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Der NATO-Gipfel in der realsozialistischen Presse
OPTIMISMUS BIS ZUM GEHTNICHTMEHR
Die Tatsachen müssen Ostblockjournalisten notgedrungen zur Kenntnis nehmen und berichten; was denen jedoch üher den Stand der Weltpolitik zu entnehmen sein soll, blamiert auf peinlichste Weise den Grundlehrsatz revisionistischer Erkenntnistheorie, daß Schaden klug macht, die Krise den Massen die Augen öffnet etc. etc.
(Alle Zitate aus "Prawda", "Iswestija", "Rude Pravo" und "Trybuna Ludu")
"Abgedroschene Tricks"
Daß Ronald Reagan nach Europa gereist ist, um gemeinsam mit seinen NATO-Kollegen Beschlüsse über den Fortschritt der Kriegsallianz zu fassen und die öffentlichen Ovationen für die nächsten Aufgaben des Bündnisses abzuholen, läßt sich nicht völlig bestreiten, aber so zurechtdeuten, daß die Weltpolitik als schieres Rätsel dasteht.
Die Reise war ein eindeutiges Zeichen dafür, mit welcher Mühe sich der Präsident an der Macht hält:
"Wenn zu Hause die Dinge schlecht stehen, schüttele die Atomfaust und verleumde andere Völker - das ist der abgedroschene Trick... Der Parade- und Propagandacharakter des Besuchs fällt ins Auge. Nach Meinung der Presse war die Reise auf den europäischen Kontinent unaufschiebbar geworden, weil die Popularität Reagans in den Augen des amerikanischen Wählers sinkt, von dem ziemlich kühlen Verhältnis der westeuropäischen Öffentlichkeit ihm gegenüber ganz zu schweigen..."
Keine bürgerliche Idiotie ist den östlichen Kollegen zu blöd, um sie nicht in ihre Weltsicht miteinzubauen. Ronald Reagan, der Elefant im diplomatischen Porzellanladen, vor dessen Tölpelhaftigkeit die eigene Administration zittert:
"Er schlägt auf die Schultern, oder, um sich mit einer ihm gewohnteren Wendung auszudrücken, 'schießt aus der Hüfte', wobei er sich wenig darum kümmert, welche Meinung von seiner Administration im Ausland gebildet wird... In der Umgebung Reagans verbarg man nicht, daß diesmal der Einsatz hoch ist: man muß, koste es, was es wolle, einerseits die eigenen Landsleute von der Fähigkeit ihres Präsidenten überzeugen, den Anführer der Welt zu spielen, und andererseits war es nicht weniger wichtig, auf die Bürger der westeuropäischen Länder einzuwirken."
Ebenderselbe Präsident besitzt die Mittel dazu,
"Das Treffen am Rhein für schamlosen Druck auf die westeuropäischen Partner auf allen Linien einzusetzen.",
und sie Beschlüsse fassen zu lassen, die
"einen solchen militärischen Boden bereiten, auf dem bereits die Umwandlung der BRD und anderer Staaten Westeuropas in eine Aufmarschbasis für die amerikanischen nuklearen Erstschlagwaffen vorbestimmt ist."
Aber die Teilnahme der europäischen Staatschefs an solchen Beschlüssen zeugt einzig von verdecktem bzw. offenem Widerstand: "Der Außenminister Frankreichs bestätigte, daß die USA von ihren Partnern gefordert hatten, daß sie Beschränkungen im Handel und in den wirtschaftlichen Beziehungen mit den sozialistischen Ländern einführen sollten... Der Minister erklärte, daß Frankreich einseitig gewisse Schritte in dieser Richtung unternommen habe. Aber dann, so sagte er, 'beginnen die Nuancen'. Von einem Boykott der Sowjetunion könne nicht die Rede sein... Alles in allem gab es die erwünschte Harmonie nicht."
"Schon die Eingangsrede des Bundeskanzlers Schmidt zeugte von den verdeckten Gegensätzen mit den USA, insbesondere was die Entspannung betrifft. Schmidt wagte zwar nicht, über die Entspannung direkt zu sprechen, aber er zitierte den sog. Harmel-Bericht..."
Geht ein Boykott für die Russen eigentlich erst dann richtig los, wenn Andorra, Österreich und Grönland beigetreten sind, wenn sie nicht einmal mehr ranzige EG-Butter kaufen dürfen? Ein verängstigter Schmidt, der dann doch noch wehrhaft mit Harmel die Russen verteidigt, ist Grund zur Hoffnung?
Auf der NATO-Tagung sind Dinge verhandelt worden, -
"Die Verhandlungen sind gekennzeichnet durch das starre Festhalten an der Aufrüstung, an der atlantischen Doktrin der sog. Abschreckungstheorie und die Bemühungen, den Einflußbereich der NATO zu erweitern",
die außer dem US-Präsident keiner der beteiligten Politiker gewollt haben soll:
"Die Aufgabe der Bonner Tagung ist es, das schlechte Bild der NATO in der Weltöffentlichkeit zu korrigieren. Mitgliedstaaten wie Island, Griechenland oder Dänemark lehnen es ab, sich bedingungslos den Stimmungen und dem abenteuerlichen Kurs von Reagan zu unterwerfen. Gewisse Vorbehalte haben ebenfalls die BRD, Kanada und Italien...
Insgesamt war die Tagung gekennzeichnet durch das sich vertiefende Gefühl der Unsicherheit, das am deutlichsten aus der Rede des NATO-Sekretärs Luns hervorging..."
Und angesichts dieses ergreifenden Bilds von Schwäche und Zerrissenheit im westlichen Lager muß dann und wann doch wieder daran erinnert werden, welche Art von Beschlüssen dieses verunsicherte Bündnis trifft:
"Treffen ähnlicher Art hatten nicht selten durch ihre Beschlüsse verderblichen Einfluß auf das internationale Klima (langfristiges Rüstungsprogramm der NATO bis 1990, jährliche Erhöhung der Militärausgaben, Stationierungsbeschluß)..."
Dasselbe Sittenbild wird vom Versailler Gipfel geboten.
"Der Würgegriff der Krise und der Inflation ist viel stärker geworden..."
"Vielleicht wird die Führung der USA in der westlichen Welt, auf die Washington so hartnäckig prätendiert, den Kampf mit dem Krisenzustand, in dem sich die Wirtschaft des Westens schon lange befindet, erleichtern? Nein!"
Nein, gemessen am Maßstab eines gerechten Anspruchs auf die Führerschaft in der Welt versagen die USA schmählich, bereinigen nicht die sogenannte Krise in Europa - warum sollten sie auch, wenn sie dieselbe mit dem gemeinsamen Rüstungsprogramm und ihrer Finanzierungspolitik gerade erst in Gang gebracht haben. Aber der moralische Wirtschaftskommentar entdeckt ausgerechnet dort die Wolfsnatur der Profitsucht,
"Praktisch kam man nicht vom toten Punkt weg, und die westeuropäischen Teilnehmer des Treffens überzeugten sich davon, daß die Vereinigten Staaten nur an der Erhaltung des eigenen Vorteils und an der Schwächung ihrer Hauptkonkurrenten auf dem Weltmarkt interessiert waren, auch wenn, es sich um Verbündete handelte."
Ein Kempski des Ostblocks will von "harten Zusammenstößen" erfahren haben, "die in einer Reihe von Fällen sogar die Grenzen, der diplomatischen Höflichkeit überschritten,"
was die beteiligten Staatsmänner aber wiederum nicht davon abhielt, völlig überflüssigeruaeise eine Deklaration zum Vergessen zu verabschieden:
"Das ist ein typisches Kompromißpapier, in dem außergewöhnlich allgemeine, stromlinienförmlge Phrasen über die Übereinstimmung die Unstimmigkeit in konkreten Fraeen verbergen. Noch eine von den Deklarationen, die man schon am Tag nach der Unterzeichnung vergißt."
Hoffnung vermag ein revisionistischer Journalist einem solchen Treffen allerdings auch noch über die allerperversesten Umwege abzugewinnen. Was trieb die imperialistischen Staatschefs im letzten nach Versailles? Der Widerspruch von Produktivkräften und Produktionsverhältnissen, der die feindlichen Brüder zwingt, dem Fortschritt Rechnung zu tragen:
"Alles dies hat im Prinzip auf eine Begrenzung der zerstörenden Kräfte der wirtschaftlichen Anarchie hingearbeitet und arbeitet noch immer darauf hin, vor allem in den weltwirtschaftlichen Beziehungen..."
Dialektisch, versteht sich:
"Es versteht sich, die Widersprüchlichkeit der nationalen Interessen zerreißt systematisch immer wieder das feine Gewebe des Einverständnisses... Auf jeden Fall bewegt sich das politische Denken im Westen in dieser Richtung."
"Kulturfremdheit" bei "transozeanischen Businessmen"
Nicht, daß den Kommentatoren entgangen wäre, daß diese zerrissene, widersprüchliche, verunsicherte westliche Politik verbindliche Beschlüsse in der ökonomischen, diplomatischen und militärischen Kriegsvorbereitung getroffen hat, die den eigenen Staatenblock vor eine unmißverständliche Alternative stellen: Kapitulation, friedlich oder mit allen Schikanen des flexible response. Aber was sie zu berichten haben, ist nicht die Logik der imperialistischen Weltpolitik, die die in 37 Jahren erprobte und in 14 Jahren Entspannungspolitik geförderte Schwäche des Feinds, der nur noch militärisch ein Hindernis bildet, zur Grundlage der entsprechenden Erfolgskalkulationen macht.
Sie reihen lauter Verstöße gegen die ehernen Gesetze einer eigentlich gelten sollenden Weltordnung aneinander, berufen sich anklagend auf Regeln internationaler Politik, zitieren ein, himmelschreiendes Unrecht nach dem anderen, über das angeblich nicht nur sie, sondern die ganze zivilisierte Menschheit aufjault, als ob die Versuche des Realen Sozialismus, den imperialistischen Nationen seine Existenzberechtigung zu beweisen, eine Gültigkeit geschaffen hätten, mit der man vor ein internationales Gericht ziehen könnte.
Der NATO-Terminus der "wirklichen Entspannung" bricht 1. Verträge, und kann 2. der niedlichen "wirklichen Entspannung" nichts anhaben:
"Als ob die Jahre, die zu Verträgen der BRD mit den sozialistischen Ländern und zur Helsinki-Konferenz geführt haben, durch etwas anderes bestimmt worden wären, als durch wirkliche Entspannung... Die Verträge haben den Revanchismus abgelehnt, haben Sicherheit in Europa hineingetragen, haben allen Hoffnung auf die Zukunft wiedergegeben. In die Entspannung will die NATO wieder Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten und Drohungen über Begrenzungen des Handels hineinschmuggeln. Die Entspannung, mit der die europäischen Nationen nach wie vor den Glauben an die Verbesserung des politischen Klimas verbinden, soll nun zum Instrument der Manipulation und Erpressung werden. Es gab und gibt jedoch nur eine Entspannung. Egal, ob es jemandem jenseits des Atlantik oder in Bayern gefällt oder nicht."
In ihrer trostlosen Berufung auf höhere Rechts- und Kulturgüter, gegen die sich die westliche Politik angeblich schamlos versündigt, werden Maßstäbe eingeführt, daß es einer Sau graust.
"Westminster Hall" wird auch von den Russen als "Mutter der Parlamente" gegen die "Entweihung" durch Ronald Reagan in Schutz genommen, desgleichen der Kölner Dom. Ronald Reagan kann kein aufrichtiger Liebhaber des Kölner Doms sein, wenn er gleichzeitig aufrüstet, während die russischen Kulturburschen nichts mehr quält als das voraussichtliche Schicksal dieser ewigen Baustelle:
"Man muß immerzu wiederholen, daß sich die Ideologen des militärischen Atlantismus wegen des Schicksals der europäischen Zilvilisation nicht beunruhigen. Die abendländischen und slawischen Kulturen bleiben den transozeanischen Businessmen fremd. Deren pragmatische Hernen bleiben gleichgültig, wenn tausend Jahre nach der Nuklearkatastrophe ein neuer Heinrich Schliemann nicht einmal die Ruinen des Kölner Domes entdecken wird."
Die Rede vor dem Bundestag, in der Ronald Reagan wirklich keinen Zweifel daran gelassen hat, was der Sinn der Demokratie ist, daß das "Wohl der Völker", das ihnen die Freiheit verspricht, der bedingungslose Einsatz für die Freiheit der Staatsgewalt ist, dieselbe Rede will ein Sowjetjournalist entlarven:
"Welchen Wert die Versicherungen Reagans hinsichtlich seiner Treue zur Demokratie und zum Wohl der Völker haben, zeigt anschaulich, daß auch im Streit Englands und Argentiniens wegen der Malvinen die USA sich mit den Kolonisatoren einig sind."
Demokrat sein wollen und die unbedingte Geltung dieser Staatsgewalt auf der Welt durchsetzen, das kann in den Augen eines revisionistischen Betrachters nie und nimmer zusammenpassen, weshalb er im Eifer des Gefechts die USA gleich noch einer weiteren groben Regelverletzung beschuldigt:
"Nicht erstaunlich ist es auch, daß die US-Administration die Bündnisverpflichtungen zur Verteidigung der westlichen Hemisphäre mißachtete, als sie versuchte, dem Rückfall in den britischen Kolonialismus an der Küste Argentiniens zu helfen."
Da hätte ja weiß Gott der Iwan über die schutzlose westliche Hemisphäre hereinbrechen können.
Ronald Reagan, wenn er sich "über das Thema der Demokratie, der Freiheit, der Menschenwürde" verbreitet, glaubt gar nicht wirklich an das, was er sagt:
"Es ist völlig offensichtlich, daß Reagan an die massenhafte Friedensbewegung in den Ländern Westeuropas appellierte, wobei er sich bemühte, sie einzulullen."
Oder er behauptet, etwas "Programmatisches" zu sagen, und dann kommt nichts:
"Reagan trat dort (in London) mit einer Rede auf, die programmatisch aussehen sollte. Jedoch der amerikanische Staatschef ließ stattdessen Ausfälle gegen die Sowjetunion vom Stapel und rief zu einem Kreuzzug gegen den Kommunismus auf."
Daß mit dem "Thema der Demokratie, der Freiheit, der Menschenwürde" eine einzige Verurteilung der Sowjetunion verkündet werden kann, ist offensichtlich unfaßbar. Für Demokratieidealisten östlichen Zuschnitts handelt es sich um Lügen, oder Niveaulosigkeiten, die jedem, aber auch jedem gutgesinnten Menschen in die Augen springen müssen.
Eine Kostprobe revisionistischer Ironie:
"Es ist schwer und undankbar, sich als einen verantwortungsbewußten Politiker darzustellen, wenn man als Pate und sogar direkter Organisator militärischer Konflikte in verschiedenen Regionen der Welt auftritt. Sich als Garanten der Sicherheit Europas darzustellen, wenn man es für die Doktrin 'begrenzter Atomkriege' herrichtet. Sich in die Toga der Friedensliebe zu hüllen und gleich darauf gigantische Militärprogramme vom Stapel zu lassen, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat."
"Wortreiche Verschleierung"
Die Welt und insbesondere die NATO-Politiker strotzen von Widersprüchen, was eigentlich die Menschheit auf die richtigen Sprünge bringen müßte, wären es nicht nur die Widersprüche zu den Idealen, mit denen sich die realsozialistische Politik die Möglichkeit einer friedlichen Behausung in der Welt des Imperialismus zurechtkonstruiert hatte. So kritisiert die "Prawda" die Bonner Erklärung als einen Täuschungsversuch:
"Die friedliebenden Phrasen in der Bonner Erklärung sind nichts anderes als eine wortreiche Verschleierung für weiteres Aufrüsten."
Wo in der ganzen westlichen Welt wird denn überhaupt das Aufrüsten verschleiert? Seit wann ist die Rede vom Frieden eine Verschleierung von Rüstung? Warum können diese sturen Friedensfanatiker nicht endlich einmal einsehen, daß die NATO-Parole von der Friedenssicherung gegen die Bedrohung aus dem Osten bitter ernst gemeint ist. Zu was diese Deutungsmethode der Weltpolitik taugt, die die Ideale der Demokratie mit einer guten revisionistischen Bedeutung füllt, um sie dann ihren Urhebern vorzuhalten, sie würden sich nicht daran halten, mißbräuchlich im Munde führen etc. etc., zeigen die gewundenen Stellungnahmen zu den neuesten Erpressungsnageboten per Abrüstung. Zuerst einmal muß Präsident Reagan mindestens einer historischen Tendenz nachgeben:
"Sechzehn Monate brauchte Präsident Reagan, um öffentlich das zu erklären, was von ihm Millionen Menschen sowohl hier, in Amerika, als auch in der ganzen Welt von ihm erwarteten und forderten: die USA sind bereit, die Verhandlungen mit der UdSSR über die Beschränkung und Reduktion strategischer Rüstungen wiederaufzunehmen."
Aufatmen. Aber Achtung:
"Jetzt möchte man meinen, daß das konstruktive Herangehen der Sowjetunion an diese wichtige Aufgabe der Administration der USA einen Anstoß dazu geben wird, auf den Boden des politischen Realismus zu kommen. Jedoch die Signale, die aus Übersee kommen, mahnen zur Vorsicht..."
"Vorsicht" gegenüber dem Präsidenten, der doch ohnehin nur Lügen sagt, dem man gerade zuvor nichts glauben konnte, der die ganze Welt nur hintergehen will. Vorsicht, heißt es, denn verhandelt werden soll ganz unbedingt. Daß Ronald Reagan verhandeln will, ist eine Chance, die genützt werden muß, auch wenn über den Inhalt seiner Verhandlungs"angebote" kein Zweifel besteht,
"ein Plan, der eigentlich darauf ausgerichtet ist, die zwischen der UdSSR und den USA existierende nukleare Parität durch eine amerikanische Überlegenheit zu ersetzen."
Das Problem, wie die zeitungslesenden Massen eine solche Welt einschließlich der Politik ihrer Oberen begreifen sollen, stellt sich da nicht; lieber beklagen sich die staatlich bestellten Agitatoren bei ihren Lesern darüber, daß sich der Imperialismus nicht an die soliden Regeln hält, mit denen der Sozialismus ihm seine Sicherheit garantieren will:
"Reagan stört kein bißchen, daß der Anspruch auf eine 'absolut zuverlässige Verteidigung' faktisch auf die Erzielung der Übermacht von USA und NATO hinausläuft und eine Negierung der Sicherheit der anderen Seite bedeutet. Die gesamte Erfahrung der internationalen Beziehungen bezeugt, daß heute nur auf Grundlage der Partnerschaft und Gemeinsamkeit, bei strikter Einhaltung der Gleichheit gleiche Sicherheit für alle Staaten gewährleistet werden kann."
Als Bewohner eines Staates, der seit seiner Gründung graktisch hat feststellen müssen, daß er als Feind behandelt wird, sollte man sich auch wirklich nicht um "gleiche Sicherheit für alle Staaten" sorgen. Und genausowenig sollte man daraus, daß die Weltmacht Nr. 1 mit den Atomraketen der anderen Seite rechnet, eine "Erfahrung" ableiten, daß ein partnerschaftliches Sicherheitssystem auch für die USA das höchste der Gefühle ist. Am allerwenigsten dann, wenn man selber laufend konstatiert, daß der amerikanischen Politik nichts so verhaßt ist wie ein Gleichgewicht.
Prinzip Hoffnung
Mehr als die Beschwerde, daß nichts in der Welt so ist, wie es sich gehört, wollen die Journalisten von drüben den Widersprüchen, die sie aufmachen, aber nicht entnehmen. Und wenn sie ein weiteres Mal gegenüber der Macht, die sie der Lüge, des Betrugs, der Aggression usf. bezichtigen, die Hoffnung aufmachen, die USA ließen sich eventuell doch noch zum Respekt vor den Sicherheitsbedürfnissen der Sowjetunion herbei, wenn sie den Versuch ihrer Politiker, mit Abrüstungsverhandlungen. das Verhältnis zum Westen zu "normalisieren" oder zumindest eine Atempause herauszuschinden, mit ihren gewundenen Erklärungen begleiten, daß man den Imperialisten zwar eigentlich nicht trauen kann, aber letztlich vielleicht doch die Friedensliebe der Massen oder der Weltgeist oder was auch immer die Dinge zum Guten lenkt, dann nennen sie ausgerechnet das "politischen Realismus". Und diese Formel, das Gegenstück zu den Namen, die sie der Politik des Westens geben, "pathologisch", "Abenteurertum", "Psychose", ist nichts als das schwarz auf weiß niedergelegte Bekenntnis der eigenen Fassungslosigkeit. Das revisionistische Unvermögen, zu begreifen, wie Politiker, die Bekenntnisse "zur Demokratie und zum Wohl der Völker" ablegen, die volksfreundliche Einrichtung, die auch ihre Staatswesen trotz aller Schattenseiten sind, so mißbrauchen zu können, daß sie Land und Leute unbedenklich ruinieren, "nur" um die friedliebende Sowjetunion aus der Welt zu schaffen. Überflüssig zu erwähnen, daß die Berichte über die Abrüstungskonferenz der UNO mindestens den doppelten Raum einnehmen wie die über den NATO-Gipfel. Das Fest in den Rheinauen desgleichen.