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Dieser Artikel ist in der MSZ 6-1981 erschienen.

Systematik

Reagan und die US-Gewerkschaften
IMPERIALISMUS NACH INNEN

Wenn die bundesdeutsche Regierung ihrem arbeitenden Volk ein "Sparprogramm" auferlegt, dann laufen die guten Beziehungen zwischen Staat und nationaler Gewerkschaft zu ihrer Hochform auf. Voll der besten Absichten stürzen Kanzler und Oppositionsführer, Fraktionen und Ausschüsse, Liberale und Christen sich in einen "Dialog" mit den westdeutschen "Arbeiterführern" nach dem anderen - und umgekehrt. Denn im DGB verfügt der Klassenkampf von oben über einen Partner, wie er ihn sich gutwilliger und konstruktiver gar nicht ausdenken könnte. Wenn die Reagan-Administration in den USA die für "Sozialleistungen" anfallenden, Teile des nationalen Budgets dem edleren Zweck umwidmet, die "Totrüstung" gegen die Sowjetunion mitzufinanzieren, ohne daß der Nationalkredit dafür gleich gänzlich über strapaziert werden muß; wenn der US-Präsident zur Kräftigung der nationalen Ökonomie eine durchgreifende Verarmung des nationalen Proletariats in die Wege leitet; dann wird dieses Klassenkampfprogramm abgerundet durch harte Angriffe auf einen Großteil der nationalen Gewerkschaften und die politischen Positionen, die die organisierte Arbeiterbewegung sich dort zulande erobert hat.

Nicht als ob die staatliche Rücksichtslosigkeit gegen das nationale Menschenmaterial bei der Weltmacht Nr. 1 so viel härter wäre als bei ihrem deutschen Verbündeten. Ein ganzes Stück anders funktioniert sie aber schon: ein Lehrstück über das demokratische Innenleben des erfolgreichsten Imperialismus aller Zeiten.

Von ihrem Amtsantritt weg hat die Reagan-Regierung den Gewerkschaften im Lande etliche wohl ausgesuchte schwere Niederlagen bereitet. Bei der Neubesetzung von Regierungsämtern wie bei der Beratung des Budgets hat sie die Vertreter der AFL/CIO abblitzen lassen wie nie zuvor seit dem 2. Weltkrieg. Bislang hatte es noch jeder Präsident für nötig befunden, bei den Gewerkschaftsbossen wenigstens anzufragen, was sie denn so von seinem Haushaltsprogramm hielten, und um Zustimmung wenigstens zu werben - schließlich war es für einen karrierebewußten, nach Washington und dort aufwärts strebenden Politiker noch allemal nützlich, sich von einer Gewerkschaft aus deren in der Regel reichlichen Mitteln "fördern" zu lassen. Diesmal wurde der AFL/CIO-Chairman Lane Kirkland beim "Sammeln" von Parlamentarierstimmen für die Budgetabstimmung schlichtweg übergangen. Das Labor-Department wurde zum ersten Mal in seiner Geschichte ohne Rücksprache mit den Gewerkschaften mit einem erklärten Gewerkschaftsgegner besetzt. Und beim Streik der Fluglotsen hat die Regierung weit mehr als bloß eine Gehaltsforderung abgeblockt: Sie hat ein Exempel statuiert, dessen Tragweite gar nicht hoch genug einzuschätzen ist. Denn immerhin hielt die Fluglotsengeweikschaft PATCO alle "Trümpfe" in der Hand, über die amerikanische Gewerkschaften überhaupt verfügen können: Sie war Tarifpartei; 85% aller Berufsangehörigen waren in ihr organisiert; der Streik war von 95% der Mitglieder befürwortet und mit größter Konsequenz durchgezogen worden: 13000 der 17000 Fluglotsen, also fast drei Viertel, beteiligten sich an dem Ausstand; und in der Gewißheit der Exklusivität ihres Berufsstandes, der durch angelernte Kräfte ja schwerlich zu ersetzen ist, war die Gewerkschaft sich ihrer Erpressungmacht sicher:

"Woher wollen sie (sc. die Luftfahrtbehörde) 13000 Fluglotsen nehmen, bevor die ökonomie zusammenbricht? Sie müssen verhandeln!"

"Sie" mußten, wie inzwischen jeder weiß, überhaupt nicht. Die Streikführer wurden nicht nur theoretisch als Verbrecher gegen ihren Amtseid gebrandmarkt, sondern auch als solche behandelt, die Streikenden entlassen, die Streikkasse beschlagnahmt, der Gewerkschaft der Status des Tarifvertragspartners aberkannt; der "Zusammenbruch der Ökonomie" wurde durch Zwangsverpflichtungen - der Arbeitswilligen zu Überstunden, außerdem von Pensionierten und Fluglotsen des Militärs - verhindert; die unumgänglichen Reduzierungen im Flugverkehr schlugen für manche unterausgelastete Fluglinie und manchen Flughafen sogar eher als Einsparung zu Buche. Die Klarstellung, die die Reagan-Regierung so mit aller Härte durchgeboxt hat und die keineswegs bloß für die Fluglotsen gilt, lautet brutal und eindeutig: Wann immer die Staatsgewalt etwas gegen ihre organisierte Arbeiterschaft durchsetzen will, verfangen deren Machtmittel nicht - und zur Zeit gibt es einiges gegen sie durchzusetzen.

Die amerikanische Gewerkschaftsbewegung, ...

Mit ihrer planmäßigen Offensive gegen d ie Machtpositionen ihrer Arbeiterorganisationen zielt die Reagan-Regierung auf einen eigentümlichen Radikalismus der amerikanischen Gewerkschaften, wie die PATCO ihn in der Tat exemplarisch an den Tag gelegt hat. Seit jeher verstehen sich die Gewerkschaften im Lande des vollendeten Kapitalismus und führen sich auf als kompromißlose Helfer ihrer Mitglieder in der und für die Konkurrenz - und zwar gegen den Rest der lohnarbeitenden Klasse ganz ebenso wie gegen das lohnzahlende Kapital. Daß es ein "collective bargaining", ein kollektives Aushandeln des Lohns, braucht, will der einzelne Lohnarbeiter vor den Leistungsansprüchen und Lohnangeboten seines Anwenders bestehen, diese Wahrheit ist nur das eine Prinzip gewerkschaftlicher Einigung. Das andere liegt in der Selbstverständlichkeit, daß bei diesem Zusammenschluß eines auf gar keinen Fall herauskommen darf, nämlich eine Relativierung der Unterschiede im Verhältnis von Lohn und Leistung, wie der Konkurrenzkampf der Arbeiter sie hervorgebracht hat; umgekehrt: daß der Zusammenschluß sich dann und nur dann gelohnt haben kann, wenn die organisierten Arbeiter sich dadurch sichtbar besser stellen als die nicht bzw. nicht in derselben Gewerkschaft organisierten. Nicht als Kritik der Konkurrenz und zur Korrektur ihrer Resultate treten amerikanische Arbeiterassoziationen dem Kapital gegenüber, sondern mit der Forderung, daß die Konkurrenz sich für die Erfolgreichen auch wirklich lohnen soll; den Arbeitern bieten sie sich dementsprechend an nicht zur Kompensation ihrer Mißerfolge, sondern als Garanten ihrer relativen Erfolge.

Dieser gewerkschaftliche Zweck, das Konkurrieren für die in der Konkurrenz Erfolgreichen wirklich lohnend zu machen, schließt gleichzeitig Radikalität und Schwäche ein. Radikalität, weil hier allen Ernstes der Anspruch vertreten wird, Lohnarbeit solle sich für den Arbeiter lohnen können. Schwäche, weil diese Gewerkschaften allemal mehr als genügend Erfolglose von sich ausschließen, um die erpresserische Wucht ihres Zusammenschlusses entscheidend zu relativieren; die PATCO stand mit ihrem Streik allein und fand bei ihren Schwestergewerkschaften mehr Kritik als Unterstützung.

Diese Schwäche, oder umgekehrt: das Bemühen, sich die Fähigkeit zu wirksamer Erpressung gleichwohl zu verschaffen, bestimmt konsequenterweise alle Aktivitäten der amerikanischen Gewerkschaften. Ihr Kampf geht darum, dem einzelnen Kapital oder sonstigen Arbeitgeber als exklusiver Verhandlungspartner, quasi als ideelier Monopolist der angewandten Arbeitskraft oder wenigstens eines unentbehrlichen Teils davon, gegenüberzutreten und von ihm in dieser Funktion respektiert zu werden. Seit die Staatsgewalt diesem merkwürdigen Kampf seine Verfahrensweisen vorgeschrieben und zu deren Überwachung das NLRB (National Labor Regulation Bureau) eingerichtet hat, sind die rüdesten Formen seiner Austragung - jene Sorte Erpressungen, die so manche Freundschaft zwischen der Gewerkschaftsbewegung und der Welt des organisierten Verbrechens gestiftet haben - zwar keineswegs gänzlich ausgestorben; seine Schwerpunkte liegen allerdings seither in anderen Bereichen. So müssen die Gewerkschaften, um sich das exklusive Tarifvertragsrecht in einem Betrieb zu sichern, zu einer Werbekampagne antreten, die ihnen bei der schließlichen Abstimmung die Stimme einer Mehrheit der Belegschaft eingebracht haben muß. Den Unternehmen steht es frei, diesem Ziel mit allen ihren Erpressungsmitteln, vom Rausschmiß bis hin zu vorteilhaften Sonderangeboten für die besonders umworbenen Gruppen, entgegenzuwirken, einer der - scheinbar absurderweise antigewerkschaftlichen - Schiedssprüche des NLRB stellt explizit fest, betriebliche Lohnerhöhungen während einer Organisierungskampagne könnten nicht als "unfair practice" gelten. Gewinnt eine Gewerkschaft trotzdem, ist der Fall damit noch längst nicht ausgestanden. Zwar mag der Fall des J.P. Stevens-Konzern eine Ausnahme sein, wo nach 20 Jahren jetzt schließlich für 7 von 70 Zweigbetrieben Tarifverträge ausgehandelt werden, weil dem Unternehmen die vom NLRB verhängten Geldbußen wegen Nichtbeachtung der Abstimmungsergebnisse auf die Dauer - und angesichts "maßvoller" gewerkschaftlicher Forderungen! - zu teuer wurden. Üblich ist es aber durchaus, daß Firmen mit Vorliebe solche Betriebe schließen oder verlagern, oft in Gegenden noch ohne starke Gewerkschaftspräsenz, bei denen das Tarifmonopol einer Gewerkschaft sie stört.

Zum Beispiel:

"MAN wird in Cleveland fern vom Großstadtlärm Gelenkbusse fÜr den Großstadtverkehr montieren... Der neue Betrieb ist fÜr eineinhalb Jahre mit Aufträgen eingedeckt... Wenn nicht alles täuscht, schneidet die amerikanische MAN-Tochter auch bei den Lohnkosten (6,50 Dollar plus 30% Lohnnebenkosten) im Vergleich zu deutschen Verhältnissen nicht schlecht ab. Die Lohnkosten scheinen auch der ausschlaggebende Faktor bei der Wahl des Standorts in North Carolina gewesen zu sein. Im Zentrum der Autoindustrie um Detroit wären sie um nahezu 80% höher gewesen. Für die 600 Arbeitsplätze, die in Cleveland bei voller Auslastung der Anlage in einer Schicht benötigt werden, hat sich im übrigen mehr als das Zehnfache an Bewerbern gemeldet."

Für die Gewerkschaften eröffnet sich damit als neue Kampffront das weite Feld von Versuchen, von außen her erpresserisch auf gewerkschaftsfeindliche Unternehmen einzuwirken: mit der Bestechung von Lieferanten und Großkunden und ähnlichen Kunstgriffen vor allem aber dann, wenn staatliche Wettbewerbsbeschränkungen anstehen. Dann treten sie mit allen demokratischen Mitteln, Schmiergelder und Erpressungen inklusive, als politische Lobby an, um gesetzliche Vergünstigungen für gewerkschaftlich organisierte Unternehmen, Wettbewerbsnachteile für die anderen durchzusetzen sowie eigene Leute an die nötigen Positionen im Überwachungsapparat - vor allem im NLRB - zu bugsieren. Solcher Einsatz für garantierte Gewinne als Lohn für gewerkschaftsfreundliches Verhalten hebt in der Regel aber dennoch nicht die Wettbewerbsnachteile auf, die das "collective bargaining" einer Firma beschert - zumindest solange die Gewerkschaft noch ihre existenziellen Grundsatz treu bleibt, daß die Mitgliedschaft bei ihr sich für einen Arbeiter lohnen soll. Um ihres Einflusses auf den Betrieb willen sind amerikanische Gewerkschaften inzwischen allerdings sogar in dieser Prinzipienfrage kompromißbereit; und damit stellt ihr verrückter Kampf um lohnende Ergebnisse erfolgreichen Konkurrierens sich ganz folgerichtig vollends auf den Kopf.

...ihre aktuellen Fortschritte,...

Vorreiter ist hier die Gewerkschaft der Transportaibeiter, die nach der Aufhebung staatlicher Konkurrenzbeschränkungen mit betrieblichen Kalkulationen konfrontiert werden, wonach Firmen mit gewerkschaftlich ausgehandelten Löhnen keine Chance gegen die "non-union industry" hätten bei der es sich in aller Regel um Tochter-oder Zweigunternehmungen der ersteren handelt. Die "Teamster"-Gewerkschaft nahm zunächst stillschweigend hin, daß einige Transportfirmen nicht nur den ausgehandelten Inflationsausgleich nicht zahlten, sondern die Löhne sogar um 15% senkten; dann fand sie sich bereit, lange vor dem Auslaufen des dreijährigen Tarifvertrags in Verhandlungen über einen neuen einzutreten, der Lohnsenkungen durch das "job security" genannte Versprechen "ausgleichen" soll: "Entlassene Arbeiter sollen bei Neueinstellungen bevorzugt behandelt werden." Gleichartiges tut sich allenthalben:

"Republic Airlines Inc., Minneapolis: Der Schlüssel zur Rettung der Firma war die Bereitschaft der gewerkschaftlich organisierten Arbeiter, Zugeständnisse bei Lohn und Arbeitsbedingungen zu machen gegen die stillschweigende (!) Zusage der Firma, Entlassungen bei nicht mehr als 2% der Beschäftigten zu halten."

"Die Bauindustrie hat eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um gewerkschaftlich organisierte Bauarbeit an großen Industrieprojekten mit open shop konkurrenzfähig zu machen. Um die Lohnkosten zu senken, haben die National Constructors Association und die Bau- und Konstruktionsabteilung der AFL/CIO, die 15 Gewerkschaftea im Bausektor vertritt, besondere Abkommen ausgehandelt für große Projekte im Südosten und einzelne Bauvorhaben in anderen Teilen des Landes. Diese Abkommen erlauben ein roll-back in Fragen der Arbeiterorganisation und Arbeitsverteilung, gestatten die Bezahlung von Samstagsarbeit statt mit doppeltem mit nur anderthalbfachem Stundenlohn, und gestatten die Festlegung variabler Arbeitszeiten."

"Detroit wird in den nächsten zwölf Monaten Schauplatz eines sozialpolitischen Experiments von weitreichender Bedeutung sein. Zum ersten Mal in ihrer Geschichte wird eine der großen amerikanischen Gewerkschaften, die Automobilarbeitergewerkschaft, in Tariferhöhungen nicht über Lohnerhöhungen und verbesserte Sozialleistungen, sondern das Gegenteil, Lohnsenkungen und den Abbau von Sozialleistungen verhandeln."

und das erstmalig auf natironaler, nicht bloß betrieblicher Ebene!

"Die Autoarbeitergewerkschaft UAW lehnte eine Lohnerhöhung für die Chrysler-Designer ab mit der Begründung: 'Die Gewerkschaft unterstützt die Chrysler-Werke finanziell und kann nicht zulassen, daß dieses Geld verschwendet wird. Auch die Mitarbeiter müssen Opfer bringen.'"

Und die Bergarbeitergewerkschaft darf sich über das öffentliche Lob freuen, die zahlreichen "wilden Streiks" durch Verweigerung jeglicher Streikunterstützung unter Kontrolle gebracht zu haben.

Mit so viel betriebs- und volkswirtschaftlichem Verantwortungsbewußtsein, das sie geradezu ihren bundesdeutschen Kollegen abgeschaut haben könnten, bringen die US-Gewerkschaften natürlich nur eins zu wege: Sie gefährden ihre Existenzgrundlage, die sie gerade retten wollen, von der anderen Seite her. Denn mit der Einebnung der gewerkschaftlich ausgehandelten Lohnvorteile schaffen sie den einzigen Beitrittsgrund aus der Welt, den sie den Arbeitern überhaupt bloß anzubieten haben. Die entsprechenden Folgen stellen sich auch bereits ein:

"Immer mehr Arbeiter stimmen derzeit gegen die Gewerkschaften. Im letzten Jahr (1980) wurden 8198 bundesstaatlich überwachte Abstimmungen über collective bargaining abgehalten, und die Gewerkschaften haben nur 48% davon gewonnen, gegenüber 55% vor 10 Jahren. Es gibt auch eine Welle von Entorganisierungsabstimmungen, die von Beschäftigten verlangt werden, die die Gewerkschaften hinauswerfen wollen. 1970 gab es nur 302 solcher Abstimmungen, im letzten Jahr waren es 90% und die Arbeiter haben in 73% gegen die Gewerkschaften gestimmt."

Die Gewerkschaften ihrerseits reagieren auf diesen Trend mit Maßnahmen, deren berechnender Charakter schon in den Bereich des fortgeschrittenen Irrsinns gehört:

"Bis 1982 werden die Zugeständnisse der Gewerkschaften den Lohn bei Chrysler um durchschnittlich 4 Dollar die Stunde oder ca. 18% im Vergleich zu Ford und GM kürzen. Frazer (der Chef dieser große Vorteil bei den Lohnkosten die Firma veranlassen könnte, ihre Preise zu senken und einen größeren Teil des U.S.-Automarktes zu erobern." (Jetzt hat mangerade gedacht, das wäre auch beabsichtigt gewesen; aber:) "Wenn das eintritt, wäre die Wirkung die Entlassung von GM- und Fordarbeitern auf Kosten der Wiedereinstellung von Chrysler-Arbeitern - insgesamt ein Verlust für die Gewerkschaft..."!

Zum andern wird "Mitgliederwerbung" umso wichtiger, je mehr die Vorteile einer Mitgliedschaft sich verflüchtigen; der Dachverband AFL/CIO selbst - der sich aus solchen Aktivitäten bislang immer herausgehalten hat, weil es dabei stets auch um eine Konkurrenz von Einzelgevverkschaften um bestimmte Arbeiterkategorien geht - steigt da voll ein:

"Die AFL/CIO plant, 1,7 Millionen Dollar jährlich für eine neue Organisierungskampagne im Gebiet um Houston auszugeben und dafür hochgestochene Erforschungs- und Organisierungstechniken einsetzen, um ca. 40 angeschlossene Gewerkschaften in ihren Anstrengungen zur Gewinnung neuer Mitglieder zu unterstützen."

Und, Endpunkt dieses perversen gewerkschaftlichen Kampfes: Wenn sich schon mit Vorteilen und einer Sicherung des Erfolgs in der Konkurrenz immer weniger tut, so bleibt doch immer noch die Schädigung der Arbeiter als letztes Argument einer Gewerkschaft übrig, die diese etwas einseitiger zugunsten der bei ihr Organisierten zu verteilen verspricht:

"Wir können uns normalerweise darauf verlassen, daß die Firma die Leute irgendwie schlecht behandelt... schließlich gewinnen wir dann doch die Abstimmung, wenn auch erst beim vierten Mal."

...und warum Reagan sie fertigmacht

Ein irgendwie ernstzunehmender Gegner des imperialistischen Verelendungsprogramms der Reagan-Regierung sind die amerikanischen Gewerkschaften ohnehin nie und nimmer. Für einen Präsidenten, der seine Nation zu neuen weltpolitischen Großtaten führen will und dem daher der produktive Druck kapitalistisch erzeugten Elends gar nicht eindeutig genug ausfallen kann, folgt daraus aber keineswegs der Entschluß, so ohne Weiteres auf die "konstruktive" Einstellung der nationalen Arbeiterorganisationen zu setzen, nach bundesdeutscher Manier mit ihnen "ins Gespräch zu kommen". Umgekehrt: Die beste Voraussetzung, um die letzten Reste von Opposition im Land bzw. die Organisationen, von denen eine Opposition ausgehen könnte, zu integrieren, ist für ihn deren eindeutig bewiesene, durch wohlinszenierte Niederlagen offenkundig gemachte Ohnmacht; sein optimales Mittel, sie auszuschalten, ist es, diese Ohnmacht nachdrücklich zu demonstrieren. Denn dessen kann Reagan sich sicher sein: In seiner Demokratie gilt der imperialistische Lehrsatz Nr. 1, daß nichts erfolgreicher ist als der Erfolg und nichts so tödlich wie der Mißerfolg, bis in den letzten Winkel und bis zur letzten Konsequenz; und deswegen macht die Demonstiation der Ohnmacht eines potentiellen Gegners keinen Widerstand, sondern besiegelt sie. Wie nicht anders zu erwarten, zeigen die Überreste der mit den Demokraten alliierten gewerkschaftlichen Opposition gegen Reagan bereits die gewünschte Wirkung: CIO Chef Krikland hat sich mit dem Vorwurf aus den eigenen Reihen auseinanderzusetzen, der neuen Administration seine konstruktiven Verbesserungsvorschläge - zum Budget nicht konstruktiv genug angetragen zu haben; Einzelgewerkschaften wie die der Bauarbeiter haben die Teilnahme am "Solidarity Day" abgelehnt und sich jedem Protest gegen Reagan versagt; Politiker der Demokratischen Partei, die sich bislang auf die Gewerkschaften "stützten", setzen sich von deren kritischen Einwänden gegen das republikanische "Sparprogramm" ab. So geht die Gleichschaltung der organisierten Arbeitterschaft im Mutterland der Freiheit.