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EIN FESTIVAL DER SCHADENFREUDE
Wo die nationale Verantwortung die spitze Feder führt, da wird garantiert nichts anderes Bild als der Katalog von Frechheiten, mit denen alle Welt die Arbeiter zur Räson ruft - zu ihrer demokratischen Arbeits- und Gehorsamspflicht nämlich.
Kleine Unstimmigkeiten tun da nichts zur Sache, wenn der Kanzler den Zeichenstiften das Motto vorgibt: "Die 35-Stunden-Woche ist töricht, dumm und absurd!"
Schädlich für die nationale Wirtschaft ist der mächtige Streikhammer. Riesig und bedrohlich ruht er in der Hand des überbildgroßen Molochs Gewerkschaft und wartet nur auf den hilflosen keuchenden beflügelten und beflügelnden Aufschwung, der gerade mühsam den Rand des Konjunkturabgrunds erklettert hat. Wo rohe Kräfte sinnlos walten, da kann sich keinc Wirtschaft halten! Daß die jedem am Herzen liegen muß, ist so selbstverständlich, daß einzig die Engelsgestalt des Aufschwungs Züge einer Karikatur trägt. Nicht, um ihn lächerlich zu machen, sondern um die lächerliche Verkehrung von Macht und Ohmacht nicht der Lächerlichkeit preiszugeben.
Unmöglich ist das Streikziel, weil - eben weil es unmöglich ist. Als Traumtänzer tobt der Arbeitsmann auf dem Kartenhäuserturm der Wirtschaft herum, den der Unternehmer so mühsam aufgebaut hat.
Als dumme Masse läuft er wie der begehrliche Hund hinter der 35-Stunden-Wurst her - verführt von seiner Gewerkschaft, die ihm die Atrappe immer unerreichbar vor die Nase hält. Wohin er läuft - egal.
Auf jeden Fall schaut der Depp ins falsche Traumland und kann so ewig und einen Tag warten. Sein Wille ist bloße Phantasie, weil - weil es die Wirtschaft nicht verträgt, sprich nicht will. So sicher gilt die Macht der Wirtschaft selbst über die Köpfe der Arbeiter, daß das Streikansinnen mit dem Verweis auf die Zustände erledigt wird, die die Gewerkschaft doch gerade ändern zu wollen behauptet.
Machtlos ist die Gewerkschaft. Die Funktionärsmannschaft schwebt ohne Unterbau in der Luft und zerrt an ihrer standfesten Basis, die stur und realistisch mit beiden Beinen in die entgegengesetzte Richtung steht. Die eben noch Verführten lassen sich nicht einfach aufhetzen, heißt die hämische Botschaft an eine Gewerkschaft, die mit Meinungsumfragen und Solidaritätsappellen um demokratische Anerkennung kämpft. Wenn die Arbeiter sich umstandslos zur unternehmerischen Benutzung anbieten, dann stimmen Ober- und Unterkörper natürlich wieder zusammen und marschieren gemeinsam in die richtige Richtung.
So aber zieht Franke mit einem Ruck dem Proleten den bequemen Versicherungsteppich aus Steuerzahlergeldern unter den Füßen weg, daß er so richtig aua auf den Arsch fliegt.
Schließlich zieht sich die Gewerkschaft selbst die Grundlage unter den Füßen weg. Kein einziger Dienst würde ja mehr klappen, wenn Arbeiter dem Kapital nicht rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Beim Streik-Dienst nach 35-Stunden-Vorschrift würde doch nicht mal die Gewerkschaftspropaganda fertig. Da geht man doch lieber brav dem Dienst am Kapital nach, und zwar zu dessen Bedingungen, wenn die 35-Stunden-Woche völlig undenkbar ist, oder!
Eins läßt die Gewerkschaft nicht auf sich sitzen, was sie aus all den bildgewordenen Frechheiten zielsicher heraushört: den Vorwurf der Verantwortungslosigkeit. Das ist Unternehmerpropaganda, tönt sie zurück. In Wirklichkeit ist die 35-Stunden-Woche realistisch, weil Arbeitszeitverkürzung den Unternehmern nie geschadet hat und die Gewerkschaft verspricht es - künftig auch nicht schaden wird. Diese gewerkschaftliche Sorge um das nationale Wohl ist es eben, die die Gewerkschaftsfeinde so hämisch macht. Sie wissen, ihre Vorwürfe treffen!