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Armut in der BRD
DER ARBEITSLOHN
Die Bedeutung der Worte Arbeit und Lohn und ihr Bedeutungswandel geben Aufschluß über den benannten Sachverhalt ebenso, wie sie ihn beschönigen. Wages, wie Lohn im Englischen, und salaire, wie er im Französischen bezeichnet wird, haben - wie die Sache selbst - ihren bezeichnenden Ursprung im Kriegshandwerk (wage = Krieg führen; lat. salarium = Salzration, Sold), mit dem gedungene Soldaten unter Einsatz ihres Lebens ibren Lebensunterhalt verdienten. Die Etymologie des deutschen Wortes Lohn ist ganz anders bezeichnend: Seine Verwandtschaft zu lat. lucrum = Gewinn: gr. ??? bw.htm eg.htm gb.htm su.htm = genießen, Vorteil haben, bis zur indogermanischen Wurzel lau = erbeuten, kann all diejenigen erfreuen, die per Etymologie den "eigentlichen" Sinn der bezeichneten Sache feiern mögen: zurecht heißt der Lohn auch heute noch so! Da Arbeit unter die Formen der "Selbstverwirklichung" gezählt wird, beinhaltet Arbeit, womit das Wort Lohn verknüpft ist, auch nicht mehr, was man früher noch namentlich wußte. Mittelhochdeutsch arebeit bedeutete 'Mühsal, Not' (vgl. lat. labor, engl. labour, franz. peine), was eigentlich und ursprünglich so viel hieß wie: Mühsal des Verwaisten, weil der für andere arbeiten muß und nichts erbt. Insofern bleibt eine Analogie zur kapitalistischen Arbeit zulässig. Wer heute von ihr leben muß, dem fehlt zwar nicht unbedingt Vater und Mutter, aber in ganz bestimmter Hinsicht auf sich gestellt ist er auch und so entfernt verwandt mit dem armen Waisen.
Moderne Zeiten haben mit irgendwelchen negativen Hintergedanken gehörig aufgeräumt und definieren des Wortes Sinn sehr positiv. Arbeit ist eine nützliche und wertvolle Angelegenheit -
"Arbeit..., zielbewußte Kraftbetätigung, bes. auf Schaffung von Werten gerichtete körperliche oder geistige Tätigkeit des Menschen." (dtv-Lexikon) -;
und da es eine Selbstverständlichkeit ist, daß "Werte" etwas für jeden Nützliches sind (obwohl einen verwundern sollte, wie aus einer zielbewußten Kraftbetätigung nicht einfach Gebrauchsgegenstände, sondern Werte werden), gilt der Arbeitslohn als genau das Entgelt für die Werte, die der Arbeiter schafft:
"Lohn, das auf Arbeit beruhende Einkommen, bes. das Entgelt für die Arbeitsleistung der gewerblichen Arbeitnehmer." (ibid.)
Demnach müßte sich bei den deutschen Lohnarbeitern seit dem Krieg eine Geldsumme angesammelt haben, die sich sehen lassen kann. Denn welche Arbeitsleistung erbracht worden ist und in welchem Maße sie gestiegen ist, sieht man an dem Reichtum, der sich bei gewissen Leuten angesammelt hat, dessen Wirklichkeit und Repräsentation zu besichtigen ist und der beim Staat in Form seiner Repräsentation und militärischen Macht jedem bekannt ist. Wenn sich die Lohnarbeiter aber trotz ihres Entgelts für ihre Leistung immer noch tagtäglich acht Stunden und mehr in der Fabrik aufhalten und sich's sonst in ihrem Leben einteilen müssen, dürfte das am Arbeitslohn liegen.
Der Arbeitslohn - Ein Armutszeugnis
Das weiß noch jeder, daß man mit Arbeit zu nichts kommt, daß der Lohnarbeiter im Unterschied zu Leuten, die mit ihrem Eigentum an Geld, Produktionsmitteln und Grund und Boden etwas unternehmen, oder im Unterschied zu Politikern im Grunde beschissen dran ist. Dafür bedarf es keiner Aufstellung der Höhe der Nominallöhne, keiner Berechnung, was sie real wert sind, keiner Sammlung der Genüsse aus dem proletarischen Warenkorb und keiner Besichtigung des Wohnkomforts der Arbeitnehmer. Es reicht zur Kenntnis zu nehmen, wie Lohnabhängige über sich reden und wie über sie geredet wird. Das Prinzip ist auf beiden Seiten dasselbe, wenn auch die eine Seite sich dabei relativ besser steht. Ein Arbeiter, der bemerkt, daß er sich im Vergleich zu früher oder anderen relativ viel leisten kann, weil er relativ viel verdient, beweist nur - warum sollte er sich sonst bemüßigt fühlen, so etwas zu sagen -, daß er absolut nicht viel zu erwarten hat, daß eigentlich das Lebensnotwendigste (ein Bedarf, der nicht umsonst die unterschiedlichsten Definitionen erfährt) zu haben, sein negatives Ideal ist, weshalb er, am Maßstab der (?) Armut gemessen, in der Regel damit angibt, daß er es zu mehr gebracht hat - wer wollte schon die Schande zugeben, es zu nichts gebracht zu haben und arm zu sein. Wenn Unternehmer, Politiker oder verantwortliche Geister der öffentlichen Meinung feststellen, wie sehr die Löhne seit 1950 gestiegen sind, wie hoch sie liegen im Vergleich zu einem passenden Ausland. Wenn sie "ausrechnen", wie voll der Warenkorb des Arbeiters inzwischen geworden ist, so daß man sich fragen müsse, wo die Proleten die Zeit, die Kraft und die Gesundheit hernehmen, ihn zu verputzen. Wenn sie bemessen, wohin, wieweit ein ganz normaler deutscher Arbeiter wielange in Urlaub fährt; wenn alle zusammen vom "relativen Wohlstand" sprechen, den deutsche Arbeiter erreicht hätten, so daß sie weniger mit materiellen, sondern mehr mit sexuellen und psychischen Schwierigkeiten zu kämpfen hätten - dann liegt allen diesen sehr interessierten Urteilen zugrunde, daß eigentlich Armut und Lohnarbeit zusammengehören. Eigentlich hätten die Lohnarbeiter für das Notwendige zum Leben und besonders für alles Mehr - was ist das eigentlich? - dankbar zu sein.
Als studierter Mensch könnte man auch bemerken - und damit ein wenig weniger spinnen -, daß man selbst aus einem Grund das Gymnasium besucht hat und eine Hochschulausbildung absolviert: Weil man nicht vom Arbeitslohn leben möchte oder weil die Eltern sich wünschen, daß ihre Kinder es einmal besser haben sollen. Welcher Unternehmer oder Politiker oder Studienrat hat denn das Problem, das "Einteilen" als besonderen Lebenszweck zu betreiben. Derartiges ist das Privileg derer, die vom Arbeitslohn leben müssen.
Politiker und Kapitalisten brauchen keine Interessensvertretung, auf die sie angewiesen sind (auch nicht Studienräte in der GEW). Die Gewerkschaften derjenigen, die sie wirklich brauchen, sind leider so frei, nicht Löhne durchzusetzen, die die Arbeiter brauchen, sondern treten für das ein, was angeblich ausreicht, und erfinden ideelle Vorteile dieses reell an der Grenze der Existenznotwendigkeit angesiedelten Auskommens. Sie bestätigen also praktisch, daß der Arbeitslohn ein Mittel der Wirtschaft und nicht des Arbeiters zu sein hat:
"Um ein menschenwürdiges Leben führen zu können, haben die Arbeitnehmer und ihre Familien Anspruch (!) auf ein Arbeitseinkommen, das ausreicht, sie wirtschaftlich zu sichern und ihnen die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen." (Grundsatzprogramm '81)
Dieses hehre Ziel führt der DGB unter dem Grundsatz "Arbeitnehmerrechte" auf, die die Gewerkschaft für etwas Segensreiches ansieht. Karl Marx hielt von derartigen Rechten sehr wenig, weil er ihren ökonomischen Gehalt und Zwang kannte:
"Die Arbeitskraft existiert nur als Anlage des lebendigen Individuums. Die Existenz des Individuums gegeben, besteht die Produktion der Arbeitskraft in seiner Reproduktion oder Erhaltung. Zu seiner Erhaltung bedarf das lebendige Individuum einer gewissen Summe von Lebensmitteln. Die zur Produktion der Arbeitskraft notwendige Arbeitszeit löst sich also auf in die zur Produktion dieser Lebensmittel notwendige Arbeitszeit, oder der Wert der Arbeitskraft ist der Wert der zur Erhaltung ihres Besitzers notwendigen Lebensmittel. Die Arbeitskraft verwirklicht sich jedoch nur durch ihre Äußerung, betätigt sich nur in der Arbeit. Durch ihre Betätigung, die Arbeit, wird aber ein bestimmtes Quantum von menschlichem Muskel, Nerv, Hirn usw. verausgabt, das wieder ersetzt werden muß. Diese vermehrte Ausgabe bedingt eine vermehrte Einnahme. Wenn der Eigentümer der Arbeitskraft heute gearbeitet hat, muß er denselben Prozeß morgen unter denselben Bedingungen von Kraft und Gesundheit wiederholen können. Die Smme der Lebensmittel muß also hinreichen, das arbeitende Inidviduum als arbeitendes Individuum in seinem normalen Lebenszustand zu erhalten." (MEW 23, S. 185)
Eine feine Anlage, die als Geschäftsgrundlage die eigene Existenz besitzt - sie erspart sogar die Kosten der Anlageberatung. Ein herrliches Leben, dessen Genüsse sich auf alle notwendigen Lebensmittel erstrecken. Eine geregelte Freiheit, für Lohn zu arbeiten, damit man weiterhin in der Lage ist, für Lohn zu arbeiten. Arbeitslohn ist das Mittel des Lebensunterhalts des Arbeiters, aber deshalb noch lange nicht sein Mittel, ein erträgliches Leben zu führen. Von welcher Qualität dieser Lebensunterhalt ist, zeigt schon das Prinzip dieses Erwerbs: Der Lohn ist ahhängig von Arbeit für andere, also davon, ob sie jemand benutzen will und wieviel ihm diese Benutzung wert ist.
Ein doppelt negatives Verhältnis
Wenn Marx davon spricht, daß die Arbeitskraft die Form der Ware besitzt, deren Wert durch die Summe der notwendigen Lebensmittel bestimmt ist; wenn er nachweist, daß der über diesen Wert hinaus geschaffene Mehrwert den Grund des Gewinnes der Kapitalisten darstellt, so sollte sich niemand ein Geheimnis daraus machen, daß jeder Arbeiter für die Arbeit selbst seinen Lohn bezahlt bekommt. Er sollte sich vielmehr fragen, wo denn der Gewinn der Unternehmer bliebe, wenn jede Leistung, jede Verlängerung der Arbeit und Leistungssteigerung entsprechend mit Lohn entgolten wiirde, also der Arbeiter so viel bekommt, wie er schafft. Er kann aber auch den Gewinn der Unternehmer außer acht lassen und sich einfach überlegen, weshalb die tagtäglich geleistete und mit Lohn bezahlte Arbeit zu nichts anderem als zur Fortsetzung des tagtaglichen Schaffens bis ins Rentenalter führt. Der Grund liegt im Arbeitslohn, der weder eine Summe darstellt, noch eine Gleichung bildet.
Die Angabe der Höhe eines Lohnes, den jemand erhält, sagt nicht viel: Was er dafür leisten muß, wie er dabei seine Gesundheit ruiniert, ist damit nicht benannt. Was er sich dafür leisten kann, auch nicht - das kommt ganz darauf an, was die Waren auf dem Markt kosten und wieviel das Geld wert ist, das man in der Tasche hat. Der Arbeitslohn hat ebensowenig etwas mit einer Gleichung zu tun, in der ein bestimmtes Arbeitsquantum von bestimmter Arbeitsintensität gleich einer bestimmten Geldmenge wäre. Der Lohn stellt ein variables Verhältnis dar, dessen Bewegung zum ersten darauf beruht, daß die Geldsumme, die der Arbeiter zur Verfügung hat, für den Lebensunterhalt nicht ausreicht. Um mehr Lohn zu erhalten, ist er gezwungen, länger oder intensiver zu arbeiten. Mehr Arbeitslohn, das bedeutet aber ein Weniger an Freizeit und Erholung und/oder ein Mehr an Verschleiß der Gesundheit: Es bedeutet zugleich nicht die Steigerung des Lohns in dem Maße, wie die Leistung gesteigert wird.
Denn zum zweiten werden die schönen Angebote, die eine Firma ihren "lieben Mitarbeitern" macht, weil sie Interesse an der Aufbesserung ihres Geldbeutels haben, nicht deshalb angeboten, sondern weil der Betrieb seine Produktionskosten senken will. Er zahlt mehr Lohn, weil es sich für ihn lohnt, also die Stückkosten unverhältnismäßig sinken. Das erste Verhältnis, Arbeitslohn, hängt also vom Zweiten ab, der Kalkulation des Unternehmens mit seinen Kosten, unter ihnen den Lohnkosten. Das Geheimnis des Arbeitslohn liegt darin, daß sich in ihm zwei gegensätzliche Interessen treffen: das Interesse des Proleten, der notwendigerweise freiwillig die Chance ergreift, mit Mehrleistung mehr Lohn zu bekommen, und für eine relativ geringere Gehaltsverbesserung mehr leistet; das Interesse des Kapitalisten an billigerer Produktion, so daß beide Seiten bekommen, was ihnen gebührt - schließlich gehen beide Seiten ihrer Sache freiwillig nach. Die Gerechtigkeit dieses Verhältnisses steht außer Zweifel und die Kritik an einer angeblichen Ungerechtigkeit blamiert sich, weil sie, ohne den Inhalt des Verhältnisses zu kritisieren, fordert, daß jede Seite ihren gerechten Anteil bekomme, wo doch jede Seite ihren gerechten Anteil bekommt.
Das eigentümliche Interesse, daß jeder Arbeiter mit längerer Arbeit oder Leistungssteigerung den Kollegen und damit auch sich selbst Konkurrenz macht, ist genauso von der Firma vorgesehen. Sie vergleicht, die sie benutzt, und belohnt diejenigen, die sich im Vergleich zu anderen mehr lohnen, mit einem Aufgeld, weil es sich lohnt - oder auch nur damit, daß sie ihren Arbeitsplatz behalten. Auf der anderen Seite wird die Konkurrenz um eine Gehaltsgruppe/Lohngruppe, um Akkordprozente, Sonderzulagen etc. als Mittel betrachtet, sich besser zu stellen, mit dem jeweiligen Resultat, daß der objektive Vergleich immer wieder seine neue Objektivität bekommt. Man vergleiche doch nur - rational -, was der deutsche Arbeiter 1952 in einer Stunde geschafft hat und was er heute in dieser Zeit zustandebringt - und was er dafür bekommt. Es zeigt sich der wahre Segen der Konkurrenz.
Man kann sich aber auch das Aussehen eines deutschen Arbeiters mit 50 Jahren auf dem Buckel 1950 und 1981 ansehen: Die Unterschiede sind frappierend.
Eine volkswirtschaftliche Größe
Die statistische Propaganda über die unheimlich gestiegenen Arbeitslöhne in der BRD sowie über die vergleichsweisen Spitzenlöhne gegenüber dem Ausland (keinem fällt auf, daß das Ausland auch Statistiken ähnlicher Art veröffentlicht) beweisen, daß der Lohn nicht als Mittel derer, die ihn brauchen, etwas gilt, sondern nur soweit wie er das wirtschaftliche Wachstum nicht beschränkt. Dasselbe belegen die öffentlichen Beschwörungen, welch negative Folgen hohe Tarifabschlüsse der Gewerkschaft für die Wirtschaft haben würden. Es ist also kein Widerspruch, wenn bei den alljährlichen Tarifrunden die Öffentlichkeit gegen jede Lohnerhöhung als "überzogen" hetzt und gleichzeitig, sowie den ganzen Rest des Jahres, den Lohnabhängigen vorschwärmt, wie gut es ihnen dank der Leistungen unserer Wirtschaft und des Sozialstaats gehe. Die Löhne gelten solange als gerechtes Einkommen, das der Arbeiter verdient hat, als sie den Konjunkturen gemäß sind und der nationalen Wirtschaft nicht schaden. So sind sie für die Unternehmer, für die Wirtschaft immer zu hoch. Selbst da, wo den Gewerkschaften die Vernunft "maßvoller Tarifabschlüsse" bescheinigt wird, bleibt die Überlegung nicht aus, ob eine "Lohnpause" nicht doch besser gewesen wäre. Und noch immer wird etwas Positives erfunden für diejenigen, die sich gerade in Zurückhaltung üben und mit weniger Lohn auskommen sollen.
Steht fest, daß die Lebensmittel teurer geworden sind, die Mieten 1/3 des Lohns ausmachen, Steuern und Sozialabgaben einen happigen Batzen schon vor der Auszahlung abziehen und Benzin bald 1,50 DM kostet, so bieten sich mehrere Möglichkeiten an, die Tatsachen auf den Kopf zu stellen. Man zählt einfach die proletarischen Konsummittel auf, die der Arbeiter "besitzt" - so als wäre der größte Teil eigentlich "Luxus". Man errechnet, was sich der Beschäftigte für eine Arbeitsstunde heute alles kaufen kann - was er darin leistet, fällt dabei genauso unter den Tisch, wie das, was vom Lohn für eine Arbeitsstunde nach allen Abzügen noch übrigbleibt. Noch souveräner ist die Tour, sich die großartige Erfindung des Unterschieds zwischen Reallohn und Nominallohn zunutze zu machen und die riesig gesteigerte Summe der Nominallöhne seit... aufzulisten. Schließlich klingt es auch nicht schlecht, vor noch höheren Preisen zu warnen, so als läge es an den Löhnen, wie die Unternehmer ihre Preise festsetzen, und würden die dicken Geldbeutel der Arbeitnehmer den Mietzins und den Benzinpreis steigern.
Kaum mehr den Schein eines Vorteils für den Arbeiter erzeugen die Argumente, die die deutsche Wirtschaft oder das Allgemeinwohl oder jetzt auch "schwere Zeiten" ins Feld führen. Schon die Rede von der Arbeitslosigkeit, um die man sich solidarisch und mit dem Verzicht auf Lohn zu kümmern hätte, weil ein Arbeitsplatz mit wenig Lohn doch besser sei als keiner mit mehr, spekuliert nicht mehr mit einer glaubhaften Vorteilsrechnung. Denn daß niedrige Löhne Entlassungen nicht verhindern, weiß jeder, zumal öffentlich verkündet wird, daß 1981 die Arbeitslosenquote noch weiter steigen wird. So daß die ganze Kampagne heute darin ihren bisherigen Höhepunkt hat, mit einer großen Null zu argumentieren: Wo nichts da ist, gibt es nichts zu verteilen (nachdem vorher gerecht verteilt wurde); es könne so nicht weitergehn - mit der angeblichen Zunahme des Wohlstands aller Wachstumsbeteiligten; die deutsche Wirtschaft büße ihre Konkurrenzfähigkeit ein... Nicht mehr als die Mitteilung, daß Opfer zu bringen sind und jeder sich die Einteilung seines sinkenden Lohns noch mehr zu Herzen nimmt. Auch die Gewerkschaft will schon lange keine "Lohnmaschine" mehr sein, hat sich leichten Herzen dazu durchgerungen, nicht etwa Mindestlöhne durchzusetzen, die gezahlt werden müssen, sondern den Lohn für genügend anzusehen, den die Konjunktur gerade verträgt. Sie nennt das auch "qualitative Tarifpolitik", das soll so etwas sein, wie sich bei wenig Lohn und viel Leistung gut fühlen dürfen. In der Tarifrunde kämpfen sie darum, die beschlossene Lohnsenkung so den schwierigen Zeiten (der BRD) anzupassen, daß eine "Sicherung der Reallöhne" dabei herauskommt.
Alles Hinweise darauf, wie konsequent der Klassenkampf von oben geführt wird, selbst von der Gewerkschaft. Aber auch Hinweise darauf, was unten zu tun wäre: Die "Lohnabhängigen" müßten auf aller Verhältnisse, in denen der Lohn steckt, pfeifen und nur auf seine Größe achten - schon wäre das wie Marx es nennt - "Geheimnis des Arbeitslohns" praktisch gelüftet.