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Dieser Artikel ist in der MSZ 6-1982 erschienen.

Systemvergleich bei DKP und MSB
DER REALE SOZIALISMUS: VORBILD, HINDERNIS UND DROHUNG

"Den wahren Kommunisten erkennt man an der Liebe zur Sowjetunion!" (Ernst Thälmann)

"Unser Jahrhundert bietet einen Staff für Träume": "Die Heizung kostet im Monat aur 16 Kopeken", "Der Kindergarten 35 Pfennige am Tag", 50% aller Bauern der CSSR haben mindestens einen Oberschul-, wenn nicht Hochschulabschluß, der Moskauer Notarzt kostet die Patienten nichts, die Ungarn machen aus Kohle-Tagwerken ganz umweltfreundlich uad bioeffektiv landwirtschaftliche Nutzflächen und die sowjetische Raumfahrt informiert "unter anderem auch" die kubanischen Fischer über die "Wanderung von Fischschwärmen"! (Alles aus "UZ" der letzten drei Wochen)

In der Wochen-"Zeitung der arbeitenden Menschen - Zeitung der DKP" bekommt man den Ostblock immer noch als Arbeiterparadies vorgestellt. Die Sowjetunion (und die anderen Warschauer-Pakt-Staaten) als Hort der fortschrittlichen Güterproduktion, als Stätte günstiger Versorgung, die auf die Bildung des Volkes achtet, das Umweltproblem bewältigt und vor allem die Friedensliebe verkörpert - all diesen Kennzeichnungen ist leicht zu entnehmen, daß sie den westdeutschen Antikommunismus - 'drüben keine Freiheit, deswegen klappt nichts, die Leute haben nichts zu essen und vor allem ist das marode System in seinem Todeskampf besonders gefährlich' - entkräften sollen.

MSB und DKP, Freunde des sozialistischen Lagers kämpfen mit der Auffassung ihrer Adressaten, daß der Osten ein "Völkergefängnis" sei.

Die Blamage des herumgedrehten Systemvergleichs

Das Peinliche dieser Agitation mit den Ostblockstaaten liegt nicht einmal so sehr in der durchsichtigen "Parteilichkeit", die an der sowjetischen Raumfahrt, deren militärischen Zweck jeder kennt, mit einem peinlich korrekten "unter anderem auch" die Hilfe für den kubanischen Fischfang betont. Zunächst liegt das verkehrte Anliegen darin, gegen die hiesige Hetze mit einem Gegenbild des Kommunismus, wie er wirklich ist, antreten zu wollen. Wie sollte aber so der hiesige Systemvergleich widerlegt werden, der immerzu mangelnde Freiheit, Effektivität und Butter konstatiert, also wahrlich nicht die Sozialleistungen etc. objektiv betrachtet und sich datin täuscht. Das gelänge ihm nämlich wirklich nicht: Wirklich verglichen sähe ein westdeutsches Arbeiterleben sicherlich in einigen Punkten ungemütlicher aus als der proletarische Lebensalltag in der DDR. Bloß kommt es einem, der "drüben gibt's keine Bananen!" schreit, doch darauf wahrlich nicht an. Dem mit sachlicher Information über die neueste Kartoffelmaschine aus der DDR zu begegnen, ist deshalb hoffnungslos, weil sein Systemvergleich doch schon entschieden ist: "Drüben keine Freiheit" ist im übrigen ein Verdikt, das sich vom Maßstab der materiellen Lage des Volkes längst frei gemacht hat.

Der praktisch stattfindende Systemvergleich findet hier insofern seine theoretische Überhöhung, als er vom Westen aus "Freiheit - drüben nix Freiheit" lautet und eine Offensive, gemessen an dem eigenen absolut gesetzten politischen Maßstab der Demokratie darstellt. Diese Offensive wird von den Freunden des sozialistischen Lagers mit "hier nix Sozialstaat - drüben eigentlicher Sozialstaat", "Grundrechte hier nix - drüben eigentliche Grundrechte" gekontert. Der umgedrehte Vergleich blamiert sich deswegen so, weil er sich auf die Maßstäbe des kapitalistisch-demokratischen Gegners - zwar in ihrer idealen Form - aber eben positiv bezieht. Statt den Maßstab Freiheit zu widerlegen, an dem gemessen der Westen mit seiner Demokratie gewonnen hat, wird der Maßstab akzeptiert und anders interpretiert: Wirkliche Freiheit contra formale, nie Volkskammer ist der bessere Bundestag...

Das Einsteigen auf diesen Vergleich enthält dementsprechend lauter Hilflosigkeiten:

  • Statt jemand, der in der DDR Bananen vermißt, auf die Preisschilder westlicher Waren hinzuweisen; Waren, die ja wohl nicht gerade für seinen fröhlichen Verbrauch hergestellt werden, solange er sie nicht dem Kapitalisten, dem er sie erst als Geschäftsmitbel hergestellt hat, mit einem kleinen einkalkulierten Gewinn bezahlt;
  • statt jemand zu fragen, warum er es eigentlich so nötig hat, ostdeutsche Armut hämisch herauszustreichen, statt sich zufrieden in seinem westdeutschen Luxus zu wälzen;
  • statt dem Spruch 'Geh doch nach drüben' die Sehnsucht nach der hart zuschlagenden Obrigkeit zu entnehmen, die sich angesichts von Kritik herbeigewünscht wird oder damit zu kontern, daß das wohl eher Anliegen der gesammelten NATO sei, und man sich der Unbehaglichkeit lieber nicht anschließen will, einen Afghanen in seinem unbändigen Freiheitsdrang zu unterstützen, für den er in seiner Sprache nicht einmal ein Wort hat;
  • statt also die Hetze zurückzuweisen, werden
  • ihre Maßstäbe ausdrücklich bestätigt. Retourkutschen auf dieser Grundlage über politische Gefangene, die Reagan in Südamerika toleriert, geben alles zu. Deshalb wird auch schwer
  • gelogen. Um gegen im Westen genüßlich vorgeführte Dissidenten anzustinken unter Beibehaltung des eigenen Imperativs, daß das Volk im Osten angesichts der Wohltaten nicht gegen seinen Staat sein kann, sind Dissidenten prinzipiell Rechte, die der CIA angestiftet hat. Das mag es sicher auch geben. Bleibt immer noch die Frage offen, warum Figuren wie Sacharow mitten im realen Sozialismus, wo sie eigentlich weltfremd wirken müßten, von der Welt abgeschirmt werden. Statt theoretisch widerlegt, werden die Dissidenten drüben halt praktisch an der Verbreitung ihrer Ansichten gehindert. Und in den DKP-"Entlarvungen von Oppositionellen" drüben, denen man keinen authentischen Dissens zubilligen will, weswegen sie keine "Dissidenten", sondern Agenten sein müssen, zeigt sich schlagend der Charakter jener Utopie, die Revisionisten im "Realen Sozialismus" realisiert sehen! Es handelt sich nicht um eine Negation des Kapitalismus/Imperialismus samt dazugehörigen Formen politischer Herrschaft, sondern um ein konkurrierendes System das ausgerechnet deshalb "überlegen", weil es alle echten oder angeblichen Probleme, die im Westen die öffentliche Anteilnahme erregen, besser zu lösen im Stande sein soll. Der revisionistische Systemvergleich ist also theoretisch ein Hammer, weil er noch in jedem Lob für Arbeitsbedingungen, Sozialleistungen, Umgang der politischen Herrschaft mit dem Volk, bis hin zum Preis des hohen kulturellen Niveaus realsozialistischer Kunst stolz ausplaudert, daß es auch im sowjetischen Sozialismus die Klassenzugehörigkeit Arbeiter gibt: Leute, die Mehrarbeit für den Staat leisten und sich deshalb seiner "Versorgung" als Klasse erfreuen; eine Obrigkeit, deren Maßnahmen gegen Interessen der Beherrschten gehen, die deshalb irgendwie berücksichtigt werden müssen und schließlich eine Kultur, die den Massen Sinn für Höheres erschließt, wenn sie schon hier nicht auf ihre Kosten kommen. Praktisch ist der Erfolg solcher Agitation gegen den Kapitalismus durch Propaganda für den Sozialismus eine logische Unmöglichkeit: Wer davon überzeugt ist, daß Marktwirtschaft und Demokratie ihm ein Auskommen und persönliche Freiheit ermöglichen - und das sind fast alle Bürger in der BRD, sonst würden sie nicht (lohn-)arbeiten, wählen und sich ansonsten freizeitbeschäftigen -, den verunsichern in dieser Selbstgewißheit weder die Härten von Arbeitswelt und Sozialstaat noch der Zuschlag der Staatsgewalt gegen Dissidenten auch bei uns. Er wird sich dies nach wie vor als Mängel unseres Systems zurechtlegen und daran festhalten, daß drüben das System der Mangel ist, wovon ihn auch die Botschaft nicht abbringen kann, daß in der DDR die Mieten niedriger und die Stipendien höher sind.

Jede "Beweisführung" mit Beispielen unterliegt so dem prinzipiellen Zweifel des Ja-aber-um-welchen-Preis oder sie dient gerade dem Beleg fürs eigene, nicht angekratze Urteil über die schlechten Absichten des anderen Staates: Die tun mehr für die Jugend, wie jeder totalitäre Staat!

Vollends "unglaubwürdig" wird die DKP-Propaganda, wenn sie einmal den Systemvergleich beiseite läßt und wirklich Vergleichbares durchs Pochen aufs andere System anpreisen möchte:

"So richtig der Hinweis auf ein 'Restrisiko' ist, so wenig folgt daraus eine notwendige Ablehnung der Kerntechnik. Genauso wie eine Gesellschaft trotz der Möglichkeit, daß ein Meteorit auf eine Großstadt abstürzt, weiterhin Städte anlegt und nicht zur Vermeidung von Katastrophen das Land gleichmäßig besiedelt." (Rote Blätter 1/81)

So behält noch die allerhämischste Rancune "kritisch"-aufgeklärten Bewußtseins hierzulande scheinbar recht, die meint, alles, was hier "zugegebenermaßen" Negatives exstiert, gäbe es drüben auch und die Freunde des Realen Sozialismus seien üble Heuchler, weil sie das nur bei uns anprangerten und drüben verschwiegen, wenn nicht gar verteidigten.

Eben in hilfloser Abwehr solcher Anmache wird den Freunden der Sowjetunion diese zunehmend zum Problem. Je mehr Spartakisten und DKP in allen möglichen Bewegungen - neuerdings erklären sie schon die Rollschuhfahrer zur Chance ihrer Politik - ihr Heil versuchen (Wenn die nicht zu ihnen kommen, obwohl es doch alles fortschrittliche Menschen sind, gehen sie eben zu denen.), je opportunistischer die linke Linie verläuft, desto mehr wird einem deutschen Kommunisten (der mittlerweile dank "UZ "Sportteil beim Fußballspiel SU-BRD weiß, zu wem er halten soll) die Politik der Sowjetunion zum Problem seiner Politik. Je mehr der Westen hetzt, desto defensiver verteidigen hiesige Spartakisten ihren großen Freund. Und jede Maßnahme der Sowjetunion, die die NATO aufgrund ihrer maßlosen Sicherheitsdefinition zur "Aggression" erklärt, nehmen sich die hiesigen Freunde des Ostens mehr und mehr als Hindernis zu Herzen.

Fortschritte in der Verleugnung des Freundes

Der Einmarsch der Sowjetunion in

Afghanistan

muß einem schon furchtbar peinlich sein, wenn man ihn allen Ernstes mit der "Abschaffung des Zwangs-Brautgeldes" legitimiert. Und man muß sich schon am Maßstab des Völkerrechts furchtbar blamiert fühlen, wenn man nicht nur den "Hilferuf" der afghanischen Regierung abdruckt, sondern auch noch seine rechtliche Grundlage, den sowjetisch-afghanischen Freundschaftsvertrag. Warum hätte man den Einmarsch sonst Regierungen und Bürgern gegenüber zu verteidigen, die ihre Sicherheitsinteressen so weit erstrecken, daß sie sich für ein an die Sowjetunion grenzendes Land überhaupt zuständig erklären? Und nur weil man getroffen ist, weist man behende auf die sachliche und zeitliche "Begrenztheit" sowjetisch er Militärhilfe hin.

Abteilung 1 der Verteidigung lautet also: Der Einmarsch war doch gar keiner. Und das schreiben sie auch noch als Überschrift hin: "Sowjetische Hilfe sichert Unabhängigkeit" - wie es das Völkerrecht verlangt.

Abteilung 2: Die Intervention mit Hilfe der Roten Armee dadurch zu verteidigen, daß man ihre Gründe benennt, kommt natürlich nicht in Frage. Nicht, daß DKP und MSB Spartakus daran eine Kritik hätten, mit der sie nun hinter dem Berg halten. Daß die Sowjetunion ihre Sicherheit gegenüber dem Imperialismus dadurch zu gewährleisten sucht, daß sie mit dem Westen um Einflußsphären auf der Welt konkurriert, dabei einmal mit Faschisten freundlichen diplomatischen Verkehr pflegt, ein andermal Befreiungsbewegungen eiskalt fallen läßt, wenn sie ihr nicht ins außenpolitische Konzept passen - das haben Revisionisten früher einmal unter dem Titel "revolutionäre Realpolitik" gegen eine anti-imperialistische Studentenbewegung verteidigt. Daß also die SU den Sturz eines befreundeten Regimes und damit die Drohung eines westlichen Stützpunkts an ihrer Südgrenze nur dadurch zu verhindern weiß, daß sie Truppen in Afghanistan einsetzt und unterhält, das ließe sich durchaus offensiv vom nationalen Standpunkt der SU aus, der für Revisionisten traditionell mit dem proletarischen Internationalismus identisch ist, vertreten - zumal die NATO und ihre Freunde in der Region keinen Zweifel darüber aufkommen lassen, wozu für sie das "afghanische Volk" taugt. Da man aber selbst gegen den Imperialismus das Selbstbestimmungsrecht der Völker hochhält und alle die anderen Rechte, die Völker so haben sollen, wenn sie zur Manövriermasse der Weltpolitik gemacht werden, rechtfertigen westdeutsche Kommunisten die Politik der SU unter Berufung auf eben jene Kategorien, mit denen die westliche Öffentlichkeit geschlossen gegen Moskau Front macht. Keine Invasion soll es also gewesen sein, sondern die Verteidigung einer "afghanischen Revolution", völkerrechtlich gedeckt durch Hilfsersuchen und Verträge. Furchtbare historische Windungen über dreimal Revolution und ihren jeweiligen Verrat werden durchgemacht, bis Karmal als eigentlicher Hüter sozialistischer Werte dasteht, der für lauter menschenfreundliche Ziele eintritt. Eine peinliche Lüge dann, wenn Afghanen-Rebellen die Segnungen ihrer Regierung bekämpfen. Und auch das wird noch zugestanden, daß sie gute Gründe zur Rebellion in Fehlern der Führung hatten, die die "konterrevolutionäre Einmischung erleichterten" ( Rote Blätter 2-3/80). Ein Zugeständnis allerdings, das ein Mißverständnis seitens der Rebellen über die guten Absichten der eigenen Regierung behauptet. So daß man sich "enteignete Feudalfürsten, Wucherer, Fabrikbesitzer, entlassene reaktionäre Beamte und den rechten Flügel der Geistlichkeit" und die eben Genannten als Rebellenarmee denken soll, die einiges Kriegsgerät der Sowjetunion jahrelang in Atem halten. Auf diese windelweiche Tour, die jeden Angriff bezüglich sowjetischer "Aggressivität" zugesteht, um sie dann zu entschuldigen, ist eines erreicht: das NATO-Vorurteil bestätigt. Kaum hatten die Spartakisten versucht, gegen die "Falschmeldungen" über Afghanistan "ein sachliches Bild zu setzen", womit ausdrücklich anerkannt wird, daß Afghanistan ein problematisches Licht auf sowjetische Politik wirft, kam ihrer westdeutschen Agitation vor allem in der Friedensbewegung die westliche Hetze bezüglich der sowjetischen "Einmischung" in der Volksrepublik

Polen

in die Quere. Statt einmal auf den westlichen Maßstab loszugehen, der an Polen nicht nur die Sicherung der Warschauer-Pakt-Staaten, sondern auch das Kriegsrecht durch General Jaruzelski zum aggressiven Akt der Sowjetunion erklärt, stand auch hier wieder die Verteidigung des Kriegsrechts nach der Dialektik von "Fehlern der Führung" und "ausländischer Verhetzung" an, die sich selbst widerlegt. Sollten Fehler der Führung für den Aufstand verantwortlich sein, müßte ihr Eingeständnis doch sofort Einigkeit schaffen. Verhetzung von außen oder auch durch eindeutige Antikommunisten wie Kuron müßte doch ein gestandener Kommunist gewachsen sein. So entsteht die Verteidigung Polens wieder daraus, daß einerseits die Uneinigkeit zwischen Volk und Führung konstatiert wird, sie aber auf Teufel komm 'raus auf der Basis der Harmonie von Volk und Staat erklärt werden soll. Dann kommen so lächerliche Denunziationen zustande: daß der Aufstand der "Solidarität" vom KOR, der Kirche und einem Wissenschaftlergremium gesteuert, also kein Arbeiteraufstand war. Die blanke Denunziation soll hier die Kritik an "Solidarität" ersetzen und den Beweis erbringen daß Walesa und Co, finstere Absichten hinter ihren offiziellen Verlautbarungen verstecken, wo doch diese mit allen ihren nationalistischen und bigotten Phrasen wahrlich genug Stoff für Kritik von Marxisten anbieten. Selbst für eine revisionistische Agententheorie von vergleichsweise "höherem" Niveau böte doch die westliche Handhabung des polnischen Aufstands genügend Material: Wie gelegen kam doch der NATO die Unzufriedenheit polnischer Arbeiter mit ihren Lebensbedingungen, an denen der Ost-WestHandel nicht ganz unschuldig ist (ein Hinweis darauf verbietet sich natürlich für die Idealisten des "friedlichen, arbeitsplatzsichernden wirtschaftlichen Austauschs!); wie sehr der Hunger als Mittel zur Destabilisierung begrüßt wurde und warum ausgerechnet Helmut Schmidt und Helmut Kohl staatsgefährdende gewerkschaftliche Aktivitäten m Osten begrüßen. So sehr die Deutsche Kommunistische Partei also moskautreu bleibt, so wenig wollen ihre Agitatoren die "Moskautreue" zum Hindernis für ihre Bündnispartner in der Friedensbewegung machen:

"Erstens hat Carter schon lange vor Afghanistan begonnen, die Entspannung durch den 'Kalten Krieg' zu ersetzen...

Zweitens sollten wir uns auch trotz unterschiedlicher Auffassungen über die sowjetische Präsenz in Afghanistan jetzt nicht von gemeinsamen Aktionen gegen Carter abhalten lassen und den Weltfrieden verteidigen." (orig. Herv.)

Oder:

"Für die Friedensbewegung werden ja keine Barrieren aufgestellt: Jeder kann alle möglichen Vorbehalte und Kritikpunkte gegenüber der SU und den sozialistischen Ländern mitbringen - eine europäische Friedensinitiative, die wirksam sein soll, muß sich jedoch fragen (lassen), ob sie ihre Forderungen an die richtige Adresse und ihre Aktion gegen die wirklichen Verursacher der Kriegsgefahr richtet." (Rote Blätter 7-8/81, S. 50)

Wer so den Kernpunkt der Auseinandersetzung zurücknimmt - die NATO ist es, aber es kommt nicht so darauf an -, der ist in seinem Opportunismus gegenüber den Adressaten, diesmal der Friedensbewegung, so weit, daß er seiner Identität mit dem "Weltfrieden" auch die Rüstung des Ostens bzw. seine Verteidigung opfert. Wer immerzu damit herumläuft, daß der Osten doch friedliebende Signale setze, wenn er überhaupt noch für ihn eintritt, der hat auf jeden Fall den NATO-Anspruch "freiwillige Abrüstung drüben" schon drauf.

Ein Ernst Busch dürfte heute für die DKP nicht mehr agitieren, weil er die "Leute verschreckt":

"Das ist der Krieg der Herrscher der Welt

gegen die ArAeiterklasse.

Denn der Angriff auf die Sowjetunion

ist der Stoß ins Herz der Revolution.

Und der Krieg, der jetzt durch die Länder geht,

ist der Krieg gegen dich Prolet!"

Stattdessen basteln eifrige Menschen liebevoll Blinktafeln, die die Rüstungsfirmen und Raketenstellungen rund um deutsche Großstädte getreulich wiedergeben und deswegen aufgeregt leuchten, weil ihretwegen die Sowjetunion sich wehren muß. Ungerührt wird hier die Logik der Supermachttheorie für die revisionistische Anbiederei an den Nationalismus von BRD-Friedensfreunden funktionalisiert. Wo diese sich vor einem "Schlachtfeld Europa" fürchten, in das NATO-Rüstung und Warschauer-Pakt-Gegenrüstung die politisch unbeteiligt-unschuldige BRD stürzen und deshalb einen Ausstieg aus dem "Doppelbeschluß" fordern und eine Demontage der SS 20, mobilisieren Mitglieder einer Deutschen Kommunistischen Partei die Russenangst ihrer Mitbürger und halten es anscheinend für das Selbstverstiindlichste der Welt, daß die Weltfriedensmacht Nr. 1 zur Friedenssicherung auch einmal die Ausradierung Westdeutschlands einplant. Der große Freund als Drohung - das ist solidarische Antikriegsagitation!