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Kanzler Kohl wird frech
EIN DEUTSCHER BEITRAG ZUM FREIHEITLICHEN FEINDBILD
"Im Vorfeld seines Besuches hatte Kohl noch stärkere Worte gebraucht und zum einen die SPD als 'russischer als die Russen' in ihren Reaktionen auf Reykjavik bezeichnet. Zum anderen verglich er Gorbatschow mit Goebbels: 'Ich bin kein Dummkopf', sagte Kohl in einem Interview des Nachrichtenmagazins Newsweek. 'Ich schätze ihn (Gorbatschow) nicht als Liberalen ein. Er ist ein moderner kommunistischer Führer, der sich in Public Relations auskennt. Goebbels, einer von denen, die verantwortlich waren für die Verbrechen der Hitlerzeit, war auch ein Public-Relations-Experte.'" (FR, 24.10)
Da die Dementis, die nach dem Muster gehe "Was Kohl wirklich sagte", sämtlich klare Wiederholungen des Vergleichs darstellen, nach dem das beteuernde Leugnen der Vergleichabsicht zu Protokoll gegeben ist; da die Richtigstellungen also so ausfallen:
"Er versteht etwas von PR, Goebbels verstand auch etwas von PR. Man muß doch die Dinge auf den Punkt bringen." (Vgl. SZ vom 25.10.),
erlauben wir uns zu fragen, was sich Helmut Kohl bei der Sache wohl gedacht hat.
1.
Mitbekommen hat er, daß sich Michail Gorbatschow einen Vorwurf der traditionelle Feindbildpflege zu Herzen genommen hat. Daß führende Russen in ihren offiziellen Auftritten so streng und unnahbar, hölzern und unmenschlich daherkommen, gehörte zum üblichen Beweis dafür, mit welch gefährliche Leuten man es bei solchen Apparatschiks zu tun hat. Seitdem der erste Mann des Kreml getreulicher Imitation demokratischer Unarten sein politisches Handwerk ebenfalls mit den ekelhaft "menschlichen" Zutaten versieht, seit er auf Textilien, Lächeln und gelegentliche Herzlichkeiten achtet und sogar seine flotte Russin vorzeigt, wird ihm von den auf Stilfragen geilen Medien-West manches Kompliment zuteil. Gewöhnlich mit dem nun für das Feindbild fälligen Zusatz, man solle sich bloß nicht täuschen lassen und das Ganze wäre eine Verstellung, hinter der nach wie vor...
2.
Mitbekommen hat Helmut Kohl auch, daß Geschmacks- und Stilfragen für das Personal der Politik sehr entscheidend sind. Sein Wahlkampf-TÜV hat ja mit nichts anderem zu tun, wenn er ihn selbst mit Zügen ausstaffiert, die bei den Wählerinnen und Wählern beiderlei Geschlechts verfangen. Die "Komplimente der Medien an den neuen Kreml-Chef, den er aus guten Gründen nicht leiden kann, sieht er deshalb als eine Stimmungsmache an, die den "Menschen draußen im Lande" einen völlig verfehlten Eindruck davon vermittelt, was nach dem Kanon der freiheitlichen Hetze von einem russischen Staatsmann zu halten ist. Eine Richtigstellung war von Heiner Geißler daher schon längere Zeit vorgesehen.
3.
Mitbekommen hat Helmut Kohl auch, daß in den USA ein frisches und unmißverständliche Wort gegen die Bösen in der Weltpolitik stets erwünscht ist. Ein Spruch, der den sowjetischen Staat und den ihn bewohnenden und führenden Menschenschlag schlecht macht, schafft im Reich des Guten immer best Laune.
Die Gelegenheit war also da, als er zu seinem Freund Ronald wg. Wahl reiste. Den Gastgebern nach dem Maul reden und den vermeintlichen Sympathien für Gorbatschow etwas entgegensetzen - das waren für Helmut Kohl nicht zwei Aufgaben, sondern eine Pflicht. Und dieser Pflicht eingedenk ist ihm ein echt deutscher Gedanke gekommen bzw. nahegelegt worden. Wie macht man im antikommunnistischen und demokratischen Deutschland jemanden so richtig suspekt? - Richtig, durc einen Vergleich mit den Nazis. Das sitzt immer, und wenn's oft genug gesagt wird im Verlauf des von den SPD-Tröten inszenierte Skandälchens, so geht das voll in Ordnung. Helmut Kohl und seine Mannschaft verstehen was von PR.