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Dieser Artikel ist in der MSZ 4-1981 erschienen.
Lothar Gall, "Bismarck - Der weiße Revolutionär"
MACHT MACHT'S
"Wer immer sich in die Geschichte Deutschlands und Europas während der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts vertiefte", - was man bei Lothar Gall, Professor für Neuere Geschichte an der Uni Frankfurt, voraussetzen darf - "mußte zu Bismarck Stellung nehmen..." (Erick Eyck, Bismarck, Bd. III, S. 638) - und das haben vor Gall unzählige Zunftgenossen gemacht. Bei der kunstvollen Gestaltung dieser historischen Persönlichkeit hat jeder Historiker größten Wert darauf gelegt, sein ganz persönliches Bismarckbild zu erschaffen, so daß es "alle Schattierungen vom strahlendsten Weiß bis zum tiefsten Schwarz" (ebd.) durchläuft. "An dieser mächtigen Gestalt scheiden sich die Geister" (Gerhard Ritter), und die diversen Ideologien über Bismarck sind jedem Gymnasiasten geläufig: Die einen bewundern ihn als vorbildlichen oder auch listenreichen Sozialpolitiker und rühmen ihn als raffinierten Bündnispolitiker, der in widriger Zeit den Frieden in Europa gesichert hat, gemäß den gegebenen Realitäten. Andere sehen in ihm den erzkonservativen Krautjunker, der das Parlament unter die Knute zwingt, und betrachten den "Realpolitiker" lieber als gewissenlosen Machtpolitiker, der nicht nur Parteien, sondern auch Staaten in Fehden und Kriege stürzte. Aber eine Anerkennung wollen dem "eisernen Kanzler" auch die nicht versagen, die ihn als Blut- und Eisenpolitiker in die Ahnengalerie der negativen "historischen Größen" mit dem Endpunkt Hitler einreihen:
Als "Schmied der deutschen Einheit" haben diesem Erzpreußen selbst die Bayern an ihren schönsten Plätzen Gedenktürme errichtet.
Allen Ideologien gerecht
Jetzt schrieb Lothar Gall - laut Klappentext - "die Bismarck-Biographie unserer Zeit - modern, kritisch" und heimste dafür das Lob des Historikers Wehler ein, er "sei gegen alle gängigen Ideologien gefeit".
Und Wehler hat recht. Gall nämlich erweist sich nicht als Parteigänger einer Ideologie, sondern gewinnt allen Vorstellungen seiner Kollegen meist gerade dadurch etwas ab, daß er eine "Legende" mit einer anderen "zerstört", findet, daß sowohl an diesem als auch an jenem "Argument" was dran sei, und bezieht so einen allumfassenden Standpunkt zu Bismarck - nicht nur Schwarz- und nicht nur Weißmalerei -, der ihm auch vom "Spiegel" (Nr. 38/80) das Kompliment einbringt, er "lote tiefer" und betreibe "unvoreingenommene Geschichtsschreibung".
Ganz unvoreingenommen bedient sich Gall dabei der matten "kritischen" Angriffe auf den Reichskanzler, die das erfolglose Treiben deutscher Staaten in der jüngsten Vergangenheit aus einer "unheilvollen Tradition" erklären, damit deutsche Bildungsbürger ihrem Nationalismus auch in der historischen Variante frönen können, indem sie die "Lichtseiten" der deutschen Geschichte (von Goethe bis zur Arbeiterbewegung) einfach gegen "die Schattenseiten" für sich reklamieren und letztere in die Vergangenheit verbannen.
Machtgieriger reaktionärer Krautjunker
Gall versteht es, gleich drei Papierknüppel, mit denen man auf Politiker eindrischt, die man nicht schlagen will, in einen Satz zu packen:
"Es war also fraglos ein guter Schuß Opportunismus im Spiel, wenn sich Bismarck so dezidiert auf die Seite eines in vielerlei Hinsicht romantisch überhöhten, in seiner ganz vergangenheitsorientierten Lebensanschauung politisch oft starr und weltfremd wirkenden Hochkonservatismus schlug, der unter den jüngeren und beweglicheren Angehörigen des preußischen Adels kaum noch Anhäneer fand." (20 f.)
Die umwerfende Kritik, daß eine bestimmte Vorstellung oder Handlung nicht zeitgemäß sei, sondern hoffnungslos veraltet und deshalb verwerflich, beheFrschen zwar auch weniger gebildete Menschen, aber dem modernen Historiker ist diese Betrachtunpsweise A und O seiner Wissenschaft. Auch sein christlicher Glube kann ihn daran nicht hindern.
Meistens findet der solchermaßen Vergangenheit betrachtende demokratisclie Wissenschaftler den Beleg für die mangelnde Angemessenheit einer Vorstellung an die Zeit darin, daß nur wenige sie geteilt haben, obwohl er solchen Minderheiten an anderer Stelle ohne Schwierigkeiten ein besonderes Gespür für die "Zeichen der Zeit" bescheinigt.
Weil der "Hochkonservativismus" also derart diskreditiert ist, wird der Biograph auch kritisch gegenüber der Person, von der er vor lauter Bewunderung nicht glauben will, daß sie einer so hoffnungslosen Sache wirklich anhing, weshalb er sie des Opportunismus beschuldigt und ihr so auch gleich noch "niedere Beweggründe" bescheinigt: Interessen haben ja in der Politik bekanntermaßen nichts zu suchen. Da hilft nur eins: Man muß die Politik in ein Privatinteresse verwandeln, indem man sie in Politik und Macht verdoppelt und die teuflische Erscheinungsform von ersterer dem politisch Handelnden als Machttrieb unterjubelt:
"Konnte man, ohne sich etwas vorzumachen, ernsthaft noch zu einem anderen Schluß kommen als zu dem, daß hier ein durch und durch opportunistischer Machtpolitiker am Werk war, der alles dem Erfolg und dem Erwerb und der Sicherung persönlicher Macht unterordnete?" (400)
Gall kann es nicht, und ein als besonders kompetent geltender Rezensent, der die Tatsache, daß er mit dem Unterkiefer denkt, durch ein Oberlippenbärtchen zu verwischen sucht, kann es auch nicht. Sonst käme Sebastian Haffner nicht auf die Idee, es handle sich hier um "Vorurteilslosigkeit" und "Unparteilichkeit", und "nur beim Leser" stellten sich "Erschrecken oder Bewunderung" ein. Das Erklärungsmuster, Bismarcks Taten verdankten sich seinem persönlichen Machtstreben, zieht sich durch das ganze Buch. Die "Durchpeitschung" der Aufrüstung ohne das Placet der parlamentarischen Mehrheit, die auf ihre Beteiligung scharf, aber nicht gegen die Aufrüstung war, fällt darunter ebenso wie die Sozialgesetzgebung oder die Sozialistenverfolgung. Gall läßt dabei nur einen Unterschied gelten: Im ersten Fall war Bismarck erfolgreich, im zweiten nicht, ein Unterschied, den man nur dann entdecken kann, wenn man Bismarck die Hoffnung auf die Zustimmung der von ihm Bekämpften als obersten Zweck unterstellt. Dabei schreckt Gall vor waghalsigen Konstruktionen nicht zurück: Bismarcks Festhalten an den Sozialistengesetzen hatte mit den Sozialisten wenig zu tun. Nach Gall waren sie Bismarck nur Mittel, um das ganze Reich in Empörung zu versetzen, um so seinen neuen Dienstherrn, den "jungen Kaiser" im Hemd dastehen zu lassen und ihn so von sich abhängig zu machen. Wie die Geschichte lehrt, ist dies sein letzter verzweifelter Versuch gewesen, sich an die Macht zu klammern. Überzeugend, nicht?
Wie gewonnen, so zerronnen
Natürlich läßt-sich das auch auf die Außenpolitik anwenden: Jeder Krieg ein Trick, um den immer drobenden Abschied zu verhindern. So - läßt Gall Bismarck die deutsche Einheit auf recht eigentümliche Weise vollziehen: An die Stelle aller Absichten und Interessen, die Bismarck mit seiner "historischen Tat" der Ausweitung preußischer Herrschaft zum Deutschen Reich realisiert hat, stellt Gall die platte Tautologie, der Politiker habe Machtinteressen verfolgt. So bewahrt der Biograph sich die schöne Stellung, das Werk zu loben, zum Macher aber sich ein distanziertes Verhältnis zu leisten.
"Ging es dem Kanzler vielleicht auch jetzt (1870) gar nicht um die Verwirklichung der deutschen Einheit, sondern ausschließlich um die Sicherung von Machtinteressen: um die des preußischen Staates," (ein feiner Gegensatz!) "die seines Standes und vor allem die aeiner eigenen Person?" (422)
Mangels besserer Gelegenheiten hetzte er seinen König in die spanische Thronkandidatur -
"Ein Gegenstand, der mehr Erfolg versprach, war nicht in Sicht, und Bismarck mußte unbedingt vorankommen." (422) -
und am Ende - schwuppdiwupp - stand das Zweite Deutsche Reich.
Wegen dieser schönen Nebenerfolge hat Gall auch an Bismarcks Kriegen nichts auszusetzen. Nur mit dem letzten Friedensschluß ist er - ganz anders als mit dem vorhergehenden; der hat ja den Einigungskrieg erst möglich gemacht! - nicht ganz zufrieden. Die Franzosen schlagen, recht und gut, - aber den Frieden soweit treiben, daß man sich dafür künftig einen verlorenen Krieg und darüber mit dem Dritten Reich auch noch einen zweiten einhandelt, das geht Gall zu weit:
"Der weitere Gang der Ereignisse ließ dann jedoch immer deutlicher hervortreten, welche Hypothek die Annexion von Elsaß und Lothringen darstellte ... (daraus) resultierte eine der ganz großen Vorbelasturigen der künftigen Politik des Reichs und eine höchst problematische Beschränkung seines außenpolitischen Spielraums." (436/40)
Ein nationaler Geschichtsschreiber hat eben kein Problem damit, einem Politiker verfehlte Machtpolitik im Namen der Macht vorzuwerfen. Ein Weltkrieg Seite an Seite mit einem der Gegner anstelle des von Bismarck favorisierten Nibelungenbruders wäre vielleicht anders ausgegangen.
Reichsgründer, Reformer, Friedenspolitiker
Solcher Art solidarische Kritik an einem deutschen Staatsmann ist für sich genommen schon kein Verdammungsurteil und verlangt geradezu nach den positiven Seiten. "Machtgier" und "Reaktion" treiben oft seltsame Blüten. Es muß wohl die "allmächtige Zeit gewesen sein, meine Herren und deine" (Goethe, Prometheus), die dem eisernen Kanzler einige Kuckuckseier unter die Rüstung gejubelt hat.
Die Sozialgesetzgebung, "das bedeutendste Gesetzgebungswerk des letzten Jahrzehnts seiner Amtszeit" (648). Dies der inhaltliche Beitrag Galls zu diesem Werk; dafür verbreitet er sich seitenweise darüber, inwiefern dieser Schlag in den Geldbeutel der Proleten, die das Gesetz ja schließlich zahlen mußten, für Bismarcks "Machtkalkül" ein "völliger Schlag ins Wasser" (648) war.
Seine nur 1864, 1866 und 1870/71 jeweils kurz unterbrochene, dann aber jedesmal siegreich fortgeführte Friedenspolitik. In Begeisterung gerät Gall geradezu über den gegen des Königs Willen durchgesetzten "Vernunftfrieden" von 1866 mit dem alten Erzfeind Österreich:
"Hier wird bereits hinter dem Bild des rücksichtslosen Machtpolitikers das des europäischen Friedenspolitikers sichtbar." (365)
Klar! Vier Jahre später hat Bismarck seinen letzten Krieg geführt.
3. verdient der "Machtpolitiker" den Namen "Realpolitiker", weil er eben so zum "Reformer wider Willen" (392) wurde:
"Wer die Verhältnisse in Preußen um 1840 auch nur ganz oberflächlich mit denen um 1880 vergleicht und dabei in Rechnung stellt, daß die soziale Hierarchie in einer Gesellschaft sich ohne Zuhilfenahme von Fallbeil und Erschießungspeloton gemeinhin nur sehr langsam ändert, dem wird eher deutlich, daß der Prozeß der Veränderung hier vielleicht stürmischer verlaufen ist, als in irgendeinem Land der Erde." (180)
Und dabei ist durchaus ein Fortschritt der Demokratie gemeint. Abgesehen vom allgemeinen Wahlrecht, für das Gall ihn lobt, hat er einigen demokratischen Parteien durch Verfolgung auf die Beine geholfen.
4. Höchstes, wenn auch unverdientes Lob verdient der alte Schmied für sein Meisterstück, die deutsche Einheit, denn sie - so konstatiert Gall deterministisch - war einfach fällig:
"Es bestand also nach 1866 ganz eindeutig eine innere Notwendigkeit, in der nationalen Einigungspolitik voranzukommen und zu solchem Zweck die Ergebnisse von 1866 zu revidieren." (403)
Ein Werkzeug der Zeit
Bismarck war also wirklich eine "große historische Persönlichkeit", deren Größe gerade darin besteht, nichts vollbracht zu haben, was "die" Geschichte nicht schon vorhatte: Als historische Persönlichkeit muß so eine Figur schließlich der Geschichte gerecht werden, sonst hätte sie ja auch keine Geschichte gemacht.
Erst mal kann der Bismarck überhaupt nicht wollen, weil "all dies T endenzen (waren), die sich überall im Bereich der europäischen Zivilisation durchzusetzen begannen." (726) Bismarck war aber darin groß, daß er diese Tendenzen erkannte und sie
"mit seiner Politik... über weite Strecken und lange Zeit hin entscheidend vorangetrieben... (hat). Hierauf beruhte sein Erfolg." (ebd.)
- ein Satz übrigens, der jede Grabrede für irgendeinen Politiker verschönt. Bismarck hatte sich also zum Agenten seiner Zeit gemacht, aber er ordnete sich ihr nicht unter,
"(den) Realitätssinn desjenigen, der der Zeit, dem geschichtlichen Augenblick eine Freiheit des Handelns abzuzwineen suchte..." (ebd.),
was sich "die Zeit" natürlich nicht bieten läßt. Bismarck mußte also unter die Räder seiner Geschichte geraten:
"Bismarck (ist) seiner Schöpfung und der in ihr angelegten und durch sie zusätzlich geförderten Probleme und Entwicklungstendenzen nicht Herr geworden." (455)
Meisterhafter "Zauberlehrling" (459 ff)
"Nicht die Durchsetzung eines Planes oder die Umsetzung einer Idee (haben Bismarck) Zeit seines Lebens gelockt, sondern die Herausforderungen und die Möglichkeiten, die mit einer bestimmten Situation, einer bestimmten Konstellation, auf die er traf, verbunden waren... sein Feld waren die Unentschiedenheiten der Wirklichkeit." (138/139)
In der Verwandlung der Bismarck'schen Politik in Möglichkeiten ist jeder bestimmte Zweck, jedes Resultat, jeder Grund der Politik im doppelten Sinn des Wortes aufgehoben. Die "bestimmten Konstellationen" entbehren bei Gall jeder Bestimmung, die sogenannten "Unentschiedenheiten der Wirklichkeit" erfindet Gall eigens, um Bismarck ein Betätigungsfeld zu verpassen, in dem das, was der als Politiker durchgesetzt hat, nicht mehr vorkommt. Der Kern des Lobs, das Gall Bismarck hier angedeihen läßt, ist, daß er unter Berücksichtigung und geleitet von irgendwelchen Situationen irgendeine Entscheidung getroffen hat, eine Abstraktion, die auch heutzutage dem Attribut "Realpolitiker" zugrundeliegt und gerne dazu hergenommen wird, die eine oder andere Schweinerei mit dem Rekurs auf "die Situation" (der Nation, der Wirtschaft, der Bundeswehr), die keine andere Möglichkeit zulasse, tadellos dastehen zu lassen. Auch Bismarck verfolgte nämlich - so Gall -
"den Grundsatz, die Dinge sich so weit entwickeln zu lassen, bis die Konstellation und Verteilung der Gewichte, die Benutzbarkeit der Gesamtsituation wirklich feststehe..." (584)
Schon in dem Terminus "Benutzbarkeit" ist unterstellt, daß die Dinge - und nicht der Staatsmann - das Sagen haben, wodurch einer, der sich in seinem politischen Handeln vom Lauf der Dinge leiten läßt, jeder Verantwortlichkeit für Entscheidungen, die schließlich e r getroffen hat, enthoben ist. Das verleiht diesen Entscheidungen nicht nur den Schein des Notwendigen, sondern läßt den die "Situationen" schaffenden Politiker auch noch als hilfloses Objekt der Resultate seiner Politik erscheinen: So entdeckt Gall am "Eisernen Kanzler" ausgesprochen defensive und hilflose Züge, nämlich "das immer hektische Suchen nach neuen Auswegen und Lösungsmöglichkeiten."
Gerade darüber wird er zur historischen Persönlichkeit, daß ihm die eigene Leistung bestritten und er zum Werkzeug der Zeit (Bismarck hätte noch Gott gesagt) erklärt wird; seine Größe soll gerade darin bestehen, daß er die Macht, die er besitzt, nicht benutzt, sondern die Situation, der er sich anpaßt, ausnützt.
Mit dieser Reduktion Bismarcks auf eine "Spielernatur" abstrahiert Gall von allen Inhalten der Geschichte und macht den Politiker zu einem getreuen Spiegelbild der bürgerlichen Geschichtsbetrachtung. Ihre Debatten über Möglichkeiten und Schranken geschichtlichen Handelns, über Freiheit und Determination des in seine Geschichte, Zeit, Gesellschaft eingebundenen Individuums, werden Bismarck als Zweck unterschoben. So ein Prachtkerl wird man nicht, dazu muß man einfach geboren sein, wenn Biographien nicht ganz den Schein der Bedeutsamkeit verlieren sollen:
"Im Innersten einsam und auf sich selbst geworfen," (die Mutter Bismarcks war zu oft auf Badereisen - allen Ernstes!) "...Ordnung und Autoritat suchend... (war Bismarck einer), dem das Leben von Früh an zerfiel in Existenzsuche und Rollenspiel." (27)
Die wenig originelle Leistung, die Kindheit, den Körperbau und das Seelenleben als bedeutsame Vorzeichen für das politische Wirken herzunehmen, verdankt sich dem Interesse, der Politik eine natürliche, wenn nicht gar gottgewollte Grundlage zu verpassen der keiner die Anerkennung versagen darf.
Ein Politiker, den die Natur dazu zwingt, sich für die Staatsidee des Historikers stark zu machen, dient so als (mehr oder weniger) lebendiger Beleg für die Richtigkeit des Interesses a n der Nation. Historiker, die durch kleinliche Haarspalterei und ihren Meinungsstreit die Verdienste verwässern, die Bismarck sich im Zusammenschmieden der Nation erworben hat, verdienen es, den Gall vor die Nase gehalten zu kriegen. Das Wehler-Lob erweist sich so als auf der Höhe der Zeit stehend: Anstatt sich im Wissenschaftszwist zu zerstreiten, sollte man sich - ganz unideologisch wie Gall - in diesen harten Zeiten auf die Nation besinnen. Gall hat begriffen, worauf es heute ankommt, und er hat auch gemerkt, daß das schon immer so war. Die Lehre, die Gall uns mit auf den Weg gibt, ist, daß der Mensch, der in der Geschichte die Möglichkeit der Entwicklung seiner Größe und seiner Grenze findet, gut daran tut, sich nicht gegen das Rad der Geschichte zu stemmen -
"Der Krieg erschien als ein Mittel, die innere und äußere Ordnung... in modifizierter Form zu bewahren, indem man verhindert, daß jene Widersprüche... schließlich übermächtig werden und sich (!) eigenständig (!) entladen." (365) -,
sondern besser das befördert, was eh sein muß.