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Dieser Artikel ist in der MSZ 6-1980 erschienen.

Korrespondenz
MITTEILUNGEN VON DER FREIHEIT EINES CHRISTENMENSCHEN

1. Mißbrauch der freien Meinungsäußerung

"Herrn

Theo Ebel

c/o Verein z. Förd. d. stud. Pressewesens

Betrifft: Ihre Postwurfsendung "Argumente zum Papst"

Sehr geehrte Damen und Herren,

Ihre obige Postwurfsendung ist das typische Beispiel des Mißbrauchs der freien Meinungsäußerung. Selbst wenn man, wie ich, den kirchlichen Organisationen sehr kritisch gegenübersteht und das Recht der Kritik ernst nimmt, kann man Ihren journalistischen Mist nicht hinnehmen.

Eines Grußes sind Sie kaum würdig. C.H., garten-pflege-dienst, Mainz"

2. Zur Person in christlicher Nächstenliebe

"Zuvor aber noch ein Wort über den Verfasser. Die in den 'Argumenten' zum Ausdruck kommende mangelnde Lebenserfahrung und menschliche Reife läßt auf ein jugendliches Alter schließen; ich schätze zwischen 20 und 25 Jahre. Die benutzte Fäkaliensprache - mehrfach kommt das Wort 'Scheiße' vor auf eine schlechte Kinderstube und niedriges Bildungsniveau. Ihr Flugblatt ist gleichzeitig eine Entlarvung über den Verfasser, dessen Bildungslücken in Sachen Kirchengeschichte - dürftige Konglomerate von Erfindungen und Halbwahrheiten - nur noch von seiner widerwärtigen Überheblichkeit übertroffen werden, wenn er, das Würstchen und Möchtegern-Marxist, sich erdreistet... kann nur ein Gehirn-Amputierter auftreten... Nestbeschmutzer werden solche Leute vielfach genannt; oder auch Klugscheißer.

K.H., Piano-Haus, München"

"Sie armer Satan in Menschengestalt und Genossen!"

"Du Dreckschwein."

"Ihr verdorbenen Deppen. M.H., München"

"Hallo, ihr geistigen Dünnscheißer!"

"Reformprediger und marxistische Schweine!! Eine Hausgemeinschaft in München-Schwabing"

"Sicher sind Sie ein Schwein, sonst würden Sie an die Sauberkeit eines Menschen glauben. P.A., Fotograph, München"

"Sie Teufel."

"Sie sind ein Gotteslästerer!"

"Niederträchtige, hundsgemeine Bande!"

"Rot-Faschisten."

"Merkt Ihr nicht, wie blöd ihr seid. Ihr Arschlöcher."

"Welch eine primitive, im Hirn verschissene Gesellschaft seid Ihr?"

3. Textexegese im Geiste frommer Duldsamkeit

"Wir scheißen auf Euer Geschreibe - wir sind nicht besonders gläubig - aber dies ist der größte Scheißdreck - was wir gelesen haben - nicht einmal für die Toilette geeignet."

"Das Dreckigste und Ekligste, was je geschrieben wurde! J.R., Nürnberg"

"Bisher habe ich immer viel Sympathie für Aktionen und Argumente aus Ihrer Richtung gehabt, aber dieses Pamphlet strotzt vor Ignoranz, Unverständnis und Intoleranz... Und welche Primitivsprache... I.M., München"

"...schlechthin unmöglich, noch undiplomatischer vorzugehen als dieser Verfasser, der seiner Sache einen Bärendienst erwiesen hat. Man braucht kein Werbepsychologe zu sein, um zu wissen, daß man keinesfalls provozieren darf, um für eine Sache zu werben. Wie überall, so macht auch bei solchen Flugblättern der Ton die Musik und wer glaubt, mit solch erbärmlich-flegelhaftem Ton auch nur den mindesten Eindruck zu machen, der befindet sich im falschen Land und unter der falschen Bevölkerung."

"Mit Befremden und Empörung habe ich vom Inhalt dieses Blattes Kenntnis genommen. Abgesehen davon, daß Argumente nicht in einer einzigen Zeile zu finden sind, strotzt der Text nicht nur von Intoleranz, sondern auch von Arroganz und Zynismus. W.D., Studiendirektor, Würzburg"

"Sie haben anläßlich des Papstbesuchs eine Schmähschrift herausgegeben, die jeder Beschreibung spottet."

4. Urteile gläubiger Einfalt

"Hat die Kirche Macht? Sie hat schon immer bissel mitgemischt, aber, das Mittelalter ausgenommen, sie hat noch keinen in der Jetztzeit brutal getötet. Auf Kommunisten können wir verzichten, dann lieber ein Heer von Bischöfen und Kardinälen, die mir nicht weh tun."

"Muß das heutige Studentenwesen immer mehr im Dreck versinken? Sie wollen den Sittenverfall der deutschen Menschen, damit diese einmal eine leichte Beute des Bolschewismus werden."

"Auf die so belächelten Christen müßte ihr Verfasser ja mit dem größten Neid blicken, denn jeder gläubige Christ ist ihm an Lebensfreude und Lebenskraft unendlich überlegen und der arme Marxist hat ihm nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen und muß sein Leben mit billiger Polemik fristen."

"Wenn unser Papst auf seine Reise die Menschen an Christus erinnert, kann das nie schaden! Christus war wirklich auf Erden."

"Und die Pforten der Hölle werden sie nie überwältigen!"

"Lieber der Papst als Theo Ebel!!!"

"So ein Dreckblatt liest kein Deutscher heute!!!"

"Einen Glauben lächerlich zu machen, gehört zum Dümmsten, dessen ein Mensch fähig ist."

5. Vorschläge aus dem Laienapostolat

"Grunzt nur weiter so!"

"Als eine Hilfe möchte ich Ihnen das Heftchen von der "Liebesflamme" beilegen, das jenen Menschen, die über die Macht Mariens noch wenig erfahren haben, einige Aufklärung zuteilwerden läßt."

"Ich kann nicht verstehen, wie man das alles nicht verstehen kann und wie man echte Werte so wenig von den falschen trennen kann. Aber vielleicht überlegen Sie mal, daß vielleicht viele Menschen diesen Zorn empfunden haben über soviel Unverschämtheit und Nichtachtung anderer Menschen."

"Schon Marx hat gesagt, daß jeder mit 18 Jahren ein Revolutionär und mit 40 Jahren wieder konservativ ist. Ihr Verfasser sollte sich daher seine Schrift gut aufheben, damit er im Alter einmal über sich selbst lachen kann. Von Antwortschreiben wollen Sie bitte absehen, da ich für eine weitere Korrespondenz dieser Art weder Zeit noch Lust habe und mir ausnahmsweise überhaupt die Zeit für dieses Schreiben genommen habe."

'"Das Geld, das sie für die Druckerei besagten Quatsches ausgeben, nehmen Sie lieber für einen Psychiater, der Sie von ihrer Schizophrenie heilen sollte."

"Ich möchte Sie höflichst bitten, im Hinblick auf künftige Veröffentlichungen diesen destruktiven, ganz und gar inhumanen Stil aufzugeben und - sofern Sie Auseinandersetzungen mit anderen Standpunkten für tunlich halten - auf entsprechendem Niveau sowie in fairer Weise wirklich zu argumentieren."

"Schauen Sie nach drüben und ein noch besserer Rat wäre, Sie gehen allesamt mit ihren Ideen in die Ostzone."

6. Bekenntnisse im Namen des Vaters, des Sohnes und des Hl. Geistes

"Ich selbst bin auch kein Papstanhänger, aber ein gläubiger Mensch und ich bin glücklich, in einem Land zu leben, wo ich den Glauben haben darf, den ich will. Und Millionen gibt Glauben, Kirche, Gott eben Trost, das Wichtigste in der heutigen schweren Zeit."

"Sie sollen wissen, daß ich einen wunderbaren Lebenspartner hatte, der auf den Tag genau mit dem Papst Geburtstag hatte und sein Äußeres wie ein Doppelgänger war. Und ich bin ganz überzeugt, daß unser Papst ein wertvoller Mensch ist mit allen menschlichen Vorzügen."

"Sie haben mich mit Ihrem Blatt schwer beleidigt!! Als katholischer Christ und Mitglied des Pfarrgemeinderats St. Johann von Capistran erlaube ich mir, meine tiefe Abscheu Ihrem Blatt zum Ausdruck zu bringen. A.F.J., Lokalredakteur, München"

7. Segenswünsche demütiger Frömmigkeit

"Gott wird Sie strafen, er läßt seiner nicht spotten - aber Sie hat er schon gestraft, nämlich mit Dummheit und das ist der Übel größtes. Vielleicht denken Sie an diese Worte einmal, denn auch für Sie kommt die letzte Stunde, wo Sie Rechenschaft ablegen müssen auch für den Inhalt Ihrer Schmiererei."

"Mit den besten Wünschen für Ihr Erkennen der Wahrheit und der nötigen Kraft dafür eintreten zu können, grüße ich Sie im Namen Gottes."

"Und wir alle landen einmal in dem Reich, wo Ihnen dann mit Bestimmtheit Gerechtigkeit widerfährt."

"Für Euch wird es einst heißen: 'auf gehts ins höllische Feuer!!'".

"Sie können vom Glück reden, daß Sie nicht in meine Hände geraten sind, ich glaube mir wäre die Hand locker geworden."

"Ihr solltet mal einen Krieg erleben in vor derster Front."

"Ich wünsche mir nur, daß man auf Eure Gruppe ein Attentat verübt oder nach Auschwitz verbannt. Diese Gruppe, was Sie gegründet haben, sind nicht wert, auf dieser Erde zu leben. Ich hoffe nur, daß auf Eure Gruppe eine Katastrophe kommt. So schreibe ich Ihnen, daß ich auch gerne eine 'Attraktion' haben möchte, eine Attraktion, Euch mit Dynamit in die Luft zu sprengen. Gezeichnet von einem Psychologen."

8. Kommentar

"Christen lassen auf Gott, das Geschöpf ihres Glaubens nichts kommen. In zivilisierten Demokratien wird die Ehre des Herrn sogar unter Schutz gestellt... Dafür nehmen sich Christen einiges heraus, wenn es darum geht, Schlechtes über die Menschennatur und gewisse Exemplare derselben in Umlauf zu setzen. Mit dem Verdammen sind sie verdammt schnell!" ('Argumente zum Papst' der MARXISTISCHEN GRUPPE vom 19. November 1980)

9. Öffentlich-rechtlicher Epilog

(Das vorläufige Schlußwort sprach schließlich am 22. November von 13.10 bis 13.20 Uhr Herr Bernhard Ücker als "Kommentar zur bayerischen Landespolitik" im Rundfunkprogramm von B I:)

"Bayern stand am Ende - die Bilanz aber, am Ende sei alles gut gewesen, ist gewiß nicht vorwiegend bayerisches Verdienst. So steckte ausgerechnet in zahllosen Münchner Hausbriefkästen das wohl übelste Machwerk zum Papstbesuch. Vom Trick mit der Oblate war darin die Rede, von einem Jesus, der als erster Wasserläufer ohne Surfbrett und Ski für Stimmung gesorgt, herumlungernde Nichtstuer von der Straße geholt und so den Berufsstand der Jünger erfunden habe. Verantwortungsbewußten Vätern und Müttern wurde geraten, ihre Kinder in diesen fünf kritischen Tagen mit etwas anderem zu beschäftigen, weil es nie wieder gutzumachen wäre, wenn sie vom Papst verdorben würden. Als Herausgeber dieses nach Auflage und Ausstattung sicher ziemlich kostenintensiven Pamphlets, das ohne den Aufschrei offenbar anderweitig humaner Progressionsdemokraten Millionen von Menschen volksverhetzend mit Hohn überschüttet, als Herausgeber firmiert ein in München angesiedelter "Verein zur Förderung des studentischen Pressewesens". Ei, was wir doch so alles fördern? Länger als die Entrüstung freilich sollte die ehrliche Sorge dauern: Wie armselig - oder nein - wie arm sind Menschen, die mit Haß die Welt verbessern wollen?"

10. P.S.

Inmitten der Fanpost zu den "Argumenten zum Papstbesuch" fanden wir noch einen Brief des Frankfurter Lyrikers Stephan Wannovius (Stud. jur. Jahrgang 1957), der uns seinen Gedichtband "Aufbruch" mit der Bitte um Rezension beilegte. Nachgerade rührend sein Wunsch: "Wichtig erscheint mir, gerade von denen rezensiert zu werden, die in einer zunehmend unpolitischen Zeit noch Fragen stellen und Antworten zu geben versuchen. Wenn ich auch in vielem Euch nicht folgen kann, empfinde ich Sympathie mit allen, die nach Lösungen gesellschaftlicher Probleme suchen." Wir entsprechen ihm durch Abdruck des Gedichts auf S. 45 des im Bläschke Verlag zu St. Michael in Österreich erschienenen Bandes

"Erdulde

Erdulde Distanzen

ertrage die Ferne

Nur wenigen Menschen

ist gegenseitige Nähe

vergönnt."

Gott sei Dank!

*

Liebe Brit,

herzlichen Glückwunsch. Mit einer "Liste zur Förderung der wissenschaftlichen Diskussion" und einer warmen Wahlempfehlung der MARXISTISCHEN GRUPPE Westberlin ist es Dir gelungen, ins Studentenparlament der FU einzuziehen. Darüber freut sich

Deine MSZ-Redaktion