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Aus dem gewerkschaftlichen Leben
DER DGB "NEUE HEIMAT"LOS
Im normalen Geschäftsleben kein ungewöhnlicher Vorgang: Kapitalist macht hohe Verluste in einem Geschäftszweig und verscherbelt günstig an anderen Kapitalisten, der meint, die Konkursmasse ließe sich profitabel sanieren. Aufsehen hingegen mußte der Deal hervorrufen, mit dem sich der Deutsche Gewerkschaftsbund seines "gemeinnützigen" Wohnungsbau-Unternehmens entledigte.
Einerseits ist der DGB eine ungemein kapitalkräftige und solvente Firma, während der Käufer namens Herr Schiesser ein bislang unbekannter Brotbäcker ist, so daß sofort ein wüstes Spekulieren anfing, wer "hinter" ihm stecken könnte. Die Gewerkschaftsführer ihrerseits traten im Fernsehen auf wie normale Spekulanten, die nichts rausließen und nur versicherten, kein schlechtes Geschäft gemacht zu haben. Ihnen ist auf einmal die vielgelobte, "gesellschaftlich vorbildliche" Sozialfunktion ihrer "Neuen Heimat" scheißegal, weil sie bemerken mußten, daß auch das Spekulieren mit Gewerkschaftsbeiträgen nicht vorm "unternehmerischen Risiko" schützt. Das reibt ihnen jetzt hämisch die gesamte Öffentlichkeit unter die Nase. Lauter Fans des Kapitalismus empören sich über "Manchesterkapitalismus" und verlangen, daß die Gewerkschaft ihr vergeigtes Risiko auch bezahlt, so wie Herr Flick, Herr AEG und andere brave Unternehmer. So berühmte Freunde der "kleinen Leute" wie CDU/CSU-Politiker und Redakteure bei "Bild" entdecken ihr Herz für Mieter, denen ein furchtbares Unrecht geschehe, wenn ihre Wohnung den Besitzer wechselt. Dabei müßte auffallen, daß es ansonsten ja auch niemandem aufstößt, wenn Wohnraum, weil in der Marktwirtschaft Privateigentum, wie eine stinknormale Ware meistbietend verhökert wird. Und daß als Folge davon die Mieten immer steigen und niemals sinken: Sie sind schließlich die Zinsen aufs Kapital des Wohnungskapitalisten bzw. des Grundeigentümers; beides im Kapitalismus ehrbare Berufe. Wenn die Politiker und Journalisten an den Geschäften des DGB herumnörgeln, dann wollen sie damit weder was gegen das Geschäftemachen gesagt haben noch sich für einen waschechten gewerkschaftlichen Kampf für Arbeiterinteressen stark machen. Niemand fordert schließlich von den DGB-Gewerkschaften, sie sollten mit ihren Rücklagen gefälligst streiken, was das Zeug hält, damit Arbeiter es nicht mehr nötig haben, in Bruchbuden der "Neuen Heimat" zusammenzurücken und obendrein bei jeder Mietsteigerung gleich am Nötigsten zu sparen. Kein Minister denkt auch nur im Traum daran, Grund und Boden zu enteignen, damit das Dach über dem Kopf nicht mehr Spekulationsobjekt ist. Statt dessen ist die Affäre "Neue Heimat" für die gesamte demokratische Öffentlichkeit ein begeistert aufgegriffener Anlaß für die satteste Heuchelei: In Bonn kritisiert man, daß der DGB "seiner Verantwortung ausgewichen" wäre - nachdem die Bundesregierung und die unionsregierten Länder sich wahlwirksam geweigert haben, sich an irgendeinem Sanierungskonzept für den DGB-Konzern zu beteiligen, bevor nicht der DGB mit seinen diversen Vermögensteilen entsprechende Vorleistungen erbracht und der parlamentarische Untersuchungsausschuß alle "Unregelmäßigkeiten" bis zu den Bundestagswahlen "restlos aufgeklärt" hat. Wie war das eigentlich bei der AEG und anderen strikt privatnützigen Unternehmen? Die Zeitungen geifern darüber, daß der DGB sich erst verspekuliert und dann die "Neue Heimat" für ein Butterbrot verschleudert hat, weshalb der Gewerkschaft überhaupt das "gemeinnützige" Unternehmertum untersagt werden sollte - als ob die gleichen Leute je auf die Idee kämen, die Marktwirtschaft abzuschaffen, nur weil pausenlos irgendwelche Kapitalisten pleite gehen.
Und die Herren Arbeiterführer selbst? Sie lassen die "Neue Heimat" den Bach hinuntergehen und brüsten sich damit, das "Gewerkschaftsvermögen zusammengehalten" zu haben. Fragt sich nur wofür? Man muß nur in die Magazine vom "Spiegel" bis zum "Manager" schauen. Darin wirbt die DGB-"Bank für Gemeinwirtschaft" um Kreditnehmer, die mit dem Geld der Gewerkschaftsmitglieder "arbeiten" sollen. Zusammenhalten, das Geld, und das seit 40 Jahren, in denen die Gewerkschaft immer reicher geworden ist, bloß nicht die Mitglieder. Die sind nämlich immer noch Arbeiter oder Arbeitslose, Mieter in Sozialwohnungen oder Abstotterer eines Eigenheims. Dafür haben sie eine starke Gewerkschaft, über deren Aktivitäten sie jeden Abend in der "Tagesschau" was zu hören kriegen. Und dafür mußte sich der DGB jetzt vnn seiner "Neuen Heimat" trennen. Man will schließlich im Geschäft bleiben.