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Der Dritte Weltkrieg
KLARSTELLUNGEN ÜBER DIE USA
"Es wird Zeit für uns zu begreifen, daß wir eine zu große Nation sind, um uns mit Alltagsträumen zu begnügen ... wir haben das volle Recht, heroische Träume zu träumen." (Inaugurationsadresse Reagans)
I
So lautet die aktuelle Neuverkündung der allumfassenden imperialistischen Botschaft Amerikas: Der "Traum" einer Weltherrschaft, unter der sich kein Widerspruch regt dagegen, daß die USA weltweit für Recht und Freiheit Maßstäbe setzen, die Regeln erlassen, die Guten belohnen und die Schuldigen bestrafen. Der Maßstab für den Einsatz amerikanischer Macht ist die amerikanische Freiheit, und die ist grenzenlos:
"Zu den Nachbarn und Verbündeten, die unsere Freiheit teilen, werden wir unsere historische Bindungen verstärken und sie unserer Unterstützung und unserer festen Verpflichtetheit versichern. Wir werden Loyalität mit Loyalität begegnen ... Was die Feinde der Freiheit betrifft, jene, die potentielle Gegner sind, so werden sie daran erinnert werden, daß der Friede das höchste Streben des amerikanischen Volkes ist. Für ihn werden wir verhandeln, für ihn werden wir Opfer bringen; wir werden uns für ihn nicht unterwerfen - weder jetzt noch irgendwann."
"Peace" - für die imperialistische Großmacht ist das ihre Freiheit. Aus dieser Gleichung, die seit Ende des 2. Weltkrieges gilt - seit der Zeit arbeiten die USA daran, dieses Ideal amerikanischer Außenpolitik seiner endgültigen Verwirklichung zuzuführen - zieht Reagan jetzt die Konsequenz: Wenn Frieden und Freiheit dasselbe sind, dann ist ein Krieg gegen jeden, der dieser Freiheit irgendwo auf dem Erdball Schranken setzt, ein Krieg für den Frieden.
II
Die UdSSR ist deshalb "Hort des internationalen Terrorismus" mit Führern ohne Glauben und Religiosität
Diese Kennzeichnung der Weltmacht Nr. 2 ist weder eine Entgleisung noch ein schlechter Witz. Für die Amis und die Freie Welt ist die bloße Existenz dieses Staates, der beansprucht, mit den USA ökonomisch, politisch und militärisch in Konkurrenz zu treten und dazu das Ideal einer alternativen Weltordnung verkündet, eine Verletzung der Regeln des zwischenstaatlichen Verkehrs.
Ein solcher Staat hat kein Recht, daß mit ihm nach den normalen Verfahren zwischenstaatlichen Verkehrs umgegangen wird, "Verbrechern" wird jede Handlungsfreiheit bestritten, weshalb der UdSSR Außenpolitik prinzipiell verboten ist und die USA behalten es sich vor, zu entscheiden, welche Aktivitäten der UdSSR sie als verboten bewerten wollen. An keiner Maßnahme der UdSSR wird die Gleichung, daß dieser Staat aggressiv sei, noch bewiesen. Sie steht von vornherein fest, und die politischen Schritte der UdSSR geben nur noch die offizielle Legitimation ab, für jeden diplomatischen oder politischen Fortschritt der USA in Sachen "Eindämmung des Kommunismus".
Gerade die demonstrierte Botschaft der UdSSR, sich sogar auf Gespräche über "vertrauensbildende Maßnahmen", über Truppenbewegungen auf ihrem eigenen Staatsgebiet einzulassen, kann nur als neuerlicher Beweis für die Perfidie gelten, der Vorstoß beweist, daß die SU nach wie vor den Anspruch, sich als gleichberechtigte Großmacht zu gerieren, aufrechterhält, statt vor der hinlänglich demonstrierten Übermacht des Freien Westens zu kapitulieren:
"Wegen ihrer wirtschaftlichen Schwierigkeiten wird die sowjetische Führung einmal vor der Wahl stehen, das kommunistische System auf friedlichem Wege zu reformieren oder in den Krieg zu ziehen."
III
Es ist also kein Zufall, daß Aussagen amerikanischer Politiker über ihr Verhältnis zur Sowjetunion sich aktuell in der Kundgabe von Tautologien erschöpfen:
"Die tiefen Unterschiede in zahlreichen grundlegenden Fragen - politisch, wirtschaftlich, sicherheitspolitisch wie humanitär - werden unweigerlich und unvermeidlich Konfrontationen hervorrufen, solange sie bestehen." (Haig)
Auf dem erreichten Stand der absoluten Vormachtstellung des freien Westens sind die "Ost-West-Beziehungen" für die USA eine leidige Notwendigkeit, die sie sich nur noch leisten, weil sie "müssen".
Angesichts der Existenz der UdSSR besteht die Friedfertigkeit der USA darin, daß sie, obwohl sie jeden Grund dafür hätten, keinen Krieg anfangen, sondern sich darauf beschränken, der SU auf jede erdenkliche Weise ihre Souveränität zu bestreiten - und dabei auszusprechen, daß eben darin die "Notwendigkeit" des Dritten Weltkrieges enthalten ist.
"Grundsätzlich geht Reagans Handeln von der Voraussetzung aus, daß die Russen mit ihrem viel kleineren Bruttosozialprodukt bei einem Abbruch der SALT-Vereinbarungen und einem unbegrenzten Wettrüsten mehr zu verlieren haben als die USA."
Weswegen dieser Rüstungswettlauf in Gang gesetzt wird, weil
"die SU in einem Maße aufrüstet, das ihre Verteidigungsbedürfnisse weit überschreitet."
Was die Verteidigungsbedürfnisse der SU sind, entscheiden die USA. Auf jeden Fall bestehen sie nicht darin, einen ameriaknischen Angriff erfolgreich abwehren zu können: Die neue Definition von "Gleichgewicht" besteht expressis verbis darin,
"den Sowjets das anzutun, was sie und angetan haben, in Angola, Kuba, Afghanistan."
So wird auch in der öffentlichen Erörterung der Kriegsvorbereitung kein Hehl mehr daraus gemacht, daß die Begriffe "Angriff" und "Verteidigung" einerseits Kategorien sind, mit denen die Frage der Kriegsschuld vorweg geklärt wird, andererseits kriegstechnische Beurteilungen der Art und Weise, wie die Verteidigung des Freien Westens ablaufen soll:
"Die neue weltumspannende Strategie soll der Bedrohung durch die ständig wachsende sowjetische Hochseeflotte begegnen. Dazu sollen häufiger Operationen der amerikanischen Atlantikflotte im Nordteil des Ozeans unternommen werden mit dem strategischen Ziel eines wirksamen Angriffs auf den Hauptstützpunkt der sowjetischen Flotte in Murmansk im Kriegsfall."
"Weltumspannend" eine "Bedrohung" dadurch "abwehren", daß man den Gegner "angreift": Eine schönere Bestimmung dessen, worin die "sowjetische Gefahr" besteht, kann es kaum geben!
IV
Freund und Feind - strategisch beurteilt
"Die Macht hat sich in der Welt über 150 Nationen verstreut, was ein Klima ernster Instabilität erzeugt." (Haig)
Am Maßstab der Allgültigkeit der sowjetischen Bedrohung entdecken amerikanische Politiker an der von ihnen eingerichteten Weltordnung einen Mangel: Die Form des Umgangs mit anderen Souveränitäten, die wechselseitige Anerkennung des anderen staatlichen Willens, könnte den Schein aufkommen lassen, als würden die USA auch auf den Inhalt dieses Willens Rücksicht nehmen müssen. Dieser Schein ist durchaus unbrauchbar, wenn es darum geht, die Völker der Erde hinsichtlich ihres strategischen Nutzens für die USA zu begutachten.
Heißt das Urteil über die von Breschnew und Co. beherrschten Landstriche und Völkerschaften, daß sie der Benutzung durch die USA entzogen, deshalb nutzlos, deshalb vernichtenswert sind, so ist der Rest der Staatenwelt nur für eines gut: Ihr Land und ihre Leute für die Freiheit des Westens militärisch gebrauchen zu lassen. Für diese Frage ist jeder andere Maßstab als die umfassend unter Berwis gestellte Bereitschaft der jeweiligen Herrschaft, diesem weltpolitischen Ziel dienstbar zu sein, untauglich.
Das Kriterium der Benutzbarkeit jedes Erdenwinkels für amerikanische Militärposten und/oder amerikanisches Kapital reicht durchaus nicht mehr aus. Daß Staaten wie Nicaragua oder Kuba sich im Resultat nicht nur nicht als irgendwie geartete Gefährdung amerikanischer Herrschaft erweisen, sondern sich im Gegenteil zu jeder Form der Unterordnung erpressen lassen, beweist im Gegenteil, daß die USA es nicht nötig haben, sich solche Ereignisse wie die persische Revolution oder den Sieg der Sandinisten überhaupt gefallen zu lassen. Wie sich andernorts installierte Machthaber zur Botmäßigkeit gegenüber den USA durchringen, bleibt ihnen nicht mehr überlassen: Bislang von den USA angestellte Kalküle über die brauchbarste Form der Abwicklung der Herrschaft in verschiedenen Weltgegenden waren Kalküle der USA, und sie hören jetzt auf mit dem Abwägen, ob eventuell auch mit einer nationalen Befreiungsfront ebensogut Staat zu machen sei, und definieren stattdessen, welche Herrschaft sie dort haben wollen. Das Ideal nationaler Unabhängigkeit ist passe, seiner Praktizierung wird kein Spielraum mehr gelassen, und ausländische Souveräne werden als das behandelt, was sie sind: Vertreter des amerikanischen Interesses
V
Ab sofort entfällt auch die Ideologie, die innenpolitische Gestaltung der Herrschaft in einem Land sei in anderer Weise Maßstab amerikanischer Freundschaft als dafür, wie dort im Interesse der Funktion, die der jeweilige Staat für die Aufrechterhaltung amerikanischer Sicherheitsinteressen hat, für Ruhe und Ordnung gesorgt wird.
Diktatoren in Südkorea und Jamaica können sich in Zukunft vor unliebsamen diplomatischen Demarchen in Sachen Umgan mit der Opposition sicher sein; alle Gründe für die Einstellung von Waffenlieferungen an Chile und Argentinien entfallen, und Südafrika avanciert ob seiner treu zum Westen stehenden Militärmacht und der strategischen Bedeutung seiner Rohstoffe in den Rang eines diplomatisch hervorzuhebenden treuen Freundes der USA.
In El Salvador kommt umgekehrt ein paar tausend Guerilleros die zweifelhafte Ehre zu, zum "Testfall" für das Ausprobieren der neuen "Ost-West-Konfrontation" zu avancieren - und das ganz unabhängig von der Frage, woher sie ihre Waffen bekommen. Abgemurkste Bauern und Studenten sind für den Nachweis gut, daß die UdSSR da ihre Finger drinhaben müssen, wo sich die Leute aus welchen Gründen auch immer gegen eine von den USA eingerichtete Herrschaft auflehnen - welchen Grund sollten sie denn auch sonst haben? Angesichts eines sich im Rahmen üblicher Schlachtereien bewegenden Bürgerkrieges entdeckt Haig einen "Vier-Phasen-Plan" der SU für Mittelamerika und verbindet diese Entdeckung mit der Ankündigung, daß die Souveränität Kubas für die USA durchaus nicht tabu ist. Mit der expliziten Deklaration von El Salvador als Testfall geben die USA der Welt zu wissen, daß es in ihrer Machtvollkommenheit liegt, wo und zu welchem Anlaß sie mit der SU die Konfrontation suchen wollen - und daß ihr Urteil über diesen "Konflikt" gilt.
VI
Weil die amerikanischen Sicherheitsinteressen alleiniges Kriterium der Brauchbarkeit fremder Landstriche sind, entfallen alle Zahlungen des Westens an dortige Staaten, die nicht unmittelbar für die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung und für die Absicherung etwaiger Militäreinrichtungen nötig sind, als überflüssige faux frais kapitalistischer Herrschaft - ganz so, als hätten die USA bisher die armen Landstriche auf dem Globus mit Geschenken überschüttet und nur Undankbarkeit geerntet.
Die Regierung Reagan wandelt einen großen Teil ihrer bisher als Entwicklungshilfe gezahlten Kredite an Staaten der Dritten Welt in Militärhilfe um, auszugeben im Ankauf amerikanischer Waffen, und kürzt ihre Mittel für die International Development Agency (IDA) und die Weltbank zugunsten "bilateraler Hilfe"; d.h. von Zahlungen, mit denen die USA ihre Konditionen unmittelbar verknüpfen. Etwas weniger selbstorganisierte Armut und noch etwas mehr Verhungern steht für die dortigen Volksmassen auf der Tagesordnung - inzwischen gibt es dafür auch schon wissenschaftliche "Prognosen". Europäischen Politikern bleibt es vorbehalten, über die dringliche "Förderung" der "Dritten Welt" zu spekulieren. Wie die praktisch aussieht, entnimmt man weniger den Vorderseiten als dem Wirtschaftsteil der Zeitung:
"Die Zahl der Länder und Adressen, die im Frühjahr dieses Jahres noch als einigermaßen kreditwürdig gelten konnten, ist weiter geschrumpft. Schon gibt es in Afrika, Südamerika und Ostasien ganze Ländergruppen, die aus der Sicht der Banken als kaum mehr beleihbar gelten."
Wobei die "Sicht der Banken" noch nie durch die Vorstellung getrübt war, mit solchen Staaten ließe sich ohne hiesige staatliche Garantie irgendein Geschäft machen, da sie Kredite schon immer nur bekommen, weil sie nichts zum Verkaufen haben. Deren "Sicht" spiegelt also exakt das Interesse wieder, daß der Kapitalismus noch an Staaten in diesen Weltgegenden hat: ihre Verwaltung eben billiger zu haben als bisher.
VII
Bei den Staaten, die es zu einer eigenen Reichtumsproduktion gebracht haben, klagen die USA die Gegenleistung für die 35-jährige Beteiligung an der imperialistischen Herrschaft ein. Sie haben Kapital nach dem Krieg nicht ihrer schönen blauen Augen wegen benutzen dürfen, sondern um Europa zu dem Bollwerk gegen den Osten zu machen, als das es künftig genutzt werden soll.
Amerikanische Politiker haben nicht das mindeste Verständnis dafür, daß europäische und vor allem bundesdeutsche Politiker das Einverständnis mit ihrer Aufgabe im Bündnis innenpolitisch mit dem Gestus verkaufen, diese von jeher festliegende Tatsache sei aktuell nach Abwägung aller möglichen Alternativen zustandegekommen. Wer angesichts der sowjetischen Bedrohung die Frage aufwirft, ob "wir" denn auch ohne die Amis könnten, um sie dann entschieden zu verneinen, ist in den Augen Amerikas schon ein Sicherheitsrisiko: Und Beteuerungen der Bündnistreue wechseln mit Anwürfen, in Europa greife der Pazifismus und die Stellung "lieber rot als tot" (so Sicherheitsberater Allen) um sich, über den Atlantik hin und her. Jegliche Reflexion auf die Möglichkeit eines gesonderten Nutzens aus dem Ost-West-Verhältnis soll Europa, und sei er auch noch so konjunktivistisch gemeint, ab sofort fallen lassen. Und schon gleich die Illusion aus den Beziehungen zum Osten dürften sich noch ökonomische Vorteile ziehen lassen, wenn diese den Eindruck entstehen lassen, es ginge um den "Frieden um jeden Preis". Die amerikanischen "Bedenken" gegen das Gas-Röhren-Geschäft der BRD mit der SU richten sich nicht gegen eine irgendwie tatsächlich befürchtete Abhängigkeit - wie auch, wo es doch die SU ist, die um das Geschäft nachsucht und fast jede Kondition dafür in Kauf zu nehmen bereit ist - sondern um eine mögliche "subjektive" Abhängigkeit: Der SU soll jede Illusion genommen werden, sie könnte Geschäfte mit dem Westen noch zur Stabilisierung ihrer Wirtschaft benutzen.
VIII
Auf dem Weltball Ordnung schaffen kostet Geld. Woher das kommen soll, ist den amerikanischen Machern kein Problem:
"In dem Maße, wie wir uns hier in unserem Lande erneuern, wird man auch erkennen, daß wir auf der ganzen Welt stärker geworden sind." (Inauguraladresse)
Ein Reagan weiß, daß es der Reichtum Amerikas ist und die Arbeit der Leute, die zu dessen Produktion ans Werk gesetzt werden, der für die weltweite Aufrüstung gebraucht wird. Er weiß auch, daß der Reichtum Amerikas nicht nur der ist, der in den Grenzen der Vereinigten Staaten produziert wird, sondern daß dessen Quellen rundum auf der Welt sprudeln; und die sollen für die große Aufgabe genutzt werden, die sich Amerika gestellt hat. Deswegen steht zu dem Zeitpunkt, an dem die USA das größte Militärbudget aller Zeiten beschließen, nicht einfach Blut, Schweiß und Tränen für das Volk an, aus denen sich Kapital schlagen läßt. Das amerikanische Volk, und nicht nur dieses, ist zur Arbeit für Amerikas Größe und Sieg aufgerufen. Bei der Durchsetzung dieses Programms versichert sich der Präsident der engagierten Mitarbeit all jener, die über die Mittel der Reichtumsproduktion verfügen: Deren Interesse an Profitmacherei ist der Motor für die "Revitalisierung Amerikas".
Das Prinzip des amerikanischen Wirtschaftsprogramms ist schnell gesagt. Es besteht offensichtlich und anerkanntermaßen darin, dem Kapital jede Anlage lohnend, der Arbeit jeden Lohn akzeptabel zu machen, indem dem Kapital alle Schranken für Rationalisierung und Modernisierung aus dem Wege geräumt werden. Die damit in die Wege geleitete Arbeitslosigkeit wird ergänzt durch Kürzung staatlicher Unterstützungszahlungen, die Kosten für die Erhaltung des Bodensatzes der Konkurrenz gelten als unnütz.
Staatsausgaben, so Reagan, sollen "legitimen Regierungszwecken dienen, aber nicht dafür eingesetzt werden, die Ökonomie zu regulieren oder soziale Veränderungen herbeizuführen". Eben deshalb tut sein Team alles dazu, damit das Kapital die sozialen Veränderungen herbeiführen kann, die es zu seiner profitablen Vermehrung benötigt: Ohne wirtschaftspolitisch dargestellte "Not", aus Überzeugung wird der Staats-Etat um die Posten bereinigt, die der rücksichtslosen Benutzung von Land und Leuten nicht dienlich sind. Die Sicherheit, daß mit diesem Programm Amerikas Vorherrschaft auf dem Weltmarkt wieder ausgebaut, Kapital zur Anlage in den Vereinigten Staaten bewegt, Kapitalinvestitionen jeder Größe lohnend genmacht werden, nehmen die Geldkapitalisten, die den Kredit für diese Geschäfte zur Verfügung stellen, und die Unternehmen, die auf Teufel komm raus investieren, modernisieren, ratioanlisieren und fusionieren, allerdings nicht aus einer bloß ökonomischen Gewißheit, daß sich diese Geschäfte auszahlen werden. Ihre Gewißheit gründet vielmehr darauf, daß es Amerika ist, das dieses Programm in die Wege leitet - und daß es genau zu dem Zeitpunkt in die Wege geleitet wird. zu dem die USA mit einem Militärbudget ungkannten Ausmaßes eine ebensolche Staatschuld akkumulieren.
IX
Die Vereinigten Staaten haben nämlich unbegrenzten Kredit. Das allein unterscheidet sie schon von imperialistischen Staaten kleineren Maßstabs, die an sinkenden Wechselkursen merken, daß die von ihnen in Gang gesetzte Inflation die Kapitalanlage bei ihnen zu einer weniger interessanten Sache macht; die also unter diesem Gesichtspunkt sich gezwungen sehen, auch noch Maßnahmen zur Bekämpfung der Inflation, die sie mit ihrer Aufrüstung inszenieren, zu ergreifen.
Die USA haben unbegrenzt Kredit - und zwar überall auf der Welt - weil ihr Nationalkredit Weltgeld ist, ihr Kredit also die Garantie beinhaltet, daß sich aus ihm Kapital machen läßt. Wo und zu wie lohnenden Bedingungen, ist eine zweite Frage, die seit dem Amtsantritt Reagans mit den Spekulationen auf den Dollar beantwortet wird, also mit dem Urteil, daß die grünen Scheine gerade deshalb die Anlage i n den USA lohnen, weil der Amistaat seinen Kredit unbeschränkt von jeder Rücksichtnahme auf irgendeinen ökonomischen Maßstab allein dem Zweck der nationalen Verteidigung unterordnen will - ihn also dem Kriterium, wieviel "die Wirtschaft" an Inflation verträgt, nicht unterordnet.
Die Antwort auf diese Frage ist nämlich leicht gegeben: Die Wirtschaft der USA verträgt auf jeden Fall immer mehr als jede andere kapitalistische Ökonomie. Eben hierin, daß der mächtigste Staat der Welt verkündet, daß er die Ressourcen seiner Ökonomie rücksichtslos für seine militärische Stärkung in Anspruch zu nehmen gedenkt, haben Kapitalisten aller Art die Gelegenheit entdeckt, das Geschäft ihres Lebens zu machen.
Das galt zunächst für all diejenigen, die ihr Geschäft mit dem Verleihen des Geldes machen, dessen sich der Staat so reichlich bediente. Sie sahen mit der steigenden Kreditnachfrage des Staates die Zeit für gekommen an, ihre Preise, genannt Zinsen, zu erhöhen, und wurden darin von der amerikanischen Zentralbank unterstützt, die in steigenden Zinsen die Gelegenheit sah, etwas für die Nation zu tun. Geldkapitalisten aus aller Welt nutzten die steigenden Zinsen und gingen "in den Dollar".
Und das nicht bloß deswegen, weil ein paar schnelle Prozente beim Spekulieren zu verdienen waren:
"Obwohl die Zinsen einen Höhenflug angetreten haben, bleibt die Nachfrage nach Kredit groß, Kredit ist jederzeit erhältlich und die diversen Geschäfte scheinen sich keine Sorgen über die Zinsraten, die sie zahlen müssen, zu machen." (Business Week)
Jeder, der ihn sich leisten konnte, nahm den Kredit - und die Zinsen klärten schnell, wer ihn sich leisten konnte. Die von Wirtschaftsfachleuten konstatierte Krise der amerikanischen Ökonomie war so schnell vorbei, wie sie gekommen war. Sie bestand in nichts anderem als der Klarstellung, daß erstens der Kredit ab sofort kein Mittel mehr derjenigen ist, die ihn mittels Kreditkarte zur zeitlichen Streckung ihrer Armut benutzen. Und zweitens in der Neufestsetzung der Bedingungen, unter denen Kapitalisten heutzutage Geschäfte machen: Man muß sich den teuren Kredit leisten können, und das heißt, über die Mittel verfügen, ihn für sich lohnend zu machen. So häuften sich einerseits Konkurse, ohne daß sich in der Nachfrage irgendeine Schranke aufgetan hätte, während sich andere Teile der amerikanischen Ökonomie in einem veritablen Boom befanden:
"Während der Mittlere Westen und die Autoindustrie einen depressionsartigen Abstieg erlitten, haben Gebiete in den Neuenglandstaaten und an der Westküste, wo sich die Computerindustrie und andere Unternehmen hochqualifizierter Technologie angesiedelt haben, kaum einen Rückgang verspürt. Anleger, die die Finger von Stahlaktien lassen, drängten sich zum Kauf junger Aktien von Genetech oder Apple Computer ... Colorado und andere Rocky-Mountain-Staaten hatten mit der Suche nach neuen heimischen Energiequellen Erfolg. Elektronik- und Computerfirmen verwandelten den Südwesten und den Westen in die erfolgreichsten Regionen der USA." (Time)
Denn sobald klar war, daß die weiterhin steigenden staatlichen Kreditaufnahmen, also die vom Staat in Gang gesetzte Konkurrenz der Unternehmen um Kredit, ebenso wie die Inflation zu staatlich garantierten Geschäftsbedingungen werden sollten, kam es für diejenigen, die aus Kredit Kapital machen, nur noch auf eines an: Wer es am schnellsten und besten schafft, auf Grundlage von hohen Zinsen und garantierter Inflation ein Geschäft zu machen: Also mit Investitionen und Ausweitung der Produktion auf die Entwertung des eigenen Kapitals zu spekulieren.
"Zum ersten Mal in der Geschichte tätigte die Finanzwelt ihre Investitionen in der Erwartung, daß die Inflation ein tiefsitzendes, langfristiges Problem geworden ist." (Newsweek)
X
Dabei war dieser Boom von vornherein für das Gewerbe eine bombensichere Angelegenheit, das dem Ami-Staat all die Dinger liefert, die er für den show-down mit den Russen so braucht. Aber auch all den anderen, die ihr Geschäft darauf gründen, daß amerikanische Staatsschulden die Macht der Nation über die Vermehrung privaten Reichtums vermehren, ist das Programm zur Erneuerung Amerikas recht. Wo soviel für die Gewalt getan wird, die für den Kredit geradesteht, wird aus diesem auch mit Sicherheit Kapital zu machen sein.
Die ökonomischen Grundlagen seiner strategischen Offensive löst eben der US-Staat mit marktwirtschaftlichen Mitteln, auch auf den Gebieten, wo bis vor kurzem noch von "Knappheit" die Rede war: Das kämpferische Anliegen der Weltmacht schließt so weise Vorhaben wie eine national gesicherte Energieversorgung ein, so daß - über die Aufhebung der Preisbeschränkungen - allerlei für die Ölmultis und ihre Unterabteilungen zu holen ist. Die Anlagen in die Förderung von Öl, Gas und Kohle sind mit einem Schlag lohnend, die Regierung spart ihre Subventionen und braucht auf presiwerte Importe keineswegs zu verzichten. Die heimische Produktion beeinflußt die "Preisbildung" auf dem Weltmarkt nämlich in einer durchaus erwünschten Richtung.
XI
Die Kosten, die der US-Staat im Zuge seiner Aufrüstung auf sich nimmt, sind noch nicht einmal in dem Sinn Unkosten, daß sie sich als unproduktive Ausgaben in einer Schmälerung des Wachstums niederschlagen. Sie sind lohnend, weil sie dem in den USA angelegten Kapital zur Waffe im internationalen Konkurrenzkampf gereichen, die "geopolitische Lage" wieder einmal zum positiven Investitionskriterium erheben und bei den übrigen imperialistischen Partnern - die sich als Partner auch ein bißchen Aufrüstung "leisten" dürfen - auf keine vergleichbaren Mittel stoßen.
In dem Maße, wie diese Staaten ihren Nationalkredit strapazieren - der eben nicht in Form von sicher anlegbaren Dollarnoten die Welt unsicher macht - werden sie ziemlich ökonomisch von der neuen weltpolitischen Linie betroffen sein. Ihre Staatsschulden erschweren schon ein bißchen das nationale Geschäft daheim und mit auswärts - von ihren Bürgern, die keine Geschäfte machen, ganz zu schweigen. Der Sicherheitsberater Reagans hat da, obwohl sicher kein Kenner der kapitalistischen Ökonomie, wegweisende Ratschläge erteilt: In Europa sollten die sozialstaatlichen Lasten gemindert werden, damit der erhöhte Beitrag zur Verteidigung der pax americana gesichert bleibt. Daß die rücksichtslose Behandlung des Ausbeutungsmaterials aber noch lange nicht den Geschäftserfolg verbürgt, mit der Schröpfung der Armen auch gar kein Tornadoprogramm zu finanzieren geht (so viel kann man denen gar nicht abnehmen - da müssen sie schon neuen Reichtum auf marktwirtschaftlich produzieren!), braucht ihn nicht zu interessieren.
XII
Bei dem Beweis, daß sich eine demokratisch organisierten Kriegswirtschaft dann lohnt, wenn sich die Nation schadlos halten kann, die sie durchführt, vergessen maßgebliche Amerikaner keineswegs, daß sie dem Rest der freien Welt dabei einiges zumuten.
Sie wissen Bescheid darüber, daß sie anderen Nationalökonomien manchen Erfolg streitig machen und die Gewinne von Rüstungsbetrieben, die mit Staatsschulden finanziert werden, nicht überall verkraftet werden. Für die öffentliche Meinung in den verbündeten Ländern, die sie zur Kasse bitten, empfehlen sie deshalb auch nicht die staatsmonopol-kapitalistische Ansicht, nach der Kriegsvorbereitung und Durchführung des Geschäfts wegen stattfinden. Sie beharren im Gegenteil darauf, das Ziel des gemeinschaftlich eingeschlagenen Kurses nicht aus den Augen zu verlieren: Es geht schließlich auch in den USA nicht um die kleinliche Bereinigung der Profitrate, sondern um die Emanzipation von diesem lästigen Maßstab lohnender Ausbeutung. Deshalb lautet die trostreiche Überzeugung, die sich die Völker Europas zueigen machen sollen, wenn sie sich nach dem Lohn ihrer Opfer fragen (die Staatsmänner haben sich dieser Überzeugung längst anbequemt), daß immerhin der militärische Sieg winkt:
"Nachdem sie das eigene gute Beispiel dadurch gegeben hat, daß sie wirkungsvollere US-Streitkräfte geschaffen hat, sollte die Reagan-Administration einen neuen Konsens darüber herzustellen suchen, wer im Bündnis was macht. Wenn die Steuerzahler in allen Ländern überzeugt werden sollen, daß der Beitrag, zu dem sie herangezogen werden, militärisch sinnvoll ist und nicht nur einer Gleichgewichtigkeit des Opferbringens dient, dann würde die Herbeiführung dieses Konsens eine umfassendere Diskussion der NATO- Militärstrategie erfordern, als sie bis jetzt in der Öffentlichkeit stattgefunden hat." (Newsweek)
Neues von der NASA
Wir haben es ja schon immer geahnt, daß in der Kernkraft noch ungeheure Möglichkeiten der friedlichen Nutzung stecken. Aber da bleibt uns nun auch der Atem weg: Endlich soll die Mrnschheit vor der Gefahr jener Naturkatastrophen bewahrt werden, die bislang in Abständen von nur wenigen Millionrn Jahren die Erde immer wieder erschütterten: laut "Spiegel"
"forderten die NASA-Berater die Einrichtung einer Weltraum-Überwachungsstation",
um, falls sich ein Planetoid in Richtung Erde bewegt, gleich mit Atombomben zur Stelle zu sein, um ihn wirder wegzubugsieren. Just zur rechten Zeit ist auch der Physik-Nobrlpreisträger Alvarez mit seiner Hypothese herausgrkommen, daß erst neulich wieder eine solche Kollision passiert sein soll: Damals, als dann wegen der Staubwolke und der Klimaveränderung die Dinosaurier ausgestorben sind. Grgenüber der Wucht solcher Argumente wäre natürlich der Hinweis, daß doch die Astronomen in aller Welt schon seit Jahrzehnten die Bahnen der in Frage kommenden Himmrlskörper genauestens vermessen und berechnen, aber noch keiner herausnbekommen hat, daß ein Zusammenprall mit der Erde abzusehen wäre, ausgesprochen langweilig.
Wie dem auch sei, laut "Spiegel" gibt es noch ein anderes Argument:
"Aufgaben und Bedeutung der NASA sind ständig zurückgrgangen";
da wäre so ein Projekt doch ganz nett. Da mag was dran sein; jedenfalls ist es im Zuge des Zeitgeist mehr und mehr üblich geworden, die Kriegsforschung in den Weltraum gleich direkt als solche zu betreiben, ohne den Umweg über die NASA. Nun macht man sich also Überlegungen, die Kriegsvorbereitung im All wieder einmal nach alter Art als zivile Glanzleistung zu präsrntieren.
Daß dafür allerdings derartige "Begründungen" gut genug sind, zeigt, was man heutzutage alles an Unsinn an den Mann bringen kann - oder?