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Neue Ehrlichkeit in der Entwicklungspolitik
SICHERHEIT DURCH VERELENDUNG
Die Aufkündigung der bisherigen Entspannungsmanieren bei der Austragung des weltpolitischen Gegensatzes des imperialistischen gegen das sozialistische "Lager" geht einher mit einer neuen Ehrlichkeit des freien Westens auch in seinem Verhältnis zur übrigen Staatenwelt. Der unter der Carter-Regierung aufgebaute Schein, die USA kümmerten sich unter dem Titel "Menschenrechte" um bürgerlich-"gemäßigte" Verhältnisse in aller Welt, oder auch bloß: die demokratischen und rechtlichen Sitten einer Regierung wären für die USA mindestens ein Nebengesichtspunkt für die Beurteilung ihrer Brauchbarkeit und damit für das Ausmaß amerikanischer Freundschaft, wird von den neuen Machthabem dementiert, und zwar mit einer Eile und einem Nachdruck, als gelte es, hier ein ernsthaftes Hindernis für ihre imperialistische Bewegungsfreiheit aus der Welt zu schaffen.
Kein Tag vergeht ohne demonstrative Empfänge für Militärdiktatoren vom Schlage des südamerikannchen Oberschlächters oder die Entsendung von Militärhelfern in alle Welt: mindestens wird öffentlich der Unterschied neu entdeckt zwischen "autoritären" Freunden, deren "Menschenrechtsverletzungen" man als deren "innere Angelegenheit" zu betrachten habe, und "totalitären Staaten", nämlich der Sowjetunion, die dafür um so härter anzuklagen sei. Programme der Auslandshilfe mit philanthropischem Anstrich, etwa zur Abwendung von Hungersnöten, werden nicht bloß überhaupt gestrichen, sondern mit laut verkündetem Stolz auf diese längst überfällige Entlastung des amerikanischen Steuerzahlers. Beiträge zu internationalen Agenturen für die Aufrechterhaltung exotischer Regimes, sogar zur US-kontrollierten Weltbank, entfallen mit der ausdrücklichen Begründung, so verausgabte Gelder taugten nicht für die legitimen Anliegen einer - wörtlich: - "aggressiven Außenpolitik". In erweitertem Umfang fließt dafür Waffenhilfe an Regierungen, auf deren Loyalität die USA sich verlassen können, wann immer es ihnen um die Niederhaltung auch noch der geringfügigsten Regung geht, hinter der Reagan und die Seinen die "zentrale Agentur des internationalen Terrorismus", die Sowjetunion auszumachen beschlossen haben. Die USA machen so nicht bloß in aller Unbefangenheit den Übergang zu einer Politik der ungeschönten Diktate an alle auswärtigen Souveräne, sich vor allem anderen die Interessen der kapitalistischen Weltmacht zu Herzen zu nehmen. Sie machen zugleich mit der (höchst un-) diplomatischen Ausrufung dieses Übergangs, so als wäre er einer in der Sache, Weltpolitik - und mit sonst nichts mehr. Alle "subtileren" Instrumente der Einflußnahme, vor allem jegliches Werben mit versprochenen oder gewährten ökonomischen Hilfen ohne die sofortige Einforderung eines politischen Preises, werden ersetzt durch die eine Entscheidungsfrage: Für oder gegen die USA! Sie betreiben auf diese Weise eine rigorose Sortierung der Staatenwelt, die über das ansonsten in Friedenszeiten übliche Feilschen und Erpressen fremder Souveräne bewußt und deutlich hinausgeht. Der jetzt angelegte Maßstab ist strategischer Natur: er antizipiert die Fronten in einem universellen Krieg als Entscheidungssituation für jede Regierung - und treibt so die Klärung der Fronten für einen solchen Krieg voran. Die bedingungslose Feindschaft der USA gegen ihren sowjetischen Hauptfeind wird so zum alleinigen Inhalt jeder wo auch immer betriebenen Außenpolitik.