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Dieser Artikel ist in der MSZ 3-1985 erschienen.

Systematik


Korrespondenz

Ein Tag für Afrika

"Anfang für einen Umdenkungsprozeß"?

"Ein Tag für Afrika": Flugblatt der MG "Die Gentlemen bitten zur Kasse" und MSZ Nr 2/1985 "Die Deutschen geben eine Runde Hirsebrei aus".

"Ich fand vorhin das Flugblatt in meinem Briefkasten 'Ein Tag für Afrika'... ...würde mich interessieren, wie etwaige Verbesserungs- und Änderungsvorschläge Eurerseits aussehen würden - hier fand ich nur eine Aufstellung all jener Punkte, die diese Sammelaktion in Grund und Boden stampften. Auch ich gehörte zu jenen Menschen, die spendeten - wohl weniger aus Gewissensbissen heraus, sondern mehr aus der Hoffnung heraus, damit einen Anfang setzen zu können - einen Anfang für einen Umdenkungsprozeß, der nicht am Ende jenes Tages geendet haben sollte. Wenn diese Aktion noch von anderen Leuten so aufgefaßt worden ist, wäre das doch begrüßenswert - und wenn dieser 'symbolische Zug' in barer Münze ausgedrückt werden konnte, der der sog. 3. Welt sinnvoll zugewendet wird, so halte ich das für richtig. Im übrigen muß diese Einstellung von mir nicht bedeuten, daß ich alles für gut heiße, was von oben kommt...; aber nur sarkastisch kritisieren - alles ablehnen, was ein Versuch ist - allem nur pessimistisch gegenüberstehen??"

L.B., München

Was verändert werden muß: Ein "Verbesserungsvorschlag"

Du hast die Hoffnung, daß der Spenden "Tag für Afrikä" der ARD den "Anfang für einen Umdenkungsprozeß" bedeuten hönnte. Hast Du auch einen Vorschlag, was "jene Menschen, die spendeten", in Zukunft besser denken sollten?

Welches Um-Denken könnte aus dem Entschluß zu einer milden Gabe, mal bei Licht betrachtet, eigentlich entstehen? Der einzige Gedanke, der mit dem Herschenken von Geld für hungernde Neger logisch zu verknüpfen ist, besteht im Glauben an eine Verantwortung von "uns" für das Schicksal fremder Völker; eventuell bebildert mit Vorstellungen von einem Nutzen, den "wir" von ihnen gehabt hätten. Und dieser Gedanke ist grundverkehrt; das wollten wir in dem Flugblatt auch zeigen - z.B. mit dem Hinweis, daß einer von uns gar nie in der Lage ist, einem hungernden Afrikaner etwas wegzuessen oder durch eigenen Verzicht seinen Lebensunterhalt zu sichern. Der Grund für die fortschreitende Verelendung der afrikanischen Volksmassen liegt durchaus hierzulande, aber ganz anders: Er liegt in den weltumspannenden Geschäften, die auch von bundesdeutschen Multis ihren Ausgang nehmen und auf der ganzen Welt nur ein Wirtschaften übriglassen, das ihnen nützt; und in der ebenso globalen Gewalt, mit der die Bundesregierung im Verein mit ihren Alliierten dieses Geschäftswesen betreut und vor der Gefahr des Kommunismus beschützt. Genau diese Wahrheit wird durch einen moralischen Schwindel ersetzt, wenn Menschen, die selber nichts als bezahlte (oder arbeitslose) Geschäftsmittel und steuerzahlendes Menschenmaterial der bundesdeutschen Weltmacht sind, sich für alles verantwortlich erklären, was an Ruin auf dem Globus zurückbleibt, wenn Kapital und Freiheit einmal zugeschlagen haben. Solches Verantwortungsbewußtsein ist nicht bloß ein falscher Gedanke, sondern eine praktische Stellung zum weltpolitischen Geschehen, die ausgerechnet das Eine todsicher nicht aufkommen läßt: Gegnerschaft gegen die Veranstalter. Man hat ja sich selbst zum Thema erkoren. Das Unkritische dieser Einstellung scheint Dir selbst aufgefallen zu sein. Wir haben aber gar nicht den Verdacht, daß Du "alles für gut heißt, was von oben Kommt..." Wir fürchten nur, daß Leute wie Du den praktischen Geschäften der Gewalt hauptsächlich mit selbstkritischem Getue begegnen: Was könnte ich am bösen Lauf der Welt verbessern?

Alles, was wir Dir hier zu bedenken geben, könnte jedem ganz deutlich daran aufgefallen sein, wie die politischen Betreuer sämtlicher bundesdeutschen Ansprüche an den Rest der Welt den "Tag für Afrika" genossen haben. Kohl und Konsorten haben gleich begriffen, daß ihrer Politik der ökonomischen Ausnutzung und neo-kolonialistischen Kontrolle Afrikas gar nichts besseres passieren kann, als daß deren Folgen als moralischer Auftrag an "uns alle" aufgefaßt werden - an ein "wir", in dem sie mit ihren angeberischen drei Hunderten genauso gut aufgehoben sind wie... z.B. Du!

Genau eine Woche später machen dieselben Herrschaften wieder Afrika-Politik - und verweigern einen bundesdeutschen Zuschuß zu einem Weltbank-Kredit an die Länder südlich der.Sahara. Wir trauen diesem Kredit zwar keinen anderen Zweck zu als den, gewisse Mindestbedingungen für den Fortgang der geschäftlichen und strategischen Benutzung des "Schwarzen Kontinents " zu sichern; dafür bürgen schon Mitterrand und Thatcher als Haupt-Spender. Das war aber nicht der Grund, weshalb die finanzkräftigste Macht Europas diese Initiative nicht mitgetragen hat. Den Herrschaften in Bonn ist die Weltbank als Mittel, um in die afrikanischen Staaten hineinzuregieren, u umständlich! Deswegen bleibt das Staats-"Portemonnaie" zu. In welchem Sinne haben diese Menschen, die doch auch gespendet haben, denn wohl "umgedacht"?

Alles schlechtmachen, "nur sarkastisch kritisieren" - das paßt Dir nicht.

Und was, wenn die Veranstaltungen regierender wie regierter Patrioten nichts besseres verdienen? Soll man dann auf die Suche nach einem doch vorhandenen Symbolwert oder nach anderen ähnlichen Veranstaltungen gehen, die vielleicht doch etwas taugen könnten? Oder soll man sich dann nicht besser genügend Leute zusammensuchen, die die eigene Abneigung gegen die Politik teilen, um die "Veranstaltungen", die tagtäglich stattfinden und das massenhafte Elend rund um den Globus hervorbringen, endlich mal zu verhindern?

MARXISTISCHE GRUPPE (MG)

"Wortwahl vergriffen"


"Ihr Flugblatt 'Ein Tag für Afrika'

Beim Durchlesen Ihres Flugblattes fiel mir auf, daß Sie sich in der Wortwahl vergriffen haben. Das Wort Neger verstehe ich nicht als Provokation, sondern als unmittelbaren Rassismus und als Beleidigung. Tatsächlich ist es weithin verbreitet im Duden, in Schulen, in Kindergärten und somit im Alltag, d.h. in der Umgangssprache wiederzufinden. Ich mache Sie deshalb darauf aufmerksam, weil ich Sie zur Selbstkritik veranlassen möchte. Im Rahmen meiner Sammlung "Gibt es Rassismus in der BRD?" wird auch ihr Flugblatt Beachtung finden.

R. H., Frankfurt/Main "

Weiße Frau,

in Ihrer Haut möchten wir nicht stecken. Da sammeln Sie nun Zeugnisse für Rassismus und wissen noch nicht einmal, wie der

geht.

Ihre Neger von der MSZ!