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Erhard Eppler: Wege aus der Gefahr
EIN MANN FÜR DIE ZUKUNFT
Das gibt's nicht alle Tage: ein demokratischer Politiker läßt sich einen Vollbart wachsen und tritt - unter Beifall seiner zurück mit dem erklärten Ziel, hinfort "gegen den Strom zu schwimmen". Wofür "er steht" und "sich notfalls prügeln lassen" will, teilte er noch vor dem Aalener Parteitag der baden-württembergischen SPD dem Publikum in seinem Buch "Wege aus der Gefahr" (April 81) mit, das auf solche hinweisen und damit "Mut zur Zukunft" machen soll.
Politik versus Sachzwang
"Mut zur Zukunft entsteht nicht, wenn wir darauf verweisen, bisher sei doch schließlich alles nicht so schlecht gelaufen, und dies werde auch künftig nicht anders sein. Dazu haben zu viele Menschen ein Gespür für die tödlichen Gefahren, die uns bedrohen. Wo keine Wege aus solcher Gefahr zu sehen sind, breitet sich nicht Mut, sondern Angst aus. Wo auch für die Regierenden Zukunft letztlich das ist, was an technischen Entwicklungen, politischen Zwängen, ökonomischen Krisen oder militärischen Katastrophen auf uns zukommt, ist die Angst auch dann nicht zu bannen, wenn die Bürger das Gefühl haben können - und dies bei uns durchaus zu Recht -, daß ihre Regierung besonnen und vernünftig darauf reagieren werde." (S. 15)
Warnend stellt sich Erhard Eppler hier vor einem imaginären Politikerkollegen auf, der immer noch mit der frohen Botschaft hausieren geht, die Politik werde schon dafür sorgen, daß alles so bleibt, wie es ist, um seine Botschaft über die (eigentliche) Qualität von Politik an den Mann zu bringen: über das "bloße Reagieren" auf "Gefahren" gelte es hinauszukommen, das "Neue wahrzunehmen", "zu formen und gestalten".
Wie jeder SPD-Politiker beherrscht natürlich auch er die Quintessenz der Reformideologie: die Zwecke und Resultate kapitalistischer Ökonomie und demokratischer Herrschaft in gänzlich unabhängig von diesen existierende "Gefahren" zu verwandeln, die über Bürger und Staat gleichermaßen "hereinbrechen" und mit denen die Politiker zum Wohle des Volkes fertigwerden müssen.
Dieses Kompliment an die edlen Zwecke der "Macher" findet für gewöhnlich seine Ergänzung in der bedauernden Feststellung, eben dieser gewaltigen Probleme halber könne die Politik die won ihr im Grunde beabsichtigten Leistungen für das Glück der Menschen nicht bzw. nur unzureichend erbringen - womit glücklich die tatsächlichen Leistungen der Politiker keinesfalls das sind, was diese auch tun wollen, sondern vielmehr höchst ehrenwerte, aber zum Scheitern an den vorgegebenen "Zwängen" verdammte Anstrengungen, jenes heimliche Sehnen zu verwirklichen.
Gegen diese (üblicherweise zur Legitimation der Regierung als Optimum dessen, was angesichts der "Sachnotwendigkeiten machbar" sei, vorgebrachte) "Ideologie, daß Politik sich auf die Exekution von Sachzwängen reduziere" (S. 33), wendet sich Eppler. Dies aber nicht etwa, indem er den "Zwang" bestreitet, sondern indem er ihn von den "Sachnotwendigkeiten" in die (Politiker-) Köpfe verlegt, also zur subjektiven Einbildung erklärt. Epplers "Abrechnung mit der Politik" will also Zwecke seiner Zunft, die dem Volk die bewußten "Zwänge" verpaßt, ebensowenig an ihren Taten ausmachen wie die von ihm angegriffene Rechtfertigungsideologie. Politik ist ihm nämlich gerade in der beklagten Reduktion kritikabel, also eben genau darin, eigentlich gar keine zu sein (= "Gestaltung gesellschaftlicher Wirklichkeit nach politischen Kriterien"). Eppler erklärt sich also ausdrücklich mit der Vorstellung einverstanden, die bundesdeutsche Politik bestehe in der Exekution von Sachzwängen ökonomischer, technischer oder sonstiger Natur. Nur, die "Reduktion" auf dieses "Verwalten ohne eigene Konzeption" verdankt sich bei ihm nicht Sachzwängen; diese werden vielmehr erst zu solchen durch den Glauben der Politiker, "daß Zukunft sich einfach aus dem - möglichst ungestörten - Walten jener heilsamen Gesetze ergebe..." (S. 35), die damit selbst die Politik ihrer wahren Natur berauben.
Damit sind die Politiker auf eine Weise als Verantwortliche für die Resultate jenes "Waltens" entdeckt, die sie glücklich von jeder Verantwortung freispricht (wer kann schon für seinen Glauben!). Diese Fiktion bildet wiederum den gelungenen Auftakt zu seiner Aufklärung darüber, wie wenig "heilsam" ganz wider die Intentionen ihrer Exekutoren jene Gesetze wirken, wie "anachronistisch" daher ihr "Fortschrittsglaube" und wie dringlich die "Wiederherstellung der Politik".
"Sachzwang Wachstum?"
"Regieren, das bedeutet für viele, die heute Verantwortung tragen, den ökonomischen Wachstumsprozeß in Gang zu halten. Sie glauben daran, weil hier der Kern ihrer Legitimation berührt wird, jedenfalls der Legitimation, wie sie sie verstehen." (S. 77)
Nicht die Spur eines objektiven staatlichen Zwecks also, der die Politiker die Vermehrung des Kapitals befördern läßt. Durch immerhin sechs (!) Funktionen (als da sind die "Anstoß-, Abstützungs-, Kugellager-, Absicherungs-, Reparatur- und Entsorgungsfunktion") soll der Staat das wirtschaftliche Wachstum "in Gang halten" - und das alles, weil die Politiker denken, nur so könne der Wohlstand aller gemehrt werden... Darauf vertrauen auch alle Bürger, und in ihrem unerschütterlichen Bestreben, es diesen recht zu machen, stürzt die Politik sich und diese ins Unglück:
"Wo bestimmte Wachstumsraten zum Ziel von Politik werden, schafft Politik sich selbst die Sachzwänge, denen sie dann - gedankenlos oder auch wehklagend - zu folgen hat. Es geschieht nur noch, was der Konjunktur dient." (S. 49)
Um auf dieses jammervolle Bild des durch seine eigene Politik gefangenen Staats zu kommen, muß man ihm schon die Beförderung der "individuellen Wohlfahrt" als oberstes Ziel unterstellt haben, das er mit dem Mittel Wachstum erreichen will. Ausgerechnet an der vermehrten produktiven Nutzung des Kapitals fallen Eppler dessen unangenehme Wirkungen auf, ergo: Wachstum ist ein "untaugliches Mittel" zur Beglückung der Menschheit. Wie denn die vermehrte Produktion all die beklagten übel bewirken sollte, wenn die Gesetze der Produktion selbst nichts als Bedürfnisbefriedigung zum Inhalt hätten - von solchen Gedanken läßt sich der Autor nicht von seinem festen Entschluß abbringen, das Wachstum als Wurzel allen Übels anzuklagen. Von der Zerstörung der Gesundheit, der Natur bis zur Bildung werden alle erdenklichen Konsequenzen der Profitproduktion gebührlich ausgemalt, und (notwendigerweise stößt Eppler auf massenhafte "Beispiele" dafür, "wie Wachstum immer häufiger nicht in der besseren Befriedigung von Bedürfnissen" (S. 43) besteht. Daß die "Möglichkeiten" der Bedürfnisbefriedigung sich so fein säuberlich auf Arbeiter und Kapitaleigentümer verteilen, hat daher auch nie und nimmer mit den Eigentümlichkeiten kapitalistischer Ökonomie, der Funktionalisierung der Arbeiter für die Produktion von Profit und dessen staatlicher Beförderung zu tun, sondern verdankt sich dem Fetisch Wachstum, der den eigentlichen Kern der Wirtschaft pervertiert:
"daß der Mensch mit dem geringsten Aufwand zu den Gütern und Dienstleistungen kommt, deren er bedarf," (S. 181)
Diese idyllische Vorstellung läßt ihn empört "lauter Dinge" aufzählen ("die Arbeit der Hausfrau, die Hilfe des Nachbarn, die Früchte des eigenen Gartens", S. 44), die alle die "Lebensqualität" erhöhen (besonders die der Hausfrau!), aber nicht "zählen", weil sie nicht "mit Geld bewertet werden". Stattdessen gilt irrationalerweise das Wachstum:
"wenn unsere Felder - ebenso wie das Vieh - mit immer mehr Chemikalien traktiert werden... wenn mehr Überschüsse in Kühlhäusern gelagert werden ... für die Kühlhäuser mehr Strom gebraucht wird, ... wenn dafür neue Kraftwerke gebaut werden..." (S. 43)
Das bloße Mehr an Produktion, das Eppler vorher als Schuldigen ausgemacht hatte, ist hier nicht (mehr), was ihn stört, sondern die Produktion in bestimmten Bereichen, die unmittelbar Natur zerstören und/oder dem Staate Kosten verursachen, die vom Eppler'schen Standpunkt der Gebrauchswertproduktion aus völlig überflüssig erscheinen. (Klar, wenn das "Ziel der Energiepolitik ist, warme Stuben, Wasser zum Duschen, Strom für den Kühlschrank" (S. 154) zu bekommen, nimmt sich an diesem Maßstab gemessen jedes Programm, der Industrie billig Energie zur Verfügung zu stellen, harmlos als Verschwendung aus!) Des Rätsels tautologische Lösung: das Wachstum zeitigt solche Folgen, weil es ein quantitatives ist, und das ist es, weil die Politik nicht für eine bestimmte Qualität sorgt:
"Über die Qualität wird politisch entschieden, indem nicht entschieden wird... Wer nur erreichen will, daß etwas wächst, nimmt in Kauf, daß über die Frage was wachsen soll, in den Chefetagen transnationaler Konzeme entschieden wird." (S. 50) "Die wirtschaftlich Mächtigen (sind) an den Proressen und an der Politik undifferenzierter Expansion interessiert." (S. 77) (Kombiniere: Hier wird auf's Geschäft angespielt!)
Die ökonomischen Sachzwänge, denen der Staat sich unterworfen haben soll, kommen überhaupt nur hinsichtlich des einzigen Gesichtspunkts zur Sprache: welche Wirkungen sie zeitigen, wenn der Staat darauf verzichtet, auf ihren Inhalt Einfluß zu nehmen, und der ist ja bekanntlich im Unterschied zu den Chefetagen auf das Wohl der Menschheit erpicht. Als wären nicht Konjunkturprogramme, Subventionen für bestimmte Bereiche, - das Atomprogramm usw. von seinen Parteifreunden beschlossen worden, spintisiert sich Eppler die genau kalkulierte Zerstörung von "Mensch und Natur" als Folge eines verhängnisvollen laissez-faire zusammen, das borniert all dies ausgerechnet in dem Glauben in Kauf nimmt, so das Menschheitsbeglückungsprogramm der Politik zu erfüllen!
Und noch dort, wo er selbst feststellt, es werde in vielen "Bereichen politisch entschieden, was wachsen soll", rettet er sein Weltbild, indem er etwa die "auf Nutzung der Atomenergie konzentrierte Forschungspolitik" (S. 149) zur "unbewußten" (!) Entscheidung verfabelt - ganz im Gegensatz zur "eigentlichen Aufgabe" der Politik, Entscheidungen im Sinne seiner "alternativen Energiepolitik" zu treffen, die allein natürlich das Prädikat "bewußt" verdienen. Gar nicht merkwürdigerweise fallen ihm da, wo er die "Chancen" einer "zukunftsorientierten Politik" bebildert, die sich die "Priorität über die Ökonomie" zurückerobert, all die schönen Instrumentarien wieder ein, mit denen der Staat für das Florieren des Kapitals sorgt. "Genehmigungen, Verbote, Steuern, Forschungsetat" (S. 150) bieten ungeahnte Steuerungsmöglichkeiten; traurigerweise hat der Staat sie sich geschaffen, um sie nicht einzusetzen - der aufmerksame Leser ahnt schon den Grund:
"Wenn im letzten Jahrzehnt bewußte Selektion von Wachstum nur in bescheidenen Ansätzen stattgefunden hat (etwa Bauverbot für Ölkraftwerke 1974), dann nicht weil die Instrumente fehlten,. sondern weil die Politiker entweder nicht wußten, was sie wollten, oder sich nicht durchzusetzen getrauten, was sie wußten." (S. 150).
Keine Erfindung ist Eppler zu blöd, um die Politiker als Opfer ihrer eigenen "Sachzwang-Ideologie" zu entschuldigen. Sie blicken nicht durch; sie können nach drei Jahrzehnten Anwendung von Keynes nicht mehr umlernen (S. 77); sie getrauen sich nicht, gegen die "Chefetagen" vorzugehen, auch wenn sie durchblicken; und, einsamer Höhepunkt, sie werden von "Experten" unterjocht, deren vermeintlich immer richtigem Urteil sie sich beugen, weil sie ja selbst nicht durchblicken (S. 37 ff). (Daß Politiker sich aussuchen, auf welches Gutachten sie sich "stützen" wollen, will ihm noch nicht einmal an seiner Lobpreisung "alternativen Expertenwissens" auffallen, mit der er selber den "Wahrheitsanspruch" der Experten madig machen möchte.)
"Gefährten aus der Gefahr"
Daran schließt sich die Überlegung an, wo denn angesichts solcher Borniertheit der Macher ("Wenn heute Rettendes wächst, dann nicht an der Spitze der Institutionen") die "Versöhnung von Ökologie und Ökonomie", allgemeiner gesagt: die Befreiung der Politik von den Sachzwängen "herkommen kann". Den "politischen Ort solchen Wandels" hat Eppler an der "Basis" ausgemacht, und zwar gleichermaßen in allen zur Zeit sich "Regenden":
"Ist nicht alles, was sich an der Basis regt, Teil eines und desselben Wert- und Bewußtseinswandels?... Das Tasten nach einem neuen, gleichzeitig einfacheren und reicheren Lebensstil, das Bemühen, die Not der armen Völker dem öffentlichen Bewußtsein nahezubringen, das hartnäckige Suchen nach Chancen des Friedens..." (S. 221)
Ökobewegung, Frauen- und Friedensbewegung, "3. Welt"-Vereine, Kirchentag usw. unter großzügiger Abstraktion vom jeweiligen Anliegen erfreut sich jeder Verein, der irgendein Ideal bürgerlicher Herrschaft auf seine Fahnen geschrieben hat, seiner Aufmerksamkeit als potentieller Muntermacher für müde Politiker.
"Wie sehr das, was aus neuem Bewußtsein entstanden ist, schon zum Machtfaktor wurde, kann man wohl an der Verunsicherung ermessen, die bei den etablierten Mächten um sich greift." (Wenn einer das glauben will, ist er darin eben auch nicht durch "Republik Wendland", Gorleben und Brokdorf zu "verunsichern", die er allesamt incl. der Prügel für die Demonstranten als Beweis für die Unsicherheit der Politik anführt!) (S. 220)
Damit aber auch ja keiner seine hoffnungsfrohen demokratieidealistischen Sprüche ("politische Macht entsteht und verschiebt sich vor allem an der Basis") dahingehend mißversteht, das wäre tatsächlich so und dann könnte man ja auch gegen die Politik was durchsetzen (schließlich soll ja bei dieser etwas umständlichen Werbung für sie ihre Erneuerung rausspringen!), versäumt er nicht, seine Sprüche gleich zu dementieren:
"So richtig es ist, daß nur Bewegung an der Basis Neues schaffen kann..., so nötig ist die Umsetzung von Basisbewegung in Potitik." Und Politik geht nur in den vom Staat dafür vorgesehenen Institutionen: "Dies bedeutet sicher auch Druck auf Parlamente, Parteien, Regierungen. (Aber)... wer Gesellschaft reformieren will, wird sich vor der Aufgabe sehen, Bewegung in der Gesellschaft schließlich auch in politische Macht umzusetzen... Erst wenn neues Bewußtsein sich in großen Parteien durchsetzt, sind politische Durchbrüche zu erwarten." (224/225)
Opportunismus und Moral
Am Primat der Politik, die er sich befreit von lästigen "Sachzwängen" vorstellt, die er ganz anders - vom Standpunkt des "qualitativen Wachstums" aus - mit den kapitalistischen Grundlagen der Gesellschaft umspringen lassen möchte, an diesem Primat läßt Eppler grad angesichts einer "Basisbewegung" keinen Moment lang einen Zweifel aufkommen. Mit dieser "Basis" ist er sich einig in den konsumverzichtlerischen, bisweilen ins Faschistische hinüberspielenden "Lebens"-Sprüchen, zugleich hat sich diese Basis darüber im klaren zu sein, daß der Aufbruch ins neue, "qualitativ wachsende" Deutschland von dafür geschaffenen Politikern und in den vorhandenen Institutionen gemacht werden muß.
Opportunismus und Moralismus des Politikers Eppler gehen hier glänzend zusammen:
"Wo von der Basis etwas Neues mehrheitsfähig wird, finden sich früher oder später auch politische Kräfte, die sich diese Mehrheit zunutze machen. Wenn man sich in der Politik auf eines verlassen kann, dann auf den Opportunismus. Das gehört zu den Grundregeln aller Politik." (S. 238)
Damit stelit er seinen Kollegen ein schlechtes Zeugnis, sich aber ein Gütesiegel aus: Sein Moralismus befähigt ihn dazu, den gewöhnlichen Opportunismus des Vollblut-Politikers vorpreschend in den Dienst einer guten Sache und sich ins hellste Rampenlicht zu stellen. Die Konservativen, keine Frage, sind gar nicht fähig, diesem "Druck der Basis" in richtiger Weise zu gehorchen - was Sympathie für einige frappante ideologische Gemeinsamkeiten und deren Protagonisten selbstverständlich nicht ausschließt -, und der SPD - "in Routine erstarrt, vertrocknet" - kann er diesen Aufbruch auch nicht mehr so recht zutrauen. Insofern hat Eppler einen Übergang gemacht, wenn nämlich nicht länger die "Glaubwürdigkeit" der Partei, und daraus resultierend: die Absicherung der "Regierungsfähigkeit", sein vorrangiges Anliegen ist; er hat den Übergang gemacht, es tatsächlich auf den Bruch der Koalition und den Sturz der Regierung ankommen zu lassen (ob es geschieht, ist eine ganz andere Frage) - um sich als die hervorstechendste Figur der Partei zu profilieren. Seine nationalistische Gegnerschaft gegen den "Nachrüstungsbeschluß" auf dem Aalener Parteitag ist, sofern er daran festhält, Teile der Partei für sich gewinnt und ihn womöglich auf dem nächsten Gesamtparteitag "kippt", Sprengstoff für die SPD; sehr konsequent hat ihm ein moralisch geläuterter Opportunismus geraten, das Amt als Landesvorsitzender niederzulegen und zu erklären, daß er nicht unbedingt in der Partei bleiben müsse, hat ihm also geraten, sich auf der Scheidelinie zwischen der SPD, der er einen neuen "Reformbegriff" verpassen will - denn der alte war ein "falscher" -
"Reform, das ist nach dieser Version, wenn man genug Geld hat, Aufgaben anzupacken, die von der Wachstumsgesellschaft diktiert werden." (S. 233)
und der "alternativen Bewegung", woraus sie auch immer bestehe, zu plazieren.
Lügen oder großartige Taktiken braucht er sich dabei gar nicht auszudenken; vielmehr deutet sich ihm mit seinen moralischen Tiraden - die noch allemal auf ein sauberes Deutschland hinauslaufen - die Möglichkeit des politischen Erfolgs in der und gegen die SPD an. Eine innere Stimme fragt ihn, ob in ihm nicht ein Bahro ganz anderen Kalibers stecke. Da hat sie insofern recht, als man sich Eppler als einen noch um ein Stück unerträglicheren Moralapostel leicht vorstellen kann, und zwar weil hinter seinem ganzen Getue eine reale Anwartschaft auf politische Macht lauert.