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Das befreundete Ausland zur Bundestagswahl
KANZLER GEWÄHLT - RAKETEN BESTELLT
Da gab es erst mal gar keine Differenzen - die Entscheidung in Bonn galt allen Bündnispartnern als überwältigendes Votum für die Sache des Bündnisses; eine Nichtstationierung der Raketen im Frontstaat BRD ist ab sofort nur mehr über die Leiche des deutschen Wahlvolks möglich:
"Die westdeutschen Wähler haben deutlich gemacht, daß sie in der Allianz bleiben wollen." (Wall Street Journal, USA)
"So gesehen war die Wahl eine Entscheidung Für die NATO." (International Herald Tribune, USA)
"Die Wiederwahl von Dr. Kohl wird die westdeutsche Verteidigungspolitik wieder fest auf die Linie der NATO-Entscheidung zurückbringen, neue Raketen aufzustellen, falls die Gespräche mit den Russen keine Ergebnisse bringen." (Guardian, Großbritannien)
"Der triumphale Wahlsieg von Herrn Kohl, der eine strengere Haushaltspolitik praktizieren, mit Umsicht die Sozialausgaben begrenzen und die Investitionen fördern will, bedeutet in den Augen des Auslands das Ende einer gewissen, als destruktiv angesehenen Laxheit, in der Außenpolitik wie in der Wirtschaft." (Le Monde, Frankreich)
"Die deutschen Wähler haben die Konditionierungsversuche des Ostens zum grundlegenden Problem der gemeinsamen Verteidigung zurückgewiesen und diejenigen belohnt, die sich am eindeutigsten gegen diese Versuche gewandt haben." (Emilio Colombo, italienischer Außenminister)
Allenthalben, von französischen Sozialisten, englischen Konservativen und italienischen Christdemokraten, wurde die Wahl Kohls streng bündnis-nationalpolitisch als Ende einer unerträglichen " Unberechenbarkeit deutscher Politik" und als jetzt endlich hergestellte Ermächtigung zu unumschränkter Handlungsfreiheit erachet - und gelobt: "The choice of the german kingmakers", "Dr. Kohl gets the green light " (Guardian) und zwar erstens generell zu allem und zweitens speziell zu dem, was einem selbst am Herzen liegt.
"Jeder Kanzler ist Paris recht, solange er sich über die Natur der Verbindung beider Länder im klaren ist und nicht vergißt, was auf dem Spiel steht." (Le Monde)
Der französische Deutschlandspezi Grosser allerdings fürchtet, daß diese gewaltige Botschaft nicht von allen Deutschen recht verstanden worden sein könnte, und erteilt aus berufenem Alliiertenmund grüner und dichterischer Kritik einen Verweis in die terroristische Ecke und ehemaligen Zöglingen in demokratischer Gewaltausübung die Lehre, wie man mit ihr umzuspringen habe:
"Begrenztes, aber nicht aufgehobenes Risiko: die Grünen haben die Anwendung von Gewalt nicht völlig zurückgewiesen... Und gibt es nicht eine Kontinuität vom Aufruf zum Widerstand, den Günter Grass am 30. Januar 83, für den Fall des Sieges der CDV, startete, über den Protest gegen die Aufstellung der Pershing bis zum Rückgriff auf offene Gewalt?"
Oder ist das nur die Art und Weise, in der man hofft, dem "allzu mächtigen Nachbarn" (Le Monde) am Zeug flicken zu können? Gelassener betrachten da schon die Briten die grüne Gefahr; als alte Demokratiefüchse wissen sie heftige Debatten zu schätzen (Bekanntlich werden im Unterhaus alle Differenzen zwischen Tories und Labour bis zur Klärung der Sache ausdiskutiert, bis dann der Form zuliebe noch abgestimmt wird!), weil sie aus eigener Erfahrung wissen, daß sie als Debatten dem Gang der Politik keineswegs abträglich sind:
"Das solide Ereebnis der 'grünen' Protestbewegung ist kein Grund zur Sorge, im Gegenteil. Die Meinungsumfragen zeigen seit Jahren, daß einige der wichtigen Themen, in denen sie sich gründlich unterscheiden von den drei anderen großen Parteien, im Parlament nicht ordentlich debattiert worden sind, weil die "etablierten" Parteien eine ungesunde Tendenz zur Übereinstimmung in diesen Punkten zeigen." (Guardian)
Ansonsten wissen sie, daß es bei Wahlen auf das Ergebnis gar nicht ankommt: "Die Koalition von Herrn Kohl, obwohl von einer anderen Persönlichkeit geführt, kann sich als nicht viel anders herausstellen als Herr Schmidt zu seinen besten Zeiten." (Financial Times)
Den Italienern dagegen liegt besonders am Ergebnis:
"Die deutschen und französischen Wähler geben uns folgende Lehre: Haltet euch beim Urteilen über die unterstützungswürdige Regierung an die Fakten... Ich glaube, daß in Bonn mehr als Sympathie gegenüber den deutschen Christdemokratem demonstriert wurde: eine breite Zustimmung zu einer klaren Politik, die fähig ist zur nötigen Erneuerung, zur Ablehnung dessen, was tadelnswert ist. Dies gibt der Bevölkerung sichere Gelassenheit und Hoffnung." (Fanfani, Ministerpräsident)
Weil die DC im eigenen Land mit dem Wahlsieg der CDU für sich Propaganda machen wollte, mußte man sich auch noch nach dem Wahlkampf und im Urlaub in Italien große Plakate vom Zuversichtsstrahlemann Kohl bieten lassen. Daß zur Ausübung von Macht keine besonderen Kenntnisse oder Fähigkeiten nötig sind, sondern allein ihr Besitz, zeigt die Tatsache, daß die fragend-nörglerischen Kommentare über des neuen Helmuts Befähigung inzwischen einhelliger Bewunderung gewichen sind:
"Abgesehen davon hat Kohl gezeigt, daß er Kompetenz besitzt und offensichtlich in seinen Job hineinwächst." (Times)
"Herr Kohl repräsentiert eine Oase der Ruhe, wenn nicht der Prosperität, nach dem Marsch durch die Wüste. ... Er stebt wirklich im Zentrum der Sympathie und der Zuneigung der Deutschen. Er ist Monsieur Juste Milieu!" (Le Monde)
Das schönste Kompliment des freien Westens jedoch hat das Außenministerium des BRD-Satelliten Niederlande seiner imperialistischen Vormacht gezollt, indem es erklärte:
"Kohls Sieg werde zwar nicht unbedingt die Niederlande veranlassen, sich für die Stationierung der neuen Waffen zu entscheiden, aber ein Sieg Vogels hätte möglicherweise zu einem niederländischen Veto gegen die Raketeo geführt, weil er Unsicherheit über das deutsche Festhalten am NATO-Doppelbeschluß hätte aufkommen lassen, und wenn die Deutschen sich gegen die Stationierung der Raketen auf ihrem Boden entschieden, wäre es nicht sehr wahrscheinlich, daß die Niederländer sie auf ihrem Territorium akzeptierten, zumal da der Doppelbeschluß auf deutsche Initiative zurückgehe." (Nach: "Süddeutsche Zeitung")
So sind alle europäischen Partner sehr zufrieden mit dem deutschen Wähler, weil er die Einhaltung des gemeinsamen Kurses gewährleistet haben soll. Dafür werden nach dem Bonner Regierungswechsel alle möglichen Zweifel angeführt und Unsicherheiten erfunden bezüglich der alten Schmidt-Genscher-Mannschaft, die immerhin den NATO-Kurs entscheidend mitbestimmt und durchgesetzt hat. Der Wechsel in der westdeutschen Führungsspitze wird so zu einer Bestätigung der Kontinuität von Bündnispolitik und dem Sieger Kohl, der vorher immer am Weltpolitiker Schmidt gemessen und für zu leicht befunden wurde, gilt jetzt uneingeschränkte Hochachtung, ja Bewunderung.