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Dieser Artikel ist in der MSZ 11-1983 erschienen.

Systematik

Friedensnobelpreis
EIN PREIS FÜR DAS NATO-PROGRAMM MIT POLEN

Womit die bekannten in formierten Kreise gerechnet haben, ist planmäßig eingetreten: Das streng neutrale Friedensnobelpreiskomitee des norwegischen Parlaments hat "einstimmig" Lech Walesa aus der Volksrepublik Polen mit der Dotation des Dynamit-Erfinders Nobel versehen.

Wem hat der Arbeiterführer Walesa eigentlich den Frieden gebracht?

- Seiner Danuta sicher nicht... 7 Kinder in 14 Ehejahren...

- Dem polnischen Papst auch nicht. Der ist nämlich selber auf Friedensbotschaften abonniert und steckt seine Friedens-Oblaten öfter dem frommen Lech zu und der restlichen Welt Ermahnungen zum christlichen Gehorsam und zum Kreuzzug gegen das Böse im Osten.

- Zum inneren Frieden Polens hat Walesa nach westlichen Maßstäben auch nichts beigetragen. 5 Mahnminuten für den Frieden gelten in westdeutschen Fabriken schon als Störung des Betriebsfriedens; eine Demonstration steht in der friedliebenden BRD unter dem Verdacht, den inneren Frieden zu stören, ihre Teilnehmer gelten als mögliche Landfriedensbrecher; Schwarzarbeit ist seit neuestem eine Störung des sozialen Friedens... Als was würde hierzulande wohl einer gelten, der sich aufführt wie der Führer der "Solidarität" in Polen?

- Zum Weltfrieden hat Walesa erst recht nichts beigetragen. Dabei hat er ja sowieso nichts zu melden, handelt es sich da doch um Staatsaffären. Da entscheiden ganz andere Leute mit ganz anderen Mitteln - keine Arbeiter oder Arbeiterführer. Keinem Land hat er die Friedensbedingungen vorgebombt wie Begin. Nie ist er mit der Waffenbewalt der führenden Weltmacht im Rücken auf diplomatischer Friedensmission gewesen wie Kissinger. Nicht einmal einen staatsmännischen Kniefall an polnischen Kriegsdenkmälern hat er getan und eine geschäftliche Aufweichung des Ostens eingeleitet wie unser Friedenswilly.

Aber darum geht es ja auch gar nicht. Für seine Taten hat der katholische Arbeiternationalist im realsozialistischen Polen den Preis nämlich gar nicht bekommen. Vielmehr dafür, was der Westen aus ihm und der "Solidarität" gemacht hat. Material hat er geliefert für die Lüge, daß den Völkern dort drüben nichts so fehlt wie "unsere" Freiheit, wie das "Menschenrecht" auf Privateigentum und Lohnarbeit, auf Profit, Nationalreichtum für Wirtschaft und Nation und auf viel Leistung für wenig Geld fürs Volk, auf Streikrecht mit sozialer Friedenspflicht, kurz: auf eine dem Westen genehme Herrschaft. Als lebender Beweis ist er gefeiert worden für das Recht der "freien Welt" auf feindliche Einmischung in das sozialistische Lager; für den Anspruch, den feindlichen "Block" zu erschüttern und zu schädigen. Genau dafür, daß er so schön als Hampelmann der NATO-Propaganda zu benutzen ist, hat er die Auszeichnung bekommen.

Das weiß nicht nur jeder, es wird auch kein Hehl daraus gemacht. Alle Welt begrüßt, daß die Nobelpreisverleihung ein feindlicher Akt gegen die Sowjetunion und die polnische Regierung ist. Je mehr diplomatischen Sprengstoff die "politisch mutige Wahl" enthält, um so friedensdienlicher ist sie, heißt die Devise. Und der gesamte Westen schlachtet unverzüglich die vorgeplanten Folgen der Preisverleihung aus: Sie lassen ihn doch wahrhaftig nicht nach Stockholm! Die polnische und russische Regierung haben doch wahrhaftig dem Westen nicht zu seiner Entscheidung gratuliert, sondern hetzen gegen die "Solidarität"! Bedarf es noch weiterer Beweise, wie richtig die Entscheidung war?!

P.S.: Und wie "hetzt" der "aggressive Ostblock" zu dieser Hetzkampagne? Der eigentlich doch so ehrenwerte Friedenspreis sei wieder einmal für "US-Interessen" mißbraucht worden. Von der Berufung auf die internationale Friedensmoral will der Osten offenbar nicht einmal dann Abstand nehmen, wenn ihm vom Westen deren aggressive Botschaft vorbuchstabiert wird.