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Dieser Artikel ist in der MSZ 2-1981 erschienen.

Systematik

Französische Präsidentschaftswahlen
4 x DIE "ROLLE" FRANKREICHS

Giscard, Chirac, Mitterand und Marchais präsentieren sich ihrem Stimmvieh nun schon seit Wochen als gewiefte Taktiker, die aus den verschiedensten "Interessensgruppen" und "Lagern" Stimmen zu verbuchen und das Wahlsystem mit seinen zwei getrennten Wahlgängen für sich auszunutzen wissen.

Die beiden aussichtsreichsten Stimmenfänger (Giscard, Mitterand) sagen ganz glaubhaft, daß nur sie den jeweils anderen schlagen können, und "schonen" die voraussichtlich im 1. Wahlgang scheiternden Konkurrenten, weil sie deren Stimmenkontingent im 2. Wahlgang übernehmen wollen. Die Außenseiter wiederum sind ganz stark davon überzeugt, daß sie ein "dritter Weg" (Chirac) sind oder ein "Recht zur Teilnahme am 2. Wahlgang" haben und weigern sich standhaft, schon jetzt das allen bekannte Geheimnis zu verraten, wem sie im Stechen ihre Stimmen vermachen. So hat man es von Giscard bis Marchais mit "Kandidaten Frankreichs" zu tun, die nicht "Männer einer Partei" sein wollen und spätestens nach dem 2. Wahlgang das ganze 'Volk' hinter sich versammelt haben wollen.

Mit esprit im Dienste der Grande Nation

Ihre Herrscherqualitäten beweisen sie mit ihrer ausgeprägten Fähigkeit, ein "rassemblement populaire" zustandezubringen, wofür sie freilich auf eine Partei angewiesen sind, die sie entsprechend für ihre präsidiable Person als "Sammlungsbewegung" aufgebaut haben: Mitterand hat mit seinen mehrfachen Kandidaturen für sich eine schlagkräftige sozialistische Partei geschaffen, Chirac hat sich im Wettstreit mit dem alten De Gaulle-Gefährten Debre die gaullistische Bewegung unter den Nagel gerissen, und seit Giscards Präsidentschaft gibt es auch den Unterstützungsverein UDR. Eine Partei und darüberhinaus ein ganzes Volk schart sich freilich nicht um irgendwen, sondern nur um einen Politiker, der eine Idee von Frankreich zu verkörpern und den glaubwürdigen Nachweis zu führen weiß, daß er diese Eingebung klar vor Augen hat, von ihr tief überzeugt ist und deshalb den unbeugsamen Willen hat, sie in die politische Tat umzusetzen. So treten die demokratischen Herrschaftsaspiranten in Frankreich als verkappte Philosophen vor ihre Wähler und führen sich auf, als ob die geistige Neubegründung der Nation - so verstehen sie die Französische Revolution - zum x-ten Male anstünde. Nicht nur alle möglichen Spinner melden ihre Präsidentschaftskandidatur an, sondern die "seriösen", von Parteien getragenen, Kandidaten stilisieren sich zu modernen Voltaires und Rousseaus, die ihre tiefen Einsichten über die "Bestimmung" und die "Rolle" Frankreichs als ihre Berufung zur Machtausühung vortragen und zum Beweise ihres politischen Esprits ihre rhetorischen und schriftstellerischen Qualitäten heraüshängen lassen. Wie bei uns präsentieren sich die Kandidaten als Angehörige einer geistigen Elite, die es auch verdienen, durch die Erringung eines hohen politischen Amtes über das gemeine Volk hinausgehoben zu werden, welchselbiges gerade dadurch in den Genuß kommt, von überlegenen Geistern beherrscht zu werden, die an der Last der Verantwortung ganz schwer tragen. Im Frankreich der V. Republik verlangt die besondere Machtausstattung der Präsidentschaft, daß der Prätendent für diesen Posten es versteht, zwar von einer Partei unterstützt und gestützt zu werden, sich zugleich aber als die Persönlichkeit vorzustellen, die den politischen Willen der ganzen Grande Nation verkörpert und über den Parteienstreit und die Alltagspolitik hinweg die Generallinie französischer Politik repräsentiert und durchsetzt. So bietet sich jeder als der allein und über den Niederungen parlamentarischen Gezänks stehende Verantwortliche für die gesamte Politik an und distanziert sich zugleich mit der Vberhöhung des Präsidentenpostens zum Wächteramt über den Geist und das Schicksal der Nation von all den 'profanen' Unannehmlichkeiten, für die er in diesem Amt verantwortlich zeichnet.

Der beste Einstieg in den Wohlkampf besteht daher in der Herausgabe eines Buches, das "Französische Demokratie" (Giscard), "Hier und jetzt " (Mitterand) oder "Hoffnung in der Gegenwart" (Marchais) heißt und eine zur Realität drängende Frankreichvision offenbart. In Schwung kommt die Chose dann durch eine Stildebatte, in der der amtierende Präsident aufklärerisch-jakobinisch als prunksüchtiger, geistloser Monarch (Diamantenjäger!) angegriffen wird und dieser seine Tischordnungen im Elyseepalast als sichtbaren Ausdruck der geistigen "Dignität" seines hohen Amtes verteidigt. Abgesehen von einer satirischen Zeitschrift, die ihre "zersetzenden" Angriffe gegen Giscard in der offen eingestandenen Absicht vorträgt, mit dem Mann auch eine Institution madig zu machen, betonen die Wahlkampfkonkurrenten, daß es ihnen gerade um das Ansehen des Postens geht, den ja alle wollen und achten sorgfältig darauf, die giscardianischen Vbergänge vom Amts'gebrauch' zum Amts'mißbrauch' als Personalproblem zu diskutieren.

Der Höhepunkt ist schließlich, mit den dramatischen Fernsehmonologen erreicht, in denen die von Journalistenchargen aufgebauten Heldenfiguren dem wählenden Publikum ihren Tatendurst vor Augen führen...

Der Titelverteidiger

Giscard weiß sich als - amtierender Präsident in Szene zu setzen, indem er seine politische Weisheit direkt aus seiner Herrschaft ableitet und sich ganz weit weg von den bornierten Alltagssorgen seiner Bürger ansiedelt.

"Das ist die Lehre, die ich aus meinem Amt ziehe: Es ist nie zu früh, die Zukunft vorzubereiten. Die Nation verlangt vom Präsidenten der Reupublik, sich von den Aufregungen des Augenblicks fernzuhalten, um die kommenden Zeiten vorzubereiten."

Da er als 'president' sich nicht von seinen erhabenen Zukunftsaufgaben dispensieren kann, legt er sich für den augenblicklichen Wahlkampf eine volksnahe Zweitexistenx als ,citoyen-candidat' zu und demonstriert, daß er, obwohl president, sich auch in den "Alltagsproblemen" auskennt und sich als Politiker pausenlos darum kümmert. Und er erklärt dem von seiner Regierung mit Arbeitslosigkeit, höheren Sozialabgaben und Steuern beglückten Pöbel, wie sehr seine 'Bilanz' in die Zukunft weist. Im Fernsehstudio ist schon eine Tafel aufgebaut, auf der dieser französische Macher die Zahlen seiner Lohnarbeiter, seiner Arbeitslosen, seiner nachrückenden Jugend, seiner sterbenden Alten und seiner demnächst hinausgeschmissenen Gastarbeiter anschreibt, und damit den Opfern seiner Politik bedeutet, daß er andere Sorgen hat als sie, und daß sie sich davon etwas versprechen sollen. Mit einer Arroganz der Macht, die er mit "seinem Freund" Helmut Schmidt teilt, doziert er über die "Weltwirtschaftskrise", die Frankreich mit seinem beispiellosen Atomprogramm, seiner Spitzentechnologie etc. besser als andere Staaten bewältige, um im selben Atemzug die "Solidarität der Franzosen" zu loben, die "die Kaufkraftgewinne den sozial Benachteiligten vorbehalten", als ob die von dem erzwungenen freiwilligen "Kaufkraftverzicht" sich etwas kaufen könnten!

"Das große, aktive, warmherzige Volk, das wie eine Familie von 53 Millionen Mitgliedern frei seine Zukunft organisiert, den Schwächsten hilft und sich gemeinsam anstrengt", (dafür sorgt der - pere de famille!)

ist eben die eine Seite der Giscardschen Frankreichvision, deren andere Seite der imperialistische Staat ist, der entsprechend seiner "wirtschaftlichen, militärischen und politischen Stärke" in der Welt "präsent" ist und dort seine "Rolle" spielt. Als ob Frankreich bei der Durchsetzung seiner Interessen einer höheren Berufung nachkomme, die die Welt von ihm erwartet und unbedingt nötig habe, gibt Giscard all seine außenpolitischen Heldentaten vom Fallschirmjägereinsatz in Kolwesi bis zur Abschaffung des Detente-Begriffs als "Frankreichs Beitrag zur Organisation der Welt von morgen" aus.

Der enttäuschte Gefolgsmann

Just das nimmt ihm der gaullistische Konkurrent nicht ab. Jacques Chirac, vor Jahren noch Giscards Premierminister und rechtzeitig zur glaubwürdigen Vorbereitung seiner Kandidatur "enttäuscht" abgesprungen, vermißt beim amtierenden Präsidenten jede "klare Idee" von dem, "was wir sind", weshalb Frankreich unter seiner Regierung "nicht mehr seiner Berufung" entspreche und "schwächer und schwächer" werde. Die von Giscard (Barre-)planmäßig einkalkulierte Arbeitslosigkeit und Inflation macht er ihren Opfern als das "Resultat einer ultradirigistischen und (!) konzeptionslosen Wirtschaftspolitik" weis. Seine bestechende Theorie, daß die Arbeitslosigkeit der Grund der Inflation wäre, weil der Staat für die Arbeitslosen Geld ausgeben müsse (Skandal Nr. 1), diese aber keine Werte schaffen (Skandal Nr. 2), verdankt sich dagegen einem ganz festen und klaren Idealbild von Frankreich als jenem Land, wo die Arbeiter ihrer Bestimmung zum Schuften nachkommen und der Staat das ihnen abgeknöpfte Geld nicht für unnötige Sozialleistungen, sondern für wichtige nationale Aufgaben wie die weitere Verstärkung der force de frappe verwendet.

Wenn innen mit dieser "klaren Idee" bei der Jugend wieder "Enthusiasmus" aufkommt - meint diese glattgekämmte Intelligenzbestie -, kann Frankreich endlich auch wieder nach außen "mit Autorität sprechen", denn "Frankreich hat eine Stimme, und diese Stimme hat die Berufung, gehört zu werden": in Afrika, wo die südlichen "Jagdreviere" der Amis und Engländer nicht mehr geschont zu werden brauchen; in Europa, wo die "nicht funktionierende Gemeinschaft" neu verhandelt werden muß; in der Welt, wo Frankreich als "das Land der Menschenrechte" aus Gründen der eigenen Würde es den Russen zeigen muß.

Der Sozialist aus der Kathedrale

Wenn es darum geht, zwischen der von Giscard praktizierten Machtausübung und der "Rolle, die eine große Geschichte unserem Land vorzeichnet, einen Gegensatz aufzumachen, läßt sich ein Linker schon gar nicht lumpen. Ein in der Machtausübung so bewanderter Ex-Minister und Parteigründer wie Mitterand ist ganz tief davon überzeugt, daß

"Frankreich nicht nur eine diplomatische, militärische, wirtschaftliche Macht, sondern auch eine 200 Jahre alte Botschaft (Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit) ist.",

und daß die profane Staatsmacht durch den botschaftsgemäßen "Aufbau des Sozialismus, der Freiheit, Gerechtigkeit und Verantwortung" wieder eine Wucht bekommt. Die auf die 'arbeiterfeindliche Politik der herrschenden Klasse' schimpfenden Proleten und intellektuellen Proletenfreunde sollen davon gerührt sein, daß der versprochene "Abbau etatistischer Strukturen" dem freien, brüderlichen Volke erst richtig zu seinem Pflichtbewußtsein verhilft. So soll mehr Demokratie gewagt werden und "eine andere Konzeption des Menschen in seiner Beziehung zur Arbeit" ein Frankreich würdiges "soziales Wachstum" in Gang setzen. Wäre es nicht ein schöner sozialer Fortschritt, wenn die Wirtschaft durch etwas mehr Kaufkraft der "am meisten Benachteiligten" vorankäme, jeder ein Stück von seinem Arbeitsplatz brüderlich mit einem Arbeitslosen teilen würde und damit die nach dem Sinn des Lebens hungernden Arbeitslosen auch wieder ihre Brüderlichkeit betätigten könnten? Wenn so durch die geglückte "Verschmelzung von Sozialismus und Christentum" wieder ein "nationaler Aufschwung" zustande kommt, kann Frankreich auch nach außen mit seiner Friedensbotschaft landen und die Völker hinter der französischen Fahne der Vernunft (Nichtweiterverbreitung der Atomwaffen, Schaffung kernwaffenfreier Zonen, gleichzeitiger Abbau von SS 20 und Pershing, sowie langfristige Auflösung der Militärblöcke) versammeln. Man muß nur die weltweit beschlossene Aufrüstung als von der Menschheit ungewollte Friedensgefahr behandeln, und schon nimmt man mit ganz besonders gut gemeinten Vorschlägen zur Verhinderung "der Menschheitskatastrophe" ganz flott-französisch teil an der Offensive des Westens nach dem Motto, daß eine noch entschiedenere europäische Handschrift in Sachen Afghanistan und Polen die Russen garantiert kleinkriegen müßte und manche amerikanische Übertreibung erübrigte. Mitterand, der vor großen Entscheidungen in der Kathedrale von Vezelay zu meditieren pflegt, wirft in seiner Knopfdebatte mit dem - amtierenden Präsidenten die tiefsinnige Frage auf, ob dieser "Fähig ist, den Atomkrieg auszulösen", und ob er "genügend Vorkehrungen (Allianzen, Freundschaftsverträge, Abrüstung, Gleichgewichte) getroffen" habe, "um diese Situation zu vermeiden"...

Der saubere Mann des Volkes

Der aufrechte Kommunist Marchais kann in der von Mitterand- verkörperten französischen Rolle nur das mit Giscard und Chirac geschmiedete Komplott gegen Frankreichs nationale "Identität" erblicken. Als radikalster "Kandidat Frankreichs" bestreitet er seinen Konkurrenten die Befähigung zum französischen Präsidenten, indem er sie zu bestochenen Agenten des Auslands erklärt, die dem geistlosen EG-Kapital Tür und Tor öffnen (Giscard), eine Europäisierung der Linken unter deutscher SPD-Führung anstreben. (Mitterand) und Frankreich auf diesem Wege dem Ami-Joch ausliefern. Die Maßnahmen, mit denen die Regierung die französische Industrie in der EG konkurrenzfähig macht und dabei nicht nur Rationalisierungsentlassungen, sondern auch Betriebsstillegungen einkalkuliert, deutet nämlich Marchais ziemlih tiefblickend als eine "Politik des nationalen Verrats", die der französischen Arbeiterklasse ihre geliebten Arbeitsstätten zerstört. Die von der Arbeitslosigkeit bedrohten Proleten können also mit dem Arbeiterkind Marchais einen Propheten jenes Frankreich wählen, in dem sie ihrer Klassenbestimmung garantiert nachkommen können, weil das Schuften dann endlich als patriotische Pflichterfüllung anerkannt wird. Indem Marchais dem Stolz des "kleinen Mannes" auf die Basis der Nation in den Schaffenden und dabei immer Zukurzkommenden schmeichelt, sich selbst und seinen Aufstieg zum Präsidentschaftsbewerber als ausgleichende Gerechtigkeit darstellt, bringt er in seiner Wahlkampfkampagne den Nationalismus in seiner ganzen schnörkellosen Widerwärtigkeit aufs Tapet, gegen reiche Nichtstuer genauso gut wie gegen arme Parasiten, gegen ausländische Arbeiter und (un-)französische Asoziale. Zusammengefaßt in der ganz ungeniert faschistischen Forderung nach einem sauberen Frankreich, wobei die KPF nicht ansteht, bei der Säuberung selbst mit Hand anzulegen. Die "nationale Erneuerung", die aus der nationalistischen Arbeitswut der Franzosen kommen soll, ist natürlich die seit der französischen Revolution leider immer noch ausstehende Verwirklichung der Demokratie, weil erst unter Marchais die Republik ganz auf das Volk baut. Klar, daß dieses superdemokratische Frankreich dann auch nach außen seine revolutionäre Rolle super spielt, indem es als "wirklich" unabhängiger imperialistischer Staat der Menschenrechte die force de frappe nach allen Richtung hin aufstellt, zwischen den Blöcken "wirklich" hin- und hervermittelt und in der Dritten Welt, v.a. in Afrika, "wirklich" als Freund und Führer gehört wird...

Die Wähler

So versprechen alle Kandidaten ihrem wählenden Volk, daß sie auf dessen exquisit französischen Opfermut bauen, auf daß das so gestärkte Frankreich in der "schwieriger werdenden Welt" noch wirkungsvoller mitmische. Alle Kandidaten folgen offensichtlich der Eingebung, daß es jetzt nicht wie vor 7 Jahren um die 'Reform' der französischen 'Gesellschaft', sondern gleich um deren Quintessenz, nämlich die Stärkung des französischen Imperialismus auf Kosten der Bürger geht. Weil die "Bestimmung" Frankreichs allemal das ist, was die an der Macht befindlichen Politiker als staatliche "Notwendigkeiten" durchsetzen, bekommt der französische Wähler sehr deutlich den Fortschritt unter die Nase gerieben, den die Nation mit der erfolgreichen Verwirklichung des Barre-Plans und der im vvestlichen Bündnis betriebenen Offensive gegen den Osten nimmt. Diese Wählerwerbung mit der kraftvoll-überzeugenden Verkündigung, was der Bürger alles für sein Land tun darf (muß), unterscheidet sich nicht einmal um den esprit francais von den "Argumenten", mit denen diesseits des Rheins letztes Jahr um ein Votum für die deutsche Politik geworben worden ist. Dennoch hält sich das gängige Urteil über die Franzosen, sie seien besonders ausgeprägte Nationalisten. Eine, solche Wertung verdankt sich jedoch ausschließlich dem Mißverständnis, die aus einer unterschiedlichen Qualität des französischen Nationalismus einen in der Quantität macht: Während der BRD-Imperialismus seinen Bürgern eine Parteigängerschaft für Staat und Nation abverlangt, die die Weltgeltung des eigenen Staates in der bedingungslosen Unterordnung unter den Bündnispartner USA gewährleistet sieht, was zu den Sprüchen vom "ökonomischen Riesen und dem politischen Zwerg" führte, der sich inzwischen nur unwillig und gezwungenermaffen, versteht sich - auch politisch im Bündnis in die weltweite Pflicht nehmen läßt; während der Patriotismus des Bundesdeutschen also die reale Macht der Nation mit der beständigen Beteuerung der Einbindung in das (und der Ohnmacht ohne das) Bündnis versieht, gefällt sich das Selbstbewußtsein des französischen Staatsbürgers in der Versicherung, einer Grande Nation anzugehören, gegen deren eigentliche Weltmacht sich die politischen Konkurrenten versündigen dadurch, daß sie ihr unzureichend Geltung verschaffen und ihre Eigenständigkeit im Bündnis und zwischen den Blöcken nicht gebührend betätigen. Es handelt sich also um einen Nationalismus der idealistischen Angeberei im Unterschied zum deutschen Nationalismus der berechnenden Bescheidenheit.