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Die "Zinsabkoppelung"
EUROPÄISCHER UMGANG MIT DEM DOLLAR
"Die USA erlassen einen politischen Auftrag an ihre Verbündeten: Die Maßstäbe der amerikanischen Aufrüstung sind als verbindlich zu betrachten. Wie dieser Auftrag ökonomisch zu bewältigen sei, wird der Welt gleichzeitig mitgeteilt, nämlich durch die Wirkungen der amerikanischen Wirtschaftspolitik," (MSZ Nr. 2/81)
"'Eins haben wir gelernt. Nämlich wenn Reagan sich entschließt, etwas zu machen, dann macht er es auch', sagt ein hoher Beamter der Europäischen Gemeinschaft. 'Es war sehr aufschlußreich, was mit den Zinssätzen und mit der Geldpolitik geschah, und keiner sollte denken, es könne nicht wieder geschehen', fügt er hinzu. Dabei bezieht er sich auf Reagans Weigerung, irgend etwas zur Senkung der Zinssätze oder zur Stabilisierung des Dollars zu unternehmen - obwohl es die anderen wichtigen Industriestaaten dringend erbeten hatten..." (Business Week, September 81)
"Während der US-Staat diesen Boom sehr freihändig ins Werk setzt und sich dabei der Solidität seines Nationalkredits - das Weltgeld! - sowie der Übermacht seiner Ökonomie sicher sein kann, müssen die imperialistischen Staaten 2. Ordnung andere Vorkehrungen zur Erreichung des Klassenziels treffen. Dazu gehört das besondere Augenmerk auf die Vertrauenswürdigkeit der eigenen Währung ebenso wie die Begutachtung der eigenen Ökonomie hinsichtlich ihrer Leistung eben dafür. Doch: geschehen soll dies alles nach den Gesetzen der Konkurrenz, Bewährung hat auf dem Weltmarkt zu geschehen." (MSZ Nr. 2/81)
Die guten alten Zeiten der "Dollarschwemme" sind vorbei. Das heißt nicht, es gäbe die "We trust ausgerechnet in god"-Währung nicht mehr im selben Umfang wie früher, vielmehr hat sich die zeitweilig leicht herablassende Haltung der diversen "Geld halter" der "grünen Flut" gegenüber doch ziemlich gewandelt. Jeder will an das Zeug ran, springen doch die Vorteile unmittelbar ins Auge: 1. sind die Zinsen drüben dauerhaft, hoch und 2. handelt es sich - das wird jetzt wieder schön klar - um die Währung, die auf der Welt am meisten zählt. Fur die Banker keine Frage also, daß sie Geld hinüberzuschaffen haben. Interessierte Parteien wollen nun in diesem Vorgang einen Sachzwang entdecken - "Sklaven der amerikanischen Geldpolitik" seien "wir" geworden. Staatsmänner, Zentralbankpräsidenten und Journalisten reden gerne so, wenn sie einem weismachen wollen, daß hohe Zinsen per se ein Problem seien und daß für die gestiegenen Zinsen - die sich mancherorts unangenehm spürbar machen - eigentlich niemand nichts kann. Es sei denn der amerikanische Präsident, dem die solidarischen Krähen aber gleich dazu bescheinigen, auch er könne eigentlich nicht anders, von wegen "Inflationsbekämpfung" in den USA und so.
Komisch ist dann aber die Rede vom "Abkoppeln". Erstens hatte man sich also an den Zug angehängt, und zweitens ist auch klar um im Bild zu bleiben -, daß der weiterfährt und die "Abgekoppelten" da erst einmal schauen dürfen, daß sie nicht auf einem Abstellgleis stehen bleiben. Da lag ein Beschluß vor, bei der allgemeinen Zinsentwicklung mitzumachen - aber, das stellt sich immer mehr heraus, man hat auch so seine Schwierigkeiten damit. Das Reagansche Vorhaben, das eigene Wirtschaftswachstum zu forcieren, fällt - eben vermittels der hohen Zinsen und des Dollarabflusses - auf die Partnerstaaten zurück: ihre Ökonomien werden geschädigt. Das kostet ein kleines Stückchen nordatlantischer Freundschaft justament in dem Moment, wo im gemeinsamen politischen Zweck Einheit wie noch nie herrscht: Die geldpolitische Freiheit des amerikanischen Präsidenten wird als "Rücksichtslosigkeit" gegen befreundete Währungen bejammert - der mit viel freundlicher finanzieller Unterstützung an die Business-Boys erteilte Auftrag neidvoll als eine "Rücksichtnahme" charakterisiert, die man sich selber nicht leisten kann und die einen ungerechterweise noch mehr ins Hintertreffen bringt. Wo also Reagan einen Aufbruch verordnet, stellen sich europäische Regierungen "schweren Zeiten" - und denken sich so allerhand Kompensationsmaßnahmen aus.
I.
Wenn europäische Staatsmänner hergehen und die Unumgänglichkeit von Steuererhöhungen in den USA beschwören, also
- einerseits den Präsidenten darauf festlegen wollen, sich Geld im eigenen Lande zu beschaffen,
- andererseits eben aus diesem Grund die (aus ihrer Sicht) Rücksichtnahme auf die amerikanische Wirtschaft rückgängig gemacht sehen wollen,
dann ist dies eine feindselige Erklärung, die aber als Appell auftritt. Die Feindseligkeit ergibt sich daraus, daß die amerikanische Geldpolitik als schädlich für die eigene Währung und die eigene Wirtschaft bezeichnet wird; Appell, ist diese Erklärung insofern, als sich ja gegenüber der westlichen Hauptmacht alle Maßnahmen verbieten, die sich nicht auf dem Terrain bewegen, das von der Hauptmacht abgesteckt wurde.
Daran haben sich die anderen kapitalistischen Nationen zu messen - was etwas ganz anderes ist, als einem (Sach-)Zwang unterworfen zu sein. Die verständnisheischende Klage der Partnerstaaten, sie seien nun die Opfer des "hohen Zinsniveaus" stimmt allerhöchstens in dem einen Punkte, daß sie mit dem Zinshochsetzen nicht angefangen haben. Ansonsten aber machen sie es dem großen Bruder eifrig nach: Die vielen Waffen und die dafür erforderlichen Milliarden wollen sie genauso. Zu diesem Zwecke erklärt jeder Staat den Kapitalmarkt zu seinem Markt. Mit seiner politischen Gewalt will er den Kapitalmarkt, auf dem die Geschäftswelt ihre Kreditbedürfnisse befriedigt, zu seinem Betätigungsfeld machen und hat daran - eben nicht die Freiheit des Weltgeldes genießend - seine Schranke. Der Zu griff auf diesen Markt setzt also die Berücksichtigung der Bedingungen seines Florierens voraus, und denen kommt das staatliche Geldbedürfnis in die Quere. Womit sich die "Rücksichtslosigkeit" amerikanischer Geldpolitik sehr konsequent in eine kalkulierte, d.h. gewußte und berücksichtigte Rücksichtslosigkeit der europäischen Staaten ihren wachstumsschaffenden Bürgern gegenüber fortsetzt. Der Zins ist nicht länger Ergebnis eines freien Spiels von Angebot und Nachfrage, - in das sich der Staat aus konjunkturpolitischen Erwägungen einmischt, sondern wird zum Mittel des Staates gemacht, sich an diesem Markt zu bedienen. Völlig unvorstellbar die früher ohne weiteres gehandhabte Methode, sich zugunsten einer Aufrechterhaltung von Zinsdifferenzen zu verschulden, die Staatsschuld also dafür anwachsen zu lassen, daß die Kapitalisten in den Genuß niedrigerer Zinsen kommen.
In solchem kalkuliert rücksichtslosen Umgang mit dem eigenen Kapital ist die Überlegung eingeschlossen, wie die von den USA ausgehende Beeinträchtigung weitergereicht werden kann, wie also ein "Ausweg" auf fremden Kapitalmärkten zu finden ist.
Das ist denn auch die schlichte Wahrheit der "Hochzinspolitik": Geld braucht der Staat für sich, er braucht immer mehr, er beschafft es sich, indem er die Zinsen hochsetzt. Daß er sich dabei nach den Zinssätzen anderer Staaten richtet und es ihm lieber ist, wenn er drunter bleiben kann, ist dagegen kein Einwand, demonstriert vielmehr, wie ein jeder Staat die Geldpolitik zur Verteidigung der eigenen Währung einsetzt und so versucht, Zugriff auf fremdes nationales Kreditgeld zu erlangen.
II.
Genau dasselbe machen zu wollen wie die Amis, dabei aber eben von diesen via Währung und Kapitalmarkt behindert zu werden, ist ein Widerspruch, der dem Vergleich der Staaten untereinander eine neue Verlaufsform gibt. Jedem Staat stellt sich nämlich die Frage, in welchem Maße er sich der "amerikanischen Mischung" aus Rücksichtslosigkeit gegen fremde Währung und Rücksichtnahme auf die geschädigte Wirtschaft befleißigen kann. Die amerikanische Wirtschaftspolitik ist also das Ideal, was heißt, daß man es so nicht machen kann.
Die Rede vom "Zinsabkoppeln" ist in ihrer ersten Abteilung leere Drohung. Ernst genommen, wäre dies ein Aufstand gegen das internationale Geldwesen, Abbruch aller Beziehungen zum Weltmarkt, vollkommene Autarkie - eine verrückte Idee, die deswegen auch niemand ernstlich hegt, sondern nur im Gestus des "schön wär's, wenn wir könnten, wie wir wollen" vorträgt und die einen Unterpunkt darstellt in der Agitation nach innen über die angeblichen schweren "wirtschaftlichen Verwerfungen", gegen die eine fast ohnmächtige Regierung verzweifelt ankämpft. Grund für die Eröffnung von feindseligen Handlungen ist ein Angriff auf die eigene Währung im Imperialismus schon - bloß daß unter NATO-Bedingungen gewisse weiterführende Formen der Feindseligkeit eben verboten sind.
Der Ersatz ist die Anerkennung der dominierenden Rolle des Weltgeldes und ein daraus resultierender Umgang mit dem Zinssatz, der sich eine relative Unabhängigkeit von der Bewegung des Dollars verschaffen will und den selbst gewonnenen "Spielraum" anderen Währungen als deren Rückständigkeit = Schaden aufhalst. Der "Widerspruch" der Reaganschen Wirtschaftspolitik, der für Amerika keiner ist, zwingt den Partnerstaaten in ihrer Konkurrenz ein eindeutiges und einziges Vergleichskriterium auf: Den Vergleich der Stabilität der Währungen trotz laufender Verschuldung. Unter imperialistischen Staaten zweiter Ordnung richtet sich dabei eine Rangfolge ein, die einen Primus unter den Zweitrangigen, die BRD nämlich, und die sich an dessen Erfolg messenden übrigen kapitalistischen Länder kennt. Wenn auch generell alle Länder vom Druck auf ihre Währungen betroffen sind, so kommt es doch sehr darauf an, in welchem Umfang. Die Abwertung der DM hat - die internationale Geldwelt hat die Ausbeuterverfassung der BRD für solide genug eingeschätzt - nicht zu einem Verlust des Status der Weltreseruewährung geführt. Umgekehrt: Mit Blick auf die relativen Erfolge der BRD gegen die konkurrierenden Nationen schien es den Inhabern von DM-Guthaben (und das sind, was die großen Mengen angeht, Staaten) nicht den eigenen Schaden wert zu sein, diese Währung dem Wertverfall preiszugeben - eine interessante Variante des Lehrsatzes "Lasse in der Zeit andere für dich sparen, dann kannst du dich in der Not bei ihnen bedienen". Das hatte für deutsches Kapital und seinen Staat die angenehme Folge, die Abwertung als Preissenkung auf dem Weltmarkt voll mitnehmen zu können, und zwar im Leistungsbilanzüberschuß sich niederschlagenden Export, während zugleich das weiterhin bestehende Vertrauen der Geldanleger sich in reichlich hereinströmendem Geld ausdrückte. Und während die Bundesbank darauf verzichten konnte, dieses Geld durch entsprechend erhöhte Zinssätze zu halten "bzw. hereinzuholen, entstand den konkurrierenden Zweitordnungswährungen in exakt demselben Maße, die Notwendigkeit, das ihnen gegenübertretende Mißtrauen - hatten sie denn dieselben Erfolge aufzuweisen wie die BRD? - durch Heraufschrauben der Zinssätze zu besänftigen.
Mehr noch: Es reißt der sehr ungerechte Zustand ein, daß bei dem einen eine Senkung des Zinssatzes nicht nur nicht das Vertrauen in die Währung erschüttert, sondern 1. sogar noch weiteren Kapitalzufluß bewirkt und 2. die für die eigene Ökonomie unangenehmen Wirkungen hoher Zinsen graduell rückgängig macht. Während beim anderen sich diese Wohlfahrt genau umgekehrt als sein Schaden bemerkbar macht bzw. solche Mittelchen umgekehrt reziprok mit dem Erfolg des anderen in immer weitere Ferne rücken. Allen macht das amerikanische Verfahren - Zinsen rauf und dem Kapital Zuschüsse die Rechnung auf, die eigene "Hochzinspolitik" unter Gefährdung der eigenen Währung zurücknehmen zu wollen (müssen), wobei es dann aber sehr unterschiedliche Gewinner gibt.
Konnte man sich früher unter "Stärke der Wirtschaft" alles mögliche vorstellen, so gibt es dafür jetzt einen Ausdruck: Wie taugt sie für diesen Zweck? Vom Standpunkt des Zinses aus stellen sich die europäischen Staaten die Frage "Wie kann ich meine Wirtschaft benutzen?" - Gegeneinander führen sie den Stand der erreichten, der erwarteten und der von ihnen angeheizten Profitabilität ins Feld und erwarten von ihren inländischen Akkumulatoren, daß sie Kapitalzufluß bewerkstelligen:
- Gelungene Ausbeutung im Inneren soll ausländische Kapitalanleger hereinbemühen;
- gar nicht verlangt ist, daß diese Ausbeutung sich auf dem inneren Markt realisiert - vielmehr soll sie sich auf ausländischen Märkten bewähren und der Zentralbank fremde Währung zuführen, und zwar Dollar und DM, nicht Escudos und Rupien.
Zum Ideal staatlicher Wirtschaftspolitik avanciert ein ökonomischer Widersinn, nämlich die vorrangige Beförderung von Kapitalimport und Warenexport als den Hebeln, ausländischen Nationalkredit für den inländischen Gebrauch zu bemühen. Als ob Warenimport und Kapitalexport nicht genauso Mittel zur Erzielung des Gewinns sind! Als ob die Erschwerung einer lukrativen Anlage im Ausland (das Gespenst der "Kapitalverkehrskontrolle" geht um und hat sich in manchen Ländern schon materialisiert), womöglich der Zwang, sich im eigenen Land zu schlechteren Bedingungen festsetzen zu müssen, nicht allemal einen Verlust bedeutet, ebenso wie die Erschwerung billigen Warenimports bzw. der Zwang, Inlandsware einzukaufen, die auf dem Weltmarkt nicht konkurrenzfähig ist! Das gesamte klassische Instrumentarium der Wirtschafts- und Währungspolitik - und da f i ndet sich alles! - wird unter dem Gesichtspunkt neu betrachtet, daß sich diese beiden Ziele in dieser Ausschließlichkeit eben nicht verfolgen lassen. Woraufhin sich die Staaten zurückverwiesen sehen auf die Frage, welche Maßnahmen zur Aufrüstung der eigenen Wirtschaft samt der ihr zukommenden Verfahrensweisen von Kapitalexport und Warenimport zu ergreifen sind. Es steht aber die begrenzte Strapazierfähigkeit der eigenen Währung immer als erstes Beurteilungskriterium davor; das gilt zwar für alle Wirtschaftspolitik zu allen Zeiten, nun aber wird diese Strapazierfähigkeit von außen und aufgrund eines politischen Beschlusses in verschärftem Maße in Zweifel gezogen. Die sozialistische Regierung Frankreichs, zweite Führungsmacht in der EG, wirft da ihre politische Rolle in der NATO, den relativ großen Staatsschatz, den Vorsprung bei der Energieversorgung und die relativ geringe Staatsverschuldung der Vergangenheit dafür in die Waagschale, die mangelnde Konkurrenzfähigkeit ihrer eigenen Wirtschaft (gemessen an dem deutschen Kriterium eines erfolgreichen Staatskapitalismus) durch massive Subventionen für eine große Zahl ausgesuchter Branchen gerade konträr zur bundesrepublikanischen Linie und mit der Parole von der "Rückeroberung (!) des französischen Marktes" zu beseitigen. Herr Mitterrand macht sich also unter Beschimpfung von Bankkapitalisten und Kapital"flüchtlingen", unter wohldosierten Drohungen gegen den Dollar und japanischen "Wirtschaftsegoismus", unter Verabreichung von inbrünstigem Lob der nationalen Schaffenskraft ans Werk, die "Gesetzmäßigkeiten" internationaler Geldströme zu korrigieren und die Schadensüberwälzung amerikanischer Wirtschaftspolitik abzuschmettern. E r eifert also - und in der Rangordnung der EG-Staaten sicher mit der größten Erfolgsaussicht - dem Vorbild der BRD nach, gerade indem er die zur ihr gegensätzlichen Maßnahmen ergreift. Witzigerweise braucht er dafür die Unterstützung des Monsieur Schmidt, die er sich natürlich aber auch nicht schenken läßt, sondern wofür er (s.o.) einige Hebel einzusetzen weiß. Wie die staatlich geäußerte Unzufriedenheit des Francois Mitterrand mit seinen Kapitalflüchtlingen, mit der Überschwemmung des inneren Marktes durch fremde Ware, mit der Überfremdung der nationalen Akkumulation ausgehen wird, wird man dann ja sehen. Realistischerweise schätzt Mitterrand sein Vorhaben so ein, daß es sich zwar in wichtigen Punkten gegen das BRD-Kapital wendet, daß er aber andererseits auf die Unterstützung eben dieses Kapitals und seines Staates nicht leichtfertig verzichten sollte. Es gibt ja noch andere, die man - am besten gemeinsam - zu Kompensationsböcken machen kann: Japaner, Engländer, Italiener usw, usw.
III.
"Zinsabkoppelung",was so sehr nach einer gemeinsamen europäischen Haltung dem amerikanischen "Zinsdruck" gegenüber klingt, ist also eine Ideologie,
- die den Schein einer Ohnmacht europäischer Regierungen vor den Zwangsmaßnahmen des großen Bruders aufmacht,
- und die verschleiert, daß sich hinter dem deklamatorischen Auftreten gegenüber der Führungsmacht in Wirklichkeit der Streit zwischen den Europäern um die unterschiedlichen Auswirkungen der Schädigung abspielt.
Die Gemeinsamkeit ist die der Betroffenen. Doch was für eine Betroffenheit! Daß man bei der heute vornehmsten Sorte der Betätigung staatlicher Souveränität, dem Kanonenkaufen und Kriegvorbereiten, nicht dieselbe Handlungsfreiheit wie die Führungsmacht, ja sogar ein paar Schwierigkeiten mit seiner eigenen Wirtschaft hat! Dies ist also auch die Gemeinsamkeit der unbedingten Mitmacher, die sich gegenseitig übertrumpfen wollen, den welthistorischen Hauptzweck noch besser als der andere durchführen zu wollen - zum Wohle des eigenen Staates. Da hat alles gleichermaßen seine Berechtigung:
- Die Solidarität, die sie an den Tag legen, solange sie sich aus der Aufrechterhaltung früher eingerichteter Kooperationen und Mechanismen noch einen Nutzen versprechen; einen Nutzen, den sie sehr offen aussprechen als: Kann man die Stärke der EG dazu verwenden, um die Kriegskosten teilweise abzuwenden und auf andere fallen zu lassen?
- Der Hochmut der Erfolreichen, die offen mit ihrem Rückzug aus der Gemeinschaft spekulieren, da sie doch angeblich allein viel besser zurechtkommen könnten - und dabei nichts anderes im Sinn haben, als den "Partner" zu ein paar noch weitergehenden Zugeständnissen für einen selbst zu bewegen,
- Die Jammerei der Kleinen, die sich mit ihrer Dienstbarkeit brüsten und darauf pochen, daß, wenn man ihnen innerhalb der Gemeinschaft genügend Berücksichtigung angedeihen läßt, die heute aktuelle Lebensaufgabe der EG, nämlich die Abwicklung der Konkurrenz um die Kosten für das gemeinsame NATO-Unternehmen, doch viel besser zu bewältigen sei.
"Inflation schuld am Hochzins
Kg. BONN, 24. März. Die Sparer-Schutzgemelnschaft hat sich gegen dle in der Bundesrepublik ausbreitende Ansicht gewandt, daß die hohen amerikanischen Zinsen das eigentliche Hemmnis für einen Konjunkturaufschwung darstellen. Die Kritiker der amerikanischen Wirtschaftspolitik übersähen, daß sowohl in den Vereinigten Staaten wie auch hierzulande die Inflation durch eine behutsamere Geldversorgung eingedämmt werden müßte. Eine rasche Zinssenkung wäre daher nur möglich, wenn die Inflationsbekämpfung gelockert oder ganz aufgegeben würde. Letzten Endes sei nicht die amerikanische Geldpolitik, sondern die eigene Inflation Ursache des hohen europäischen Zinsniveaus. Deshalb müsse der Prozeß der Stabilisierung und der Anpassung an die veränderten Bedingungen bewältigt werden." (aus Handelsblatt)
Die optimistischen Annahmen stützen sich vor allem auf eine insgesamt wieder verbesserte Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen. Sie haben ihre Konkurrenzkraft besonders dadurch stärken können, daß die D-Mark im vergangenen Jahr über eine lange Zeit stark abgewertet worden war. Relativ verbilligt hat sich das deutsche Angebot ferner dadurch, daß Preise und Kosten im Ausland nach wie vor stärker gestiegen sind. Preis- und Wechselkursentwicklung zusammen, das haben Experten errechnet, haben zum Beispiel am Jahresende 1981 dem deutschen Angebot - gegenüber dem Jahresende 1979 - einen "realen" Wechselkursvorteil von 10 Prozent verschafft. Diesen Preisvorteil haben vor allem die Ölländer genutzt, die ihre Nachfrage nach deutschen Erzeugnissen, besonders Investitionsgütern, überdurchschnittlich gesteigert haben. (FAZ)
Thema des Tages
"DM aus dem Schneider
(SZ) Es ist immer mißlich, eine von den Daten des Marktes vorgezeichnete Änderung der Währungspurität vor sich herzuschieben Das bringt nichts, außer, im Falle eines Abwertungsverdachts, Einbußen an Vertrauen. Das war in früheren Zeiten fester Wechselkurse im Internationalen Währungsfonds so, und so ist das heute im Europäischen Währungssystem (EWS) mit seinen ziemlich festen Paritäten. Frankreich wird, um auf ein aktuelles Beispiel zu kommen, den Franc an diesem Wochenende oder auch am nächsten kaum abwerten. Schon das Prestige steht dagegen. Außerdem kann man noch genügend eigene - und deutsche - Devisenreserven in die Schlacht werfen. Vermeidbar bleibt die Operation bei der heutigen französischen Wirtschaftspolitik gleichwohl nicht.
Im Gegensatz zum Franc hat die D M wieder Stärke gewonnen. Vor einem Jahr sah das noch anders aus. Das namentlich von riesigen Defiziten in der Leistungsbilanz gespeiste Wort Vertrauenskrise machte die Runde, was gerade für eine Währung nachteilig ist, in der mittlerweile 14 Prozent aller offiziellen Devisenreserven der Welt gehalten werden. Gottlob hat man in der Bundesrepublik allen Versuchungen widerstanden, in den freien Kapitalverkehr einzugreifen. Für eine weitgehende (auch konvertible Binnenwährung) wie den Franc würde so etwas noch hingehen. Für eine Weltwährung, wie sie die DM ganz gegen die eigenen, Intentionen nun einmal geworden ist, hätten es verheerende Konsequenzen.
Das Dunkel um die DM hat sich gelichtet - ganz ohne irgendwelche Dirigismen. Der Ölpreis sinkt; die Leistungsbilanz tendiert, zum Ausgleich; die Inflationsrate geht zurück; im EWS steigt innerhalb vorgezeichneter Margen der Kurs; und eine Relation zum Dollar von knapp 2,40 DM ist erträglich, zumal sie (trotz sinkender US-Geldentwertung) weitgehend zinsbedingt bleibt. Allein die Haushaltspolitik stimmt skeptisch. Hier sind, wie die jüngsten Steuerschätzungen zeigen, für 1983 noch größere staatliche Defizite vorgezeichnet. Das bleibt eine empfindliche Stelle an der Währungsbasis. Th."
Schenkungen an Devisenausländer müssen von der Bank von Frankreich genehmigt werden. Das gilt auch für den Kauf von Zweitwohnungen im Ausland, die höchstens 55000 Mark kosten dürfen. Franzosen, die im Ausland leben, werden frühestens nach zwei Jahren (bisher nach einem Jahr) als Devisenausländer anerkannt, dürfen Vermögenswerte danach nur mit Genehmigung der Bank von Frankreich ins Ausland nachholen.
In der französischen Wirtschaft wird die Verschärfung der Devisenzwangswirtschaft bitter kommentiert. Damit würden die Auslandsinvestitionen mehr und mehr erschwert. Viele Unternehmen müßten jetzt auf den Ausbau ihrer Exportstrukturen auf den Weltmärkten verzichten, weil ein Eigenkapitalanteil von nur 25 Prozent in aller Regel unzureichend sei. Die umgehende Ablieferungspflicht für Devisen sei nur ein Tropfen auf einen heißen Stein, dessen Wirkung rasch verzischen werde. Früher sei es üblich gewesen, nach marktgerechten Franc-Abwertungen dem Bürger und dem Außenhandel die Devisenfreiheit zurückzugeben. Nach der Franc-Abwertung vom 4. Oktober gegenüber der D-Mark um nur 8,5 Prozent sei die sozialistische Regierung jetzt schon wieder gezwungen, die Devisenkontrolle "bis zum Unsinn" zu steigern. Das beweise doch nur, daß die letzte Abwertung ein Schlag ins Wasser gewesen sei. Die Lage des Franc sei heute eher noch bedenklicher als nach dem sozialistischen Regierungswechsel und vor der Abwertung vom 4. Oktober." (FAZ)
"Ho./Std. BONN/BRÜSSEL, 13. März. Die europäischen Handelsprobleme mit Japan sollen jetzt vor den zuständigen Instanzen des GATT (Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen) in Genf ausgetragen werden. Der Ministerrat der Europäischen Gemeinschaft hat in Brüssel den ungewöhnlichen Schritt beschlossen, nach Artikel 23 des GATT-Abkommens ein Verfahren einzuleiten, das Japans generelles Verhalten im Handel mit der Gemeinschaft zur Debatte stellt. Auf diesen Artikel können sich GATT-Mitglieder berufen, wenn Verstöße im Handel festgestellt werden oder wenn eine besondere Lage entstanden ist. Anlaß dafür ist die Auffassung, daß Japan trotz vieler Zusagen nicht genügend aus europäischen Ländern importiert, seine eigenen Exporte immer weiter steigert und das Defizit der Gemeinschaft im Handel mit rund 14 Milliarden Dollar im letzten Jahr abgebaut werden muß.
Bundeswirtschaftsministet Otto Graf Lambsdorff, der wegen der Beratung über diese Frage nach Brüssel gekommen war, findet die Entscheidung des Rates richtig, ist aber skeptisch, was die Wirkung angeht. Nach erfolglosen bilateralen Bemühungen müßte jetzt der Druck auf Japan generell verstärkt werden. Dabei sei auch über die japanische Wirtschaftspolitik zu sprechen und besonders über die Rolle des Yen. Eine Aufhebung der japanischen Kapitalverkehrsrestriktionen sei unerläßlich." (FAZ)