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Dieser Artikel ist in der MSZ 11-1984 erschienen.

Systematik


WAS HAT FKF EIGENTLICH ANGESTELLT?

Ihm gehört eine Reihe von Betrieben, die nicht schlecht Profit abwerfen. Das geht, indem man Leute einstellt oder auch ausstellt, also ihre Benutzung oder Nichtnutzung für sich lohnend macht. Das setzt wiederum eine Eigentumsordnung voraus: Die, die arbeiten, machen das ihr Leben lang - die, die nicht arbeiten, auch. Der Staat sorgt dafür, daß das so bleibt: Jeder hat sich mit seinen Mitteln in der Konkurrenz zurechtzufinden, dafür gibt es Gesetze; der Arbeiter kann es zum Kapitalisten bringen, der Kapitalist zum Arbeiter - das bleibt ihnen überlassen, ist ihre Freiheit.

Verständlicherweise war und ist FKF ein Parteigänger dieses Staates. Während weniger bemittelte Leute ihren Beitrag zum Wohlfunktionieren des Staates durch die Abgabe von Steuern leisten - vielleicht murrend, grundsätzlich aber mit Einsicht in die Notwendigkeit -, ist FKF zu weitergehenden Abgaben imstande. Da die Aufrechterhaltung der staatlichen Ordnung eine Angelegenheit der Parteien ist, die um die Verwaltung der Macht konkurrieren, läßt FKF seine zusätzlichen Abgaben selbstverständlich an die Partei fließen, die ihm die sicherste Gewähr für die Durchsetzung der gemeinsamen Ziele zu bieten scheint. Wenn die andere Partei an der Macht ist, stellt er sich zu ihr nicht feindselig, da auch sie ihm die Betätigung als Kapitalist garantiert - auch für ihre guten Werke hat er ein paar Groschen übrig. Trotzdem hält er zu seiner Stammpartei auch in Zeiten, wo sie sich in der Opposition befindet. Er ist aktiv am Vorankommen dieser Partei interessiert, möchte also, daß mit seinem Geld was Sinnvolles angefangen wird. Außerdem ist FKF ein Demokrat und weiß, daß seine Partei nur was wird, wenn die Mehrheit der Wähler sie billigt. Darum unterstützt er die Bestrebungen seiner Partei, den Parteivorsitzenden abzulösen, weil der die Wähler nicht besonders überzeugen konnte, und meint auch, man müsse es mal mit einem anderen probieren - nicht ohne hinzuzufügen, daß er den auch nicht für besonders toll hält. Trotzdem ist er solidarisch und unterstützt den neuen Parteivorsitzenden, damit der die Partei zusammenhalten und fähige Köpfe anwerben kann.

In programmatische Diskussionen mischt sich FKF weniger ein - wozu auch? Die Partei hat ihm ja von vornherein gepaßt; bloß als die meint, sie könne der Konkurrenz ein paar Stimmen durch die Verbreitung von sozialen Phrasen abjagen, wird FKF hellhörig. Er ist gegen jedes Wischiwaschi und wünscht, daß die Partei sich weiterhin deutlich von der Konkurrenz unterscheidet, also an den Prinzipien staatlicher Ordnung ohne Augenwischerei festhält; damit hätte sie auch mehr Chancen beim Wähler. FKF hat recht, schließlich wird seine Partei gewählt.

In zwei Fällen hält es FKF für angebracht, aus der Rolle des bescheidenen Parteienunterstützers herauszutreten und auch einmal Unterstützung für sich anzufordern. Da FKF gesetzestreu ist, fordert er nichts Ungesetzliches: Die von einem Landratsamt erlassenen Umweltvorschriften für eine seiner Papierfabriken seien zu hart, also erbittet er noch einmal rechtliche Prüfung von einer kompetenteren Instanz. Die kompetentere Instanz schaut im Gesetzestext nach und stellt fest, daß die dort niedergeschriebenen Bestimmungen über "wirtschaftliche Notwendigkeiten und Härten" auf die Papierfabrik des FKF zutreffen.

Der zweite Fall erregt mehr Aufsehen, weil es um höhere Summen geht. FKF möchte eines seiner Automobilwerke verkaufen und muß feststellen, daß er dabei fast eine Milliarde Mark an Steuern verlieren würde. Diese Höhe ist ein gutes Argument, weil sie allein schon beweist, daß es sich um ein volkswirtschaftlich sehr bedeutsames Geschäft handelt. FKF dringt deshalb auf Gerechtigkeit und verlangt Steuerbefreiung: Wenn der Staat bei Geschäften dieser Größenordnung auf der Steuer bestünde, würde er erstens einer offensichtlichen wirtschaftlichen Stütze seines Landes das Leben schwer machen, und zweitens eine unverhältnismäßig große Summe der freien kapitalistischen Verwendung entziehen - in einem Wort: sich ins eigene Fleisch schneiden. Es gibt aufgeregte Kommentare, weil FKF besser als manch anderer Bürger imstande ist, auf seine Rechtsposition aufmerksam zu machen und Berücksichtigung zu verlangen. Dafür hat er aber auch mehr geleistet, und die Kritiker sind nicht zuletzt von seiner unternehmerischen Leistung abhängig. Normalerweise sind sie ja auch sehr stolz, daß Wirtschaftsmagnaten seines Kalibers ihr Heimatland bewohnen, und bilden sich viel auf die Wirtschaftskraft der Bundesrepublik ein. Insgeheim wundert sich FKF ein wenig über die Aufregung und vermutet, daß dies daran liege, daß noch nicht die richtige Partei am Ruder ist. Als sie am Ruder ist, leistet er weiterhin freiwillige Abgaben, damit das so bleibt.

Ansonsten führt Friedrich Karl Flick ein ruhiges und zurückgezogenes Leben und wird von der einen Frage nie behelligt: Wenn er schon imstande ist, 25 Millionen Deutsche Mark in die Parteien zu stecken, dann muß dies im Verhältnis zu seinem sonstigen Vermögen eine relativ kleine Summe sein - und wo hat er sein Vermögen her?