Info
Ausländer
ZEITGENÖSSISCHER RASSISMUS
Rassismus ist ein böser Vorwurf - unterdessen bürgt deutsche Ausländerpolitik dafür, daß die Benutzung von nichtdeutschen Arbeitern unter allen Umständen effizient ist, mithin auch unter solchen, die diese aus deutschen Fabrikballen freisetzt. Arbeitslosen Ausländern macht sie zur Zeit qua "Rückkehranreizen", sinnvoll gekoppelt mit verschärften Einreisebeschränkungen für deren Kinder, praktisch klar, daß sie mit dem Übergang vom "Gastarbeiter" zum bloßen "Gast" ihr eigentliches "Gastrecht" verwirkt haben. Rassismus? Das will niemand gesagt haben. Weil die Benutzung dieser Leute problemlos gelingt, der Erfolg im Umgang mit Türken, Jugoslawen, Italienern etc. als institutionalisierte Reservearmee von keiner Seite streitig gemacht wird, haben sie von deutschen Politikern zu dem Schaden den Spott, ein "Problem" darzustellen, um das man sich noch viel mehr kümmern mÜsse. Rassismus darf das schon gar nicht heißen.
Ausländer und ihre Freunde
Im Gegenteil: Eine "wachsende Ausländerfeindlichkeit in der Bevölkerung" fordert nicht zu deren Kritik heraus, sondern will "verstanden" werden. Getreu der alten "Schutzhaft"-Logik werden da Bomben gegen Ausländer zum "Beweis", daß all die schönen Maßnahmen der Ausländerpolitik einzig "zum Besten unserer ausländischen Mitbürger" sind. Politiker erwarten für diesen Zynismus Anerkennung als für eine "Aufgabe", die sie doch zuallererst erfunden haben, um sich für deren "Schwere" gratulieren zu lassen. Es ist schon verdächtig, soviel "Freunde unserer ausländischen Mitbürger" herumlaufen zu sehen, wie sie die Auswirkungen der täglichen Ausländerpolitik beschwörerisch ausmalen und diese selber damit aus dem Schneider kommen lassen. Den Ausländern wird es jeden falls nichts nützen,
- wenn Studentenpfarrer ausgerechnet "Politikern aller Parteien vorwerfen, nicht rechtzeitig die Gefahr einer Ausländerfeindlichkeit und des Rechtsextremismus erkannt zu haben";
- wenn an den Schulen "Ausländer" zu dem Aufsatzthema avancieren, bei dem "Vorteile und Nachteile des Fremden" zur "vorurteilsfreien" Begutachtung freigegeben werden;
- wenn DGB und Kirche zu einer Propaganda-"Woche der ausländischen Mitbürger" "jeden Deutschen aufrufen, im Bekanntenkreis, in der Öffentlichkeit und am Arbeitsplatz mitzuwirken, um Ausländerhetze und Feindseligkeit entgegenzutreten";
- wenn Professoren sich mit sogenannten "einfachen" Lösungen wie "Ausländer raus oder (!) Ausländer rein" nicht zufrieden geben wollen: "Es geht uns nicht um eine zwanghafte Integrationspolitik, sondern um die Wahrung von Volksunterschieden. Sozialarbeiter müssen Bündnispartner für eine kulturelle Identität von Ausländern sein!"
Neben den praktischen Erfolgen, die der Ausländerpolitik in Rücksicht auf die Vermehrung des nationalen Reichtums beschieden sind, feiert sie sich in solch verständnisvollen Vorschlägen, die sie sich von ihren Büigern unterbreiten läßt.
Vom Sinn des Fremden
"Vorurteile im Volk" rangiert auf dem ersten Platz. Das ist gut! Erst erklärt man die Ausländer offiziell zum Problem, provoziert den Gedanken, daß sie es sind, die "uns" das "knappe Gut Arbeit" wegnehmen, die Parteien werben geradezu mit dem "Versprechen" für sich, nicht zuzulassen, daß Ausländer zum "Nutznießer unserer gefährdeten Wirtschaft" werden, und dann empört man sich, wenn solche Vorurteile die Runde machen und Brutalitäten gegen Ausländer zu nehmen. Im übrigen ist der Hinweis auf "Fremdenhaß" im niederen Volk nichts anderes als die untertänige Bitte, die Staatsgewalt möge sich doch in ihre Zuständiglkeit für die Behandlung von Ausländern nicht durch "primitiven" Nationalismus dreinreden lassen. Solche Sorge heißt auch "demokratische Verantwortung", weil sie es sich nicht nehmen läßt, in aller Freiheit zu besprechen, wie zweckmäßiger Umgang mit dem fremden Menschenmaterial 1982 zu gehen habe. So hat der Rassismus heute als Ideologie Konjunktur: - besonders entfaltet dort, wo er gleich als -ismus in seinen Wurzeln, Formen und Wirkungen etc. zur Diskussion gestellt wird.
Die Methode dieser Besprechung ist es,daß man rauf und runter rassistische Gedanken wälzen und doch mit dem unerschütterlichen Urteil dastehen kann, es wären keine, sondern kritische Überlegungen zu ihm. Die Forderung nach mehr Verständnis für die Eigenheiten der Fremden, für deren nationale Identität fällt geradewegs in die Kategorie rassistischer Witze, die den Ausländern als "ihre Kultur" höhnisch vorhalten, was sie in ihrem Elend sind: Arbeiter, die diese Identität von Staat und Kapital aufgemacht bekommen haben, ohne daß ihnen zugleich die zweifelhafte Ehre ihrer deutschen Kollegen zuteil geworden wäre, sich darin noch als in ihrem Vaterland einzurichten. Der Idealisierung dieses ruinösen Zustands, dem der Staat der Deutschen längst billige Rechnung trägt, entspringt die zynische Empfehlung, "unseren Gästen" eine ideelle "Identität" in "ihren Werten" zu verpassen.
Da erhebt die Politik das Nicht-deutsch-sein von Leuten gerade zum Argument gegen deren armselige Existenz und sozial engagierte Geister entdecken darin das Recht auf völkische Eigenheit, in welchem der den Fremden aufgemachte Zwang, als ihr eigenster Anspruch, darin ihre Identität sehen zu dürfen, erscheint. Die rassistische Logik lautet: Sollen sie sich doch um das verdient machen, was sie als ihr Los sowieso verdienen. Früher hieß das: "Arbeit macht frei!" Heute: "Kulturelle Identität" etc. und ist mehr als nur ein salonfähiges, nämlich geradezu ein offensives Bekenntnis zur rassistischen Ideologie, die sich hierzulande gehört.
Mit dem Fremden leben!
Der Fortschritt besteht des näheren darin, daß 1982 ausländerfeindliche Gesinnung ausdrücklich als zur BRD dazugehörig erklärt wird: Die verschiedenen Nationalitäten bringen es nun einfach mal so mit sich, daß es "Probleme" gibt. Entsprechend verbietet sich der Staat heutzutage strikt, an dieser "Normalität" überhaupt etwas auszusetzen; schließlich ist er im Umgang mit Ausländern das berufene Subjekt, und alle Kritik hat dies anzuerkennen, komme sie nun von links oder von rechts.
Rechte Kritik am gewöhnlichen Rassismus der Politiker und Bürger, die zur Tat schreitet, weil sie ihn inkonsequent findet, duldet er nicht - weniger, weil ihn die Sorge plagte, die unselige Vergangenheit hole ihn ein, als vielmehr weil er diese zeitgenössischen Ideologien selber und nach eigenen Erfolgskriterien zu verwalten gedenkt. Linke Kritik, die an gewöhnlichen Rassismen manchmal Ahnung bekommt, dann aber doch bloß meint, vor "Schlimmerem" ("faschistischen Tendenzen") warnen zu müssen, duldet er ebenfalls nicht, und zwar aus demselben Grund. So verbat er sich in einem Kundgebungsverbot anläßlich einer Gedenkfeier für die Opfer des Bombenattentats auf dem Münchner Oktoberfest 1980, den Täter Köhler als "Faschisten oder Neonazi" zu bezeichnen; die Attentate seien "unpolitischer Natur" gewesen: "Es war die Tat eines geistig anormalen Menschen."
Noch zu Leuten, die mit Hakenkreuzen herumlaufen und Bomben legen, oder wie in Nürnberg, reihenweise Ausländer über den Haufen schießen (Fall Oxner), teilt der Staat selbstbewußt mit, daß er über "Tendenzen" erhaben ist, seinen Umgang mit "Extremisten" gefunden hat und den üblichen Rassismus als zu-sich-gehörig betrachtet, weil er ihn in der aktuellen Ausländerpolitik bestens aufgehoben und von daher keinen Vergleich mit dem Faschismus nötig hat, der eh nur zu dessen Ungunsten ausfiele. Wo der Rassismus als zum Menschen zugehörig erklärt wird, als "ein Phänomen", das der Staat im Interesse aller bei ihm lebenden In- und Ausländer zu berücksichtigen habe, da ist natürlich Hitler kein "Tabu", sondern ein Stück demokratisches Leben, bei dem sich linker Abgrenzungszirkus von vornherein verbietet.
Haß muß sein!
1982 fühlen sich schließlich ja Intellektuelle zu dem Nachweis bemüßigt, daß man den Vorwurf der Ausländerfeindlichkeit, des Fremdenhasses auch gar nicht erheben kann, und wer es doch tut, ist selber ein Vnmensch, der seine eigenen Aggressionstriebe nicht kennt. Nach schönster Saubermannmanier sucht z.B. das "Sozialmagazin" nach schwarzen Schafen in den eigenen Reihen. Getreu der Kinder-Psycho-Logik "Wer es hat zuerst gerochen, dem ist es aus dem Arsch gekrochen" bzw. "Was du sagst, bist du alles selber" entdeckt diese Zeitschrift einen "Sekundären Rassismus":
Dieser "Komplex" "behauptet mit der verbreiteten vulgären Ausländerfeindlichkeit nichts gemeinsam zu haben. Er ist klinisch, sauber, moralisch und verlogen... Man macht den, der andere zu Sündenböcken ernennt (der primäre Rassismus), selbst zum Sündenbock. Mit dem Opfer solidarisiert man sich am besten, ... Warum? Weil Haß unökonomisch, anstrengend, unanständig und wenig attraktiv und werbewirksam ist." (Sozialmagazin 82, Heft 10)
Solidarität, sich zusammen mit dem Opfer gegen etwas zu wehren, seit Jahr und Tag die Parole des Sozialmagazins - aber in ihm noch nie gemeint als Kampfansage an die Adresse derer, die die Opfer zu verantworten haben -, wird hier als egoistische Psychohygiene und billige Imagepflege entlarvt. Sozialpädagogisches Sorgerecht in Sachen Ausländer gebührt 1982 einzig der Anerkennung der "Ausländerfeindlichkeit". Wer sich deshalb über vorfindliche Ausländerfeindlichkeit ein Urteil bildet, begeht die "Unverschämtheit, die Verantwortung für den wachsenden Rassismus zu delegieren"!
Wo "Ausländerhaß" als allgemein menschliches "Phänomen" gilt, das auch "Menschen überkommt, die sich bisher von solchen Gefühlen frei glaubten", da stehen selbst so untertänige Verstandesleistungen, wie den Massen "Pauschalurteile" über Ausländer vorzuwerfen (anstatt sich an die je weils geltenden Definitionen zu halten, was ein nützlicher, was ein unnützer Fremdling ist, und Änderungen dieser Definitionen nicht als Freibrief zur "undifferenzierten" Verachtung von Ausländern zu verstehen), unter dem Verdacht, hier wolle sich jemand aus der Verantwortung stehlen.
Der Witz an der Vorschrift - keiner dr über Rassismus reden, es sei denn, er gibt zu, daß er selber Probleme damit hat (das gilt bis Helmut Kohl) - besteht darin, daß ihre Beherzigung das schöne Resultat mit sich bringt, daß niemand mehr über Rassismus als politische Angelegenheit, sondern nur noch über rassistische Triebkräfte im Menschen reden kann. Mit diesem Verbot sucht sich die rassistische Theorie '82 gegen jedweden Gedanken über sie zu imunisieren. Als solche Methodiker des Rassismus sind sie sehr eigenständige Agenten deutscher Politik mit Ausländern. Keiner von ihnen sagt, daß Ausländer vergast gehören, aber über jeden Menschen behaupten sie, zu ihm gehöre gefälligst die Macke "Feindseligkeit gegen Fremdes". Und davon hat sich keiner auszunehmen. Da kann man doch nur von Glück sagen, wenn auch der neue Kanzler "eine menschliche Ausländerpolitik durch Verhinderung einer Einwanderungswelle" verspricht.
Es ist dies die Tour intellektueller Ausländerfreunde, beileibe nicht über einen Türken "einfach" den Stab brechen zu wollen, sondern seine praktische Verhandlung hierzulande aus freien Stücken so abzusegnen, daß man diese z. B. als Berücksichtigung einer Psychologie der Menschheit nachweist. über diese Methode entwickelt der Rassismus seine ganze Freiheit. Jede Idiotie, insofern sie dem Kult der Natur des Menschen frönt, wird da als Beitrag zu einem wiehtigen Thema begrüßt:
"Fremde sind für uns im wesentlichen südländische Ausländer: Sie haben in aller Regel einen brauneren oder doch wenigstens dunkleren Teint als Deutsche. Körperlich sind sie vielleicht tatsächlich noch häufiger muskulöser, weil der zivilisatorische Erschlaffungsprozeß noch keine generationslange Arbeit vollzogen hat. Bei mir im Mädchenhaus 'stehen' jedenfalls die Mädchen auf diesem 'styling'..." (ibid.)
So ist es nur konsequent, wenn in besagter "Theorie des sekundären Rassismus" die Politik als das "Gemeinsame" und erhellender "Springpunkt" Einzug in die Niederungen "menschlicher Interessen" hält: Es ist dies
"auch der Punkt, an dem wir alle erkennen könnten, daß unsere Interessen gemeinsame sind: Die Aufhebung der Feindseligkeit gegen Ausländer und alles Fremde und die Abschaffung von Unterdrückung und Unglück - das sind zwei Seiten ein und derselben Sache. Sagen wir: unserer Sache."
Dank soleher Einvernahme jedweder Kritik an "Unterdrüekung und Unglück" und ihrer Zurücknahme in nie und nimmer "Feindseligkeit" ist der intellektuelle Rassismus jedenfalls fertig: Wer was zu sagen hat, nicht wer was zu verantworten hat, ist zu bekämpfen. So geht moderne Volksgemeinschaft. Von wegen also, hier würde 'ewig Gestriges' in die Republik "eingeschmuggelt". Dieser Vergleich unterschlägt, wie gemein der sich selbst kontrollierende Geist der Republik bereits geworden ist: Die Exponenten der Freiheit des Geistes sind die der Reaktion.
Wenn der darüber gerechterweise zu einigem Feuilleton-Ruhm gelangte Konrad-Lorenz-Schüler Eibl-Eibesfeld, der den nationalen Charakter des Menschen in dessen Natur vergeheimnist, den in Leserbriefen gegen ihn erhobenen Faschismus-Vorwurf entrüstet mit dem Argument von sich weist, er denke doch nur über die aggressive Menschennatur nach, angesichts dessen, daß "die alte Frage wachsender Aggressionen gegen Ausländer in der BRD eine neue Aktualität erhalte", dann stimmt daran leider folgendes: Nicht von der Idee des Hasses kommen Pogrome, sondern die Ideen solcher Geistesriesen wie Eibl-Eibesfeld sind die aktuellen Legitimationen zu den alltäglichen Pogromen "unserer" Politik. Die Bedenklichkeit, von Leuten wie Eibl-Eibesfeld ginge eine Gefahr des Rassismus aus, ist also eine die Realität verharmlosende Ideologie. Alles rechtschaffene Leute, die bloß laut über gute Gründe Menschen abzuschlachten, nachdenken und schon vorweg bereit sind, diese zu akzeptieren, wann immer die Politiker sie geltend machen.