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Dieser Artikel ist in der MSZ 5-1982 erschienen.


SPRÜCHE UND WIDERSPRÜCHE

Ein Fall von Beeinflussung

"Die Friedens- und Sicherheitspolitik der GRÜNEN. Innenpolitisch: Überwindung künstlich aufgebauter Feindbilder und Erziehung zur Gewaltfreiheit durch Friedenspädagogik. (Im Gegner nicht den Feind sehen, sondern einen in eine negative Rolle gezwängten Menschen, der durch gewaltfreies Verhalten positiv beeinflußt werden kann.)" (in: Wahlflugblatt der GRÜNEN in Bayern, Juli 1982)

Wer, um Gottes Willen, hat nur die GRÜNEN durch gewalttätiges Verhalten so negativ beeinflußt, daß sie in eine heillos-positive Rolle gezwängt worden sind und in keinem Feind mehr einen Gegner sehen wollen?

Selbstkritik?

"Es gibt Themen, die nimmt uns keiner ab... Zum Beispiel: saubere, ehrliche Berichterstattung über die Friedensbewegung." (aus: Werbung für "UZ-Zeitung der DKP" in den "roten blättern" des MSB Spartakus, Nr. 9/1982)

Ein Arbeitsbeschaffungsprogramm vom MSB

Auf dieser Seite sind wir schon des öfteren der Auffassung von Kennern der studentenpolitischen Szene entgegengetreten, die regelmäßig in den "roten Blättern" seitenlang und bilderlos abgedruckten "Referate der Bundesvorstandstagung" des MSB Spartakus, "gehalten vom Vorsitzendei Uwe Knickrehm", seien langweilige, konsequenzlose Rituale und eine bestenfalls komische Selbstbespiegelung dieser revisionistischen Studentenverbindung. Schlagend widerlegt dies Uwes Weisung vom 10./11.7.1982:

"Die Hochschulalltagskampagne ist mittlerweile überfällig, die Masse der Studenten braucht eine organisierte und kämpferische Antwort auf die Veränderungen des Hochschulalltags..."

"In solchen Bewegungen liegt zudem die Nähe zur Arbeiterbewegung und ihren gewerkschaftlichen und politischen Organisationen am ehesten auf der Hand." ("rote blätter", Nr. 9/1982, p. IV)

Bereits in der folgenden Ausgabe hat die "rote-blätter"-Redaktion die Strukturen einer solchen Kampagne samt gewerkschaftlicher Orientierung skizziert. Wir zitieren:

"Erster Schritt: Was sagt die Studienordnung? Was sagt der Studienplan?...

Zweiter Schritt: grobe Langzeiteinteilung...

Dritter Schritt: Feinplanung...

Wunschstudienplan unter dem Aspekt: was will ich im ersten Semester erreichen?

Studientag:... Montag und Freitag sind Favoriten.

Aber Vorsicht: schnell organisiert man sich nur ein verlängertes Wochenende...

Hast du dir einen Studienplan nach diesen Kriterien erarbeitet, dann setz' dich mit den anderen Leuten zusammen. Durch die Diskussion, neue Tips, Hinweise, wird sich oft ein völlig umgekrempelter und gekürzter Studienplan ergeben, der sich aber an deinen inhaltlichen und zeitlichen Vorstellungen orientiert... Vielleicht erscheint dir ein Studienplan mit sieben Veranstaltungen als zu dünn. Dann rechne einmal einfach durch. 7 x 2 = 14 Stunden. Dazu je eine Stunde Vor- und Nachbereitung. Macht 14 + 14 = 28 Stunden. Dazu kommen Fachschaftstreffen, Erstsemestergruppe, Tutorium, Vollversammlung, Besuch von politischen Veranstaltungen usw." ("rote blätter", Nr. 10/1982, p. VI)

inklusiue uom MSB eingeplante Abende für die Mitarbeit im MSB

"dann kommst du durchaus auf 40 Wochenstunden. Ein halbwegs ernsthaftes Studium ist also kein Lenz." (ibid.)

Zu Beginn des vorletzten Semesters ging der Text der "roten blätter" im damaligen Info für Studienanfänaer noch wie folgt weiter:

"Und das schlechte Gewissen gegenüber Leuten, die 40 Stunden in der Woche hart arbeiten müssen, kannst du vergessen." (in: "rote blätter", Nr. 10/1981, S. 41)

Den Bezug zum Proletariat haben die Spartakisten diesmal weggelassen, um den DGB nicht zu beschämen, der ja wieder die 35-Stunden-Woche auf das Proaramm setzen will. Dumm wär' jetzt nur, wenn die Studenten sich radikalasieren und die vom MSB für sie eingeplanten MSB-Stunden aus ihrem harten Arbeitstag verweigern: Dann schafften sie lässig den lückenlosen Einstieg in die 28-Stunden-Woche!

Konkurrenz der (Aus-)Schlachter

"Wir halten es für wichtig, daß die Sache Polens in unserem Lande nicht ausschließlich Reagan und Co zur politischen Ausschlachtung überlassen bleibt und möchten deshalb das Thema auch in der ESG aktuell halten." (aus: "Semesterproaramm SS 82" der Evanaelischen Studentengemeinde München, S. 22)

Neuer Spaß für harte Männer

"Und (gewaltfreier) Widerstand kann Spaß machen und Kraft geben."

"Hinter dieser Überlegung lauert natürlich die Frage, wieviele Menschen entschlossen genug sind, schwerwiegende persönliche Konsequenzen wie Verletzungen oder sogar Strafverfolgung auf sich zu nehmen." (aus: "Die Neue" uom 10.6.1982, S. 7)

Der Krieg - eine Geschmacklosigkeit?

Für den selbstgerechten Zynismus der Friedensbewegung ergreift der SHB offensiv Partei. Daß die Friedensbewegung mit Kriegen unterhalb der Schwelle der großen Menschheitskatastrophe unverbrüchlich ihren Frieden geschlossen hat, das hat sie anläßlich des Falkland-Kriegs und des israelischen Völkermords im Libanon hinreichend bewiesen. Mittlerweise versteht man sich auf die gemeine Sorge um das gute Bild der eigenen Friedenssehnsucht, das man, von den staatlich produzierten Opfern reingehalten, pflegen will. Also die Gemetzel des Imperialismus nach hinten, am besten unter "Vermischtes" - die Friedensliebe steht obenan!

"Es ist schon paradox, wenn im Hamburger Abendblatt unter der gemeinsamen Überschrift 'Es geht um den Frieden' links die Aufrüstungspläne der NATO begründet werden und rechts das friedliche Bild der Bonner Demo beschrieben wird. Es ist auch schon eine Geschmackloslgkeit sondergleichen, neue Todesmeldungen der britischen Angriffswelle auf den Falkland-Inseln im Layout neben den Bericht der Friedensdemo in Bonn zu setzen." (SHB in "offensiv-extra im Juni 1982)

Wir gratulieren

"Täglich aufs neue bestätigt sich, wie notwendig eine revolutionäre Arbeiterpartei ist... Alle Bonner Parteien vertreten das Monopolkapital. Steckt man alle in einen Sack und schlägt tüchtig drauf - man trifft nie den Falschen." (aus: "Rote Fahne" des KABD vom 31. Juli, S. 1)

Erfrischende Worte, die auch und gerade 1982 so wahr sind, daß es nur so raucht - dies sei den wackeren BaWü-Maoisten gegen alle potentiellen Mitglieder des "alternativen Linksblocks " bestätigt. Bloß: Wenn die Arbeiter eine revolutionäre Partei brauchen, dann kriegen sie sie nur, wenn sie wollen. Daß sie sie wollen, das wird mit der folgenden Meldung nicht zu erreichen sein:

"Vom 17. bis 20. Juni fanden im Ruhrgebiet der 5. Zentrale Delegiertentag des KABD und der Gründungsparteitag der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) statt." (ibid.)

Der Nestor der neuen KP, Willi Dickhut, deren Gründung dem "Spiegel" immerhin einen Artikel wert war mit dem Tenor 'so was gibt's auch noch', wobei man dieser Form der Registrierung "einer revolutionären Arbeiterpartei" als komische Blüte anmerkt, wie es wirklich um die westdeutsche Arbeiterbewegung steht, vertraute den Redakteuren seiner eigenen Zeitung noch folgende Personalie an:

"Der 1. Parteitag der MPLD ist auch der Höhepunkt meiner über 56jährigen politischen Tätigkeit als kommunistischer Funktionär." (ibid.)

56 Jahre deutscher Kommunismus in einem Satz zusammengefaßt. Wir gratulieren!

Geisterstunde

Der Münchner Trikont-Verlag, manchen unserer Leser sicher noch bekannt wegen des von ihm herausgegebenen anti-imperialistischen Schrifttums, hat sich 1982 aufgelöst und gleichzeitig als Trikont-Dianus-Verlag neu ins Handelsregister eintragen lassen, um fortan dem Bamberger Karl-May -Verlag und der Herderschen Verlagsanstalt Konkurrenz zu machen. Wir zitieren aus dem ersten Verlagsprogramm:

"Wir haben Hunger und Durst nach Bildern und Märchen, in uns brennt eine Sehnsucht nach dem Mythos."

Daß mit dem uns noch gut bekannten Herbert Röttgen die Sehnsucht nach Schneewittchen und den 7 Geißlein durchgebrannt ist, mag als sein persönlicher Mythos passieren. Ärgerlich wird es jedoch, wenn dieser Verleger die von ihm immer noch gehaltenen deutschen Rechte an Che Guevaras "Bolivianischem Tagebuch" schamlos dazu ausnützt, der 11. Auflage em Vorwort mit dem Titel "Mystik und Revolution" vorauszuschicken, in dem es u.a. heißt:

"So scheiterte ein revolutionärer Märchenprinz an der Intrige einer zahnlosen Hexe, weil er nicht erkannte, daß in ihr die Urkraft des indianischen Geistes vor ihm stand."

Wir wünschen ihm den toten Che als Poltergeist ins Haus!