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Dieser Artikel ist in der MSZ 2-1982 erschienen.

Systematik

Aufrüstung in Fern-Ost
SCHAFFT 2, 3, VIELE GLEICHGEWICHTE

Die Parole der Friedensbewegung - "Gegen den Kriegsschauplatz BRD" - die aus der besonderen Betroffenheit ein schlagend überzeugendes Argument an die Friedensliebe der eigenen Regierung verfertigen will, stellt sich angesichts der erdumspannenden Weltkriegsvorbereitungen des Westens als bornierte nationale Lächerlichkeit dar. Ist doch der einfachen Zeitungslektüre zu entnehmen, daß die Einkreisung der UdSSR im Weltmaßstab tägliche Fortschritte macht, vom strategischen Standpunkt her fein säuberlich gegliedert in Haupt- und Nebenfronten. Im Fernen Osten wird dazu derzeit von den USA eine alte Front gegen die Sowjetunion unter dem Gesichtspunkt ihrer Tauglichkeit für das globale militärische Roll-back neu aktiviert - mit dem Applaus und der nicht nur diplomatischen Unterstützung auch der BRD-Regierung, dem Adressaten aller friedliebenden Menschen hierzulande.

Daß dabei die Lüge von der Bedrohung durch die Sowjetunion gar nicht erst groß zur Rechtfertigung bemüht, vielmehr unter dem Gesichtspunkt der "vorbeugenden" Vor-Rüstung ganz souverän eine eigene Bedrohung gegen die Sowjetunion aufgezogen wird, die es an nichts fehlen läßt, unterscheidet die heutige pazifische Aufrüstung nicht unerheblich von allem, was in jener Ecke der Welt seit der Containment- (= Eindämmungs-)Politik der USA gegen die asiatischen Staaten in den 50er und 60er Jahren an militärischem Aufbau gelaufen ist.

"Betroffen von dieser Entwicklung ist in Sonderheit die Sowjetunion. Sie steht damit einer Dreierallianz (USA, Japan und China) gegenüber, die nicht nur im globalen, sondern auch im regionalen, südostasiatischen Bereich von Belang ist." (Europäische Wehrkunde, 7/81)

Japan

"ist der Eckpfeiler jeglicher amerikanischen Pazifik-Politik." (Europäische Wehrkunde, 7/80)

Galt bis vor wenigen Jahren, daß "ein militärisch schwaches, aber ökonomisch leistungsfähiges Japan in den vergangenen 25 Jahren zur Stabilität in Ost- und Südostasien mehr beigetragen hat, als es ein seiner Wirtschaftsmacht entsprechend gerüstetes Japan hätte tun können" (Europa-Archiv 8/81 ), so ist heute ausgemacht, daß sich Japan bisher als "Trittbrettfahrer" des amerikanischen Nuklearschirms betätigt hat. Eindringlich "mahnen" die USA Japan seit geraumer Zeit, daß die

"konventionellen und strategischen Streitkräfte der USA im Nordpazifik durch japanische See- und Luftstreitkräfte ergänzt werden müssen." (Caspar Weinberger, Süddeutsche Zeitung, 27./28.3.82)

Und da bekanntlich der größte Neider des Trittbrettfahrers der zahlende Fahrgast ist, stimmen die westeuropäischen NATO-Staaten und zumal die Organe ihrer Öffentlichkeit in diese Mahnungen begeistert ein, auch wenn man sich noch vor wenigen Jahren eher darüber mokierte, daß angesichts des massiven Militärpotentials der Japaner in allen Waffengattungen das verfassungsmäßige Verbot kriegstauglicher Rüstung durch die japanische, süffisant in Anführungsstriche gesetzte "Selbstverteidigungsstreitmacht" ja ganz schön strapaziert werde.

Von der neuen Warte gehobener politischer und nachfolgender militärischer Ansprüche an den Hauptfeind entdeckt die amerikanische Regierung - und mit ihr die ganze westliche Welt - nun lauter "Unzulänglichkeiten und Versäumnisse" der bisherigen japanischen Verteidigungspolitik. Als Siegermacht des 2. Weltkriegs konzedierten die USA Japan Souveränität und Teilnahme am neu geordneten Weltmarkt und verordneten der so entstandenen Inselrepublik eine Verfassung mit einer "Kriegsverzichtserklärung" (Kapitel 3, Artikel 9). Das erwies sich zwar schon anläßlich des Koreakrieges als unzweckmäßig und führte zur Revidierung des amerikanischen "Militarisierungsverbots" und zum Aufbau von Japans sogenannten Selbstverteidigungsstreitkräften zu Wasser, zu Lande und in der Luft, die inzwischen immerhin den 9. Platz in der Rangliste der Militärapparate dieser Erde einnehmen. In der amerikanischen Strategie der 60er und frühen 70er Jahre hatten die japanischen Streitkräfte freilich eine eher zweitrangige Bedeutung zur Sicherung der Seewege, des Hinterlandes für die Hauptmacht des Containments in der Region, das amerikanische und koreanische Militär in Südkorea. Für einen eigenständigen bündnispolitischen Offensivauftrag war die Aufrüstung des ehemaligen Kriegspartners der USA im Pazifik nicht gedacht, im Unterschied etwa zur Bundesrepublik, die sich systematisch zur Hauptmacht der konventionellen Kriegführung in Europa aufrüsten durfte.

Daß Japan aus dieser relativen Beschränkung das Beste machte und vielleicht noch ein paar zusätzliche Haushaltsprozente zur Förderung seiner Wirtschaft und ihrer internationalen Durchsetzung aufwenden konnte, mag sein, fällt aber angesichts des sowieso alle vergleichbaren Dimensionen sprengenden Aufwands, mit dem der Staat in Japan die Akkumulation seines nationalen Kapitals über den Weltmarkt fördert, kaum ins Gewicht. (Vgl. MSZ Nr. 1/81: "Besonderheiten einer Handelsnation")

Die Ideologie, Japan habe seinen Wirtschaftsaufstieg den ersparten Militärausgaben zu danken, erfreut sich gleichwohl bei seinen Konkurrenten keiner geringen Beliebtheit und tut ihre Schuldigkeit im Nachweis, daß es lediglich ein Gebot der Gerechtigkeit sei, wenn es nun für seinen wirtschaftlichen Erfolg den Preis zu zahlen habe in Form vermehrter Verteidigungsausgaben.

"Was die Staatsbürger anderer Industrienationen längst wissen, werden auch die Japaner akzeptieren müssen - Verteidigung ist teuer, aber lebensnotwendig." (Internationale Wehrrevue, 3/80)

Aufrüstung nach japanischem Maß?

Für Japan selbst, das übrigens diesen Preis derzeit ganz unmittelbar darin sich abverlangt sieht, daß es zum Hauptbetroffenen des derzeitigen Handelsprotektionismus seiner imperialistischen Partner USA und EG wurde, ist die vermehrte Rüstung als solche keineswegs eine möglichst von sich zu schiebende Last. Welcher Staat wehrt sich denn auch schon gegen die Beseitigung von Beschränkungen für die Stärkung seiner Macht!

So war es keine Frage, daß sich Japan zu seiner "weltpolitischen Verantwortung" (Ministerpräsident Suzuki) bekennt und die diktierte Aufrüstung aus eigenem nationalem Interesse betreibt, was inzwischen nur noch für japanische Friedensfreunde ein Anlaß ist, über "Verfassungsbruch" zu klagen. Die konservativeren und "gemäßigten" Teile der japanischen Öffentlichkeit diskutieren die entsprechenden Fragen längst als Angelegenheit der nationalen Souveränität, etwa unter dem Postulat: "Japan, sei ein Staat!" (Japan Echo, 4/81), zu ergänzen mit: ...und schaffe deinen kindischen Verfassungsartikel 9 ab. So wird die angebliche

"Psychose über die 'Bedrohung aus dem Norden' von der sachlich denkenden politischen Elite als Mittel begrüßt, um das japanische Volk aus seinem Nachkriegsschlummer des Friedens zu wecken." (Europa-Archiv, 8/81)

Auch die "nukleare Option" ist so längst kein Tabu mehr, Japan als einziges Land, das diese Waffen schon mal abgekriegt hat, überhaupt ganz besonders qualifiziert zu ihrem verantwortungsbewußten Gebrauch.

So hat inzwischen die "Überzeugung" hinreichend "um sich gegriffen", daß wie überall auf der Welt auch das "militärische Gleichgewicht in Nordostasien, wo die USA ein Übergewicht (!) besaßen, vollständig zusammengebrochen" ist. (Europäische Wehrkunde, 10/80) Folgerichtig beteiligt sich Japan an der Herstellung eines neuen Gleichgewichtes durch Übergewicht. Die konventionellen Streitkräfte werden allenthalben auf- und ausgebaut, und der "heikle Punkt" der atomaren Bewaffnung bzw. der Stationierung amerikanischer Nuklearwaffen ist eine Frage der Zeit. Bei der nebenbei fälligen Bewältigung des "historischen Ballastes" - mancher Staat der Region fühlt sich unangenehm an Japans Kolonialismus erinnert - sind die guten Dienste der USA nicht zu unterschätzen:

"Präsident Marcos scheint seine Ansicht zu der delikaten Frage der japanischen Wiederaufrüstung geändert zu haben. Während Weinbergcrs Besuch auf den Philippinen unterstützte er die amerikanische Haltung... und sagte, andere Länder beobachten aufmerksam die Bemühungen der USA, Japan zur Erhöhung seines Verteidigungshaushalts zu veranlassen'.

Einige Jahre zuvor hatte Marcos noch über eine mögliche japanische Aufrüstung Alarm geschlagen und erklärt: 'Wenn Japan zu stark und eine Bedrohung für seine Nachbarn wird, werden wir das bei den USA anzusprechen haben'. Marcos' Ansichten werden interpretiert als eine Versicherung gegenüber Japan, daß seine Nachbarn nun zu akzeptieren bereit sind, daß Japan eine bedeutende militärische Rolle in der Region spielt." (Far Eastern Economic Review, 9.4.1982)

Aus der Sicht der japanischen Regierung eröffnet die massive eigene Aufrüstung so in jedem Fall zusätzliche eigene "Optionen" im Bündnis und "bessere Argumente" im bündnisinternen Schacher um die Kostenverteilung des neuen Roll-back gegen den Osten.

Da freilich die neue Rüstung sich aus einer Ökonomie, deren Reichtumsakkumulation wesentlich auf dem Export beruht, nicht ganz ohne Probleme finanzieren läßt, wenn dieser Export auf seinen wichtigsten Märkten eine Beschränkung nach der anderen erfährt, blieben auch diplomatische Reibereien mit den USA um das Maß der japanischen Aufrüstung nicht immer aus.

Mittlerweile hat Japan sich allerdings in dieser Hinsicht kaum noch etwas vorzuwerfen, wie Japanbeobachter feststellen können:

"Der politische Schwenk in der japanischen Verteidigungskonzeption wird konkretisiert dadurch, daß man im neuen 'Sparhaushalt' den Verteidigungsetat erhöht." (Frankfurter Rundschau, 25.1.1982)

Am nationalen Konkurrenten Japan entdecken deutsche Journalisten die politische Absicht eines Sparhaushaltes - und schreiben ihn deswegen in Anführungszeichen - sowie die Normalität demokratischer Aufrüstung: "So stehen niedrigen Zuwachsraten im Sozialbereich auf der Einnahmenseite höhere Preise für Reis und öffentliche Transportmittel sowie eine Erhöhung des Schulgeldes und der Beiträge zur Gesundheitsversorgung gegenüber." (Süddeutsche Zeitung, 29.12.81)

Der dezente Streit um das Maß der Aufrüstung geht deshalb auch nicht so sehr um die Kostenbelastung der japanischen Wirtschaft als um die sicherheitspolitischen Ansprüche und das verlangte Maß an diesbezüglicher Unterordnung seitens der USA. Denn

"Japan will sich durch die Ungeduld der Amerikaner nicht über Nacht in eine waffenstarrende Festung verwandeln lassen, sondern nur eine Aufrüstung nach (japanischem) Maß betreiben." (Süddeutsche Zeitung, 29.12.81)

Von der Etappe zum Frontstaat

Seitdem es sich um nicht weniger handelt, als in Ost- und Südostasien ein umfassendes neues "Gleichgewicht" gegen die Sowjetunion aufzumachen "Die amerikanische Regierung erwägt die Stationierung von Nuklearwaffen auch in Ostasien, um dort ähnlich wie in Westeuropa ein Gegengewicht gegen die atomare Stärke der Sowjetunion aufzubauen." (Süddeutsche Zeitung, 6.8.81) -,

d.h. der Sowjetunion praktisch zu bedeuten, daß sich ihre Waffen eigentlich nirgendwo auf der Welt lohnen, hat Japan den zweifelhaften Aufstieg von der bewaffneten Etappe amerikanischer Containment-Politik zum Mittelpunkt des fernöstlichen Kriegs-"Theaters" zu verzeichnen. Das produziert natürlich ganz neue Sachzwänge:

"Japanische Sicherheitspolitiker befürchten, daß Moskau nach einem Abkommen mit Washington über eurostrategische Waffen einen Teil der auf Westeuropa gerichteten SS 20 in den Fernen Osten verlegen kÖnnte." (ebda.)

Klar, daß angesichts dieser enorm wahrscheinlichen Perspektive

"bei der kürzlich eingeleiteten US-japanischen Verhandlungsrunde zur Verteidigung Japan zum ersten Male uneingeschränkt die amerikanische Behauptung einer aktiven sowjetischen Bedrohung in Fernost akzeptierte." (Frankfurter Rundschau, 25.1.82)

Die Daten, nach denen sich das "japanische Maß" der Aufrüstung zu richten hat, sind somit inzwischen hinreichend klar. Dementsprechend konnte US-Verteidigungsminister Weinberger auf seiner Ostasienreise Ende März die Japaner denn auch getrost "mit Samthandschuhen anfassen":

"Diplomatisch erklärte er, er sei nicht so sehr daran interessiert, welchen Prozentsatz vom Bruttosozialprodukt Japan für Verteidigung ausgebe. Ihm komme es vielmehr auf die Art und Weise an, wie das Geld ausgegeben werde und wieviel Stätke daraus entspringe." (Far Eastern Economic Review, 2.4.82)

Und er konnte es sich auch sparen,

"den Wunsch zu erwähnen, daß die Japaner eine hinreichend starke Luft- und Seemacht aufbauen, um den Haupthafen der Sowjetunion im Osten, Wladiwostok, blockieren zu können - obwohl" (das heißt: weil) "US-Militäranalysten das von Japan erwarten." (ebda.)

Weil also die Linie der "US-japanischen Verhandlungsrunde zur Verteidigung" keiner weiteren Erörterung mehr bedarf, trug Weinberger den japanischen "Empfindlichkeiten" sogar soweit Rechnung, feinfühlig von einer japanisch-amerikanischen Verteidigungspartnerschaft zu sprechen,

"ein wohlgewählter Ausdruck, da er das Wort Bündnis vermeidet, das die Japaner nicht schätzen." (ebda.)

Soviel Rücksichtnalnme hat sich Helmut Schmidt schon immer gewünscht.

Südkorea und Taiwan

Südkorea ist laut Weinberger die "dritte Säule (nach Japan, der zweiten) der amerikanischen Asienpolitik", wobei die Einschränkung "Süd-" ein zu korrigierender Betriebsunfall ist.

"Die USA fühlen sich der Freiheit und Unabhängigkeit der koreanischen Halbinsel verpflichtet.",

lautet die von Weinberger vor Ort abgegebene gültige Definition.

Ebenso wie die Taiwans besteht die Freiheit und Unabhängigkeit Südkoreas in seiner unbedingten, kaum mit einem Schein der Souveränität - ausgestatteten Verfügbarkeit als militärischer Vorposten der USA gegen den "kommunistischen Machtbereich". Da somit für die örtlichen Regimes das Maß ihrer Nützlichkeit für ihren Sponsor unmittelbar seinen Ausdruck findet in ihrer Ausstattung mit Kriegsmaterial, ist die Verstärkung der Kampfkraft ihrer Luft-, See- und Landstreitkräfte, die gegenwärtig läuft, lediglich eine Frage des Umfangs der amerikanischen Militärhilfe. Die politischen Empfindlichkeiten, die die weitere Waffenanhäufung in diesen "Militärcamps der USA" bei den Nachbarn auslöst, werden derzeit souverän ignoriert. Für Japan war die koreanische Aufrüstung sowieso schon immer ein guter zusätzlicher Grund, mit der eigenen nicht zurückzustehen, so daß Weinberger bei seinem samtbehandschuhten Besuch in Tokio das "Pulverfaß-Thema" des südkoreanisch-japanischen "Mangels an Freundschaft" getrost unberührt lassen konnte.

China

Und China darf der Modernisierung der taiwanesischen Luftwaffe wie schon letztes Jahr der Lieferung holländischer U-Boote ruhig entnehmen, daß seine Rolle im strategischen Kalkül des Westens über die nützliche Funktion einer Bindung sowjetischer Kräfte an einer unsicheren Grenze nicht hinausgeht. Weshalb denn auch trotz aller sowjetischen Aussöhnungsangebote beruhigend zu vermelden ist:

"Peking denkt nicht an Frontenwechsel." (Süddeutsche Zeitung, 26.3.82)

Ganz so, als ob die Offensive des Westens gegen die Sowjetunion als einzige Chance, für ein "großes sozialistisches China" gedacht wäre, betreibt Peking seinen eigenen Ost-West-Gegensatz, und der Westen läßt sich hier die "kommunistische Unfreiheit "gefallen, weil sie ihm nützt. Neben der Modernisierung (einer der vier...) der chinesischen Armee und dem Ausbau der nuklearen Raketenstreitmacht stellt China seine Nordgrenze für amerikanische elektronische Horchposten zur Verfügung. Trotz allem Entgegenkommen sieht es sich aber nicht nur mit der amerikanischen Aufrüstung des Kuomintang-Regimes auf seiner Provinz Taiwan konfrontiert, sondern sich auch selbst von größeren Waffenlieferungen des Westens ausgeschlossen. So muß sich die chinesische Regierung damit trösten, daß ungefähr gleichzeitig mit dem Beginn der neuen Flugzeuglieferungen an Taiwan Weinberger die "Annäherung zwischen den USA und China" zur "vierten Säule amerikanischer Asienpolitik" erklärt hat.

Die ASEAN-Staaten

Die "Nachrüstung" in den ASEAN-Staaten (Thailand, Malaysia, Singapur, Indonesien und Philippinen) vollzieht sich quasi als Nebenprodukt der Militarisierung der Region durch die USA. Diese bauen im ASEAN-Bereich vornehmlich Militärbasen aus, reaktivieren alte, errichten neue. Die betreffenden Staaten wetteifern dabei auf der Grundlage ihrer militärischen Relevanz für die US-Strategie um günstige Konditionen bei der Zuteilung von Militärhilfe und der Auszahlung von "Benutzungsgebühren" aus den Stützpunktabkommen. Die Nase weit vorn haben dabei die Philippinen, jene Inselgruppe um die beiden wichtigsten US-Stützpunkte im Westpazifik, Clark Air Base und Subic Bay. Aber auch Thailand kann als Frontstaat an der indochinesischen Nebenfront seit geraumer Zeit mit recht großzügiger Hilfe "zur Abwehr vietnamesischer Übergriffe" rechnen (vgl. MSZ Nr. 5/81: "Ein neuer Indochinakrieg").

Auf diese Weise liefern die ganzen Regimes der Region ihren "Sicherheitsbeitrag". Und nachdem China die Unterstützung für kommunistische Untergrundkämpfer eingestellt hat, sieht sich dieser strategische Vorhof der USA ganz entsprechend seiner Funktion der übergeordneten Bedrohung ausgesetzt:

"Malaysia und Indonesien betonten (!) kommunistische Bedrohung." (Süddeutsche Zeitung, 20./21.2.82)

Das "Rohstoffbündnis" ASEAN weiß sich dabei in seiner Pflicht und praktiziert seine eigene politische Verantwortung, die ihm von den beteiligten Staaten des Manila-Paktes (SEATO) 1977 mit dessen Auflösung übetragen wurde, nicht nur im Kampuchea-"Konflikt".

Indien

"sieht sich von der Reagan-Administration leichtfertig als Kreml-Vasall abgestempelt." (Die Zeit, Nr. 8/82)

Indiens regionale Vormachtansprüche - in mehreren Kriegen mit Pakistan geltend gemacht - werden nämlich von den USA schlichtweg ignoriert: Solange Indien sich nicht umstandslos der westlichen Offensive verschreibt und die Sowjets aus dem Land jagt, wird Pakistan gleichgültig gegen Indiens "Sicherheitsinteressen" von den USA massiv aufgerüstet - in der Gewißheit, daß Indiens "Liebäugeln" mit der Sowjetunion noch nie eine Parteinahme gegen den Westen war, sondern die Demonstration der "Unabhängigkeit von den Supermächten" (Indira Gandhi).

Die eindeutige amerikanische Sortierung aller Welt verlangt nun von Indien "verbindliche" Anstrengungen der Differenzierung von Freund und Feind. Seine bisherige Entwicklungsland-Blockfreien-Politik wird Indien nicht mehr zugestanden.

"Ohne zwingenden Grund scheint das Washington Ronald Reagans nun das Indien Indira Gandhis ins Feindeslager abdrängen zu wollen." (Die Zeit, Nr. 8/82)

So die moderate Sichtweise eines deutschen Journalisten, dessen Staat Indien schließlich sicherlich nicht mit U-Booten aüfrüstet, um den Ostblock zu- stärken, Der "außenpolitische Rigorismus" der Reagan-Administration erregt da vornehmlich Mißfallen, welches sich gar zu der geständigen Frage steigert, ob sich die USA mit ihrer Rücksichtslosigkeit "eigentlich" nicht mehr schaden als nützen. Denn Indien hat längst die "Zeichen der Zeit" erkannt und bereits gelernt, worin der rechte Gebrauch "weltpolitischer Verantwortung" heutzutage besteht:

"Die Amerikaner bauen ihre Strategie so aus, daß es für Indien darin keinen Platz gibt. Was können wir schon dagegen tun. Wir geben unser Bestes, um ein freundschaftliches Verhältnis mit ihnen zu entwickeln, weil wir glauben, daß das für beide (!) Seiten lebenswichtig ist!" (Indira Gandhi, 1982)

Indien reagiert auf seine Weise auf die "Disparitäten", die Washington systematisch und rücksichtslos auch in dieser Region hervorbringt, indem es die fernöstliche Staatenwelt nach seinem strategischen Kalkül ordnet und aufrüstet. Es kauft derzeit in Ost und West in Massen hochtechnisiertes Inventar für seine Souveränität; die Bestellungen aus 1980 und 1981 allein belaufen sich auf 500 bis 700 russische T-72 Panzer, 60 MiG 23 und MiG 25, 100 französische Mirage 2000, 4 deutsche U-Boote und einiges Kleinzeug mehr, von der Produktion der nationalen Rüstungsindustrie ganz zu schweigen.

Da fügt es sich nicht schlecht, daß Freund Breschnew sich justament "in diesen schweren Zeiten für Indien" laut "zuverlässiger Regierungsquellen" in Delhi zu seinem jüngsten Indien-Desuch im März angeblich "selbst eingeladen" hatte zu Freundin Indira, und den Inderg erlaubt, sich für die westliche Presse ganz kühl gegenüber dem "ungebetenen Gast" zu geben: "Dem Drängen der Russen stehen die Inder distanziert gegenüber." (Neue Zürcher Zeitung, 15.3.82) Sie haben in der Tat verstanden, daß Blockfreiheit seit Afghanistan gegenüber dem Osten zu praktizieren ist.

Die USA

sind übrigens selbst die "erste Säule der amerikanischen Asienpolitik", gemäß den Worten Weinbergers, die dieser "voll ruhiger Bestimmtheit" in Tokio zum Besten gab:

"Die Vereinigten Staaten werden eine pazifische Macht bleiben." (Far Eastern Economic Review, 2.4.82)

Und die Resultate der seit über einem Jahr laufenden "umfassenden Studie" zur Erhöhung der Kampfkraft der US-Streitkräfte im pazifischen Befehlsbereich, die dessen Oberbefehlshaber im März in Forderungen an den Kongreß vorbrachte, stehen dafür, u.a.

  • Stationierung chemischer Waffen auf allen wichtigen asiatischen und westpazifischen US-Stützpunkten;
  • Ausrüstung der B-52-Bomber in Guam und ihrem neu einzurichtenden Stützpunkt in Australien mit Cruise missiles;
  • Stationierung von Pershing II in Südkorea;
  • Verstärkung der 7. Flotte um 3 auf 9 Flugzeugträger und um 100 auf 280 sonstige Kriegsschiffe;

das alles mit der klaren Zielsetzung,

"die See-Überlegenheit der US-Navy zu sichern", bzw. "unsere relative Überlegenheit bei den konventionellen Streitkräften wiederherzustellen." (ebda.)

Gerade weil sie aber den Krieg im Femen Osten primär selbst zu führen gedenken, haben ihnen sämtliche militärischen Ressourcen und Einrichtungen der "befreundeten Länder in der Region" für ihre Einsatzplanung und deren Absicherung zur Verfügung zu stehen.

"Breschnew beteuerte das Interesse der Sowjetunion an guten Beziehungen außer zu China auch zu Japan und Indien und sagte, man müsse aus Asien eine Zone des Friedens machen." (Süddeutsche Zeitung, 25.3.82).