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Dieser Artikel ist in der MSZ 9-1985 erschienen.

Systematik

Wen stört Reagans SDI?
SICHERHEIT FÜR FREIHEITLICHE ATOMRAKETEN

Man erfährt ja nur Beruhigendes darüber. Seine Befürworter versprechen die Aussicht auf "eine Welt ohne Atomwaffen". Seine 'Gegner' versichern immer wieder, daß das Geplante ohnehin überhaupt nicht klappen könnte. Der wertvolle deutsche Heimatboden wird ebenfalls nicht strapaziert - kein belangloser Gesichtspunkt für Friedensbewegte, die sich bei der Pershing-II-Stationierung noch zu dem heldenhaften Antrag auf atomwaffenfreie Dörfer und Stadtviertel durchgerungen haben. Was soll man sich also aufregen?

Ein bißchen Aufregung gibt höchstens der nationalistische Gesichtspunkt her, ob die amerikanischen Aufrüster eventuelle deutsche Beiträge zu ihrem Programm auch genügend würdigen und honorieren werden; oder ob der christliche Kanzler deutschen Rüstungsverstand und deutsche Rüstungsgelder "mal wieder" unterwürfig nach drüben, an Reagan und Co., verschenkt. Sorgen anderen Kalibers hat die Regierung selber nicht; und genau darin folgen ihr sämtliche "Kritiker" ohne größere Abweichungen. Ist Kohl zu nachgiebig; verträgt er sich noch mit Mitterrand; wie steht's um sein Verhältnis zu Genscher; bahnt sich womöglich über 'SDI' eine neue sozialliberale Koalition in der Außenpolitik an: Solche demokratischen Kindereien interessieren die mitdenkende westdeutsche Öffentlichkeit und ihre meinungsführenden Magazine zehnmal mehr als

Der politische und strategische Zweck

der "Verteidigungs-Initiative", die die Reagan-Regierung ergriffen hat - übrigens schon vor Jahren! Ob sich über Sinn und Zweck dieser "Initiative" im Ernst noch jemand täuscht? Ob wirklich jemand glaubt, die USA wollten einen "strategischen Schild" gegen sowjetische Atomwaffen, um die vorhandenen "atomaren Schwerter", auch ihr eigenes, wegen Unwirksamkeit wegzuwerfen?

Nicht einmal die Urheber solcher verharmlosenden Lügen legen auf deren Glaubwürdigkeit noch gesteigerten Wert. Sie selber machen ja der Sowjetunion den Vorwurf, sie versuchte, sich in ähnlicher Weise gegen Atomangriffe zu schützen, wie sie es für die USA beschlossen haben, und beschwören die damit gegebene "Gefahr":

"Dann würde Abschreckung zusammenbrechen, so daß uns nur die Wahl zwischen Kapitulation und Selbstmord bliebe." (Veröffentlichung der US-Regierung vom 3. Januar 1985)

Vor exakt diese "Wahl" wollen die USA ihren sowjetischen Gegner stellen können; das heißt dann nicht 'Zusammenbruch', sondern Überwindung der "Strategie der Abschreckung":

"Unsere Sicherheit wie auch die unserer Verbündeten sollte sich auf mehr stützen als auf die Aussicht gegenseitigen Terrors." (Rede von C. Weinberger am 19. Dez. 84)

Eine westliche "Strategie", die die wechselseitige Vernichtung von Ost und West in einem Atomkrieg vorgesehen hätte, hat es selbstverständlich nie gegeben; alle strategischen Kalkulationen und Rüstungsanstrengungen der NATO waren seit jeher darauf gerichtet, den "Terror" der Atomwaffen möglichst einseitig gestalten zu können. Das Gerede von der "Strategie" der "Mutual Assured Destruction" war nie etwas anderes als das bedauernde Eingeständnis, dieses "Problem" atomarer Kriegsführung noch nicht im Griff zu haben. Es n den Griff u kriegen, die Fähigkeit zur kriegsentscheidenden Dezimierung der feindlichen Atomwaffe zu erringen: das ist jetzt erklärtes amerikanisches Programm; das steckt nicht "hinter" Reagans SDI, sondern ist dessen offen herausgesagter Zweck:

"Wenn moderne Defensivtechnologien wirklich einen Nutzen haben sollen, dann müssen sie zumindest die Möglichkeit schaffen, einen so großen Teil der anfliegenden Raketen eines Aggressors zu vernichten, daß er nicht auf den Erfolg eines Angriffs vertrauen kann oder daß er nicht mehr in der Lage ist, einen militärisch ins Gewicht fallenden Prozentsatz der angegriffenen Ziele auch tatsächlich zu zerstören. Gegenwärtig ist es nicht möglich, definitiv zu sagen, wie hoch der Wirkungsgrad eines Abwehrsystems sein muß, wenn es dieser Zielsetzung gerecht werden soll; das hängt ab vom Umfang, der Zusammensetzung, der Leistungsfähigkeit und der passiven überlebensfähigkeit des militärischen Potentials (!) der Vereinigten Staaten im Vergleich zu den entsprechenden Eigenschaften des sowjetischen Potentials." ("Veröffentlichung...")

Kann man offener sagen, was durch die geplante mehrstufige Raketen-Abfangwaffe geschützt werden soll und wozu - ? Es geht um eine Aufrüstung, die die Atomkriegsstrategie auf eine ganz neue Basis stellen und endlich hinter einer wirksamen Abwehr den Gebrauch der eigenen strategischen Offensivwaffen "militärisch sinnvoll" machen soll. Und bei der Propaganda dafür verläßt sich die Reagan-Regierung nicht auf die vorgestrigen Lügen vom "Gleichgewicht" oder darauf, daß jemand das kindische Versprechen ernst nimmt, die USA würden ihre Verteidigungsfähigkeit mit dem Gegner teilen. Sie operiert mit der Selbstverständlichkeit, daß es in militärischen Dingen keine andere Sicherheit gibt als eine solche durch einseitigen Terror. Und es gibt keinen NATO-Partner, der ihr darin ernsthaft widersprechen wollte.

Das weltpolitische Ärgernis "Entspannung" wird ausgeräumt

Bei Reagans SDI handelt es sich um einen Aufrüstungsbeschluß - alle Unterscheidungen zwischen "Forschungs-" und "Stationierungsphase" sind nichts als Unfug für diplomatische, noch nicht einmal groß für propagandistische Zwecke -, der schon als Beschluß die weltpolitische Lage verändert bzw. die durch die USA inszenierte Veränderung definitiv und irreversibel macht. Das, was seit Gründung der NATO höchstes Ziel der Freien Welt war: die Sowjetunion als widerspenstigen Machtfaktor auszuschalten, das wird jetzt ohne Wenn und Aber und ohne Vorbehalt und Aufschub zum aktuellen Zweck westlicher Politik.

"Ende der Entspannung" heißt dieser weltpolitische Fortschritt schon seit Jahren. Die USA haben eine Politik aufgekündigt, die nie etwas anderes war als das zeitweilige Arrangement mit einem Gegner, der weder weiter zu ignorieren noch lahmzulegen oder zu beseitigen war. Als Kündigungsgrund haben die Führer der USA sehr offenherzig den Fehlschlag ihrer "Kompromißbereitschaft" bezeichnet, der darin liegen soll, daß die Sowjetunion ungehindert zur zweiten atomaren "Supermacht" hat werden können. Die Unmöglichkeit, der Sowjetunion ihre atomare Bewaffnung wirksam zu verbieten, also mit harten Erpressungen dagegen vorzugehen, wird heute hingestellt als ein sträfliches Versäumnis des Westens und als Kette von Niederlagen - eine Geschichtsdeutung, die nichts anderes ausdrückt als die Entschlossenheit der USA, sich endlich zum Oberaufseher auch der sowjetischen Politik und ihrer Macht aufzuschwingen.

Absolut lächerlich ist es, wenn gegen diesen Entschluß, dem die Reagan-Regierung ihre gesamte Nation und die NATO-Partnerstaaten noch dazu dienstbar macht, tröstend, überheblich oder warnend darauf hingewiesen wird, die erforderlichen militärischen Instrumente der eingeleiteten Politik wären technisch wohl nicht u realisieren. Abgesehen davon, daß das SDI-Programm bescheidener ist, als seine besserwisserischen Kritiker ihm unterstellen - es will gar nicht jede bedrohte amerikanische Stadt retten, sondern die Militärmacht der USA in kriegsentscheidendem Umfang schützen und eine atomare Schlacht mit Angriff und Verteidigung durchführbar machen! -: Mit dem Projekt einer auf Defensivsysteme gestützten militärischen Überlegenheit des Westens wird doch gerade das wirkliche Verhältnis zwischen politischer Absicht und technischer Durchführung klargestellt. Es war schon immer eine Kinderei, das Wettrüsten als einen quasi selbsttätigen Prozeß des technischen Fortschritts vorzustellen, dem Politiker und Strategen mit ihren Konzeptionen hinterherlaufen würden. Bisher haben Politiker der Freien Welt sich mit dieser Kinderei aber noch gerne entschuldigen lassen. Mit solchen Entschuldigungen ist es jetzt vorbei; Reagan und Weinberger geben voller Stolz bekannt, daß sie mit ihren politischen Absichten die Auftraggeber für Waffentechniken sind, an deren Realisierung die Militärtechnologen vorher noch gar nicht recht herangegangen sind:

"Strategie muß nicht immer nur auf Technologie reagieren. Tatsächlich sollte Technologie Dienerin der Strategie sein. Heute haben wir eine Möglichkeit, uns im Verfolgen technologischer Chancen durch eine strategische Vision leiten zu lassen." (Rede von C. Weinberger am 10. Feb. 85)

Die Politik der Kompromißlosigkeit gegen sowjetische Gleichrangigkeitsansprüche, diese Politik, der Weinbergers "strategische Vision" zum Erfolg verhelfen will, wird sowieso schon längst gemacht.

Die Europäer: Dafür - aber beleidigt und mit Alternative

Die westeuropäischen NATO-Partner sind von der USA nicht vorher befragt worden, ob die ihre "strategische Verteidigungs-Initiative" auch ins Werk setzen darf. Umgekehrt ist bei allem "kritischen" und "distanzierten" Räsonnieren in Westeuropas Hauptstädten der eine Anspruch auch gar nicht laut geworden: Die USA hätten sich gefälligst bei der Schaffung einer neuen strategischen Weltlage vom "Ja" ihrer Verbündeten abhängig zu machen. Die USA gehen voran, die Satellitenstaaten machen das Beste daraus: So gehört es sich für ein gut funktionierendes freiheitliches Bündnis.

Die politische Linie, die Reagan seinem SDI eingegeben hat, ist von den Partnern der USA ohnehin schon längst unterschrieben. Ebenso das strategische Projekt, der Sowjetunion gegenüber militärisch endlich in dem Maße "handlungsfähig" zu werden, wie der weltpolitische Führungsanspruch der Freien Welt es in letzter Konsequenz verlangt. Die Anstrengungen, das "atomare Schwert" militärisch handhabbar zu machen, laufen schließlich schon seit längerem und haben bereits mit der Stationierung der Pershing-II-Raketen und der Cruise-Missiles in Westeuropa einen wichtigen Fortschritt gemacht. Immerhin sieht die Sowjetunion sich seither einem doppelten "atomaren Gleichgewicht" gegenüber. Und wer hätte vergessen, daß dieser Fortschritt in den militärischen Ost-West-Beziehungen keinem "größenwahnsinnigen" US-Präsidenten zu verdanken ist, sondern dem letzten sozialdemokratischen Kanzler im "Herzen Europas"!

Bisherige Aufrüstungsunternehmen dieser Art hatten für die Europäer und speziell für die Bundesdeutschen allerdings fast regelmäßig einen doppelten Sondervorteil; vorbildlich der "Doppelbeschluß" des Herrn Schmidt. Sie haben die strategische Bedeutung der dafür eingespannten Staaten gehoben; und mit diesem "weltpolitischen Gewicht" haben die Herren NATO-Europas, allen voran die beiden SPD-Kanzler der BRD, Ostpolitik gemacht. Sie haben es verstanden - und das war wahrhaftig keine Kunst, sondern in erster Linie eine Rüstungsfrage ! -, ihren Staat der Sowjetunion gegenüber als eine Macht ins Spiel zu bringen, von der einiges abhing und abhängt bei der Ausgestaltung und Durchführung der westlichen Feindschaft gegen ein weltordnungswidriges "sozialistisches Lager". Das vorübergehende "Arrangement" der USA mit einem Gegner, dessen Weltmachtambitionen nicht zu ignorieren und dessen Weltmachtqualitäten nicht so einfach zu beseitigen waren: die "Entspannungsära" war die Geschäftsgrundlage dafür, daß der europäische und bundesdeutsche NATO-"Pfeiler" sich wichtig machen konnte als mitentscheidender "Garant" dieses Verhältnisses.

Für Reagans SDI, das bislang wichtigste Stück im Rahmen der umfassenden Vorbereitung eines siegreichen Atömkriegs, kommt es auf die europäischen Mitmacher überhaupt nicht so an; nach dem damit besiegelten "Ende der Entspannung" haben diese der Sowjetunion verdammt wenig an "entspannungsfreundlichen" Alternativen im NATO-Rahmen zu bieten. Der amerikanische "Schritt nach vorn" deckt in der peinlichsten Weise auf, wie relativ die europäische und speziell die bundesdeutsche "Eigenständigkeit" und "Sonderrolle" im Bündnis immer gewesen ist - der selbstbewußte Nationalismus eines Helfershelfers eben.

Es ist, wenn man so will, Helmut Kohls historisches Pech, daß er, Bitburg hin, Weltwirtschaftsgipfel her, diesen Offenbarungseid nationalistisch zu vertreten hat. Natürlich tut die SPD mit ihrem Friedenswilly sich leicht, das "erschreckend gesunkene internationale Ansehen der BRD" zu beschreien: Die Fortschritte der Vorkriegszeit lassen keinen Raum mehr für jenen Schein einer heimlichen bundesdeutschen Führungsrolle für die Ostpolitik eines Bündnisses, den Brandt und Schmidt zu erwecken gewußt und gepflegt haben. Zur gegenwärtigen Lage fällt dem neu erblühten Vorsitzenden der bundesdeutschen und internationalen Sozialdemokratie selber nichts anderes ein als die Lüge, mit dem weltpolitischen Fortschritt der USA und der NATO zu neuer Kompromißlosigkeit wäre es so weit nicht her. Mitten in Moskau wundert Willy Brandt sich öffentlich über die sowjetischen Besorgnisse, wo doch jeder wüßte, daß "SDI" gar nicht klappen könnte - er muß sich schon ganz einfach blind stellen gegen den Zweck und das längst feststehende Ergebnis des amerikanischen Entschlusses zu einem neuen strategischen Umgang mit dem Gegner, um wenigstens für die SPD, das "Spiegel"-Publikum und einen enttäuschten "linken" Nationalismus in der BRD ein bißchen was von der Illusion zu retten, bei etwas gutem Willen könnte alles so weitergehen wie zu seiner Zeit. Den "guten Willen" verlangt der SPD-Chef im übrigen ganz gerecht von Amerikanern und Russen gleichermaßen: Die einen sollen in ihrem Erpressungsgeschäft "Kompromißbereitschaft" demonstrieren, die anderen dem westlichen Bemühen um eine atomkriegsentscheidende Überlegenheit durch ein bißchen Selbstentwaffnung entgegenkommen. Die Kunst, dem Gegner Kapitulationsaufforderungen ganz überparteilich als Freundschaftsangebote zu überreichen, verlernt ein durch den Nobelpreis beglaubigter Friedenspolitiker auch in schweren Zeiten nicht!

Die Bundesregierung hat es nicht so einfach: Sie "muß" den nationalistischen bundesdeutschen Vers auf Reagans SDI politisch herstellen, die höchst relatiue und in ihrer Relativität bloßgestellte Wichtigkeit der Nation umsomehr zur Geltung bringen. Schwer hat sie es damit andererseits aber auch nicht, zumindest nicht bei ihrem wohlerzogenen nationalen Publikum, das sich ausnahmsweise einmal die Selbstdarstellung einer empfindlich beschränkten Souveränität zu Gemüte führen darf.

Immer in geht die neue strategische Option die BRD nur von den Konsequenzen her etwas an; sie entspringt in keiner Weise den Berechnungen der Macher in Bonn, die über Jahrzehnte hinweg den unaufhaltsamen Aufstieg ihrer Nation zu immer mehr Einfluß in weltpolitischen Belangen auf ihr Konto geschrieben haben. Für diese Repräsentanten deutscher Macht erfüllt die "Einladung", am Rüstungsprojekt der USA produzierend mitzuwirken, allemal den Tatbestand einer Demütigung. So spricht man nämlich unter "Freunden" im Bündnis die Erinnerung daran aus, daß in militärischen Dingen die Freiheit der lieben Europäer eine beschränkte ist und bis auf weiteres bleibt!

Dennoch hielt sich die Verlegenheit in Grenzen. Protest kam nicht in Frage - man weiß ja schließlich, daß man den Zuspruch der Macht nicht entbehren will, unter deren Fittichen man immerhin "Mittelmacht" sein darf. Also lautete der Beschluß Nummer 1, daß "wir" diese großartige Initiative begrüßen und mit ein paar Lügen über deren Sinn und Zweck an der europäischen kritischen Diskussion mitwirken, in der kein richtiges Argument vorkommt. Und der genuin europäische Regierungsstandpunkt trägt da die staatliche Perspektive unter die Leute, die gebietet, das Beste daraus zu machen.

Deswegen lautet der Beschluß Nummer 2: Die Regierung betreibt dasselbe, was die US-Regierung sowieso ins Werk setzt, gleichzeitig autonom im europäischen Rahmen: "Eureka". Dasselbe ist es einerseits zwar nicht, wenn Franzosen, Briten und Deutsche sich gemeinsam die finanzielle und produktionstechnische Fähigkeit verschaffen wollen, den Weltraum ebenfalls mit allem Gerät zu bestücken, das fürs Kriegführen wichtig und vielleicht sogar entscheidend sein könnte. Vom Standpunkt der Bundeswehr, die ihre Geschäfte bis auf weiteres sowieso im Rahmen der amerikanischen Atomkriegsdrohung erledigt, gibt es unmittelbar gar kein spezielles militärisches Bedürfnis nach einem europäisch getauften SDI-Programm. Und die Zielsetzung der europäischen Atommächte Frankreich und Großbritannien ist vorerst deutlich bescheidener als die der USA: Sie wollen sich in allen Fragen des Einsatzes ihrer Atomstreitmacht unabhängig machen von Aufklärungs- und Führungssatelliten und ähnlichem der USA; und das ganz dringlich, seit der amerikanische Partner sich für sein Weltraumgerät qualitativ weiterreichende Aufgaben stellt. Der so drastisch hervorgehobene Umstand, daß das strategische Gewicht der westeuropäischen NATO-Mächte doch eine eher untergeordnete Angelegenheit ist, wird durch deren Programm einer verstärkten militärischen Nutzung des Weltraums noch längst nicht aufgehoben.

Andererseits ist die Devise, nach der die Europäer handeln, gar nicht mißzuverstehen: "Auf keinen Fall weiter zurückfallen hinter die USA!" Es gehört zum trostreich gemeinten Unsinnsrepertoire der Alten Welt, daß diese Maxime noch immer liebevoll eingewickelt wird in ein ziviles Mäntelchen: "Technologie" heißt das Stichwort; nicht an Waffen, sondern an Blaupausen und das europäische Patentamt soll man denken, wenn von "Eureka" als "Technologiegemeinschaft" und von der "Notwendigkeit" die Rede ist, "Anschluß zu halten". Als wäre es so ganz belanglos, was für Gerätschaften man herstellen möchte; und als wäre nicht das Wichtigste am "technologischen Fortschritt" die Schaffung aller erforderlichen Kapazitäten, um die erfundenen Gerätschaften auch herzustellen. Rüstungsindustrie für die fortgeschrittenste Atomkriegsführung, wie sie heute noch gar nicht geht: Das wollen BRD, Frankreich und Großbritannien schon unbedingt haben, ganz für sich und autonom neben den USA.

Und kein Europäer mag verstehen, daß das den Sowjets auch nicht gerade prima gefällt, sondern Grund genug ist, ihre Mittelstreckenraketen erst recht weiterzuentwickeln und in Stellung zu bringen...