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DAS WUNDER DES GELDES IN WELTWEITER FUNKTION
In der Welt des bürgerlichen Geschäfts sind Schulden nichts Ehrenrühriges. Man hat sich an das Kapital gewöhnt, das sich des Kredits beim Geldmachen bedient, ebenso wie an die Formen des Kredits, die als Eigentumstitel unmittelbar Kapital sind, indem sie ihre Besitzer bereichern. Daß der Staat mittels Kredit den Reichtum an sich zieht, den er für die Ausübung seiner Gewalt benötigt, gilt als nobler "Sachzwang", der bestenfalls die Probleme aufwirft, welche er dabei hat. Daß der Wirtschaftsteil der Zeitungen und die seitenlangen Notierungen der Börse nur das Interesse einer Minderheit berühren, wird ebenfalls nicht als anstößig vermerkt. Im Gegenteil: Mit dem Hinweis auf die Wirkung, die von diesen aparten Wirtschaftszweigen auf jedermann ausgeht, ist schnell die allgemeine "Bedeutung" verdolmetscht, die den Akteuren in der exklusiven Welt der großen Finanzen für die vielen Betroffenen zukommt. Daß der Kredit ein Mittel der Geldvermehrung ist, braucht da gar nicht mehr vorzukommen, wenn sich der gesunde Menschenverstand ausmalt, welche "Funktionen" er ihm zuschreiben mag: Ohne Kredit wäre der Bau mancher Eisenbahnlinie und einiger Panama-Kanäle "undenkbar"...
Die Unwahrheit solcher und anderer tiefer Einsichten liegt darin, daß mit der Behauptung von "Funktionen" das Generalkompliment entrichtet wird, das dem bürgerlichen Denken immer einfällt, wenn es die Notwendigkeit einer Sache zwar nicht ermitteln, aber rechtfertigen will. Wenn es stimmt, daß eine Firma ohne "Fremdkapital" und dauerhafte Kreditwürdigkeit nichts putzt, daß ein Börsenkrach auch schon einmal zur Stillegung von Fabriken führt, so heißt das eben noch lange nicht, daß das Schuldenwesen wegen der Arbeitsplätze in Mode gekommen ist. Immerhin wird sachlicher Reichtum in jeder Größenordnung für unwichtig erachtet, wenn es die Gesetze des sachkundigen Umgangs mit Schuldtiteln gebieten; und die Bedürfnisse von Leuten minderer Klasse fallen schließlich den Berechnungen zum Opfer, die bei der Suche nach den günstigsten Anlagemöglichkeiten von Geld bei Banken und Börsen stattfinden.
Leider muß eine Absage auch denen gegenüber vermerkt werden, die bar jeder Ahnung von den tatsächlichen Leistungen des Kredits darauf herumreiten, daß den Vertretern des höheren Finanzwesens z u viel Macht zusteht. Die Ankläger des Finanzkapitals sind über dessen Allgegenwart so bestürzt, daß sie den Grund für dessen umfassendes Wirken gar nicht mehr würdigen. Sie überprüfen die "Funktion" von Anlegern und Spekulanten gleich moralisch und vermissen Dienste, von denen sich die praktische Frage "Wo rentiert sich mein Kredit am besten?" garantiert nicht leiten läßt. Dafür entdecken sie diese Dienste bei Instanzen, die im Kapitalmarkt das probate Mittel für ihren Erfolg zur Verfügung haben - beim Staat und beim produzierenden Kapital. Und sie stempeln diese Instanzen sehr respektvoll zu Opfern eines ungerechterweise zu groß geratenen Einflusses der Couponschneider.
Mit einem objektiven Befund über den schwunghaften Handel mit Schulden haben die Klagen solcher Kapitalismuskritik freilich ebensowenig zu tun wie das Deuten auf Gebrauchswerte, deren Zustandekommen durch die Verwendung von Kredit "ermöglicht" wurde. Sie nehmen vielmehr die Ideologie des allgemeinen Dienstes ernst und legen sie als idealen Maßstab an die Geschäftspraktiken von Banken und Börsen an, um dann enttäuscht festzustellen, daß es "nur ums Geld geht". Deshalb sei hier noch einmal die ökonomische Auskunft über das Kreditwesen vermeldet, die im ersten Teil dieses Artikels zur Darstellung gelangte und auf Moral verzichten konnte, weil mit der Notwendigkeit des Kredits auch alles über die mit ihm verfolgten Zwecke gesagt ist:
- Als Geschäftsmittel erspart das Machen und Gewähren von Schulden Zirkulationskosten, und zwar dem Kapital.
- Als Geschäftsartikel kommen Schulden eben deshalb in den Genuß einer eigenen Zirkulation, weil sie ein Bedürfnis des Kapitals darstelle. Da das Kapital nur ein Bedürfnis hat, nämlich das, zu wachsen, und nur einen Erfolg kennt, eben sein Wachstum, belohnt es seine Helfer aus dem Kreditgewerbe damit, daß es sie an diesem Erfolg teilhaben läßt. Banken beseitigen Kapitalmangel, und die von ihnen an Land gezogene Zahlungsfähigkeit ist ihr Kapital.
- So sind die liebenswürdigen Geld institute nicht bloß Diener von tüchtigen Unternehmern, die mit Hilfe von Kredit und um ihn konkurrieren, sondern ein selbständiger Geschäftszweig. Seine Kalkulationen entscheiden darüber, wo sich wann was rentiert. In den Chefetagen der Banken, wo die Zahlungs(un)fähigkeit sämtlicher Unternehmen ständig bilanziert wird, erfahren alle, die in Sachen Geldvermehrung initiativ sind, die Erfolge, Mißerfolge und Chancen des Marktes. Und durch Bank und Börse eröffnet sich denen von der "Wirtschaft" die Freiheit, ihr Geld dort arbeiten zu lassen, wo etwas zu holen ist - der dauernde Vergleich sämtlicher Anlagesphären. Dieser Dienst ist ohne die oft besprochene "Macht" der Banken nicht zu haben - sie ist je nudie konzentrierte Macht des gelobten Privateigentums.
- Daß diese Macht rechtens ist, bezweifeln nur Leute, die hartnäckig Recht und Moral verwechseln. Während das Recht durch die Staatsgewalt in die Welt kommt, welche verfügt, was erlaubt und verboten ist, ist die Moral ein eher geistiges Produkt. Sie verbucht Erfolg und Schaden, die einzelnen oder ganien 'Ständen aus dem Recht erwachsen, als Ungerechtigkeiten, ihre Vertreter laufen voller Anstand als ideelle Gesetzgeber herum und korrigieren theoretisch ständig die Macht. Deren Sachwalter bestehen umgekehrt und nicht ohne Erfolg darauf, daß die Korrekturen mit den Prinzipien des Rechts nicht vereinbar sind. Und in Kreditdingen haben Staatsmänner sowieso anderes zu tun als moralische Ansprüche des Inhalts abzuwehren, daß der Staat dem Geldkapital Einhalt zu gebieten hätte.
Schließlich schafft er mit minutiösen Regelungen, die manchen Gesetzesband füllen, die Freiheiten, welche den Stand der Wechsler und Papierhändler instand setzen, die Ströme des Kapital markts ertragreich zu gestalten. Ein Blick in die Bank- und Aktiengesetzgebung könnte ebenso wie die bloße Existenz einer Börsenaufsicht eigentlich jeden Moralisten schnell überzeugen, daß er mit seinen Beschwerden über die verwerfliche Macht der höheren Finanzkreise bei einer grundverkehrten Adresse gelandet ist. Ganz zu schweigen von der gar nicht geheimgehaltenen Tatsache, daß der Staat mit seiner Bundesbank, seinen Schulden, seinen Diskont- und Lombardsätzen fröhlich an jenen Märkten partizipiert!
- Immerhin ist der ökonomische Erfolg des Privateigentums die Quelle staatlicher Macht, und dessen eingedenk stellt sich die Staatsgewalt gerne als Garant eines funktionierenden nationalen Kreditüberbaus zur Verfügung. Deshalb gibt es in der Welt von Geld und Kredit nichts, hinter dem nicht die Gewalt lauert, und zwar die des Klassenstaates, der mit der Betreuung des Gegensatzes von Eigentum und Arbeit auch auf dem Gebiet des geschäftsnützlichen Kredits nichts anbrennen läßt.
An diese paar Einsichten sollte an dieser Stelle nicht nur deswegen erinnert werden, weil jüngst aus Anlaß der Flick-Affäre jene neuartige Fassung des Stamokap-Gedankens in Umlauf kam, derzufolge die Politik das Opfer des großen Geldes geworden sein soll. Leider sind die demokratischen Vorstellungen über das gesetzlich geschützte Finanzwesen noch verrückter, wenn der National- Kredit die internationale Bühne betritt und die ihn sichernde Gewalt die Roben der Justiz ablegt, um in Gestalt von Soldaten und Waffen für "Wachstum" und "Entwicklung" zu sorgen.
Schulden als Währung
Die staatlich garantierten Kreditzeichen, die im Gewande von Ziffern auf Konten und Staatsbanknoten die Werke des Geldes verrichten, könnten zumindest jeden zivilisierten Staat froh stimmen. Aber statt des fröhlichen Rufs "Es funktioniert!" ertönt ein sorgenvolles Lamento über die Probleme, die dem öffentlich-rechtlichen Wächter über das Maß des Reichtums entstehen.
Die Quelle der Beunruhigung in dieser Angelegenheit nennt sich Inflation. Dabei wird sehr berechnend auf eine Verwechslung angespielt, die sich bei den Folgen der Vermehrung der umlaufenden Gelder sämtliche staatlich verbürgten Kredittechniken und die unter ihrer Verwendung vollzogene Staatsverschuldung sorgen für erhöhte Zahlungsfähigkeit - gut benützen läßt. Die Kaufkraft gesetzlich geschützter Zahlungsmittel wird nämlich in Anspruch genommen - von allen, die den Markt mit Verkäuflichem bestücken. Diese marktkundigen Wirtschaftssubjekte verlangen wie immer, was sie für ihre Waren nur kriegen können, und ihre kongenialen Geschäftskollegen und Partner wissen die gestiegenen Preise beim Einkauf als Kosten in Anschlag zu bringen, die eben mit höheren Verkaufserlösen unschädlich gemacht werden müssen. Daß sich darüber das "Preisniveau" oder, was dasselbe ist, die "Kaufkraft des Geldes" ändert, gilt als anerkanntes Gesetz der Marktwirtschaft. Desgleichen will vom Wirtschaftsminister bis zum Journalisten jedes Regionalblatts jeder Volksaufklärer wissen, daß das gewöhnliche Volk dabei ziemlich schlecht fährt. Denn, soviel haben alle von der Marktwirtschaft mitbekommen, die Veränderung des Marktpreises der Arbeit ist eine so einfache Sache nicht. Und da dieser Preis höchstens in jährlichen Tarifrunden zur Debatte steht, gerät das Einkommen aus Arbeit, von dem die meisten mangels Eigentum zu leben haben, ein wenig unter die Räder - der Inflation.
Auf diesem Schaden, der zwar ein mehrheitlicher, deswegen aber noch lange kein allgemeiner ist, hacken Politiker nur allzu gerne herum, wenn sie ihren "Kampf gegen die Inflation" ansagen. Seltsamerweise folgt aus ihrem Mitleid mit der lädierten Kaufkraft der "sozial Schwachen" nie eine staatlich verordnete Lohnerhöhung. Offen geben sie zu, daß das "Problem" ganz auf seiten des Staates und seiner finanzstärkeren Bürger liegt - und daß an den zitierten Opfern der Inflation erst einmal gespart werden muß, was nur geht: beim Lohn sowieso, und bei den Lohnteilen, die in staatlicher Verwaltung geregelt werden, also beim "Sozialen", sofort.
Die Berufung auf die Leidtragenden des vom Staat rechtsgültig aufgeblasenen Kreditwesens ist die volkswerbungsbeflissene Tour, die Nation auf ihre Pflicht hinzuweisen, die ihr aus einem echt nationalen Problem erwächst. Staat und Wirtschaft leiden nämlich unter Drangsalen, die aus ihrem inter-nationalen Engagement hervorgehen. Deutsch (das gilt für Deutschland!) ist der Export, der Import, die Konkurrenzfähigkeit und überhaupt alles, was aufgrund der Inflation gefährdet ist.
Der Erfolg der außenwirtschaftlichen Beziehungen steht auf dem Spiel, sooft die Stärke der eigenen Währung auf die Tagesordnung kommt. Ob und in welchem Maße sich der grenzüberschreitende Handel mit Waren und Kapital lohnt, ist eine Frage der weltweiten Kaufkraft, wenn der Weltmarkt als dauerhafte Quelle des Geldmachens benützt wird. Insofern ist der Vergleich der Währungen, die als lokaler Maßstab der Preise ja ständig durch das nationale "Geldschöpfen" modifiziert werden, ein fester Bestandteil der Kalkulation. Die Banken, von der Kreissparkasse bis zur Bundesbank, versorgen sich mit Devisen aller Art und stellen sie ihrer Kundschalt zur Verfügung. Freilich nicht ohne ihrerseits ein Geschäft daraus zu machen und mit den Kursschwankungen zu spekulieren. Was aus dem Hin und Her von Angebot und Nachfrage so herauskommt, ist dann keineswegs nur ein in Zillern ausgedrücktes Verhältnis zwischen verschiedenen Landeswährungen, so daß aufgrund der Wechsel kurse die Preise lür alles und jedes auf der ganzen Freien Welt verglichen werden können und der muntere Handel seinen Lauf fortsetzt. Aus der Internationalisierung des Geschäfts auf der Grundlage konvertibler Währungen entspringen qualitative Unterschiede, die es in sich haben:
- Da gibt es Geldsummen in der Bilanz von Unternehmen, die sich zwar zahlenmäßig recht stattlich ausnehmen und auch von einem Überschuß künden, aber wegen der Entwertung des nationalen Geldes, das sie mißt, nichts taugen. Sowohl im Innern eines solchen "Weichwährungslandes" und erst recht auf dem Weltmarkt versagen diese Summen ihren Dienst - weil die zwei- bis fünfstellige Inflationsrate ihrer "Kaufkralt" nicht gut bekommt.
- In der Staatskasse solcher Nationen findet sich ebenfalls jede Menge der von ihr garantierten Kreditzeichen. Sie nützen bei der Beschaffung der vielen Hillsmittel fürs Regieren nicht viel. Im Ausland kriegt man nichts dafür, und ihre Verwendung daheim führt zur flotten Steigerung der Inflation, die Staat wie Geschäftsleuten im internationalen Verkehr so zu schaffen macht. Letztere sehen deshalb zu, daß sie ihr Vermögen gleich gar nicht in der "Weichwährung" haben, weil ihr Besitz schon geschäftsschädigend ist. Deshalb nehmen sie das ständig verfallende Geld nur zur Bestückung der (kleinen) Zirkulation im Land und beglücken die Lohnempfänger damit. Der Staat bemüht Land und Leute zur Beschaffung von Devisen.
- Demgegenüber gibt es in den Bilanzen von Weltfirmen Beträge, die nicht nur zahlenmäßig einen Überschuß über die Kosten ausmachen, sondern auch erneut weltweites Kaufmittel sind. Diese Beträge sind in Dollar, Mark etc., also in "harter Währung" vorhanden - und sie kaufen gerade in den Weichwährungsländern immer mehr.
- Für die Staaten, auf die diese harten Währungen getauft sind, ergibt sich der erfreuliche Umstand, daß ihre Verschuldung zur Steigerung ihrer weltweiten Zahlungslähigkeit führt. Damit sind sie zu einer vorzüglichen Geschäftsbedingung geworden, für ihre anlagefähigen Bürger schon gleich und für die anderer Nationalität dazu.
- Die Bankenwelt rund um den Erdball weiß diese Unterschiede zu würdigen. Sie fügt dem Vergleich zwischen profitablen Anlagen, den sie im Namen ihrer Klientel und/oder auf eigene Rechnung anstellt, das Kriterium des nationalen Geldes hinzu, in dem das Geschäft zu erledigen ist. Denn aus den vergleichsweisen Tendenzen ergibt sich mancher vergleichsweiser Vorteil, Zinsen, Renditen etc. vorausgesetzt. Die Frage: "In welche Währung gehen wir?", läßt sich zudem auch noch ganz getrennt aufmachen und rentabel beantworten.
- Die Elite unter den Banken, zu denen natürlich die nationalen gehören, weiß aus der Erfahrung mit diesen Geschäftspraktiken auch mit deren Risiken umzugehen. Die wichtigsten, harten Nationalkredite sind das passende Material für ihre Reserven - und schädliche Bewegungen sind Gegenstand gemeinsamer Sorge um die Erhaltung brauchbarer Paritäten.
Der sachkundige Umgang mit dem Nationalkredit wird von Fachleuten aus Politik und Wirtschaft geregelt. Alle Konsequenzen ihrer Geschäfte verkaufen sie als "Sachzwänge", womit sie ausdrücken, daß sie - keine Alternative wissen wollen. Daß die "Sachzwänge" internationaler Finanzierungskunst kein Werk von professoralen Vorlesungen über Weltwährungsprobleme sind, geht schon aus den Gegensätzen hervor, die den internationalisierten Geschäftsbetrieb kennzeichnen. Dergleichen hält sich nur in einer wohlgeordneten Welt, in der ganz gewöhnlicher Zwang ohne "Sach-" Schuldner und Gläubiger bei Laune hält.
Schulden als Problem der "Weltwirtschaftsordnung"
Den eigenen Nationalkredit zum Hebel weltweiter Reichtumsvermehrung zu machen - dieses Ideal verfolgt jeder Staat, in dem der Reichtum qua Gesetz in Geld gemessen wird. Wenn sich bei den einen - Namen tun hier nichts zur Sache - der erwünschte Erfolg einstellt und die anderen aufgrund gar nicht vorhandener Voraussetzungen in der Konkurrenz scheitern, so ist deren beharrliches Mitmachen einigermaßen verwunderlich. Die dauernde Beschränkung seiner ökonomischen Machtmittel nimmt nämlich einen Souverän erheblich mit, so daß es in der Geschichte der Staatenwelt schon öfters vorgekommen ist, daß Entzug aus "internationalen Abhängigkeiten" oder deren gewaltsame Aufkündigung stattgefunden hat. Wenn dergleichen heute trotz des unaufhaltsamen Aufstiegs der meisten souveränen Nationen in den Rang von "Entwicklungsländern" nicht vorkommt - die Ausnahmen bestätigen durch ihr bitteres Ende die Regel -, so deshalb, weil eine überlegene Gewalt sich als Geburtshelfer der Weltwirtschaftsordnung betätigt hat. Zusammen mit den wenigen als Partner für brauchbar erachteten Staaten hat sich diese Nation auch in der Erhaltung ihres Kunstwerks bewährt.
Ihre Gewaltmittel hat diese Nation fristgemäß in einem II. Weltkrieg zum Einsatz gebracht, ohne daß darüber ihr Reichtum erschöpft worden wäre, wie es bei Verbündeten, ehemaligen Weltmächten, der Fall war. Mit diesem Reichtum ist ihr ein internationales Kapitalvermehrungsprogramm eingefallen: Sie hat dem Rest der Welt das "Angebot" eröffnet, sich m it aller Anstrengung dem Maßstab ihres Kapitals zu stellen. Bei einigen wenigen befanden es die frischgebackenen Führer der Weltwirtschaft für opportun, daß diese selbst zu Zentren einer flotten Akkumulation wurden. Der Grund dafür wurde im Osten gefunden, dem gegenüber ein paar schlagkräftige Partner, die auf eigenen Beinen stehen, angebracht schienen. Bei den vielen anderen wurden in unterschiedlichen Dosen Gewaltmittel bereitgestellt, damit handlungsfähige Regierungen erhalten blieben oder aus Entkolonialisierungskriegen entstanden. Mit denen konnte man dann handeln.
Die Regeln dafür wurden rechtzeitig mit einer Konferenz über die Versorgung der Staaten- und Geschäftswelt mit "Liquidität" aufgestellt, wo ein Nationalkredit die Grundlage für das Geld anderer Nationen abgab. Dem Weltwährungsfonds stand alsbald eine Weltbank zur Seite, und beide Instanzen behandeln seitdem mit ihren konjunkturgemäßen Satzungsänderungen sämtliche Zahlungsunfähigkeiten von Nationen wie ein technisches Problem. Während die Gewalt und damit die Drohung mit Ausschluß aus der "Weltwirtschaft", die jetzt eine "Ordnung" war, für den Fall vorbaute, daß ein Staat nicht willens war, sich auf die "Spielregeln" einzulassen, galten die internationalen Krediteinrichtungen der Unfähigkeit von Staaten in der Konkurrenz. Man rechnete sehr fest damit, daß sich das internationale Geschäftsinteresse mit den ökonomischen Erfolgen gewisser Staaten nicht zur Deckung bringen ließe; daß im Machtbereich manches Souveräns lohnende Unternehmungen abgewickelt würden, die nicht seine, sondern die wirtschaftliche Potenz auswärtiger Herrschaften vermehren würden. Von Anfang an war bei den Vereinbarungen des Internationalen Währungsfonds, der Form nach ein Bündnis, eines nicht zu übersehen:
"daß die kollektive Schaffung von Zahlungsfähigkeit für Fälle, wo sie gerade nicht vorhanden ist, einen ökonomischen Standpunkt exekutiert, der gewisser Härten nicht entbehrt. Entgegen dem Konkurrenzinteresse, das sich bei Nationen einstellt, die auf dem Weltmarkt verlieren und von sich aus zu, Interventionen schreiten würden, ist da die allgemein verbindliche Verpflichtung eröffnet worden, sich weiterhin der - nachteiligen - Konkurrenz z u stellen. Das Programm heißt 'Wachstum durch Weltmarkt' absolut: Es soll weitergekauft werden, auch wenn es mancher Nation Abzug von ihrem Reichtum beschert; weiterverkauft auch dann, wenn der Export den Nationalkredit ruiniert; und Kapitalanlagen aller Art sollen fortgeführt werden, obgleich sie die Phrase vom 'wechselseitigen Nutzen' zwischen den Ländern Lügen strafen. Und für dieses Programm bildet das Konstrukt namens IWF die verläßliche Handhabe, einen internationalen Kreditüberbau, der den Zuwachs an national verfügbarem und international anwendbarem Geld auf der einen Seite, seine Verminderung auf der anderen nicht nur korrekt bilanziert. Wenn Nationen dem IWF gemäß dem vereinbarten Quotensystem kaufkräftige Teile ihrer Konten 'zur Verfügung stellen', werden sie nämlich nicht ärmer - das bleibt den anderen vorbehalten, die Kredite in Anspruch nehmen müssen und in den respektablen Summen ihrer Auslandsschulden - den 'normalen' wie den zusätzlichen im Verhältnis zum Fonds eingegangenen - nur eines verbuchen: daß ihr Import wie Export, von Waren und Kapital, zur Vermehrung auswärtigen Reichtums beigetragen hat. In ihren monströsen Inflationsraten dokumentieren diese Länder, daß ihr Kreditgeld auf dem Weltmarkt nichts taugt, weder nachgefragt wird noch der Nachfrage fähig ist, daß sie für sich weder Kredit schaffen noch über ihn frei verfügen. In den bisweilen auch einmal öffentlich addierten Auslandsschulden der an der 'Weltwirtschaft' beteiligten Staaten saldieren sich Kredite, an deren Rückzahlung niemand denkt - sie sind ja durch die förmliche Absicherung des IWF, durch die Verdopplung nationaler Kreditguthaben (in sich und eine zusätzliche internationale Verfügbarkeit) erst entstanden, weil bleibende Zahlungsunfähigkeit unterstellt war. Und da der Bedarf an Kredit für fehlenden Kredit die "Fazilitäten" des Fonds ständig überstieg, ist es nicht bei mehrmal igen Quotenerhöhungen geblieben; mit der Schaffung von Reserven für fehlende Reserven, dem Beschluß zur Einführung von Sonderziehungsrechten (SZR), haben die maßgeblichen Mitglieder des Weltwährungsvereins eine weitere 'Technik' ersonnen die garantiert, daß der Kredit ihrer Nationen das Zugriffsmittel auf auswärtigen Reichtum bleibt." (Held/Ebel, Krieg und Frieden. Politische Ökonomie des Weltfriedens, ed. suhrkamp NF 149, S. 106f.)
Schulden als Recht
Wenn das Kreditsystem samt seiner supranationalen Zusatzveranstaltung des Mottos "Wir schaffen Reserven!" keine anderen Wirkungen zeitigte als die, daß auf den Konten einiger Staaten 92, 83, 44 Mrd. Dollar Miese stehen - wir könnten es verschmerzen. Auch die Addition sämtlicher Schulden diverser Staaten zu Summen wie 810 Mrd. Dollar regt uns nicht sonderlich auf. Dieses eifrige Zusammenzählen, mit dem die gesammelten Bankideologen der freien Welt darauf aufmerksam machen wollen, daß die Bilanz der von ihnen kapitalisierten Schulden nun als eine Latte von Guthaben dasteht, die kein Schwein je zahlen wird - es kümmert uns nicht. Wir sind uns sogar sicher, daß sie die fiktiven Größen in ihren Computern, die "Schuldenkrise", ganz gesund überstehen. Daß das "Schuldengebirge unaufhörlich wächst", können sämtliche Schönfärber sämtlicher Tages- und Wochenblätter unseretwegen drastisch mahnend vermerken - wir sind weder Schuldner noch Gläubiger.
Aufhören tut allerdings der Spaß, wenn die Herren Gläubiger, die jahrzehntelang kein Atom Reichtum dafür hergegeben haben, um die sog. "natürlichen" Reichtümer der sog. "Entwicklungsländer" an sich zu bringen und zu Geld zu machen, kritisch werden. Wenn sie ihren irgendwann einmal "Entwicklungshilfe" getauften Kapitalexport erstens für ein gescheitertes Unternehmen ausgeben. Wenn sie mit Scheitern die "Hilfe" meinen, von der sie jahrelang kündeten - und wenn sie nun sämtliche Idioten von der christlichen bis zur linken Friedensecke "desillusionieren"! Noch dazu mit so köstlichen Einfällen wie neulich, als ein verhinderter Entwicklungshelfer nach dem anderen (alle aus Ministerien in Bonn und Washington) plötzlich eine barsche Kritik loswurde: einerseits an Diktatoren, andererseits an "Prestigeobjekten".
Bei solchen Anlässen trauen wir uns schon zu fragen, zu wessen verläßlicher Klientel die diversen Diktatoren eigentlich seit ewigen Zeiten zählen! Und wer mit welchen Erträgen die "Objekte" kreditiert hat! Und wenn dann noch die Überschrift in den nationaldemokratischen Blättern lautet: "IWF-Jahrestagung: Schicksalskonferenz für Millionen Hungernde", so wundern wir uns schon über eines, und zwar leicht verärgert. Über die Dummheit jener Moralisten nämlich, die - in festem Glauben an die Ideologie von gestern - die Absetzung der "Entwicklungshilfe" beklagen!
Wenn nämlich die Kredite - sei es von Geschäfts- oder Nationalbanken, sei es vom IWF - eines nie waren, so ist das die Ernährung von irgendeinem Menschen. Anlaß für die Wiederbelebung des Hilfe-Glaubens sind offenbar die neuen Kalkulationen bei der Kreditvergabe, welche die Herrschaften der "Industrieländer" anstellen. Daß über den neuen Auflagen des IWF schon wieder einige Hunderttausende verrecken, ist nicht zu bezweifeln. Wohl aber die Alternative: daß weniger ins Gras beißen, wenn auf einen geregelten Schuldendienst reflektierende Geldmenschen den einen oder anderen Kredit doch noch loslassen. Warum, sagen wir nicht. Sollen doch die Moralisten der imperialistischen Demokratien den ihnen teuren Wahn weiter pllegen, sie hätten in ihren Herrschalten auf jeden Fall die zuständigen Manager weltweiten Essens und Trinkens vor sich, die für jeden Verbesserungsvorschlag dankbar sind! Sofern natürlich die "Machbarkeit" bewiesen ist.
Besser ist auch in diesem Fall, sich einen Begriff zu machen von den jüngsten Kalkulationen der Verwalter von Nationalkrediten, die zählen. Diese Menschen haben bemerkt, daß die Benützung der liebevoll "Dritte Welt" genannten Länder - das Volk zählt da allemal nur als bedingt brauchbares und gewissenhalt zu überwachendes Inventar - gewährleistet ist. Sie sehen die Notwendigkeit von Kosten nicht mehr ein, weil der Gewinn kostenlos zu haben ist. In der erzeugten Abhängigkeit jener Staaten, den Empfängern der "Hilfe" von einst, von ihren Berechnungen und Entscheidungen erblicken die seriösen Macher (des wirtschaftlichen Wachstums in der ganzen westlichen Welt) nur eines: ein Programm zur Brauchbarmachung dieser Weltgegenden braucht es nicht mehr - für "unsere" Bedürfnisse sind sie entwickelt genug. Umgekehrt darf ihre Verschuldung jetzt endgültig in das Recht übersetzt werden, ihnen wirtschaftspolitisch ein wenig die Last ihrer Verantwortung abzunehmen. Sie selbst geben ja zu, die Regierungen der "Entwicklungsländer", daß sie nur in dem Maße handlungsfähig sind, wie ihnen aus London oder Frankfurt mit Kredit ein bißchen Freiheit zugestanden wird. Also sollen sie sich, wenn sie weiteihin an einem Regierungsamt interessiert sind und in der UNO herumpalavern wollen, auch politisch dienstbar erweisen. Und das tun, was die maßgeblichen Nationen des freien Westens - von denen sie leben - für nützlich erachten. Das Projekt "ferne Länder nützlich machen" ist abgeschlossen. Deswegen weicht auch der verlogene Idealismus der "Entwicklung" dem Realismus der berechnenden Betreuung, von Staaten, die Land und Leute verfügbar halten.
Die Gewaltmittel dafür, daß dieser Realismus "ankommt", sind im übrigen ausreichend vorhanden. Regierungen der "Dritten Welt" können entweder welche kriegen - um daheim und in der Nachbarschaft ihre Pflicht zu tun -, oder sie kriegen sie zu spüren - wenn sie sehr unhistorisch auf "Entwicklung" bestehen. Das ist gerecht. Wer Schulden hat, ist auch etwas schuldig.
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Kleiner Nachtrag zur Vermeidung von Verwechslungen aller Art
Die USA haben eine miserable Leistungsbilanz. Ihre Staatsverschuldung beziffern sie auf 1571,8 Mrd. Dollar. Der Dollar steigt bisweilen, und alle haben ihn gern. Wem fehlen diese 1571 Mrd.? Es entstanden neue Arbeitsplätze.
Was ist mit den 800 Mrd. Dollar Schulden der gesammelten Entwicklungsländer eigentlich passiert? Wem fehlen sie?
Obwohl die Nachfrage nach Rohstoffen aus der "Dritten Welt" steigt, fallen die Preise. Obwohl diese Länder oft von Bodenschätzen und Spezereien voll sind, zahlen sie nicht. Stattdessen lassen sie Aufrufe an den IWF los, er möge ihnen in Schuldendingen gnädig sein. Manche korrigieren laut freier Presse wegen der knapper gewordenen Kredite ihre wohlfahrtsstaatlichen Verirrungen. Andere bremsen das Bevölkerungswachstum und erlauben sogar Abtreibungen. Dagegen ist außer dem Papst auch Ronald Reagan.
Insgesamt haben die meisten Entwicklungsländer begriffen, daß auf die Dauer nur Wachstum die Not zu bremsen vermag. Deshalb halten sie auch ihre Völker dazu an, weniger zu essen.
Goldene Worte von Helmut Schmidt:
"Es hat gegenwärtig keinen Zweck, von einer Gesundung des Weltwährungssystems zu reden, solange die Schuldenkrise und das amerikanische Haushaltsdefizit die Entwicklung der Wechselkurse verzerren und überschatten. Der US-Dollar ist durch künstlich hohe Zinsen künstlich überbewertet; es wäre deshalb gegenwärtig sinnlos, ihn in ein halbwegs stabiles Wechselkursverhältnis zu anderen Währungen überführen zu wollen."
"Es spricht nichts für die Annahme, die Führung könnte aus Japan kommen. Der Zustand der Europäischen Gemeinschaft, die sich mit magersten Ergebnissen von Euro-Gipfel zu Euro-Gipfel dahinschleicht, schließt gegenwärtig auch eine wirtschaftliche Führung durch die EG aus. Eine Führung durch die Gruppe der 77 Entwicklungsländer oder durch die Gruppe der lateinamerikanischen Schuldnerstaaten wäre vollends abwegig. Es bleiben nur die Vereinigten Staaten von Amerika."
"Wir sitzen schließlich doch alle im gleichen Boot, und ohne Steuermann geht es nicht."
"Nötig ist, daß alle Gruppen zusammenwirken: die Schuldnerstaaten, der IMF und die Zentralbanken der westlichen Welt, die Geschäftsbanken der westlichen Welt und die Regierungen der westlichen Welt."