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Afrika
NACHRICHTEN VOM SCHWARZEN KONTINENT
1. Hilfe für Somalia
"Flüchtlinge hungern in Somalia
Rund 20000 in einem Lager in Somalia untergebrachte Flüchtlinge aus Äthiopien sind nach Angaben aus Genf unmittelbar vom Hungertod bedroht. Nie zuvor im Laufe seiner 20jährigen Tätigkeit für die Vereinten Nationen habe er so Furchtbares gesehen, sagte der Sprecher des UNO-Hochkommissars für Flüchtlinge, Leon Davico.... Nach den Worten Davicos werden Teile Somalias derzeit von der schwersten Dürreperiode seit dreißig Jahren heimgesucht. Bei Dega seien -zwei Flüsse völlig ausgetrocknet. Er habe dort Menschen beobachtet, die auf der verzweifelten Suche nach Wasser mit bloßen Händen den Boden aufgekratzt hätten.
Der somalische Präsident Mohammed Siad Barre hat vor Versuchen der Sowjetunion gewarnt, in Somalia wieder Fuß zu fassen. Moskau nutze sein gesamtes Potential, um dieses Ziel zu erreichen, sagte Siad Barre. Es baue dabei auf die inneren Probleme Somalias, auf das äthiopische Regime und auf das Zögern der USA und Westeuropas, Somalia Waffen zu liefern. Somalia hatte 1977 nach dem Putsch in Äthiopien die Beziehungen mit Moskau abgebrochen und vor einem Jahr den USA die Benutzung von Marinestützpunkten gestattet." (Süddeutsche Zeitung vom 3. März)
Nicht zufällig montiert die "Süddeutsche Zeitung" die Sorgen des Herrn Mohammed Siad Barre mit dem Schreckensbericht des UN-Flüchtlingskommentars zu einer Nachricht: Weil beide Ereignisse in einer Weltgegend spielen, die das Glück hat, einer der Schauplätze der aktiven Austragung des Kampfes Freie Welt contra "sowjetische Aggression" zu sein, wundert es auch nicht, daß Meldung 1 nicht einmal mit dem sonst üblichen Spendenkonto versehen ist, während die Adresse des hilfsersuchenden Politikers den angesprochenen Stellen bekannt sein dürfte. Es spielt auch keine Rolle, daß besagter Herr Barre mit seinem Versuch, dem äthiopischen Nachbarn eine Grenzprovinz abzunehmen, den Flüchtlingsstrom in Gang gesetzt hat, weil der seitdem andauernde Kleinkrieg den Ogaden zum Kriegsgebiet gemacht hat. Über die Ursachen der Hungerkatastrophe erfährt der Leser, daß einerseits die Dürreperiode schuld sein könne, die das Land "heimsucht", andererseits "Versuche der Sowjetunion, in Somalia wieder Fuß zu fassen", es sind, die 20000 Eingeborene aus Äthiopien in Marsch gesetzt haben. Gegen Naturkatastrophen, bei denen hier Politiker als Bewältiger der Folgen Grundsteine einer Kanzlerschaft legen bzw. sich die Unfähigkeit eines Staates zeigen soll (siehe Italien), scheint da unten nicht nur kein Kraut gewachsen zu sein, sie gehören anscheinend zu den landeskundlichen Eigenheiten, weswegen sie auch nur dann in die Zeitung geraten, wenn die Gegend aus politischen Gründen von sich reden macht. Sie sind somit auch nur ein "inneres Problem" Somalias, solange sie nicht als Herausforderung für den Westen aufgegriffen werden, Barre aufzurüsten, damit die Sowjetunion nichts "ausnützt". So ist auch klar, warum dem Bericht des Herrn Davico nicht auf dem Fuße ein Hilfsappell folgt: Gegen Naturkatastrophen ist man schließlich machtlos, gegen die Russen nicht. Ganz nebenbei läßt sich der Meldung auch etwas über die segensreiche Wirkung der Entwicklungshilfe entnehmen; schließlich ist Somalia seit Mogadischu ein bevorzugter Empfänger westdeutscher Gelder. Für die Bewältigung der Ursachen und Folgen von "heimsuchenden Dürreperioden" ist sie anscheindend nicht gedacht.
II. Wahlen in Zentralafrika
In einem afrikanischen Land, dessen Namen einem zumindest verrät, wo man es auf der Landkarte zu suchen hätte, so mal will, haben Wahlen stattgefunden:
"Dacko gewinnt Wahlen in Zentralafrika
Die zentralafrikanische Regierung hat eine nächtliche Ausgangssperre verhängt, um Unruhen wegen der Ergebnisse der Präsidentenwahl zu verhindern. Die Auszählung brachte nach offiziellen Angaben einen überwältigenden Sieg für den bisherigen Präsidenten David Dacko mit über 60 Prozent der Stimmen. Dacko hatte mit französischer Hilfe 1979 das Regierungsamt übernommen, nachdem Kaiser Bokassa abgesetzt worden war. An zweiter Stelle folgte nach diesen Angaben der Oppositionspotitiker Ange Patasse mit 28 bis 30 Prozent der Stimmen. Von ihm fehlt jedoch seit zwei Tagen jede Spur. Seine Anhänger verbreiteten in der Hauptstadt Bangui, wie die Pariser Zeitung Le Monde berichtet, die Vermutung, daß das Wahlergebnis gefälscht worden sei." (Süddeutsche Zeitung vom 20. März)
Irgendwie erweckt zumindest der erste Teil der Meldung den Eindruck, eine Präsidentenwahl in der Zentralafrikanischen Republik sei genau dasselbe wie hierzulande mit Stimmabgabe, Auszahlung, Sieger und Besiegten. Lediglich die bei solchen Anlässen in diesen Gegenden übliche Formulierung "nach offiziellen Angaben" verrät, was man von der Pflege demokratischer Herrschaftsformen in Bangui zu halten hat. Macht aber nichts, weil man gleich erfährt, daß dieser Dacko erstens das Wohlwollen Frankreichs genießt und zweitens gegen einen "Kaiser" Bokassa ins Amt geputscht worden ist; ein Potentat, bei dem schon die Gänsefüßchen um den Titel verraten, daß die Geschichte, so sie ihn überhaupt würdigt, anders urteilenwird als über unsern Kaiser - ohne Anführungszeichen - Wilhelm. Daß Frankreich in seiner ehemaligen Kolonie für Ordnung gesorgt hat, versteht sich von selbst. Von "Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines souveränen Staates" war da nie die Rede. "Hilfe" für ein "befreundetes Land" heißt das, und da braucht es keine Bitte der Regierung, denn schließlich ist Frankreich mit der BRD befreundet, vertritt in Afrika westliche Interessen, weswegen es sich bei Zentralafrika auch nicht um Afghanistan handelt, auch wenn immer noch französische Truppen im Land und drumherum stationiert sind. Das Verschwinden des Oppositionsführers rangiert da bestenfalls als Kuriosität: Dissidenten gibt's schließlich nur im Ostblock! Allerdings mußte die "SZ" noch einmal auf diese Wahl zurückkommen, wegen der typisch afrikanischen Form der "Wahlanalyse" durch die Eingeborenen:
"Unruhen in Bangui nach Dackos Wahlsieg
Zu gewalttätigen Auseinandersetzungen ist es nach der Bekanntgabe des Sieges von Staatschef David Dacko bei den Präsidentschaftswahlen in Bangui gekommen. Nach Angaben der Behörden hatten Demonstranten in der Nacht Häuser und Geschäfte von Weißen geplündert. Vor der Universität demonstrierten 2000 Leute, die Plakate mit der Aufschrift 'Nein zu Dacko' bei sich trugen. Die Polizei versuchte, die Menschenmenge mit Tränengas auseinanderzutreiben. Dacko rief die Bevölkerung über den Rundfunk zur Ruhe auf und appelliertean sie, die Einheit zu erhalten. Dacko war mit 50,33 Prozent der abgegebenen Stimmen für die kommenden sechs Jahre zum Präsidenten der Zentralafrikanischen Republik gewählt worden. Sein Gegenkandidat Ange Patasse hatte 38,11 Prozent der Stimmen erhalten." (a.a.O., 21. März)
Was den Zeitungsbeobachter besorgt stimmt, ist die Gefahr, daß die Wahlen, mit denen sich das Dacko-Regime international legitimieren und national stärken wollte, den Gang der Herrschaft da unten wackliger machen könnten, der Zweck der Veranstaltung also ins Gegenteil ausschlägt. Zur Beruhigung gleich zu Beginn der Nachricht über die Unruhen, daß die Regierung sie im Griff hat. Einige Denkanstöße für die politische Bildung werden auch noch geboten:
"Geschäfte von Weißen geplündert" - die Neger sind immer noch weißenhassende Wilde.
"Vor der Universität demonstrierten..." - wie bei uns die Studenten.
"Die Polizei versuchte..." - besonnenes Vorgehen der Sicherheitskräfte.
Fazit der zweiten Meldung: Dacko macht seine Sache, wie es sich gehört. Daher auch keine Zweifel mehr an offiziellen Angaben. Die dritte Meldung signalisierte dann nur noch den Abgang der zentralafrikanischen Politik aus dem öffentlichen Interesse demokratischer Beobachter hierzulande:
"Lage in Zentralafrika wieder entspannt
Die Lage in der Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik hat sich wieder entspannt. Oppositionsführer Ange Patasse rief die Bevölkerung Banguis zur Ruhe auf. Unterdessen sind zwei Personen, die bei der Demonstration gegen die Wahl von David Dacko zum Präsidenten verletzt worden waren, gestorben. Die Polizei versicherte, sie seien durch Munition verwundet worden, die nicht aus den Waffen der Sicherheitskrafte stamme. Nach den Ausschreitungen hatte Dacko das Kriegsrecht ausgerufen und das Militär ermächtigt, alle Unruhestifter auf der Stelle zu erschießen." (a.a.O., 24. März)
Die "Lage" hat sich so "entspannt", daß auch der Verlierer sich nicht mehr traut, als Störenfried Zeilen in der Weltpresse zu schinden. Zwei Tote hat's auch gegeben, aber die gehören da unten zum Straßenbild. Was anderes wäre es natürlich, wenn nach den kommenden Wahlen in Frankreich der Verlierer verschwindet, Straßenschlachten stattfinden und kein Mensch an die Korrektheit der Auszählung glaubt. Die französische Polizei käme wohl kaum mit der "Versicherung" durch, die Toten wären an fremden Kugeln gestorben. Es zählt halt zu den Errungenschaften unserer zivilisierten Demokratie, daß man sich die Formen der Herrschaft im afrikanischen Hinterland des Imperialismus bei uns nicht vorstellen kann, während die Beherrschung der chaotischen Negernatur auch durch die drastischen Maßnahmen dafür sorgt, daß auch diese Breiten für Fortschritt, Frieden und Freiheit erhalten bleiben.
III. Inkonsequenter Rassismus in Südafrika
"Im Kapstädter Parlament legte das Innenministerium Ende 1979 seine Klassifizierungsbilanz vor. Danach waren im Berichtszeitraum umgestuft worden: zwei Weiße zu Mischlingen, 101 Mischlinge zu Weißen, sechs Weiße zu Chinesen, zwei Weiße zu Tndern, drei Mischlinge zu Chinesen, zwei Chinesen zu Mlschlingen, ein Chinese zum Weißen, elf Inder zu Mischlingen." (Spiegel 12/81)
Eine Nachricht der "Regierung von Absurdistan", meint der "Spiegel" und entdeckt in der souveränen Sortierung, die der südafrikanische Staat unter seinem Volk nach seinem Interesse -vornimmt, eine "institutionalisierte Albernbeit", die sich nicht gehört für einen "Staat, der sich als Mitglied der freien Welt empfindet". Dieser Vertreter der freien Öffentlichkeit ist empört, daß Südafrika sich mit der Apartheid einen unwürdigen Rückfall in die Barbarei erlaube -
"Das hat es in der neueren Geschichte der Zivilisation auch noch nicht gegeben." -,
wo das doch nur bei Barbaren seinen Platz hat:
"Nun ist Rassismus gewiß kein exklusiv südafrikanisches Phänomen. Mindestens ebenso tiefe Wurzeln hat die Rassendiskriminierung dort, wo sie - verbal - am heftigsten bekämpft wird: in Schwarzafrika. Nur daß sie dort nirgendwo Gesetz ist."
Den Negern liegt der Rassismus im Blut, verkündet das aufgeklärte Blatt, weshalb es "Mordorgien in Ruanda und Burundi" als Exotika des schwarxen Kontinents schildert und Idi Amin zum "mörderischen Clown" verharmlost. Wenn aber Weiße, denen nach dieser modernen Rassenlehre Zivilisation im Blut liegt, als "rassische Minderheit die Mehrheit unter Berufung auf nichts als Haut und Haare konstitutionell zur Rechtlosigkeit verurteilt", dann fällt einem "Spiegel" daran nicht auf, daß Apartheid ganz un-natürlich ein Mittel der dortigen Herrschaft ist; vielmehr regt er sich furchtbar darüber auf, daß der südafrikanische Staat sein Volk nicht nach den gültigen demokratischen Maßstäben sortiert, sondern sich der demokratischen Formen bloß bedient, soweit sie ihm passen und darüber die Demokratie diskreditiert. Diese besteht bekanntlich hierzulande darin, daß alle Staatsbürger gleich sind, ungeachtet ihrer Hautfarbe das Gesetz zu spüren kriegen und überhaupt alle schönen Rechte in der BRD genießen - es sei denn, es handelt sich um Ausländer.
Die Weißen in Südafrika sind für den "Spiegel" deshalb keine normalen Mitglieder der "freien Welt"; sie leiden an einem polit-psychischen Defekt: "kodifizierter Rassenwahn". Und da hat der "Spiegel" einige Enthüllungen zu bieten:
"Ganz rasserein ist sowieso keine von den guten alten weißen Familien. ... Fast alle haben sie einen Schuß schwarzes Blut in den Adern. Das soziologische Institut der Universität Natal will herausgefunden haben, daß es acht Prozent sind. Jeder Bure ein Zwölftel-Neger. Peinlich."
Das freut einen aufgeklärten Menschen, den Rassisten ihre eigenen Prinzipien um die Ohren hauen zu können und sie daran zu blamieren: Selber nicht rasserein, also kein Recht, Rassist zu sein! So lacht sich der "Spiegel" halb kaputt über seine Entlarvung des von ihm erfundenen Opportunismus der Buren:
Die Taiwan-Chinesen haben den Durchbruch" ('Ehrenweiße' zu sein) "dank eines beidseitigen Handels-volumrns von gut einer halben Milliarde Mark schon goschafft."
Wie konsequent unrassistisch und konsequent politisch geht da unser Staat vor, der extra Schiffe ausschickt, um vietnamesische Flüchtlinge aufzufischen und etliche davon einzubürgern, während er Pakistaner abschiebt und in Asylantenlager sperrt.
Einen originellen Grund für südafrikanische Eigenheiten entdeckt der "Spiegel" schließlich noch in der "bigotten Verklemmung" der Spießer vom Kap: So stöbert er für seine aufgeklärten Leser typisch burischen Schweinkram auf
"Sex mit Negern ist ein alter Burensport" -
und hat für seine Leser seitenweise "die Hand am warmen Laken":
"In 'Sun City' gibt es alles, was das reglementierte Burenherz sonst vergebens begehrt: schwarxer Sex, Schmuddelfilme, lasterhafte Spiele."
Da ist es doch was anderes, ein 'gesundes' Verhältnis zu den Negern zu haben und ihnen gönnerhaft zuzugestehen, daß sie "auch Menschen" sind und man ganz viel Verständnis dafür hat, daß sie sich so exotisch aufführen.