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Bund Freiheit der Wissenschaft
1700 ZUM ABSCHUSS VORGESCHLAGEN
Ein Jahrzehnt nach seiner Gründung veranstaltete der BFdW einen "internationalen bildungspolitischen Kongreß" in Westberlin und bestritt damit den wesentlichen Teil seiner Mitgliederversammlung. Für die MV selbst waren 90 Minuten vorgesehen - was hätten die Damen und Herrn auch groß zu diskutieren gehabt?
Ten Years After
Angetreten mit der
"wichtigsten Forderung des Bundes Freiheit der Wissenschaft,... die Sicherung der staatlich kontrollierten Selbstbestimmung der im Zuge der Demokratisierung erweiterten Lehrkörper in allen Fragen der Wissenschaft und der wissenschaftlichen Qualifizierung"
und gegen einen damals an die Wand gemalten Feind,
"diejenigen, welche die 'Kritik' zur Waffe eines Dogmas und die Hochschulreform zum Instrument der Verfassungsfeindlichkeit machen",
kann der Bund heute zu einer Jubiläumsfeier einladen und dies mit einer Siegesmeldung garnieren:
"10 Jahre Bund Freiheit der Wîssenschaft - das sind 10 Jahre kontinuierlicher Autklärungsarbeit über systemverändernde Tendenzen inuerhalb unseres Bildungssystems und unermüdlicher Kampf für die Freiheit der Wissenschaft in Forschung, Lehre und Studium."
Der ebenfalls auf der Einladung ausgedruckte "Gründungsaufruf" des Bundes liest sich dementsprechend wie die Präambel zu den gültigen Hochschulgesetzen, weswegen der Veranstalter zu Recht feststellt, daß
"die ernüchternden Ergebnisse der ideologisierten Bildungspolitik dazu geführt haben, daß man sich heute mehr und mehr auf die Grundsätze zu besinnen scheint, für die unser Verband immer eingetreten ist..."
Es lohnt sich, diese Grundsätze noch einmal ins Gedächtnis zu rufen, weil sie - typisch für geistige Produkte aus der Kamptzeit - von radikaler Offenheit sind:
1. "Wo Ideologien die Oberhand gewinnen, welche die Zerstörung des Bestehenden als Voraussetzung für die Verwirklichung utopischer Ziele betrachten..."
Das wandte sich nicht gegen Ideologien, sondern gegen diejenigen, welche dem Bund nicht paßten!
2. "Wenn Studenten gegen ihren Willen indoktriniert werden..."
Damit sollte nichts gegen Indoktrination gesagt sein, sondern gegen eine undemokratische!
3. "Wissenschaft kann nur existieren, so lange kein Dogma im voraus festlegt, was das Gute und was das Böse ist."
Hier wurde keinesfalls dem Dogmatismus eine wissenschaftliche Absage erteilt, vielmehr demjenigen demokratischer Wissenschaft ("... der Staat... der trotz aller seiner Schwächen die feste Basis aller künftigen Entwicklung sein muß.") die exklusive Gültigkeit und Verbindlichkeit verschafft!
4. "...wenn Habilitationen um politischer Verdienste willen vollzogen werden,... werden wir nicht schweigen."
Dies war natürlich kein Verdikt, gegen die politische Beurteilung wissenschaftlicher Leistungen, sondern ein Votum für das Berufsverbot.
Dieser Punkt ist der einzige, an dem der BFdW sich noch als Kampfbund betätigt:
"...so sind die Angriffe auf die Freiheit von Forschung und Lehre dennoch geblieben. Nur werden sie 1980 vor allem innerhalb der staatlichen und gesellschaftlichen Institutionen geführt und sind deshalb von außen viel weniger erkennbar..."
Notopfer Berlin
Was die Bündler 1980 bewegt, ist der Verdacht, es könne trotz Hochschulreform, Berufsverboten und dem Ende aller "spektakulären Aktionen" Personen aus dem Feindspektrum von einst gelungen sein, in die Institutionen der freien Wissenschaft einzudringen. Der Kampf für die Freiheit, in der Sache längst entschieden, macht den faschistischen Übergang zum Anschlag auf die Existenzgrundlage der Person, in der man den Gegner der eigenen Ideologie wittert. Rechtzeitig zum Jubiläum veröffentlichte die Westberliner Filiale des BFdW, die "Notgemeinschaft für eine freie Universität" (NOFU) eine Liste mit den Namen von fast 1700 "Hochschulaktivisten", die als Verfassungsfeinde allen staatlichen und privaten Stellen zum Abschuß dringend empfohlen werden. Die Liste ging an alle Bundestagsabgeordneten, Länderparlamente und Verwaltungen, Hochschulen, Kirchen, Wirtschaftsverbände u.a. In der "Benutzer-Anleitung" heißt es:
"Alle Angaben der Notgemeinschaft im Namensverzeichnis sind gerichtsverwertbare Tatsachen... An die Bestimmung der 'Richtlinien'" (für die Überprufung von Bewerbern für den öffentlichen Dienst), "derartige Tatsachen dürften außer in schwerwiegenden Fällen nicht mehr als zwei Jahre zurückliegen, haben wir uns freilich nicht gehalten: sie erscheint uns weltfremd."
Hier wird ernst gemacht mit der Forderung im "Gründungsaufruf",
"daß ausschließlich Wissenschaftler darüber entscheiden, wer als Wissenschaftler anerkannt wird."
Den Professoren der NOFU ist die gängige Berufsverbotspraxis zu wenig wissenschaftlich, weswegen sie als Wissenschaftler dem Staat ihre Erkenntnisse zur Verfügung stellen, zu deren Erarbeitung sie 5 Jahre gebraucht haben.
"Es ist ohne Zweifel richtig, daß heute die Gesellschaft weit größere Anspruche an die Wissenschaft stellt, als es früher der Fall war."
Der Bund Freiheit der Wissenschaft stellt sich diesen Ansprüchen, damals wie heute.