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Dieser Artikel ist in der MSZ 1-1982 erschienen.

Systematik


"Türkische Justiz überlastet

<p>Alexander Haig: "Polen und die Türkei sind nicht miteinander zu vergleichen. In der Türkei hat es Tote gegeben und jetzt wird dort das Leben geschützt. In Polen wird ein ganzes Volk seines Freiheitswillens beraubt."</p>

Istanbul (Ap) Seit der Machtübernahme durch die Militärs vor 18 Monaten sind in der Türkei mindestens 40000 Anhänger links- oder rechtsgerichteter Organisationen unter dem Verdacht festgenommen worden, an gegen den Staat gerichteten Verschwörungen oder Straftaten beteiligt gewesen zu sein. Ein Teil der Festgenommenen wurde inzwischen zwar auf freien Fuß gesetzt, doch die Gefängnisse sind noch immer überfüllt. Wie verlautet, gibt es rund 4000 Häftlinge, gegen die Anklage erhoben wurde oder Prozesse bereits laufen, etwa weitere 20000 warten aut den Beginn ihrer Verfahren. Die personell aut eine solche Fülle von Verfahren nicht eingestellten Anklagebehörden können die Arbeitsflut kaum bewältigen. In der Regel vergehen vom Tag der Verhaftung fünf bis sieben Monate, bis formell Anklage erhoben wird.

Zur Zeit laufen vor Militärgerichten zwei Massenprozesse. In einem Fall stehen 500 Mitelieder der einst von Alpaslan Türkes geleiteten ultranationalistischen Aktionspartei in Ankara unter der Beschuldigung vor Gericht, den Sturz der Regierung geplant zu haben. In einem anderen müssen sich 100 kurdische Autonomisten in der südosttürkischen Stadt Diyarbakir wegen angeblicher separatistischer Bestrebungen verantworten. Im jüngsten Massenverfahren gegen 277 Mitglieder der linksgerichteten Bewegung "Dev-Yol" in Adana beantragte die Staatsanwaltschaft in 126 Fällen die Todesstrafe. Zehn bereits zum Tode Verurteilte wurden seit dem Machtwecheel gehängt. Die Zahl der in den letzten drei Jahren mit der Todesstrafe Belegten beläuft sich auf rund 1500."