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Frauen bei der Bundeswehr
DIE MÄDELS MACHEN FRONT
Während es zu den Selbstverständlichkeiten im Umgang der Obrigkeit mit ihren Untertanen zählt, daß die Männer der Nation nach Bedarf zum Dienst mit der Waffe antreten, verursacht der aktuelle staatliche Wunsch, seine bewaffnete Mannschaft mit Frauen auf die Sollstärke der Kriegsbereitschaft im Frieden aufzufüllen, ein mittleres Volksgemurmel. Wieso soll eigentlich ausgerechnet hier der kleine Unterschied eine Rolle spielen?
Auch wenn man nach den Plänen Wörners die Mädels nicht gleich mit dem Bajonett auf den Feind loslassen will, hat die wachsame Öffentlichkeit da ein Problem entdeckt: Man ist nämlich "auch dann in den eigentlichen militärischen Handlungsablauf eingespannt", wenn man "der Bekämpfung des Gegners mit tödlichen Waffen nur zuarbeitet" (Bundesverwaltungsgericht), und leistet damit "Waffendienst".
Eben dieser ist aber für Frauen verboten, weil einem die frauliche "Natur und Bestimmung einen Dienst mit der Waffe verbietet", wie der Rechtsausschuß des Bundestages anläßlich der Wiedereinführung der Wehrpflicht 1956 zur Begründung der Ausnahme der Frauen vom höchsten nationalen Dienst mitteilte.
Die Auffassung, daß Frauen nach den notorisch unschuldigen Kindlein und den Babyrobben mindestens die drittunschuldigsten Kreaturen auf Gottes Erdboden sind, wurde denn auch mit "programmatischem Nachdruck im Grundgesetz ausgesprochen", wo sie noch heute (Art. 12a Abs. 4 GG) herumsteht.
Daß sich die Sache mit der fürs Militär hinderlichen weiblichen "Natur und Bestimmung" nicht auf die physische Eignung für das Soldatenhandwerk beziehen kann, haben die Amis ganz praktisch bewiesen. Sie haben die Vor- und Nachteile der Ladies in Uniform ausgiebig durchgetestet:
Auf der Plus-Seite wurde vermerkt - immer im Vergleich zu männlichen GI-Modellen -: hohe Leistungsbereitschaft, größeres Engagement, exakteres und zuverlässigeres Arbeiten (!), widerstandsfähiger und leidensfähiger, mutiger als Männer, jedenfalls in der Verteidigung, trinken kaum, kaum Drogenprobleme, was einen "Effizienzvorsprung" ergab, der auch durch "einige Nachteile" wie physisch schwächer, Ausfallzeiten durch Monatsbeschwerden und Schwangerschaften, erhöhte Reinlichkeitsanforderungen und sexuelle Probleme, die der Moral der Truppe schaden, nicht ausgeglichen wurden. Insgesamt mußte ihnen das Prädikat "Stehen-voll-und-ganz-ihren-Mann" zuerkannt werden. Es ist also keineswegs die körperliche Natur, die den Einsatz der Frauen an der Waffe verbietet.
Vielmehr richtet sich eine Abteilung der Bedenklichkeiten gegenüber Wörners Wehrdienstplänen in Übereinstimmung mit dem verfassungsmäßigen Ideal vom demokratischen Weib als Inkarnation häuslicher Friedlichkeit darauf, daß die ideologische "Natur und Bestimmung der Frau" verletzt werden könnte. Die Sorge ist unbegründet. Mit dem im Emstfall per Gesetz an ein nationales Weibervolk ergehenden Auftrag, jetzt gefälligst einen praktischen Beitrag zum Sieg zu erbringen, geht nämlich regelmäßig auch die ideologische Umwidmung seiner Natur einher, so daß ein Konflikt zwischen der ideellen und der praktischen Bestimmung der Frauen so gut wie ausgeschlossen ist. Selbst die auf diesem Gebiet im Vergleich zu demokratischer Flexibilität recht verbohrten Faschisten haben, als sie begannen, Frauen auch in militärischen Funktionen zu verheizen, den ideologischen Übergang von der herdhütenden Heldenmutter zum tapferen Flak- und Blitzmädel leicht geschafft.
Die andere Abteilung kritischer Erörterung des Wörner-Planes unterwirft diesen der heißen Fragestellung, ob man weibliches Soldatentum als echte Chance zur Gleichberechtigung der Frau werten könne, als Gelegenheit zum Einbruch in eine der letzten Domänen der Männergesellschaft. Aber: "Wirklich gleiche Chancen können Frauen in der Bundeswehr tatsächlich erst erhalten, wenn das Grundgesetz geändert und das Verbot des Dienstes mit der Waffe aufgehoben würde." (Der Spiegel)
Da aber Art. 12a Abs. 4 GG derzeit noch gilt, kann Wörner, solange er will, mit ein paar Sanitätsgeneralssternchen winken, wie er mag. Streitbare Frauenrechtlerinnen durchschauen den Trick der Chauvis von der Hardthöhe und sehen ihre Geschlechtsgenossinnen als "Marketenderinnen, Maskottchen, Karbolmäuschen und Stöpselmädchen (?)" (Der Spiegel) mißbraucht und mit subalternen Hilfsdiensten zum Ausbügeln des Pillenknicks im Rekrutenaufkommen abgespeist. Dazu sind sie sich zu schade.
Nichts gegen weibliche Soldaten - so die Frauenfreunde aller Lager von der CDU bis Women's Lib - aber nur, wenn sie auch wirklich gleichberechtigt volles Rohr mitmischen und zeigen dürfen, daß sie auch in Uniform zu allem fähig sind, wenn man sie nur läßt. Es wäre doch gelacht, wenn sich nicht die emanzipatorische Erkenntnis durchsetzen ließe, daß Gleichheit = Gleichgültigkeit ist, also Rücksichtslosigkeit gegen alle Unterschiede beinhaltet. Den Wehrdienst der Männer als eine einseitige Bevorzugung zu betrachten, Überlegungen zur Unterwerfung auch der Frauen unter diese weitestgehende Staatsbürgerpflicht ausgerechnet damit zu "kritisieren", diese Verpflichtung sei nicht radikal genug und sei - weil Verweigerung des Rechts auf den rücksichtslosesten Staatsdienst - ein Anschlag auf das weibliche Interesse an Gleichbehandlung, ist eine Spitzenleistung der Emanzipationsidioten und ihrer genitalen Weltanschauung.
Den Militärpolitikern kann diese Sorte kritischer öffentlicher Diskussion ihrer Vorhaben nur recht sein: Ist das Bestehen auf Berücksichtigung der - staatlich definierten - Weibsnatur und ihrer gleichen Berechtigung beim Kriegsdienst schon eine gediegene Einverständniserklärung mit diesem Dienst, so erscheinen demgegenüber auch noch ihre sonstigen Pläne zur Aufrechterhaltung der Mannschaftsstärke geradezu gemütlich und ohne größere Bedenken öffentlich akzeptiert: Einziehung von früher als dienstuntauglich Ausgemusterten, Verlängerung des Grundwehrdienstes und Anschaffung moderner Waffen, "mit denen das Personaldefizit ausgeglichen werden kann". (Süddeutsche Zeitung)
Die Politiker sind also gewiß mit der demokratischen Diskussionsleistung ihrer wehrhaften Bürgerinnen und ihrer Sympathisanten zufrieden. Nur mit der Angst vor einer "Klage beim Bundesverfassungsgericht gegen dieses Berufsverbot" (General a.D. Schmückle) für Frauen bei der Bundeswehr wird Wörner noch einige Zeit leben müssen.