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BREMEN: JUSOS BATEN POLIZEI UM VERBOT EIGENER KUNDGEBUNG
"Die Bremer Jungsozialisten haben im Zusammenhang mit den Protesten gegen die Vereidigung von Bundeswehrrekruten die Polizei um das Verbot einer von ihnen angesetzten Kundgebung gebeten. Den Aussagen des Polizeipräsidenten Ernst Diekmann vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuß war zu entnehmen, daß die Jungsozialisten als Veranstalter einer Protestkundgebung Ausschreitungen durch Radikale befürchteten. Diekmann erklärte, der Bremer Juso-Vorsitzende habe ihn am 2. Mai, vier Tage vor dem Rekrutengelöbnis, angerufen und um Prüfung gebeten, ob die Polizei die Juso-Kundgebung nahe des Weserstadions verbieten könne. Er habe der Bitte der Jusos jedoch nicht nachkommen können." (Süddeutsche Zeitung, 13. Juni 80)
Aus gut unterrichteten Kreisen verlautet, daß anläßlich der Bremer Vorfälle von den Bremer Jungsozialisten beschlossen worden sei, sich auch weiterhin für das Recht auf Ausübung der Meinungsfreiheit einzusetzen. Gemäß dieser geheimen Absprache will die Nachfolgeorganisation der SPD künftige Anträge auf Genehmigung von Demonstrationen, wenn überhaupt, erst dann stellen, wenn durch die Behörde das Verbot von derlei Veranstaltungen gewährleistet ist. Der Vorsitzende der Bremer Jungsozialisten soll diese Entscheidung mit den Worten begründet haben: "Staatsfeindliche Äußerungen dieser Art bringen uns im Ausland in Mißkredit. Bei dem in Bremen erreichten Stadium der Gewaltausübung ist es eine Frage der Solidarität mit der Staatsgewalt, die Störung von regierungsfreundlichen Demonstrationen von vornherein zu verhindern. Heutzutage ist Ruhe nicht nur die erste Bürgerpflicht, sondern zugleich die machtvolle Demonstration dessen, daß wir uns das Recht auf Meinungsfreiheit nicht von Miesmachern kaputtmachen lassen. Wir werden es uns in Zukunft nicht nehmen lassen, demokratische Gesinnung nicht nur auf den Straßen, sondern vielmehr da zu praktizieren, wo sie am dringendsten gebraucht wird."
Er erklärte weiter, daß die Gefahr, durch derlei Praktiken in Mißkredit zu geraten, nicht bestehe, da ja jedes Verbot von Demonstrationen und ähnlichen Veranstaltungen die Chance biete, öffentlich auf die Einschränkung des Rechts auf Meinungsfreiheit und die eigene fortschrittliche Gesinnung hinzuweisen.