima die Ehre gibt, gesetzt haben. Sie haben sich wohl erhofft, Regierung und Armee würden sich durch die weltweite Publicity während des SI-Kongresses davon abhalten lassen, die Gefangenenrevolte blutig niederzuschlagen. Damit haben sie sich aber nicht nur in ihrer sozialdemokratischen Herrschaft verrechnet, sondern vor allem in Willy Brandts Sozialimperialisten. Noch in der Nacht nach dem Massaker hatte das "heute journal" die Ex-Juso-Vorsitzende Heide Wieczorek-Zeul an der Strippe, die dem bundesdeutschen Fernsehpublikum von den "Erfolgen" der Garcia-Administration im Kampf gegen den Sendero Luminoso berichtete - damit auch dem letzten klarwird, daß die Ermordung von 400 politischen Gefangenen der jüngste Sieg der peruanischen (Sozial-)Demokratie im Kampf gegen den "Terrorismus" ist. Die internationale Sozialdemokratie stärkt natürlich, ihrem Geschöpf den Rücken und erteilt den umgebrachten Aufrührern auch noch eine moralische Abfuhr: "Erschüttert" segnet sie die "harten Notwendigkeiten" der "Ordnungsstiftung" in einem südamerikanischen Bruderland ab.
"Seit Jahren schon stehen in Peru 18 Provinzen in der Andenregion unter Militärherrschaft, die Massaker, die dort verübt werden, sind kaum aufzuklären." (taz, 21.6.)
Schlächterei mit sozialdemokratischem "Leider" - ein schöner Beitrag zum Ansehen Perus, der Sozialistischen Internationale und der westlichen Staatenfamilie überhaupt.