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Reagonomics
DIE FREIHEIT HAT IHREN PREIS
Worin der besteht und wer ihn bezahlt, dokumentiert ein Jahr Reagonomics.
Der Einsatz der politischcn und ökonomischen Potenzen der USA für die Reorganisation des Globus kommt in den USA als eine neue Sorte Wirtschaftspolitik daher. Für das Ziel,
"Amerika so stark zu machen, daß keine Generation junger Amerikaner je wieder auf fremden Schlachtfeldern oder Brückenköpfen ausbluten muß",
wird die Ökonomie in den Dienst der Aufrüstung gestellt:
"Unsere investitionsfördernde Steuerpolitik und unsere sicherheitsorientierten Verteidigungsprogramme sind richtig und notwendig, um Frieden und Wohlstand langfristig zu sichern, und dürfen nicht in dem aussichtslosen Versuch verwässert werden, kurzfristige Defizite zu vermeiden." (beide Zitate aus dem budget statement von R. Reagan, 8.2.1982)
Natürlich muß sich die Nation "the greatest military build-up in peacetime" etwas kosten lassen. Was die imperialistische Hauptmacht im einzelnen braucht, um auf der Welt frei schalten und walten zu können, darüber dürfen sich fortan nur noch die Militärs streiten. Einwände der Art, dies könnte die Nation zu teuer kommen, werden von der Regierung zurückgewiesen: Den Verweis auf die Beschränktheit des Haushalts erwidert sie mit einem Programm der Ausweitung im Interesse der "nationalen Sicherheit". Von daher organisiert sie die nationale Reichtumsproduktion als Mittel, sich von etatmäßigen Beschränkungen ihrer Politik unabhängig zu machen. Die ökonomische Einlösung dieses Programms heißt "Reagonomics" - ganz so, als wäre hiermit eine besonders trickreiche Variante von Wirtschaftssteuerung erfunden worden, in Konkurrenz zu Keynes und Friedman. Dabei ist es viel einfacher. Die Bestätigung der unbedingten Vormachtstellung der USA beinhaltet, daß sowohl die äußere Durchschlagskraft wie auch die ökonomische Prosperität unangefoclnten herzustellen sind. Ein Reagan will da den Gedanken nicht dulden, dar das Aufrüstungsprogramm womöglich einige Beeinträchtigungen der Wirtschaft nach sich ziehen könnte - treibt er doch politische Ökonomie im schärfsten Sinne: Er ist sich seiner politischen Gewalt so sicher, daß ihm mit der Verkündigung dieses doppelten Auftrags an die Gesellschaft die Erfüllung prinzipiell schon gewährleistet scheint. Da hat er recht - denn den bläßlichen Gedanken, ob ihm denn bei der gigantischen Ausweitung seines Haushalts auch genügend Mittel zufließen werden, braucht er sich genausowenig zu machen wie die Sorge zu wälzen, ob seine in aller Welt verankerten Multis womöglich angesichts der Zinslast die Waffen strecken. Geld besorgt er sich dadurch, daß er es aus aller Welt anfordert und daheim allen unproduktiven Empfängern verweigert. Großes Palavern über einen "Sparhaushalt" und die "eigentliche" Rettung des sozialen Netzes vermittels tiefer Einschnitte kommt dort drüben nicht auf und wäre auch lächerlich angesichts der stolzen Betonung, daß die Regierung Abermilliarden hinauszuhauen gedenkt, bloß eben nicht mehr für die früher geläufigen Zwecke:
"Nationale Verteidigung ist die einzige Kategorie von Bundesausgaben, in der die Regierung größere Zuwächse eingeplant hat... natürlich hat dies bedeutende ökonomische Auswirkungen." (Vierteljahresbericht, Sommer 1981)
Hochzinspolitik...
In Sachen Zinsen setzt Reagan die Politik seines Vorgängers Carter fort, mit dem ganzen Unterschied, noch einen Gang zuzulegen. Die Sicherheit gegeben, daß nun eine ständig wachsende Staatsschuld ansteht, reißt sich alle kapitalbesitzende Welt darum, Ami-Schuldzettel zu besitzen. Kunststück: Was auf der Welt sollte eine sicherere Kapitalanlage sein als der Kredit einer Nation, deren Kredit zugleich Weltgeld ist, das den Zugriff auf die Quellen des Reichtums überall auf der Welt sichert! Die hohen Zinsen in den USA, für die die dortige Zentralbank geradesteht, um dem Staat den jederzeitigen ungehinderten und geregelten Zugriff zum leihbaren Geld zu sichern (vgl. MSZ 4/81: "Ideologien der Kriegsfinanzierung"), sichern zugleich den stäindigen Zufluß des nach Anlage suchenden Reichtums aus der ganzen Welt nach den USA:
"Trotz Börsenschwäche in Wall Street, historisch hoher Zinsen und gewaltiger Währungsschwankungen haben die Effektenbeteiligungen deutscher Banken in den USA keinen Auftragsmangel." (Handelsblatt, 5.1.1982)
Wobei nur das "trotz" eine Erfindung ist. (Zur angeblichen "Börsenschwäche" vgl. MSZ 5/81 "Wallstreet klagt") Die Flöhe der Zinsen interessiert ohnehin bloß als Differenz zwischen dem Preis für ver- und geliehenes Geld, und da ist schon längst klar, daß die USA sich die höchsten "leisten' können. Und eben deshalb "schwanken" die Währungen seit geraumer Zeit immer bloß in Richtung steigender Dollarkurse. Bei diesem ganzen Geschäft heimsen als erste die Banken satten Gewinn ein:
"Die von Wall-Street-Analysten angeführten Gründe für die Gewinnexplosion bei den Banken sind Zunahmen der Netto-Zins-Spanne, bessere Ergehnisse x Kreditkartengeschäft sowie im Devisen- und Rentenhandel... Chase hat so gut verdient, daß selbst das Versäumnis Polens, die Zinsen für einen 100-Millionen-Kredit zurückzuzahlen, überhaupt nicht ins Gewicht gefallen seien." (Handelsblatt, 25.1.1982)
Indem Staatsschuld und Notenbankpolitik gemeinsam dafür sorgen, daß die Zinsen in den USA nicht nur hoch sind, sondern es auch bleiben, eröffnet sich den Banken eine ganz neue Freiheit des Geschäfts. Auf jeden Fall hat jeder, der einen Kredit zahlen will, für diesen mindestens ebenso viel zu zahlen wie der Staat. Dieser tritt schließlich nicht wie irgendein Konkurrent auf dem Kreditmarkt auf: er bestimmt selbst, zu welchem Kurs seine Papiere ausgegeben werden, und seine Schuldtitel sind für die Banken eine ständig wachsende Grundlage für neue Kreditvergabe. Sie können es sich leisten, wählerisch zu sein bei Zinsen, Kreditbedingungen und Laufzeiten. Damit sortieren die Geschäftemacher in Sachen Leihkapital die Kreditnehmer nach neuen Kriterien. Eine Sorte Bürger hat da sofort das Nachsehen: diejenige nämlich, für die der Kredit nicht Mittel des Geschäfts ist, sondern vorweggenommenen Konsum finanzieren soll, der sonst nicht bezahlbar wäre:
"Nachlassende Wirtschaftstätigkeit, hohe Zinsen und eine Zunahme von Offenbarungseiden hahen Banken und Finanzgesellschaften gezwungen (!), Kreditanträge zurückzuweisen, die sie vor ein paar Jahren noch bereitwillig erfüllt hätten." (US News and World Report, 25.1.1982)
Solche Leute haben schon immer Zinsen gezahlt, die die Bezeichnung Wucher verdienen, weil sie als "Sicherheit" keine profitablen Geschäfte, sondern bloß den Zugriff auf (noch) nicht vorhandenes Einkommen anzu bieten haben, weil Geldnot sie also zwingt, jeden Zins zu zahlen. Inzwischen sind die deswegen in den meisten Einzelstaaten festgelegten Zinslimits auf Kleinkredite und Hypotheken von den neuen Perspektiven des Kreditgeschäfts längst überholt:
"Verleiher schieben die Schuld an der Kreditklemme auf Wuchergesetze, die Zinsraten auf Konsumenten- und Kleinkredite begrenzen. Deswegen ist in einigen Staaten das Verleihen zum Stillstand gekommen. In manchen Staaten liegt die Wuchergrenze für zweite Hypotheken unter der prime rate." (ebda)
Notleidend sind vom Standpunkt der profitlichen Geldanlage deshalb nicht die Leute, die ihr Haus notverkaufen müssen oder sich kein Auto mehr leisten können. Notleidend sind kleinere Sparkassen und Hypothekenbanken, die in die "Zinsklemme" kommen, weil sie selbst als Borger mehr Zinsen zahlen müssen als sie für ihre Hypotheken nehmen dürfen. So bieten sich neue günstige Gelegenheiten für die Konzentration des Geldkapitals: Mit Verlust arbeitenden Kreditinstituten erlaubt die Regierung Fusionen mit potenteren Banken und zahlt sogar gelegentlich ihre Einleger aus; Sparkassen wird erlaubt, sich am allgemeinen Kreditgeschäft ohne Einschränkungen zu beteiligen und auf Giro- und Sparkonten höhere Zinsen zu zahlen. So werden den wachsenden Kreditbedürfnissen von Staat und Kapital gegen ein geringes Entgelt auch die Einlagen der normalen Bürger uneingeschränkt zur Verfügung gestellt und diesen bedeutet, daß sie gerade deshalb mit Kredit nicht mehr zu rechnen haben. Auch hinsichtlich ihrer Kreditnehmer aus der Geschäftswelt wissen die Banken gut zu unterscheiden: "Nahezu 70% der 1905 größten amerikanischen Unternehmen können auf Kreditsätze zurückgreifen, die unter der jeweiligen prime rate liegen. .., dieser Trend hat sich im letzten Jahr erheblich verstärkt, eine Entwicklung, hinter der nicht zuletzt auch die immer schärfere Konkurrenz der in den USA operierenden ausländischen Banken steht." (Handelsblatt, 22.11.1981)
Und schon wieder zeigt sich, daß der alte Satz "What is good for General Motors is good for the U.S.A." seine Gültigkeit bewahrt hat (und auch umgekehrt gilt):
"Als eine echte Sensation wird in Kreisen der Eurobanken empfunden, daß ein großer Teil der gesamten Neukredite am Euromarkt, nämlich rd. 25%, in die USA floß. Amerikanische Industrieschuldner borgten sich im vergangenen Jahr von den Eurobanken 50 Mrd. Dollar. 1980 waren es nur 6 Mrd. gewesen..." (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.1.1982)
Was Wunder, daß angesichts solcher Angebote die "Eurobanken" entdecken, daß es ihre bisherigen Kreditnehmer aus aller Welt an "Solvenz" mit amerikanischen Kunden nicht aufnehmen können!
Schon wieder steigt der Dollarkurs und zeitigt erfreuliche Wirkungen nicht nur auf den Nationalkredit, sondern auch auf die Kosten amerikanischer Sicherheit ringsum auf der Welt, auf den Preis für Geschäftskredite und importierte Rohstoffe und auf die Perspektiven auswärtiger Kapitalanlage für US-Unternehmen.
An Nachfrage nach dem so überreichlich fließenden Kredit fehlt es offensichtlich nicht. So wenig, daß die Banken aus dieser Nachfrage noch einiges an Zusatzgeschäften herausschlagen, was die Ideologen des Geschäfts irgendwie sehr empört:
"Wie noch nie diktieren die langfristigen Kreditgeber die Konditionen. So dürften nicht einmal die Hälfte der in diesem Jahr neu aufgelegten Anleihen Laufzeiten von mehr als 10 Jahre haben... Mlit variablen Sätzen, Bezugs- und Wandelrechten sowie Ertragspartizipationen müssen selbst beste Anleiheschuldner ihre Papiere attraktiver machen. Schließlich stehen sie in immer schärferer Konkurrenz zu Uncle Sam." (Handelsblatt, 24.1.1982)
Solche Probleme müßte man haben! Offensichtlich ist da einiges an Gewinnen da, um die sich streiten läßt - schließlich bleibt er ja letztlich in der Familie. Solche Kreditbedingungen sorgen für allerlei billige Beute:
"Mittlere und kleinere Unternehmen mit z.T. hochspezialisierter Technik werden zunehmend das Opfer der in den USA um sich greifenden Rezession und den sehr hohen Zinsen. Finanzierungsschwierigkeiten und Absatzflaute machen sie zur billigen Beute." (Handelsblatt, 20.2.1982)
Daß mit der "hochspezialisierten Technik" kein Geschäft mehr zu machen sei, stimmt offensichtlich nicht. Die Entwertung des dort angelegten Kapitals eröffnet dem Käufer neue Perspektiven in Sachen Kostensenkung und Marktanteil, und dafür fließt auch der Kredit wieder, der den Verkäufer in "Finanzierungsschwierigkeiten" gebracht hatte. Dazu ein vorläufiges Fazit der Geschäftswelt:
"Trotz Kapitalkosten von 15-20% gibt es massenweise Käufer, die meistens Bargeld bieten. Die Schwierigkeiten der Verkäufer sind für die Käufer pures Gold: sie sehen im Ankauf voll ausgelasteter Betriebe die Gelegenheit, ihre eigene Geschäftsposition zu konsolidieren, den Marktanteil auszudehnen oder in neue Bereiche vorzustoßen." (Business Week, 24.8.1981)
Die Geschäftswelt meldet also einen "Fusionsrekord" in den USA, und die Regierung tut das Ihre dazu, indem sie die gesetzlichen Auflagen für Kapitalzusammenschlüsse lockert. Das Kapital wird so instandgesetzt, jeden Kostenvorteil auszunutzen, den Kapitalgröße bietet; und das ist in Zeiten hoher Zinsen schon deshalb nicht zu verachten, weil die Größe des Kapitals die schiere Menge der Kapitalrückflüsse vergrößert und damit das Kapital mit den Mitteln zur Reinvestition ohne zusätzliche Zinskosten versorgt; wird doch nach der Logik der kapitalistischen Kostenrechnung jeder Zins, den ein Unternehmer nicht wegzahlen muß, als sich selbst zu veranschlagender Kostenvorteil geiechnet.
Mit einer politisch garantierten Zinshöhe eröffnen sich auch noch ganz andere Geschäfte - ein Umstand, der professionelle Beobachter zu fast lyrischen Ergüssen veranläßt.
"Die Finanzwelt erlebte in der letzten Zeit eine wahre Revolution. Immer vielfältiger und bunter ist die Palette der Anlagemöglichkeiten für die Investoren weltweit geworden. Vor allem in den USA scheinen dem Einfallsreichtum (!) der Finanzmanager keine Grenzen gesetzt zu sein. Seien es die mit explosionsartigen Umsatzwachstum aufwartenden Finanzterminmärkte, seien es die neuen Gold(options)börsen oder neue Anleihevarianten..." (Handelsblatt, 9.2.1982)
Die staatlich verfügte Ausweitung des geldkapitalistischen Sektors inklusive seiner Abkoppelung vom industriellen Geschäft läßt Spekulations"fieber" und -erfindungen mächtig anschwellen, macht zugleich aber auch dem industriellen Kapital eine doppelte Rechnung auf: Der Profit hat angesichts gesteigerter Konkurrenz zum Zins in neue Dimensionen vorzustoßen - was manchen vom Fabrikbesitzer zum Anteilseigner am gesellschaftlichen Geldkapital "degradiert", nicht aber ärmer macht -, und iin der Handhabung der "freien Reserven" (außerordentliche Erträge durch Wertpapieranlage und Gestaltung der "optimalen Liquidität") ist eine neue Sorte von Virtuosität gefordert.
"Die starken Zinsfluktuationen in den vergangenen Jahren haben seit 1970 zu einer so starken Ausweitung des Handels mit Zinspapieren geführt," (oder vielleicht umgekehrt?, macht aber nichts) "daß dieser nun praktisch die klassischen Warenterminbörsen beherrscht. Neben Spekulanten versuchen dort inzwischen auch Unternehmen, sich gegen die in den letzten Jahren extrem starken Veränderungen des amerikanischen Zinsniveaus etwas abzusichern." (Handelsblatt, 18.3.1982)
Wenn man weiterhin zu denen gehört, die Zinsen als Kosten im Warenpreis in Anschlag bringen, dann kann man auch noch mit jeder gerade verfügbaren Geldsumme an ihnen verdienen und braucht sich auch um "Absatzflauten" wenig Sorgen zu machen!
Trotz allem: in der Geschäftswelt hält sich hartnäckig das Gerücht, dies alles "könne nicht gut gehen":
"Das Beängstigende an dieser Entwicklung ist, daß sie jeder ökonomischen Erfahrung widerspricht. Die amerikanische Wirtschaft steckt nach wie vor in einer Rezession ohne Anzeichen für einen Aufschwung. Es wird weder zusätzlich (!) investiert noch konsumiert, der gigantische Geldbedarf ist Fachleuten daher ein Rätsel." (Handelsblatt, 25.1.1982)
Ist er natürlich überhaupt nicht. Diese Burschen können es bloß nicht lassen, die Geschäfte, die derzeit mit Geldkapital zu machen sind, mit denen zu vergleichen, die Boom und Krise "früher" als normal gelten ließen. Was soll man als Fachmann bloß denken, wenn man einerseits dafürhält, daß Spekulation ein Symptom dafür ist, daß sich jetzt allmählich wieder eine "Gesundschrumpfung" eingeleitet gehört, andererseits Aufträgsrückgänge und Pleiten denn Staat zu signalisieren hätten, daß die Akkumulation befördert werden muß? So gefallen sie sich ganz ohne praktische Panik in theoretischem Schrecken, entdecken die Gefahr eines "economic collapse" (Washington Post), kokettieren mit der Möglichkeit einer "depression" (Time) und wissen dennoch gar nicht so recht, was sie der staatlichen Fürsorge für sein Kapital eigentlich vorwerfen sollen:
"Das Tragische am Programm der Reagan-Regierung ist, daß jedes einzelne Element zu bejahen ist, die Verringerung der Staatsausgaben ebenso wie die steuerliche Entlastung, die Stärkung der Verteidigungskraft und der antiinflationäre Kurs der Geldpolitik." (Handelsblatt, 8.2.1982)
Na dann!
...und ihre staatliche Kompensation
Schließlich setzt die Regierung Reagan ihre Lieblingsbürger ja nicht einfach den Wirkungen der hohen Kreditkosten aus. Damit die Hochzinspolitik dem Geldverleihen ungebrochene Geschäfte sichert, sorgt die US-Regierung gleichzeitig dafür, daß sich jeder Unternehmer, der seine Profitproduktion entsprechend ankurbelt, die Zinsen leisten kann. Dazu hat die Regierung Reagan ihr "Economic Recovery Program" in die Welt gesetzt. Das besteht zum einen in einer insgesamt 25%igen Senkung der Einkommenssteuer, verteilt auf 3 Jahre, und zum anderen in radikalen Steuererleichterungen für reinvestierte Gewinne. Und damit der Gewinn aus diesen Geschenken auch komplett ausgeschöpft werden kann, enthält das Steuergesetz die einmalige Erfindung, Unternehmen, die keine Gewinnsteuern "einsparen" können, weil sie keine gemacht haben, zu erlauben, ihre Steuerersparnis zu "verkaufen": Indem sie Maschinerie o.ä. an eine Firma verkaufen, die diese als Investition geltend machen kann, und diese dann von dieser wieder zurückleihen, was dem einen Bargeld, dem anderen SteuererleichLerungen bringt.
Ergänzt wurde dieses Steuersenkungsprogramm
- durch zusätzliche Steuererleichterungen für neue Ölexplorationstechniken, die weitere Freigabe der Ölpreise und die in Aussicht gestellte Freigabe der Gaspreise;
- durch Beseitigung oder Lockerung von allerlei Umweltschutz-, Luft-, Lärm-, Gesundheits- und sonstigen Schutzbestimmungen;
- durch Steuernachlässe und Preisfreigaben bei Transport-, Eisenbahn- und Luftfahrtunternehmen.
Die Resultate: ein neuer Boom in nationaler Energieförderung, begleitet durch Aufkauf und/oder Zusammenschluß von Öl- und Energiekonzernen; der Bau neuer Pipelines, die bislang wie neue Bergbau- und Ölfördervorhaben z.T. durch einzelstaatliche Umweltauflagen beschränkt waren. Die USA sind damit ihrem Ziel einer "nationalen" Energieversorgung ein gutes Stück näher gekommen: Die Energiekonzerne machen in den USA mit heimischer Energie ihr Geschäft und tragen so zur Beschleunigung der heimischen Akkumulation und zur Senkung der Kosten für Ölimporte - die OPEC-Konferenz hat darauf ja entsprechend reagiert. Die radikale Unterordnung des Transportwesens unter den Gesichtspunkt, wie die Kosten, die es dem Kapital verursacht, zur Quelle von Profit der Transportunternehmer zu machen sind, hat zur Pleite diverser Fluglinien, zur Schließung unprofitabler, weil nur Arbeiter zur Arbeit befördernder Nahverkehrsstrecken einerseits, zu massiven Lohnkürzungen und Entlassungen in diesen Bereichen andererseits geführt. Kein Wunder, daß das "Handelsblatt" seinen geneigten Lesem die USA als El Dorado für Direktinvestitionen anpreist!
Die Kosten der Ausbeutung
sinken nicht nur dadurch, daß das Kapital mit Rationalisierungen und Entlassungen Lohnkosten einspart, die Gewerkschaften sich inzwischen ausnahmslos zu Lohnsenkungsrunden bereitfinden, Unternehmen die Konkurrenz zwischen gewerkschaftlich organisierten und unorganisierten Arbeitern anheizen. Die sinken auch dadurch, daß Kreditkosten und Preiserhöhungen dem Durchschnittsamerikaner schlagende Gründe liefern, jeden Job zu nehmen, den er kriegen kann. Und sie sinken drittens, weil das dritte Bein der Reaganschen Wirtschaftsförderung in der konsequenten Streichung aller Kosten für die faux frais der kapitalistischen Produktionsweise besteht, damit dem Ausbeutungsmaterial jede Perspektive nimmt, ohne einen Arbeitsplatz auch nur halbwegs über die Runden zu kommen, ohne kriminell zu werden. In dieser Hinsicht kennt die US-Regierung keine Grenzen: Während die Gazetten voll sind von rührseligen Geschichten über Penner, Arbeitslose und unterernährte Kinder, enthält das neue Budget weitere Kürzungsvorschläge für food stamps, medizinische Versorgung, Miet- und Heizkostensubventionen, lokale Arbeitsbeschaffungsprogramme usw. Reagan hat diese Politik sogar zu einem ganz eigenen Programm ausgebaut, mit dem er bei seiner politischen Klientel hausieren geht: dem "New Federalism", dessen Inhalt schlicht darin besteht, die Kosten der Armut dadurch zu beseitigen, daß die Fürsorge für sie den Einzelstaaten überlassen bleibt, die sich dann entscheiden dürfen, daß sie die bestehenden Programme nicht mehr weiterführen können.
In Sachen "Personaleinsparung" geht die Regierung indes mit gutem Beispiel voran:
"Im letzten Jahr ist die Zahl der Angestellten der Zentralregierung um 40.000 gesunken, trotz einer erheblichen Zunahme des zivilen Personals des Verteidigungsministeriums." (US News, 25.1.1982);
aufgrund der Kürzung der Finanzzuweisungen an die Einzelstaaten und Kommunen verloren 30.000 einzelstaatliche Angestellte und 246.000 city workers ihren Job. Klar: wo die entsprechenden Aufgaben entfallen auf diese Weise ließ sich auch ganz ohne Gesetzesänderung die Tätigkeit z.B. von Arbeitsschutzbehörden -praktisch ganz zum Erliegen bringen. Was nicht heißt; daß es in Regierungsdiensten nicht auch ein riesiges Arbeitsbeschaffungsprogramm gäbe:
"Die personelle Ausstattung des Militärs, die noch vor zwei Jahren darniederlag, hat sich dramatisch verbessert, weitgehend wegen besserer Bezahlung und weitverbreiteter Arbeitslosigkeit. Zum ersten Mal seit Abschaffung der Wehrpflicht 1973 haben alle Waffengattungen 1981 ihr Rekrutierungssoll erfüllt... 1981 waren 80% der Rekruten Absolventen der high school, 1980 nur 54%." (US News and World Report)
Zukunftsinvestitionen der 80er Jahre
Staatliche Kreditpolitik, Steuersenkungen und Senken der Kosten für's Ausbeutungsmaterial bedeuten dem Kapital, wie und in welchen Branchen in Zukunft Geschäfte zu machen sind. Wo der Konsum der arbeitenden Klasse beschränkt wird, eröffnen sich demjenigen Kapital andere und neue Beschäftsmöglichkeiten, dem es gelingt, sich rechtzeitig darauf einzustellen. Und wo Militär und Energie erste Priorität bei den Staatsausgaben gewinnen, weiß jeder Unternehmer, nach welchen Aufträgen er Ausschau zu halten hat und wie er sein Kapital dafür herzurichten hat.
Eine Ideologie widerlegen "Reaganomics" jedenfalls nachdrücklich: die, daß die Kaufkraft der Massen Maßstab sei für die "Gesundheit" einer Volkswirtschaft. Was vor nicht allzulanger Zeit noch als "Durchgangsstadium" zu einer "Wiederherstellung" des gewohnten Lebensstandards eines Durchschnittsamerikaners kommentiert wurde, hat sich jetzt als allseit anerkannte, feststehende Tatsache etabliert: ein eigenes Häuschen, wie immer klein und teuer, und ein Blechschlitten gehören nicht mehr zu den Selbstverständlichkeiten des Lebens, auf die man sich mit ausreichend (und das heißt im Normalfall: lebenslanger) harter Arbeit ein Anrecht erwirbt. In den Industriezweigen, die mit der Nachfrage nach diesen Gegenständen bislang als sicherer Geschäftsgrundlage ausgegangen sind, heißt es sich deswegen umstellen.
Holzwirtschaft und Bauindustrie befinden sich in einer "Dauerkrise" - und das nicht nur deshalb, weil Hypotheken unerschwinglich werden. Auch in den USA hat die Bauwirtschaft nicht einfach - so Gewinne gemacht mit dem Bau von Häusern für Leute, die sich keines leisten können: Kreditsubventionen für die entsprechenden Finanzierungsinstitute und für die Bauwirtschaft selbst haben dafür gesorgt, daß sich in dieser Sphäre trotzdem ein Geschäft machen ließ. Inzwischen bezahlen laut Auskunft einer von Reagan eingesetzten Kommission ein Viertel der Hausbesitzer in der unteren Einkommensklasse derer, die überhaupt eins haben, 50% ihres Einkommens als Miete - Grund genug für die Regierung festzustellen, daß das Subventionsunwesen gescheitert sei und die Regierung zukünftig die Bauwirtschaft nicht mehr zu "privilegieren" gedenkt. Aus den Pleiten kleiner Bauunternehmen und den dazugehörigen Arbeitslosen zieht die Branche die richtigen Schlüsse:
"Lichtblicke werden im nächsten Jahr Bürobauten, die um 15% zunehmen sollen, und Militäreinrichtungen, die um 13% zunehmen sollen, sein... Die im Bau von mobile homes engagierte Industrie erwartet eine Umsatzsteigerung von 10% aufgrund zunehmender Expansion im 'Sonnengürtel', wo 70% aller mobile homes stehen. Der hohe Preis normaler Häuser wird diese Wohnmöglichkeiten noch attraktiver machen." (U.S. Industrial Outlook 1982)
Woran Leute so alles "Gefallen" finden, wenn man sie zwingt!
Bleibende Geschäftsgrundlage der Autoindustrie ist die Tatsache, daß man in den meisten Gegenden der USA ein Auto besitzen muß, um täglich zur Arbeitsstelle zu kommen. Welches Unternehmen wann in welchem Umfang davon profitiert, soll sich allerdings jetzt erst wieder herausstellen, nachdem die "Japaner" 20% des US-Automarktes erobert haben und die großen amerikanischen Firmen den Beschluß faßten, nach erfolgreicher Akkumulation auf allen sonstigen Märkten der Welt auch in den USA wieder an die Spitze zu kommen. Dementsprechend haben alle US-Firmen ihre Produktion seit 3 Jahren von Grund auf durchrationalisiert. Das Resultat: mit 1,3 Millionen Arbeitern werden heute dieselben Stückzahlen gezogen wie ehedem mit einer halben Million mehr; durch Produktionsauslagerung von Teilfertigungen an billiger, weil zu untertariflichen Löhnen produzierenden Zulieferfirmen, Schließung von Werken und Wiedereröffnung im "Sonnengürtel" hat sich das Kapital die entsprechende Ausgangsposition verschafft.
Auf dieser Grundlage, wird derzeit das Geschäft mit der systematischen Überführung des Marktes gemacht: mit Produktionshalden, die auf 150 Tage berechnet sind, wird auf das Ausnutzen von Marktschwankungen spekuliert, die Geschwindigkeit des Kapitalumschlags, die jederzeitige Kapazität zum Ausdehnen und Einschränken der Produktion wird das entscheidende Mittel der Konkurrenz untereinander, und die Geschwindigkeit des Kapitalumschlags wird mit Hilfe von Händlerrabatten, eigenen Verkaufskrediten u.a. zum Hebel für Kostenvorteile. Zugleich dienen Autohalden und die eigene Reservearmee erfolgreich als Erpressungsmittel gegenüber den United Automobile Workers, deren Mitgliedschaft derzeit zu ca. 25% arbeitslos ist. Bei allen Firmen stand inzwischen der noch bis September 1982 laufende Tarifvertrag zur Disposition. Und was Chrysler noch 1981 mit massivem Staatsbeistand für die Neuverschuldung an absoluter Lohnsenkung erzwang, gelang Ford jetzt im Frühjahr am Verhandlungstisch mit UAW: für eine Laufzeit von 30 Monaten bleibt der derzeitige Lohnsatz konstant, entfällt die vierteljährliche Anpassung an den inflationsbedingt steigenden Lebenshaltungskosten-Index, werden die Sozialleistungszuschüsse, z.B. Krankenversicherungszuschüsse, gekürzt und es wird die Jahresarbeitszeit um 10 Tage bisher bezahlten Jahresurlaub verlängert. Und dieses absolute Mehr an Arbeit für absolut weniger Lohn vorsichtig geschätzte Ersparnis für Ford 1 Mrd. Dollar - gewährt UAW mit 73% Zustimmung ihrer Mitgliedschaft ohne eine einzige Gegenleistung:
- Von der eigenen Reservearmee der auf unbestimmte Zeit entlassenen Fordarbeiter erhält überhaupt nur derjenige, der 15 Jahre bei Ford tätig war, 50% des - gesenkten - letzten Gehalts bis ans Lebensende.
- Der Spielraum für weitere Entlassungen bleibt voll erhalten, weil die 'normale' Abwanderung (warum die wohl bei 10% Arbeitslosigkeit und sogar 15,8% im Automobilsektur in den Vertrag aufgenommen wurde?) und die Werksschließung aus Absatzschwierigkeiten ausdrücklich genehmigt ist.
- Die sog. Gewinnbeteiligung ist erstens das Versprechen auf extensive Benutzung derer, die noch arbeiten dürfen, tritt deshalb zweitens erst dann in Kraft, wenn der Ford-Gewinn vor Steuern 2,3% des Umsatzes auf dem amerikanischen Markt erreicht, wo Ford gerade auf dem US-Markt 6% Anteil verloren hat.
Halt! Eine Gegenleistung ließ sich die- UAW doch versprechen - daß nämlich die Autofabrikanten "ernsthaft erwägen" sollen, die abgesahnten Kostenvorteile in niedrigen Autopreisen weiterzugeben. Das werden die auch sicher machen, sofern sich dies als günstiges Mittel herausstellt; die ausländische Konkurrenz aus dem Feld zu schlagen.
Der höchst hämische und neidische Kurzkommentar der "Wirtschaftswoche" (5.3.82):
"Die amerikanischen Automobilarbeiter sind weichgekocht... Die übriggebliebenen Mitarbeiter der besonders gebeuteltcn Marke Ford haben jetzt mehr der Angst als der Vernunft folgend, Lohnverzichte für sichere Arbeitsplätze geübt, mit dem zweifelhaften Versprechen in der Tasche, eines Tages einmal am Gewinn beteiligt zu werden."
Das Kapital andererseits kann sich auf sein Klasseninteresse verlassen, wenn es die Wirkungen von Rationalisierung und sinkender Nachfrage in anderen Branchen kalkuliert:
"Obwohl eine schlechte Autokonjunktur normalerweise sofort bei den Stahlunternehmen zu Buche schlägt, schnitt die Branche besser ab als vor einem Jahr, weil die Nachfrage von seiten des Öl- und Gassektors nach Pipelines und Röhren weiterhin lebhaft ist. Auch (!!) höhere Betriebsleistungen der Stahlanlagen trugen zu dem besseren Ergebnis bei." (Handelsblatt, 3.11.1981)
Was nützt schließlich die schönste Nachfrage, wenn sie nicht für die eigene Akkumulation taugt. Und in dieser Hinsicht kann sich die amerikanische Stahlindustrie als nationale Grundstoffindustrie in den USA ebenso wie in anderen kapitalistischen Staaten der besonderen staatlichen Fürsorge gewiß sein. Mit dem "trigger price mechanism" schützt dieser seine Stahlindustrie auf dem inneren Markt vor "unfairem Wettbewerb", der sich automatisch ab einer bestimmten Preishöhe anderer Anbieter einstellt. Die kurz vor Weihnachten von den großen amerikanischen Stahlfirmen gegen ihre Konkurrenten aus der EG eingeleiteten Dumpingklagen unterscheiden sich dabei von denen von vor zwei Jahren in einem entsprechenden Punkt: Ging es damals darum, der eigenen Regierung Unterstützung für ein grundlegendes Rationalisierungsprogramm abzugewinnen - eine Forderung, der bereits die Regierung Carter mit Investitionshilfen, Lockerung von Umweltschutzbestimmungen, Zulagen zur Grundlagenforschung und staatlichen Zuschüssen zu den betrieblichen Arbeitslosenzahlungen nachkam und die die Gewerkschaften mit Lohnzurückhaltung und "productivity deals" unterstützten, so geht es jetzt darum, sich die alleinigen Vorteile aus dem Erfolg dieser Programme zu sichern:
"US Steel hat die Stahlkapazitäten in den letzten Jahren systematisch modernisiert und neue Kapazitäten für die Herstellung von Produkten geschaffen, die von der Konjunkturflaute nicht betroffen werden und an denen gut verdient wird." (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.11.1981)
Besonders ärgerlich ist es deshalb, daß die Europäer die eigenen Stahlkäufer mit nahtlosen Röhren usw. beliefern, wo doch die eigenen Kapazitäten nach eigener Aussage nur zu 50 % ausgelastet sind! Und dies gerade deshalb, weil bereits mit den neuen Kapazitäten Umsatz und Gewinn gewaltig gestiegen sind, Gewinne, die u.a. U.S. Steel die Übernahme von Marathon Oil erlaubten. Der geheuchelten Enttäuschung der Gewerkschaften -
"Wir haben auf Ansprüche verzichtet, damit U.S. Steel Kapitalnot überwindet und neue Stahlwerke baut, und jetzt kaufen sie sich für soviel Geld im Öl ein." -
hält der Realitätssinn entgegen:
"Vielleicht machen sie beim Öl Geld und haben dann mehr, um es beim Stahl auszugeben." (Business Week, 7.12.1981)
Denn die Nachfiage - das steht mit dem Reaganschen Aufrüstungsprogramm bombenfest - kommt ja jetzt erst so richtig. Das Unbehagen, das professionelle Beobachter der Wirtschaftspolitik gern vorstellig machen, wenn sie hohe Zinsen, rückläufige Wachstumszählen und Arbeitslosigkeit begutachten, verläßt sie bei der Betrachtung dessen, wofür die amerikanische Regierung das viele Geld ausgibt, sofort. Dabei ist es ziemlich egaf, ob einer die Sache so sehen will, daß die Aufrüstung für die Konjunktur gut ist -
"Für die großen militärischen Kontraktnehmer wird die Aufrüstung eine Goldgrube. Viele von ihnen haben aufgrund der Rezession überschüssige Kapazitäten und sie sind schon dabei, unbenutzte Ränder wieder auf Vordermann zu bringen. Boeing z.B., die durch den Rückgang im inländischen Flugverkehr hart getroffen worden ist, arbeitet schon an der cruise missile." (Time, 22.3.1982) -,
oder die Konjunktur für die Aufrüstung, weil sie die benötigten "Kapazitäten" bereitstellt: Auf jeden Fall kommt heraus, daß die US Regierung es irgendwie hervorragend getroffen hat, gerade dann ganz viele Waffen bauen zu lassen, wenn sie ihre Wirtschaft dafür herrichtet, eben dies zu tun. Wie die Regierung
"der industriellen Basis (!) eine Menge mehr Vertrauen gibt, damit sie die notwendigen Kapitalinvestitionen macht" (Weinberger),
zeigt das neue gute Verhältnis von Marine und Werftkapital:
"Gegenwärtig werden seitens der Marine die Beschaffungspolitik und die Modalitäten ihrer Durchführung verbessert. Werften bekommen die Gelegenheit, höhere Profite zu machen; sie können 50% aller Kosteneinsparungen unter dem Kontraktpreis behalten und müssen dafür 50% aller Kostensteigerungen über den kontrahierten Preis selbst tragen. Vorschußzahlungen werden insgesamt zeitlich beschleunigt und die im ersten Jahr gemachten Anzahlungen erhöht." (Business Work, 19.10.1981)
So wenig dies ein normales Geschäft zwischen Anbietern und Nachfragern einer Ware ist, die um den Preis feilschen, so wenig wird im Kapitalismus ein Unternehmer herumkommandiert, damit er die gewünschte Ware liefert: Mit zusätzlichen Anreizen zur Kostensenkung und der großzügigen Ausstattung der entsprechenden Kapitale für diesen Auftrag wird dem Kapital jedes Mittel in die Hand gegeben, um die preiswerte Produktion von Waffen für sich zu einem Geschäft zu machen. Kein Wunder, daß da einschlägige Industriezweige auf die Idee kommen, diese ganzen Angebote könnten sie glatt "überfordern", wenn der Staat ihnen nicht noch etwas mehr unter die Arme greift:
"Eine schnelle, massive Mobilisierung von Kapazititäten wird uns untergraben. Wenn das Verteidigungsministerium nicht über den Zustand der amerikanischen Werkzeugmaschinenindustrie besorgt ist, dann sollte es das verdammt nochmal sein," (James Gray, Präsident der National Toll builders Association, nach "Time", 22.3.1982)
Der Grund der Klage: angesichts zunehmender Importe von Werkzeugmaschinen in die USA erinnert sich dieser Industriezweig an seinen nationalen Auftrag:
"Ein Auftragsüberhang bei inländischen Produzenten wird automatisch mehr Aufträge ins Ausland gehen lassen." (ebda)
Eine ganz neue Entdeckung, daß die "Gesundheit" eines Industriezweiges auch durch zu viele Aufträge gefährdet werden kann! Aber so geht es halt zu in der Welt des Kapitals, wo jedes Geschäft, das ein anderer macht, für einen selbst ein Verlust ist. Erste Schritte in die richtige Richtung hat die US-Regierung schon unternommen. Ab dem Haushaltsjahr 1982 müssen Edelstähle, Fahrzeuge für den Verwaltungsbereich des Militärs und Schutzkleidung für die chemische Kriegsführung in den USA gekauft werden, während bisher eine Ausnahmeregelung galt, daß dann auswärts gekauft wird, wenn das amerikanische Angebot nicht ausreichte oder zu teuer war. Umgekehrt wird der eigene Waffenexport in gesteigertem Umfang zum Mittel gemacht, die Kosten für die eigene Aufrüstung auf Freunde und Verbündete abzuwälzen:
"Waffentransfers (!) an Freunde und Alliierte sind ein sehr kosteneffektives Mittel, amerikanische militärische Macht nach Übersee zu verbreiten... Der Verkauf fortgeschrittener Waffensysteme ins Ausland verteilt die Kosten von Forschung und Entwicklung und senkt die Kosten für die Streitkräfte der USA." (US News and World Report, 8.3.1982)
Eine Ideologie der Carter-Ära, nämlich daß amerikanische Waffen ausländische Potentaten in ihrer Weltgegend zu Eskapaden verleiten könnten, gilt nicht länger: schließlich stellen ja gerade die Waffenlieferungen sicher, daß diese Eskapaden im Sinne des Lieferanten ausfallen.
Kein Wunder, daß die USA, die "im vergangenen Jahr ihren Vorsprung im Welthandel weiter ausbauen konnten" (Frankfurter Allgemeine Zeitung), plötzlich überall auf der Welt "Handelsschranken" entdecken.