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NATO-Gipfel im Frontstaat
DIE BILANZ VON 33 JAHREN FRIEDENSSICHERUNG
"Solange die atlantische Gemeinschaft als Werte-, Friedens- und Freiheitsgemeinschaft ihre Lebenskraft entfaltet, brauchen wir keine Angst zu haben." (Berliner Erklärung der CDU)
Es gab Friedenszeiten, da wurde um die regelmäßigen jährlichen Spitzentreffen der Nordatlantischen Verteidigungsgemeinschaft kaum Aufhebens gemacht. Man traf sich, erklärte seinen ernsthaften Verteidigungs- und Entspannungswillen, die Führungskräfte bekamen ihre Aufträge, alle bekannten sich zur Einheit im Bündnis. Dann wurde wieder Innen- und Außenpolitik gemacht. So als gäbe es da einmal das Auf und Ab der Diplomatie; der Weltpolitik und des weltweiten Geschäfts und ganz getrennt und untergeordnet daneben, sozusagen als unvermeidliche, aber auch ungenutzte Grundlage für das friedliche Konkurrieren der Staaten und vor allem des Ostens mit dem Westen, die militärische Gewalt des Bündnisses.
Seit geraumer Zeit und insbesondere bei der Vorbereitung und öffentlichen Vorbesprechung des NATO-Gipfels in Bonn wird nachdrücklich darauf gedrungen und allgemein zur Kenntnis genommen, daß es sich anders verhält. Die NATO präsentiert sich zunehmend als das Entscheidungsgremium westlicher Politik, das mit seinen militärpolitischen Beschlüssen die Außenpolitik der beteiligten Staaten bestimmt und gemeinsame 'Notwendigkeiten' festlegt, nach denen sich auch die Innenpolitik auszurichten hat. Nicht nur, daß sich die Außenpolitik zunehmend auf die Rüstungsanstrengungen und die Militärdiplomatie zusammenkürzt - was dann in gekonnter Umkehrung als "gespannte Weltlage" dargestellt wird, an deren Bewältigung sich "das Bündnis" zu bewähren hat. Es ist inzwischen auch schon alte Gewohnheit, daß gemeinsame politische Beschlüsse über die 'zivilen' Beziehungen zum Osten, also die Festlegung einer gemeinsamen ökonomischen und politischen Generallinie gegenüber dem Osten, auf den NATO-Gipfeln beschlossen werden. Längst erscheint die Europäische Gemeinschaft als ein polit-ökonomisches Ausführungsorgan der Richtlinien, die dieselben Politiker als Oberbefehlshaber westlicher Verteidigung gegen den Warschauer Pakt getroffen haben. Die westlichen Führungsmächte haben also den Schein aufgekündigt, die NATO sei so etwas wie die militärische Unterabteilung - der gerade durch seine militärische Abschreckungsmacht friedenssichernde und mit seinen strategischen Kalkulationen auf unbedingte Friedenserhaltung berechnete Garant - einer einigermaffen freien Konkurrenz der Staaten und Staatenbündnisse außerhalb des Ostblocks. Sie haben damit zugleich die lang gehegte Vorstellung zurechtgerückt, westliche Politik gegenüber der SU ziele ausschließlich auf eine Erhaltung dieser Weltordnung.
Wenn auf den laufenden NATO-Gipfeln, auf denen man unter zunehmend gepflegter Teilnahme der ganzen westlichen Öffentlichkeit den gemeinsamen Feind und seine Kräfte einschätzt, die allgemeine Verteidigungsbereitschaft, ihre jeweils besonderen strategischen Ziele und Mittel bespricht, also den militärischen Umgang mit ihm festlegt, jetzt alle gemeinsamen und nationalen außenpolitischen Maßnahmen als untergeordnete und unterzuordnende Momente der gemeinsamen Verteidigung begutachtet werden, dann hat die westliche Politik ganz offensichtlich und generell den Übergang zur puren Kriegs- und Friedensdiplomatie gemacht, die ausschließlich mit Rüstung und politischer sowie ökonomischer Erpressung den Gegner in die Knie zwingen will. Auf der anderen Seite baut dieser Fortschritt auf dem konsequenten Ausbau der westlichen Verteidigungsmacht während all der verschiedenen "Phasen des Ost-West-Verhältnisses" auf, die umgekehrt durchaus den jeweiligen Stand des NATO-Zwecks repräsentieren. Denn schon in seiner Präambel hat dieses Fundament westlicher Gemeinsamkeit sein weit über ein bloßes Militärbündnis hinausgehendes Ziel definiert,
"die Freiheit, das gemeinsame Erbe und die Zivilisation ihrer Völker, die auf den Grundsätzen der Demokratie, der Freiheit der Person und der Herrschaft des Rechts beruhen, zu gewährleisten."
Wenn Parteigänger des Westens immer noch die Frage stellen, ob die Entspannungspolitik zu Ende sei, ob dieser Begriff ins Kommunique des anstehenden Gipfels noch aufgenommen wird, ob sich Helmut Schmidt damit durchgesetzt habe usw. usw" dann bezeichnen sie, trotz all ihrer mutwilligen Lügen über die vergangene Phase des Umgangs mit dem feindlichen Bezugspunkt westlicher Gemeinsamkeit, sehr genau die politische Subjektrolle des militärpolitischen Treffens sowie den programmatischen Bilanzcharakter. Worunter hier ein Schlußstrich gezogen wird, welche Erfolge über 30-Jahre NATO Politik gebracht haben und wie auf ihnen mit der offiziellen Beendigung der Entspannungspolitik aufgebaut werden soll, das tritt allerdings in solchen Erörterungen ganz in den Hintergrund, Auch die aufgeregte Debatte der Friedensbewegung über die Chancen eines atomwaffenfreien Europas, über die Säuberung in den eigenen Reihen und die Vermeidung falscher Personalisierungen mag sich offenbar gar nicht mehr damit befassen, welche Fortschritte bei dem anstehenden Treffen der westlichen Oberbefehlshaber beschlossen werden, welche endgültige Linie da festgelegt wird. Für ein Friedensfest besteht jedenfalls absolut keine Veranlassung, wie eine Leistungsschau der jahrzehntelangen Friedenssicherung beweist.
Entspannungs- und Abrüstungsfortschritte
Nachdem durch die diversen Stellungnahmen und Beschlüsse die "Entspannungsphase" längst ad acta gelegt worden ist, wird für den Gipfel die Neudefinition der westlichen Linie vorbereitet. Der Harmel-Bericht von 1967, der die Prinzipien der Entspamnungspolitik aus NATO-Sicht und als NATO-Linie zusammengefaßt hat, soll durch ein neues Dokument ersetzt werden. Und so sehr auch - wie in der Politik üblich - dies mit dem Scheitern der alten Politik begründet wird, es ist der Erfolg des alten Konzepts gegen die SU, der seiner Ersetzung durch eine neue Offensive zugrundeliegt, und es ist die Fortsetzung der alten Politik mit neuen Mitteln. Denn was den Zweck des Bündnisses angeht, gilt der Bericht von 1967 immer noch:
"Seit der Nordatlantikvertrag 1949 unterzeichnet wurde, hat sich die internationale Situation in bedeutsamer Weise geändert, eine neue Diniension angenommen. Unter anderem hat die Allianz eine wesentliche Rolle gespielt, als es darum ging, die kommunistische Expansion in Europa zum Stehen zu bringen; zwar ist die UdSSR eine der beiden Supermächte der Welt geworden, aber die kommunistische Welt ist nicht mehr monolithisch: zwar hat die sowjetische Doktrin der 'friedlichen Koexistenz' den Charakter der Konfrontation mit dem Westen verändert, nicht dagegen die grundlegende Problematik."
Kaum stellt man fest, daß durch die militärische Wucht des versammelten Westens die "kommunistische Expansion" in Europa zum Stehen gekommen ist, und die Sowjetunion ihren Gegensatz zu den kapitalistischen Staaten relativiert hat, und sogar der Ostblock selbst keine fest geschlossene Front darstellt, schon äußert man zugleich damit seine prinzipielle Unzufriedenheit und definiert diesen Erfolg als weiterhin drohende, ja gewachsene Gefahr, derer man siclnach wie vor weltweit zu erwehren hätte. Gemäß der Logik, die eigenen weltweiten Ansprüche als einzudämmende, prinzipielle Expansionslust der Gegenseite zu definieren, hat der alte Bericht denn auch keine Zweifel daran gelassen, daß sich Aufrüstung und Entspannung nicht nur nicht widersprechen, sondern der Ausbau des eigenen Kriegspotentials geradezu das Mittel ist, die Gegenseite zur Entspannung zu zwingen, Entspannung also auch alles andere als ein freundliches Entgegenkommen westlicherseits ist:
"Militärische Sicherheit und eine Politik der Entspannung stellen keinen Widerspruch, sondern eine gegenseitige Ergänzung dar. Die kollektive Verteidigung ist ein stabilisierender Faktor in der Weltpolitik. Sie bildet die notwendige Voraussetzung für eine wirksame, auf größere Entspannung gerichtete Politik. Der Weg zu Frieden und Stabilität in Europa beruht vor allem auf dem konstruktiven Einsatz der Allianz im Interesse der Entspannung."
Wenn ein ausreichendes Militär als die Grundlage der Entspannung behandelt wird, dann bedeutet diese Politik das Ausnutzen der Bedrohung, die man der Sowjetunion aufgemacht hat: das "Angebot" nämlich, sie solle sich den diplomatischen und politischen Gepflogenheiten des Westens anbequemen, sich "öffnen", wenn sie überhaupt auf irgendein Eingehen auf ihren Zweck der friedlichen Koexistenz rechnen will. Und dieses Angebot enthält zugleich die -dann ja auch überall wahrgemachte - anmaßende Forderung, die SU solle sich den Praktiken westlicher Einflußnahme auf die 3. Welt anbequemen, also ihre weltpolitischen Ambitionen mäßigen. Umgekehrt: Wenn Entspannung, die Öffnung des Ostens, zugleich wieder als eine Bedrohung des Westens interpretiert wird, dann ist der Ausbau des Militärs auch die bleibende Grundlage, diesem Angebot die nötige Wucht zu verleihen. Die Anerkennung der "Supermacht" Sowjetunion beruht also auf dem Beschluß, ihr damit das Leben schwer zu machen. Und alle sowjetischen Gegenmaßnahmen gegen die zunehmenden westlichen Rüstungsanstrengungen, ihr Versuch, den zunehmenden Verlust an politischen Einflußsphären zu kompensieren und dem Westen eine Macht entgegenzusetzen, die diesen zu Abrüstungsgesprächen zwingt, befördert nicht diese Anerkennung, sondern deren feindlichen Zweck.
Denn gestärkt durch das wachsende eigene Arsenal an konventionellen und atomaren Waffen - die längst zu einem für alle möglichen Kriegszwecke einsetzbaren Instrumentarium fortentwickelt waren - sowie durch die fortschreitende Stabilisierung der Dritten Welt unter westlichen Vorzeichen und die wachsende ökonomische Abhängigkeit des Ostens, haben die USA den Widerspruch, den Hauptfeind, dessen souveräne Existenz man bestreiten möchte, als Verhandlungspartner anzuerkennen, in ihrem Interesse angewandt. Als ihr Haupt- und Kernstück der Entspannung sind sie in Abrüstungsverhandlungen mit der SU eingetreten, durch die die sowjetische Rüstung kontrollierbar und beeinflußbar gemacht werden sollte, und zwar so, wie es amerikanischen Sicherheitsbedürfnissen entsprach, Sie haben nämlich die Anerkennung der SU nur als den zu entrichtenden Preis verstanden, eine unabhängige Gegenrüstung des Feindes zu verhindern und dadurch der eigenen Wucht zu verleihen, (vgl. MSZ Nr. 30/1979, SALT II)
Der Anfang vom Ende der Entspannung
Mit dem Erfolg der Verhandlungen, der praktisch erprobten Grenze sowjetischer Nachgiebigkeit und damit auch Fähigkeit, und politischen Entschlossenheit, jeder westlichen Bedrohung entsprechend zu begegnen, wurde das Verlangen des Westens nach Überlegenheit nicht gemäßigter, sondern konsequenterweise maßloser. Das alte Konzept einer bestenfalls bedingten Vorpostenrolle der europäischen NATO-Kräfte und einer amerikanischen strategischen Hauptverteidigungsmacht, das schon mit der Strategie der "flexiblen Antwort" auf einen sowjetischen Angriff neu definiert wurde, wich einer neuen "Lagebeurteilung", in der plötzlich Europa als eigenständiges Kampffeld im Rahmen der NATO vorgestellt und praktisch wahr gemacht wurde. In der Logik der NATO-Militärs wurde nämlich trotz der Beibehaltung der amerikanischen Überlegenheit die Verteidigung Europas "schwieriger", weil aufgrund der wachsenden und immer differenzierteren Schlagkraft der USA und der entsprechenden Gegenanstrengungen der SU der ehemalige "Stolperstein" Europa ein immer größeres Gewicht in einem auf allen Stufen durchzufechtenden und auf alle Stufen berechneten Kriegsverlauf erhielt. Die Verminderung des "Risikos", gleich (und das heißt nur) auf der obersten atomaren Ebene "zurückzuschlagen", also selber keine "ausreichende" eigene Offensivkraft zu besitzen, beinhaltet nämlich den Ausbau Europas zu einem Schlachtfeld, das den Gegner durch Vorneverteidigung soweit wie möglich und mit allen Mitteln schwächt. Schon im Bericht der NATO-Ministertagung 1974 hörte sich das so an, daß die SU einem Gleichgewicht bedrohlich nahegekommen sei, das man in Europa hinfällig zu machen habe. Zweck der Entspannung war es also erklärtermaßen, ein Gleichgewicht - in den Augen der NATO-Militärs eine untragbare Bedrohung und Aufhebung der "Stabilität" - nicht zuzulassen:
"Gleichzeitig sind sie" (die Mitglieder der NATO) "sich darüber im klaren, daß sich die ihre gemeinsame Verteidigung berührenden Umstände in den letzten zehn Jahren tiefgreifend verändert haben: das strategische Verhältnis zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion hat nahezu den Zustand des Gleichgewichts erreicht. Wenngleich alle Staaten des Bündnisses für einen Angriff verwundbar bleiben, hat sich infolgedessen die Art der Gefahr, der sie ausgesetzt sind, geändert. Die Probleme des Bündnisses bei der Verteidigung Europas sind demgemäß anders und ausgeprägter geworden. Die wesentlichen Elemente der Lage, die zu dem Vertrag führte, haben sich indessen nicht geändert."
Wie als Kritik an den bisherigen, offenbar zu geringen, Erfolgen der Entspannungspolitik zum Zwecke der Aufweichung und Zurückdrängung des Ostblocks stellte die "Ministerrichtlinie 1977" (zu einer Zeit, da über SALT II verhandelt, SALT I stillschweigend verlängert wurde) im ureigensten Interesse der Verteidigungsgemeinschaft fest:
"Die Ziele der NATO
1. Die strategische Gesamtkonzeption der NATO besteht in der Bewahrung des Friedens und der Gewährleistung der Sicherheit der vom Nordatlantikvertrag erfaßten Gebiete hauptsächlich durch eine glaubwürdige Abschreckung, indem jeder möglichen drohenden oder tatsächlichen Aggression ausreichende NATO-Streitkräfte gegenübergestellt werden, und zwar im Rahmen der Konzeption der Vorneverteidigung und der flexiblen Abwehrreaktion.
Kürzliche Entwicklungen der Bedrohung
Die Streitkräfte des Warschauer Pakts erhalten eine immer stärker werdende Offensivkapazität und sind in der Lage, die sowjetische Macht global zum Tragen zu bringen. Die sowjetischen Nuklearstreitkräfte werden mit der Zuführung neuer nuklearer Raketensysteme, die mit Mehrfachsprengköpfen ausgerüstet sind, und der zu erwartenden Indienststellung des beweglichen Mittelstreckensystems vom Typ SS 20," (kam die Nachrüstung viel zu spät?) "das Ziele in ganz Europa und darüber hinaus erreichen kann, immer wieder verbessert. Die gesteigerte Schlagkraft der Streitkräfte des Warschauer Pakts zeigt sich jedoch am deutlichsten auf konventionellem Gebiet. Insbesondere besitzen die Landstreitkräfte des Warschauer Pakts die Möglichkeit, ohne Verstärkung eine größere Offensive in Europa zu führen. Die verbesserten Offensiv- und Eindringmöglichkeiten der taktischen Luftstreitkräfte des Warschauer Pakts erlauben es ihm nun, die ersten Stufen eines Luftangriffs in größerem Umfang als früher mit präsenten Kräften durchzuführen. Die Fähigkeit der Sowjetunion, ihre Seestreitkräfte in der ganzen (?) Welt einzusetzen, wurde durch die Zuführung neuer und verbesserter Schiffe, Unterseeboote und Flugzeuge erhöht.
Das stetige Anwachsen der militärischen Stärke wird in der Sowjetunion durch eine Mittelzuweisung für Verteidigungszwecke ermöglicht, die auf 11-13% des Bruttosozialprodukts (fast dreimal soviel wie der Durchschnitt in den NATO-Ländern) geschätzt wird, sowie durch eine jährliche reale Steigerung der Verteidigungsausgaben von etwa 5%. Die umfangreichen Aufwendungen der Sowjetunion für militärische Forschung ünd Entwicklung haben begonnen, den viele Jahre hindurch bestehenden Vorsprung der NATO (?) bei der Qualität des militärischen Geräts auszugleichen."
Während bzw. gerade weil die NATO ihre maßlosen Ansprüche unvermindert aufrechterhält, jeder nur vorstellbaren militärischen Aktion der SU begegnen zu können, entdeckt sie in dem Versuch der Sowjetunion, diesem Ansinnen durch eigene Aufrüstungsanstrengungen ein Gegengewicht entgegenzustellen, die maßloseste Bedrohung. Die seit den Anfängen der NATO gängige Beschwerde über sowjetische Rüstung - der Westen hat ja wahrlich genug getan, sie dazu zu veranlassen - nimmt hier die unduldsame und umfassende Form eines Bildes sowjetischer Angriffskapazitäten auf allen Ebenen an, die die eigene Überlegenheit bedroht. Vorstellbarer Waffenausgleich auch nur in einer der entscheidenen Waffengattungen und auf dem begrenzten Kriegsschauplatz Europa (darüberhinaus sowieso), das ist untragbare sowjetische Aggression, so lautet die NATO-Offensive gegen das sowjetische Sicherheitsinteresse. Damit war die sowjetische Rüstung als generell und überall bedrohlich definiert und ein Maßstab aufgestellt, der die Rüstungs-Anstrengungen des Westens und seine Abrüstungsverhandlungsposition festlegte - und das Ende der Entspannung vorbereitete. "Folgerungen für die NATO" ergaben sich nämlich zwangsläufig aus dieser beschlossenen Tatsachenfeststellung:
Zu Wasser, zu Lande und in der Luft wurde die Aufrüstung in Angriff genommen, in Geld ausgedrückt sollte die reale Erhöhung der Verteidigungshaushalte 3% betragen! 1978 beschloß die Verteidigungsgemeinschaft, daß die Friedens- und Abrüstungsverhandlungen überhaupt nicht mehr honoriert würden von der Gegenseite.
"Die führenden Staatsmänner des Bündnisses zeigten sich besorgt über die anhaltende Verstärkung der Offensivkapazitäten des Warschauer Pakts. Angesichts dieser Situation haben die verbündeten Staaten trotz sowjetischer Erklärungen, daß diese massiven militärischen Mittel nicht den Zweck verfolgen, ihre Sicherheit zu bedrohen, keine andere Wahl, als auch weiterhin auf zwei sich ergänzenden (!!) Wegen vorzugehen: einerseits ihre Verteidigungskraft zu stärken und sich andererseits um die Förderung von Verhandlungen über Rüstungskontroll- und Abrüstungsvereinbarungen zu bemühen. Die Bündnispartner werden auch in Zukunft, wo immer möglich, den zweiten Weg beschreiten. Fortschritte in dieser Richtung hängen jedoch notwendigerweise (?) von einer positiven Haltung seitens der Länder des Warschauer Pakts ab."
Man hatte also in der NATO "keine andere Wahl" als die anvisierte Beendigung der Entspannungsphase, auf die der Hauptfeind nicht selbstlos genug eingegangen war - er beharrte weiterhin auf seinen Verteidigungsmitteln - durch kriegsvorbereitende Maßnahmen zu ergänzen. Die Beschwerde, daß die SALT-Verhandlungen nur dazu getaugt hätten, die sowjetische Rüstung mit amerikanischer Duldung voranzutreiben, zeigt zur Genüge die neuen Ansprüche. Der Feststellung, wieweit sich die SU zur Rüstungskontrolle ohne eine entsprechende amerikanische Beschränkung bereitfindet, folgte die Mitteilung auf dem Fuße, daß das nicht weit genug ginge.
Durch die Nichtratifizierung wurde dies der SU offiziell diplomatisch mitgeteilt und ihr damit zugleich bedeutet, daß sie mit einer Anerkennung ihrer Verteidigungsinteressen auf dieser Basis nicht mehr rechnen könne. Weil die Entspannung nur am amerikanischen Willen hing, die Sowjetunion auf diese Weise weiter "einzudämmen", war mit der Entscheidung, dieses Mittel als erschöpft zu betrachten, auch die "Phase der Entspannung" für den Westen insgesamt beendet. Afghanistan und Polen waren nur der willkommene Anlaß, auch auf dem Felde der Politik und Ökonomie Zug um Zug die Entspannung für "gescheitert" zu erklären - und bei den eigenen Verbündeten diese, über die militärische Kalkulation innerhalb der NATO-Stäbe hinausgehende, Entscheidung durchzusetzen. Schließlich hatten diese die Entspannung als Möglichkeit betrachtet und benutzt, sich durch Geschäfte und politische Beziehungen zum Ostblock zu stärken, so daß sich vom amerikanischen Standpunkt aus durchaus die Notwendigkeit ergab, die Bündnispartner nicht nur militärisch, sondern auch politisch wieder stärker "in die Pflicht" zu nehmen. Damit wurde an sie wieder explizit der Anspruch geltend gemacht, um dessentwillen die USA das Bündnis begrüßten und nicht etwa als lustigen ökonomischen Konkurrenten ablehnten. Schon 1974 erklärte die Ministertagung der NATO:
"Es wird außerdem anerkannt, daß sich der weitere Fortschritt auf dem Wege zur Einheit, zu dem die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft entschlossen sind, zu gegebener Zeit nutzbringend auf den Beitrag auswirken sollte, den diejenigen von ihnen, die auch dem Bündnis angehören, zu dessen gemeinsamer Verteidigung leisten."
Von wegen allseitiger Nutzen der europäischen Völker! Ökonomische Kraft als Mittel militärischer Stärke, und damit ist nicht nur die Fähigkeit gemeint, die Verteidigungshaushalte kräftig zu erhöhen! Militärisch war jedenfalls schon 1978 folgendes NATO-Beschluß:.
"Die führenden Staatsmänner dieser Länder stimmten den von den Verteidigungsministern genehmigten Programmen zu, die der Verbesserung des Bereitschaftsstands der NATO-Streitkräfte und der Mobilisierung von Reserven, der Stärkung der Luftabwehr der NATO, der Abwehr der Gefahren der elektronischen Kriegsführung, der Verbesserung der Seestreitkräfte der NATO, der Bereitstellung einer besseren logistischen Unterstützung für alle NATO-Streitkräfte sowie der Verbesserung der Führungs- und Verbindungseinrichtungen der NATO dienen. Sie billigten Programme zur Beschleunigung der Zuführung bedeutender Verstärkungen in die vorgeschobenen Gebiete in Krisenzeiten unter Heranziehung der Zivilluftfahrt sowie der nationalen Infrastruktureinrichtungen zu Lande und zu Wasser. Sie begrüßten insbesondere die Absicht der Vereinigten Staaten, bis 1982 schweres Gerät für drei zusätzliche amerikanische Divisionen im Mittelabschnitt des Alliierten Befehlsbereichs Europa zu stationieren, wobei sie die Notwendigkeit anerkannten, daß die europäischen Bündnispartner die erforderlichen Unterstützungs- und sonstigen Einrichtungen zur Verfügung stellen. Sie nahmen darüber hinaus mit Interesse die laufenden Arbeiten der Nuklearen Planungsgruppe, die auf die notwendige Modernisierung der in Europa stationierten nuklearen Streitkräfte abzielen, zur Kenntnis."
Das alles, als die SALT II-Gespräche noch im Gange waren. Woher wußte das die NATO nur, daß dieser Vertrag 1979 von den USA nicht ratifiziert wurde?
Die neue strategische Offensive
ward im Dezember 1979 in die Tat umgesetzt, mit der doppelten Lüge, daß es sich erstens um eine Nachrüstung handle und zweitens um die konsequente Verfolgung des doppelten NATO-Interesses, die abschreckungsintensivierende Aufrüstung mit beiderseitiger Rüstungskontrolle verbinden zu wollen. Was die Bevölkerung erst jetzt erfuhr, daß die Sowjetunion es gewagt hatte (seit 1977 bekannt), sich eigene SS 20 anzuschaffen, konnte als guter Grund ausgegeben werden, entsprechend zu reagieren.
"Die Minister stellten fest, daß diese jüngsten Entwicklungen konkrete Maßnahmen des Bündnisses erfordern, wenn die NATO-Strategie der flexiblen Reaktion glaubwürdig (?) bleiben soll. Nach intensiven Beratungen auch über alternative Ansätze und deren Wert und nach Kenntnisnahme der Haltung bestimmter Bündnispartner, kamen die Minister überein, daß dem Gesamtinteresse der Allianz am besten dadurch entsprochen wird, daß die zwei parallelen (!) und sich ergänzenden Ansätze: LRTNF-Modernisierung und -Rüstungskontrolle verfolgt werden." (NATO-Doppelbeschluß)
Die Friedensmacht BRD stellte somit in Gestalt ihres Kanzlers Helmut Schmidt höchstpersönlich und mit Nachdruck fest, daß ihm und seinem Furopa das nukleare "Gleichgewicht" zwischen den USA und der Sowjetunion nicht ausreicht, er wollte und will ein zweites, europäisches, zum Hauptfeind Sowjetunion. Diesem, inzwischen also eigenständigen europäisch-bundesrepublikanischen, Ansinnen konnten sich die Amerikaner natürlich nicht verschließen. Ein weiterer militärpolitischer Fortschritt des Westens, den nur noch ein wenig das Gerücht vernebelt, die Dislozierung der Pershing II und Marschflugkörper in Europa hinge von dem negativen oder positiven Ausgang der gleichzeitig angezettelten Verhandlungen über den Abbau von Mittelstreckenraketen ab. Ach, da war noch Afghanistan, aber dieser vom Westen ausgiebig ausgenutzte Fall von "Expansionsdrang" der Sowjetunion beflügelte die NATO nur darin, die Expansion ihrer eigenen Anspruchssphäre zielstrebig zu verfolgen. Weil die Souveränität der NATO grenzenlos zu sein hat, ist sie immer bedroht, wenn es noch einen anderen Machtfaktor gibt. Also ergibt sich (kriegs)logisch:
1. Die beste Abschreckung ist, wenn man den Gegner totrüstet, und zwar auf strategischem Gebiet, bei den TNF und auf konventionellem Gebiet, weil - so die permanente Begründung, die keines wirklichen Beweises bedarf -
"die sowjetische militärische Stärke in den letzten zehn Jahren im gesamten Spektrum der militärischen Einsatzmöglichkeiten unablässig ausgebaut worden ist, und zwar auf strategischem Gebiet, bei den TNF und auf konventionellem Gebiet." (Kommunique des Verteidigungs-Planungsausschusses, Mai 1981)
2. Die Verteidigung der NATO-Länder ist nur gewährleistet, wenn sie ihren militärischen Aktionsradius auf die ganze Welt ausdehnt. Der Westen gehört der NATO. Eingeräumt wird noch, daß jeder Bündnisstaat freiwillig seine Truppen außerhalb der NATO und ihres festgelegten Sicherheitsbereichs einsetzen darf, dabei aber die NATO-Hauptlinie und die militärische Arbeitsteilung nicht aus den Augen verlieren darf.
Die Organisation einer schnellen Eingreiftruppe durch Amerika und die Regelung der innerwestlichen Schlagkraft bei allen vorstellbaren weltweiten Engagements von "Mitgliedsstaaten", macht nur einen Sinn und hat nur den, die Sowjetunion an der Bedrohung irgendeines der "neuralgischen Punkte" zu hindern, sie also überall und jederzeit stellen zu können. Sicherung der ganzen Welt als mögliches Kriegsgebiet, heißt die Friedensparole von heute:
"Obgleich (!) die von den Bündnispartnern außerhalb des NATO-Gebiets verfolgte Politik eine nationale Enrscheidung darstellt, haben die Verbündeten anerkannt, daß Situationen außerhalb der Grenzen der NATO dann, wenn der Frieden, das internationale Gleichgewicht und die Unabhängigkeit souveräner Staaten berührt werden, die lebenswichtige Interessen des Westens bedrohen und daher Auswirkungen auf die Sicherheit der Mitglieder des Bündnisses haben können...
Die Vereinigten Staaten und andere Bündnispartner haben auf Herausforderungen, die sich aus Situationen außerhalb des NATO-Gebiets ergeben, bereits reagiert. Künftige Dislozierungen des schnellen Eingreifverbands der Vereinigten Staaten zur Abschreckung von Aggressionen und als Reaktion auf Hilfeersuchen anderer Staaten könnten zu Veränderungen in der Verfügbarkeit von Kampf- und Kampfunterstützungsverbänden führen, die zur Zeit als Verstärkung für die NATO vorgesehen sind...
In der Erkenntnis, daß diejenigen Mitgliedsstaaten, die auf Situationen außerhalb der NATO-Grenzen nicht (?) reagieren; möglicherweise zusätzliche Aufgaben innerhalb des NATO-Gebiets übernehmen müssen, sollte im Rahmen der nationalen Verteidigungsplanung Vorsorge getroffen werden...
Für das Bündnis besteht unverändert die Notwendigkeit, als Teil der NATO-Triade und damit zur Gewährleistung der Abschreckung, starke verschiedenartige und flexible nukleare Streitkräfte aufrechtzuerhalten. Das Bündnis wird sein geplantes Programm der LRTNF-Modernisierung durchführen und dabei gleichzeitig Anstrengungen zumi Abschluß ausgewogener, gleichwertiger und verifizierbarer Rüstungskontrollvereinbarungen zur Begrenzung dieser Streitkräfte unternehmen..." (ebenda)
Die Verhandlungen in Genf bekommen von den USA den entspannungsfördernden Inhalt zugedacht, daß man dem Hauptfeind die "Null-Lösung" anbietet, also ihm das unannehmbare Angebot macht, seine gesamten Mittelstreckenraketen verschrotten zu müssen. Dann werde man sich vielleicht die Nachrüstung in Westeuropa noch einmal überlegen. Vorkriegsverhandlungen, die dem Gegner jeweils Teilkapitulationen anbieten und auf jeden Fall die eigene Aufrüstung ins Recht setzen. Der Gegner hat ja nicht nachgegeben.
Für die möglichst schnelle Stärkung der Kriegsbereitschaft ist jeder souveräne Gebietszuwachs für alle möglichen Kriegsfälle von großem Interesse. Die angeblich "schwache" Mittelmeerflanke bekommt Zuwachs:
"Sie (die Minister) begrüßten die Entscheidung Spaniens, die Aufnahme in das Bündnis zu suchen und dadurch gemäß den Prinzipien des Nordatlantikvertrags seinen Platz im kollektiven Sicherheitssystem des Bündnisses einzunehmen. Diese Entscheidung legt erneut Zeugnis von der ungebrochenen Vitalität des Bündnisses ab." (Kommunique der NATO-Ministertagung, Dezember '81)
5. Für eine Politik der Mobilisierung militärischer Gewalt zum Zwecke der Kapitulation des Gegners bzw. siegreicher Kriegsführung ist es kein Zynismus, einerseits festzustellen -
"Die Sowjetunion hat während der Periode der Entspannung ihre Streitkräfte stark vermehrt. ... Die Sowjetunion versucht ferner, ihre eigenen Interessen durch Gewaltanwendung zu fördern. ... Ohne nach militärischer Überlegenheit zu streben, ist das Bündnis unter diesen Umständen entschlossen, seine Fähigkeit zu stärken, vor Aggressionen abzuschrecken und den Frieden zu wahren." -
und zu gleicher Zeit sich der umfassenden Verbesserung und riesigen Steigerung der eigenen Kampfkraft zu freuen:
"EUROPACKAGE 1981
1.
EUROPACKAGE 1981 enthält Einzelheiten über die Verteidigungsausgaben der EUROGROUP-Staaten im Jahre 1981, ihre derzeitigen Streitkräftestärken und die für 1982 geplanten größeren Gerätebeschaffungen und Verbesserungen.
Verteidigungsausgaben
2.
Die EUROGROUP-Staaten haben im Jahre 1981 etwa 80 Milliarden US-Dollar für die Verteidigung ausgegeben. Von dieser großen Summe wurden etwa 18,5 Milliarden US-Dollar für Großgerät aufgewandt. Davon gingen 29 Mrd. Dollar an die Landstreitkräfte, 14 Mrd. Dollar an die Seestreitkräfte, 19 Mrd. Dollar an die Luftstreitkräfte und 17,5 Mrd. Dollar an Unterstützungsdienste.
3.
Die EUROGROUP-Staaten werden auch weiter neues Gerät einführen, und zwar durch Programme zum Ersatz veralteten Geräts und durch zusätzliche Beschuffungen. Zu den im Jahre 1982 bei den Landstreitkräften geplanten Verbesserungen gehören die Einführung von etwa 400 Kampfpanzern und 850 anderen gepanzerten Fahrzeugen.
4.
Diejenigen Staaten, die im kommenden Jahr keine neuen Panzerfahrzeuge einführen, verbessern ihre vorhandenen Systeme. So setzt z.B. das dänische Heer sein Programm zur Modernisierung seiner 'Centurion'-Panzer fort: Nachtziel- und Nachtsichtgeräte werden eingebaut, das Programm zum Ersatz der 84-mm-Kanonen durch 104-mm-Kanonen wird abgeschlossen werden. Das britische Heer setzt den Einbau verbesserter Feuerleitsysteme in seine 'Chieftain'-Kampfpanzer fort. Im Jahre 1982 sollen 130 Panzer damit ausgerüstet werden.
5.
Angesichts der beträchtlichen und noch zunehmenden Bedrohung durch die gepanzerten Kräfte des Warschauer Pakts werden die EUROGROUP-Staaten 1400 panzerbrechende Flugkörpersysteme einführen, einschließlich der Systeme Tow, Milan und Hot. Mehr als 60 Prozent davon werden einen Zuwachs zum vorhandenen Ausrüstungsumfang darstellen. Darüber hinaus wird der Bestand an Panzerabwehr-Handwaffen bei den Heeren der EUROGROUP-Staaten um 2.500 zunehmen. Hinzu kommen 400 andere panzerbrechende Waffen.
Seestreitkräfte
6. Die Stärke der Seestreitkräfte der EUROGROUP-Staaten nimmt weiter zu. Die Pläne für 1982 umfassen u.a. die Zuführung von:
1 Flugzeugträger-Kreuzer
9 Zerstörern-Geleitbooten
6 Minenlegern-Minensuchern-Minenjägern
11 Schnellbooten
4 Unterseebooten.
7.
Darüber hinaus haben EUROGROUP-Staaten Programme zur Verbesserung von Waffen, Sensoren und Fernmeldemitteln auf ihren Schiffen ausgeführt. Dadurch wird die Abwehrfähigkeit gegen Schiffe und Flugzeuge verbessert und die Fähigkeit zur U-Boot-Bekämpfung gesteigert.
Luftstreitkräfte
Im Jahre 1982 planen die EUROGROUP-Staaten die Indienststellung von mehr als 220 Kampfflugzeugen, darunter modernste Systeme wie die F-16 und der Tornado.
9.
Bei den Seeluftststreitkräften werden 25 Hubschrauber entweder an Bord oder in Stützpunkten auf dem Festland stationiert werden, Dazu kommen 40 Flugzeuge, davon 12 für die Seeraumüberwachung.
Truppenstärke
0.
Im Jahre 1981 betrug die Stärke der aktiven Streitkräfte der EUROGROUP-Staaten etwa 2,5 Millionen Soldaten, die dadurch etwa 90 Prozent der präsenten Landstreitkräfte in Europa, 75 Prozent der Luftstreitkräfte dort und einen ähnlich hohen Anteil bei den Seestreitkräften stellen. Die Möglichkeit der EUROGROUP-Staaten, durch Mobilmachung diese Zahlen rasch auf weit mehr als 5 Millionen Soldaten zu erhöhen, ist ein weiterer eigenständiger europäischer Beitrag zur Verteidigungsbereitschaft des Bündnisses. Drei EUROGROUP-Staaten haben ständig Truppen in der Bundesrepublik Deutschland wie auch auf ihrem Hoheitsgebiet stationiert. Ein wesentlicher Beitrag zur Vorneverteidigung. Streitkräfte von EUROGROUP-Staaten stehen darüber hinaus zur Verstärkung aller Regionen des Bündnisses zur Verfügung."
Der (vorläufige) Gipfel
Die neue Linie der militärischen Drohung gegen jeden bisher noch geduldeten weltpolitischen Schritt der Sowjetunion war also längst beschlossen, noch ehe sie an Polen auch öffentlich als notwendige Re-Aktion auf die fortdauernde russische "Maßlosigkeit" abgehandelt, programmatisch vereinbart und seitdem immer weiter forciert worden ist.
1. Während früher die Niederschlagung von Aufständen im Ostblock durch die Sowjetunion westlicherseits zwar als Bestätigung der jeweiligen NATO-Linie interpretiert wurde, zugleich aber mit dem Argument der eigenen "Ohnmacht" jedes Eingreifen unterlassen wurde, hat die NATO im Falle Polens mit "massiven Reaktionen" gedroht, so daß die Sowjetunion immer noch diesen Unsicherheitsherd im eigenen Lager duldet. Auf der anderen Seite ist damit die theoretisch beanspruchte Mitzuständigkeit des Westens für die Vorgänge jenseits des ehemals "Eisernen Vorhangs" nur bestätigt worden und Polen ohne Umschweife in die Strategie ökonomischer Erpressungen, politischer Feindschaftserklärungen und militärischer Eskalation eingebaut worden.
Nach der Machtübernahme durch das Militär in Polen konnte die EG ihre Macht politisch in den Dienst der NATO stellen:
"Die Zehn werden innerhalb der Vereinten Nationen und der Sonderorganisationen tätig werden, um die Verletzungen der menschlichen Freiheiten und die Gewaltakte nachdrücklich zu rügen. Weitere Maßnahmen werden auf Grund der Entwicklung der Lage in Polen ins Auge gefaßt, insbesondere im Bereich von Kreditgewährung und wirtschaftlicher Hilfe für Polen und hinsichtlich der Handelspolitik der Gemeinschaft gegenüber der UdSSR.
Zusätzlich werden die Zehn die Fortführung der Nahrungsmittelhilfe für Polen prüfen." (Außenminister-Treffen der EG, Januar '82)
Abbruch wirtschaftlicher Beziehungen, das sind Maßnahmen, die nicht einfach ein paar Handelsgeschäfte beenden, sondern den längst vom Westen abhängig gemachten Ostblockstaaten an die ökonomische Substanz gehen. Das kommt vor dem Krieg kurz vor dem endgültigen Abbruch aller diplomatischen Beziehungen. Die NATO ist denn auch nicht zimperlich, ihre und die Macht ihrer EG in die Waagschale zu werfen und zu beschließen oder noch anzudrohen:
"Jeder Bündnispartner wird seiner Lage und seinen Rechtsvorschriften entsprechend seine nationalen Möglichkeiten für Maßnahmen auf folgenden Gebieten identifizieren:
a) Weitere Beschränkungen der Bewegungsfreiheit sowjetischer und polnischer Diplomaten und andere Einschränkungen für sowjetische und polnische diplomatische Vertretungen und Organisationen.
b) Verringerung wissenschaftlicher und technischer Aktivitäten oder die Nichtverlängerung von Austauschabkommen. ...
Zusätzlich zu der Vereinbarung, sich über die in naher Zukunft zu unternehmenden Schritte zu konsultieren, werden die Bündnispartner auch die längerfristigen Wirtschaftsbeziehungen zwischen Ost und West überdenken, insbesondere im Energiebereich, bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen und anderen Gütern sowie beim Technologie-Export, und zwar im Lichte der veränderten Situation und der Notivendigkeit, ihre Wettbewerbsposition auf dem Gebiet der militärischen und technologischen Fähigkeiten zu schützen." (Sondertagung der NATO-Minister, Januar '82)
Der Kriegsfall wird massiv vorbereitet. Nicht nur mit der schon lange umgehenden Überlegung, ob man die US-Divisionen nicht näher an die Zonengrenze verlegen sollte, wofür, wenn es dann so weit ist, sicher die Voraussetzungen vorhanden sind. Im "host-nation-support-treaty"-Vertrag, der gerade unterschrieben wurde, ist für den Krisenfall an alles gedacht, was die zusätzlichen 6 amerikanischen Divisionen brauchen, bis zur genauen Anzahl der Verwundeten, Toten und Gefangenen, die täglich anfallen und entsprechend versorgt werden müssen. Auch Entsaftungsmannschaften werden hereitgestellt. (siehe Kasten) Und daß gerade wieder 6 Heimatschutzbrigaden dem NATO-Befehl unterstellt wurden, dient selbstverständlich auch der notwendigen Sicherheit im Krisenfall.
Auf der Verteidigungsministerkonferenz zur Vorbereitung des NATO-Gipfels wurde auch die Neudefinition der Sicherheit Europas weltweit zu einem Abschluß gebracht. Die ganze Welt als Eingreiffeld der NATO, das wurde ohne alle vermittelnden Schnörkel über spezielle Mitgliederinteressen und eine zu regelnde innere Arbeitsteilung als gemeinsamer Wille vorformuliert. Alles steht unter dem Einfluß der NATO, die damit die weiterhin aufrechterhaltene Definition ihres Operationsgebietes für nichtig erklärt und zugleich die Behauptung von der beständigen weltweiten Aggression der Russen, die für diese Ausweitung ins Feld geführt wird, grundsätzlich ad absurdum führt:
"Die Minister betonten ihr gemeinsames Interesse an der Sicherheit, Stabilität und souveränen Unabhängigkeit der Staaten außerhalb des NATO-Gebietes. Gleichzeitig können militärische Aggressionen in Gebieten außerhalb der NATO die vitalen Interessen von Bündnispartnern bedrohen. Mitglieder des Bündnisses sind in der Lage, entweder direkt oder indirekt zu den Bemühungen für die Abschreckung einer Aggression beizutragen und Ersuchen von Staaten außerhalb des NATO-Gebietes um Hilfe bei der Abwehr von Bedrohungen ihrer Sicherheit oder Unabhängigkeit stattzugeben. In dieser Hinsicht bekräftigen sie, daß Konsultationen über die Dislozierung von Streitkräften außerhalb des NATO-Gebiets, wie sie im Rahmen der schnellern Eingreifkräfte der Vereinigten Staaten in Aussicht genommen sind, zur Identifizierung gemeinsamer Ziele bestimmt sind, ... wobei die politische Lage in dem betreffenden Gebiet, die Auswirkungen auf die Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit des Bündnisses und die nationalen Interessen der Mitgliedstaaten in vollem Umfang zu berücksichtigen sind... Die Miinister waren sich darin einig, daß es erforderlich werden kann, daß Bündnispartner im Lichte von NATO-Konsultationen Einsätze außerhalb des NATO-Gebiets unterstützen, die dem vitalen Interesse aller dienen." (Communique der Ministertagung des Verteidigungs-Planungsausschusses, Mai '82)
Mit dieser neuen Generallinie wird somit schließlich auch der deutsche Imperialismus einen letzten Mangel seiner Souveränität los. Die BRD darf wieder - wogegen sie solange die passenden moralischen Bedenken hatte - deutsche Soldaten nach Saudi-Arabien, Angola, El Salvador oder sonstwohin schicken, wenn's Frieden und Freiheit des Westens erfordern.
Die Bilanz vom 10. Juni
steht also jetzt schon fest. Die NATO präsentiert sich nicht nur kampfkräftig wie nie, sondern auch kampfbereit wie nie. Sie verpaßt sich dafür eine neue Programmatik, die einen Schlußstrich unter die "Phase" zieht, in der das Verlangen nach Auflösung der Sowjetunion noch im Gewande ihrer Anerkennung vorgetragen wurde. Auf Grundlage der längst beschlossenen und durchgesetzten bedingungslosen Konfrontation wird jetzt ein neues Ziel formuliert - "Stabilisierungspolitik". Mit der Behauptung, daß die Werte von Frieden und Freiheit durch die pure Existenz des Ostblocks so bedroht wie noch nie sind, macht die NATO den Anspruch der Präambel endgültig wahr. Die Politik der Freiheit besteht nur noch in der Verteidigung der Freiheit, so daß mit dem neu beschlossenen NATO-Manifest der gesamte Inhalt westlicher Politik festgelegt, wird. Das Bündnis wird offiziell in den Status des politischen Subjekts erhoben und mit der imperialistischen Logik ernst gemacht, daß, wenn die ganze Welt außer einem gegnerischen Block der eigenen Verfügung untersteht, auch die ganze Welt verteidigt werden, also gegen diesen Block mobilisieit werden muß. Wo alles bedroht ist, weil überall die westlichen Interessen durchgesetzt sind, außer im Ostblock, wo also dieser das einzige, aber grundsätzliche Hindernis der Weltherrschaft ist; da ist Verteidigung totale Offensive. Der Gipfel ist also keine Routinetagung, auf der der erreichte und noch zu bewerkstelligende militärische Aufmarsch debattiert und abgesegnet wird. Er ist die - auch nach außen hin so angelegte und propagierte - Repräsentation der verpflichtenden Einigkeit aller verantwortlichen Vertreter der Freiheit, dem Feind eine absolute Rechnung zu präsentieren: Abrüstung des Kommunismus, so oder so.
Auf wen dabei gerechnet wird, bedarf keiner Erwähnung und wird dort auch nicht erwähnt. Der unabdingbare Einsatz des Volkes gilt als selbstverständlich.
Reagan in London
Der bürgerliche Verstand kann zwischen dem, im Vorfeld des Besuchs des amerikanischen Präsidenten in London öffentlich geführten, Streit um die Form seines Empfangs und den Ereignissen im Südatlantik keine Gemeinsamkeit entdecken. Vielmehr erklärt er die Macher des staatlichen Geschäfts für vollends unzurechnungsfähig, wenn sie mit den Inhalten ihres diplomatischen Codex ernst machen. Der Grund jedoch des "blutigen Wahnsinns" im südlichen Atlantik - gerade als einer neben anderen Bündnisstaaten, unter der Führung der USA, seine politische Zuständigkeit so souverän für diese Weltgegend zu erklären, wie es einer Großmacht ankommt - ist durchaus auch an solch "lächerlichem Theater" wie der Diskussion um die passende Besuchszeremonie auszumachen.
Daß Mrs. Thatcher sehr schnell nach Bekanntwerden der Reiseroute beschlossen hatte, dem Chef des westlichen Bündnisses neben dem Besuch bei der Queen auch noch die ehrwürdige Westminster Hall für seine Rede über "die Stellung Englands in der NATO" anzubieten, ist alles andere als "Anbiederei".
Es ist die in den Feinheiten der Diplomatie gelieferte Klarstellung, wie sehr gerade England sich - im Vergleich zu den anderen "Partnerstaaten" - einig ist mit der Führungsmacht Nr. 1 und deren weltpolitischem Zweck. Da aber hier der oberste Kriegsherr und nicht ein Gleicher unter Gleichen empfangen wird, ist die Platzzuweisung der eigenen Nation im "Konzert der Großen" mitgeliefert.
Diese Tatsache, in der Vorbereitung des 3. Weltkrieges "nur" Mitmacher zu sein, läßt auch die britische Öffentlichkeit nicht ruhen:
"Für Mr. Reagan ist der London-Besuch eine Gelegenheit, seine zu Hause sinkende Beliebtheit wieder zu erneuern!" (Guardian, 14.3.82)
In ihrer Begeisterung für die eigene Nation stellen sie die Verhältnisse auf den Kopf und treten den Beweis an, daß in Sachen "Weltmacht" und "nationale Größe" nicht nur Gleichrangigkeit zwischen Amerika und England zur Anschauung kommt, sondern Ronald Reagan in Großbritannien.
"die historische Geburtsstätte der amerikanischen Nation besucht." (Guardian)
Ob bei der Queen:
"Das Schauspiel eines Kniefalls des amerikanischen Präsidenten vor der Königin würde einen Sturm der Entrüstung bei den Republikanern provozieren.",
oder in der Westminster Hall:
"Überall stößt das ergriffene Auge der Amerikaner auf historische Kulisse."
Da will auch die Labour Party nicht abseits stehen und zettelt entrüstet einen Streit an, daß sie bezüglich dieser Entscheidung als größte Oppositionspartei des Landes übergangen wurde und nun in der traditionsbeladenen Westminster Hall - in ihr wurde der Despot Charles I. verurteilt und geköpft (das wäre doch eine Gelegenheit...!) - einem Mann zuhören muß,
"der erst kurz im Amt ist und nicht das Format eines amerikanischen Präsidenten wie Franklin D. Roosevelt, Dwight D. Eisenhower und John F. Kennedy, geschweige denn eines Harry S. Truman hat, denen solche Ehre nicht zuteil wurde." (M. Foot) (Von denen hätte selbst Charles I. noch was lernen können.)
Die öffen'tlich diskutierte Frage, ob dem jetzigen Chef der "Exkolonie" erlaubt werden soll, "mit gespreizten Beinen über den heiligen Rasen des Windsor Parks zu galoppieren," (Guardian, 14,3.82)
ist kein "Witz". Die Ernsthaftigkeit, mit der für die Zurschaustellung der eigenen nationalen Größe gestritten wird, findet ihre blutige Entsprechung in der politischen Praxis des englischen Staates nach innen und außen.
Ein Reagan aus Rom
Italien hat mit dem Reagan-Besuch Probleme eigener Art: Ob Reagan nach Rom kommt, ist ungewiß. Und selbst wenn er kommt, ob er dann wirklich zur Regierung kommt, oder ob er nur den Papst besuchen will, um sein Programm mit dem Glorienschein des Stellvertreters Gottes zu versehen, ist ebenfalls ungewiß.
Für die Italiener zeigt sich daran wieder einmal Grundsätzliches: fehlendes Mitspracherecht.
"Ausgeschlossen von den großen internationalen Konferenzen erfreut sich Italien an seinen Skandalen." (Espresso)
Dieses 'Problem ist erstens lächerlich, Italien ist ja überall dabei, zweitens geheuchelt, weil man so tut, als hätte man Ungeheures zu vermelden, wenn man gefragt würde: Dabei sind die Italiener am allerdafürsten!
"Mit den Entscheiden Roms, im Rahmen der nuklearen Nachrüstung eine Raketenbasis auf Sizilien zu bauen, sich nach den Ereignissen in Afghanistan und Polen an Sanktionen zu beteiligen und in der Sinai-Truppe mitzuwirken, bezog Italien klar Stellung... Rom hat im Grunde mehr als alle anderen westeuropäischen Partner stets die Führungsrolle Washingtons anerkannt." (Neue Zürcher Zeitung, 24.3.)
Vom Standpunkt der Selbstverständlichkeit des Mitmachens, das nie etwas auszusetzen hat, stellt Italien fest, daß es gerne mehr gefragt würde, wo es doch schon zu allem ja sagt.
Ebendies - die Anerkennung - hat aber Präsident Pertini auf seiner USA-Reise erfolgreich eingefordert. Er war bei Reagan, in San Francisco, Chicago und New York:
"Wie immer auf Auslandsreisen Pertinis sind die Begegnungen mit italienischen Kolonien (!) von großer Bedeutung und ein Labsal für sein patriotisches Herz." (Neue Zürcher Zeitung) (Wenn es so viele Exemplare dieser Nation auf der ganzen Welt gibt, dann muß sie ja bedeutend sein!)
Und größer konnte das Labsal gar nicht werden: Die Amis "applaudierten wie bei einem Baseball-Spiel"! "Er verhält sich wie ein Amerikaner!" "Wenn er in Amerika geboren wäre, hätten wir ihn zum Präsidenten gewählt!" (die Bürgermeisterin von San Francisco). So viel Anerkennung! So groß wie Reagan, nur im andern Land...
Und dann erst der Empfang beim US-Präsidenten, ganz von gleich zu gleich! Die politischen Fragen verwies man an die Außenminister, und die zwei Präsidenten ergingen sich in der "Zelebrierung gegenseitiger Bewunderung" (Neue Zürcher Zeitung): Reagan lobte die Dozier-Befreier, Pertini die amerikanischen Befreier vom Faschismus. Pertini bewunderte New York als "überwältigend", Reagan brachte Tiefes:
"Nun verstehe ich, warum Sie Erfolg haben: Sie haben die Fähigkeit, mit den Leuten zu kommunizieren. Im Gegensatz zu mir - ich wurde Präsident, nachdem ich Schauspieler war - könnten Sie Schauspieler werden, wenn Sie nicht mehr Präsident sind.
Pertini darauf: Tatsache ist, daß ich kein so schöner Mann bin wie Sie, mir bleibt nur, in Pension zu gehen."
Mit dem mächtigsten Mann der Welt in heiterer, gleichberechtigter Unterhaltung!
Auch wenn Reagan also jetzt nicht nach Rom kommt - seine patriotische Labsal hat das italienische Herz schon eingeheimst: vom Weltgrößten als gleichberechtigt empfangen zu werden.
"Die Staatsbcsuche in Washington kommen und gehen. An Pertini aber wird man sich noch lange erinnern." (Repubblica)
Jedenfalls in Italien.
Vorbereitung auf Versailles
Das für Frankreich anstehende imperialistische Großereignis heißt nicht Reagan-Besuch, sondern Weltwirtschaftsgipfel. Wenn sich die Führer des Westens Anfang Juni im Versailler Spiegelsaal versammeln und sich über die eingeplanten Kollisionen ihrer Vorkriegswirtschaften verständigen, dann wird nicht Reagan, sondern Mitterrand die zentrale Figur abgeben. Schon seit Monaten erleben Franzosen ihren Präsidenten als wichtigsten Weltpolitiker, der zwischen Tokio und Washington, Rom und Hamburg den Zustand des Bündnisses problematisiert und mit dem Herannahen des Versailler Termins immer optimistischere Prognosen abgibt: Angesichts des "protektionistischen Dämons" (mit seiner hauptsächlichen japanischen, aber auch amerikanischen Fratze) müsse man die "Betonung auf Kooperation legen", und das nicht genügend "kohärente" Bündnis müsse zu einer "lebendigen Allianz" werden. Und weil die "besondere Rolle Frankreichs" heute in der ganz eigenständigen und extra angelegentlichen Beförderung des westlichen Bündnisses gegen den unfreien Osten besteht, nimmt die französische Öffentlichkeit interessiert zur Kenntnis, daß Mitterrand zwecks Vorbereitung des Versailler Gipfels zu Reagan gejettet ist und damit radikal mit der Gepflogenheit aller früherer französischer Präsidenten gebrochen hat, sich mit dem amerikanischen Pendant nur in dritten Ländern und am besten auf Inseln zu treffen. So - mit feinsinnigen Hinweisen auf diplomatische Nuancen - bekommt der Franzose mitgeteilt, worin die eigenständige Politik des nichtintegrierten NATO-Mitglieds heute besteht: Mitterrand schickt seinen Premierminister Mauroy als Delegationsleiter in die geheimen Absprachen des Bonner, NATO-Gipfels und nimmt selbst lediglich am Abendessen teil, weil die Force de Frappe nur seinem Oberbefehl unterstellt ist.
Daß jedoch mittlerweile die NATO es ist, der sich alle anderen westlichen Bündnisse unterzuordnen haben, hat man auch in Frankreich zur Kenntnis genommen. Paris will die nächste Gipfelkonferenz der NATO-Staatschefs beherbergen. Bei der vorhandenen Einigkeit in Sachen Weltpolitik erweist sich die getrennte Kommandatur über ihr vornehmstes Mittel, das Militär, nicht einmal mehr als Organisationsproblem.