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Mittelamerika
DER WIDERSTAND LEBT
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"Wir haben Informationen darüber, daß einige sowjetische Panzer in Nicaragua eingetroffen sein könnten und andere noch in Cuba sind." (Dean Fischer, Sprecher des State Departments der USA)
"Die Sowletunion hat Vorwürfe, sie liefere Waffen und nun auch sogar Panzer an Nicaragua, als falsch zurückgewiesen. Die Nachrichtenaeentur TASS schrieb dazu, es handle sich um eine 'neue Fälschung' aus der ,Küche Washingtons'. Die amerikanische Regierung habe auch zugeben müssen, daß sie keinerlei Beweise dafür habe." (Süddeutsche Zeitung 4.6.81)
Langsam kennt man sie ja, die immer wieder neu aufgerollten Beschuldigungen der USA, die SU sei der Drahtzieher jedes Aufstands irgendwo auf der Welt, soweit er sich nicht gegen sie selber, die SU, richtet. Als Teil der allgemeinen Offensive gegen das Epizentrum des internationalen "Terrorismus" tun sie ihren Dienst bei der Überzeugungsarbeit in der eigenen Hemisphäre inklusive den befreundeten Staaten Europas - und bei Adressat Nr. 2: Die Schnelligkeit, mit der die große Sowjetunion abstreitet, irgendetwas mit der Revolution in der "Dritten Welt" zu tun zu haben, erhält ihre ganze Peinlichkeit dadurch, daß der SU angesichts eines massiven Angriffs auf sich selbst nichts anderes einfällt, als diplomatisch-vorsichtig ihre Ehre hochzuhalten und vor aller Welt eine Demutsgeste zu bezeugen: Hochoffiziell erklärt sie, daß sie selbstverständlich die Einflußzone der Weltmacht Nr. 1 respektiert und aus diesem Grund bereit ist, sich "nicht in die Angelegenheiten anderer Staaten einzumischen" (sprich: selbst dort, wo, sie irgendeine Guerillagruppe irgendwie unterstützt hat, diese fallenzulassen). Im Westen werden die schnellen Dementis als ihr glattes Gegenteil genommen: Wer sich so gibt, der kann ja nur die übelsten Absichten haben...
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"Die Bildung einer Freiwilligen-Brigade zur Unterstützung der Guerilleros in El Salvador hat der frühere stellvertretende panamaische Gesundheitsminister Spadafors angekündiet. Vor Journaliston sagte Spadafors, er erwarte, daß die ersten Gruppen in den nächsten Wochen nach El Salvador einsickern werden." (Süddeutsche Zeitung, 21.5.81)
Mit der demonstrativen Bekanntgabe ihres Kampfeswillen haben die exilierten Guerilla- und Oppositionsgruppen aus den verschiedensten lateinamerikanischen Staaten, die sich jetzt zu einer neuen "Internationalen Brigade" zusammenschließen wollen, nicht nur kundgetan, daß sie gewillt sind, sich über die herrschenden 'Kräfteverhältnisse' auf dem amerikanischen Sub-Kontinent hinwegzusetzen: Weil sich in EI Salvador noch Widerstand gegen den US-Imperialismus und seine Statthalter regt, rechnen sie sich eine Mordschance aus, den USA gerade dort einen "entscheidenen Schlag" zu versetzen. Die hiesige Linke läßt sich da nicht lumpen und schreibt in bekannter Manier SOLIDARITÄT in Majuskeln : Ein offenes Herz für El Salvador, Komitees jede Menge, Volksmusik und Basare, offene Briefe ausgerechnet an den Bundeskanzler und Unterschriftenlisten zur freundlichen Eingabe an die regierenden Diktatoren -: An diesem Punkt trifft sich unsere undogmatische Linke allemal mit den SU-Revisionisten und ihren BRD-Stellvertretern, für die man sonst ("Afghanistan") nichts übrig hat. In ihrem selbstzufriedenen Eingeständnis, daß Widerstand sein muß, hat die hiesige Linke denn auch sofort ihre Version parat gehabt:
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"Wir alle trinken Kaffee. Diejenieen, die ihn anbauen, können sich selbst keinen Kaffee leisten. Die Kleinbauern und Landarbeiter in Mittelamenka arbeiten hart (die Kaffee-Ernte ist eine extrem mühselige Arbeit), und sie arbeiten für Hungerlöhne. Die hohen Profite, die der Kaffeehandel bietet, streichen andere ein... Vom Kaffeehandel profitieren die Kaffeekonzerne und der Staat. Aber auch wir als Verbraucher werden in dieses System einbezogen und stützen damit indirekt die zynische Ausbeutung in den Ländern der 3. Welt. ... Deshalb: Laßt Euch nicht täuschen! Es ist ein gemeinsamer Feind, der seine Fangarme über Lateinamerika und die BRD ausgestreckt hat: Fangen wir an, an einem Punkt: BOYKOTTIERT DIE KAFFEEKONZERNE! ... Wir stellen uns vor, daß überall vor möglichst vielen Kaffeeverkaufsstellen an diesen Taeen Aktionen laufen: Flugblätter, Infostände, Sketche... Wir fordem uns (!) alle auf, diese Boykott-Kampagne zu unterstützen." (Bundeskonferenz der El Salvador-Solidaritätsgruppe)
Drei Tage (vom 1.-3. Juni) ohne Kaffee, Wahnsinn! Das wird dem "gemeinsamen Feind" Schläge versetzt haben! Die Lüge, daß die Arbeiter bei uns sich so am Imperialismus ihrer Nation beteiligen, weil sie sich mehrmals am Tag eine Tasse Bohnenkaffee leisten, kann nur von Leuten kultiviert werden, die in den "industrialisierten Ländern" nichts als Überfluß entdecken - was das ist und wer ihn genießt, davon haben sie allerdings keinen Schimmer. Ihnen den Rat zu geben, mal anstelle von Sketchen vor Kaisers Kaffeegeschäft ein paar Flugblätter mit ein paar richtigen Argumenten (in diesem Fall bietet die MG ihre solidarische Hilfe an) vor den Fabriken zu verteilen, weil dort die Massen sind, die hier mit dem Aushalten ihrer Schufterei an diesen süßen Orten und der kopfnickenden Zustimmung zu den Worten und Taten ihrer nationalen Repräsentanten die Ausbeutung dort garantieren (also auch abschaffen können) - dies gilt heutzutage als "dogmatisch".
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"Regis Debray zum persönlichen außenpolitischen Berater Mitterrands berufen. Debray - der einstige Freund Che Guevaras und Salvador Allendes, der Jahre in bolivianischen Gefängnissen zubringen mußte - betonte, daß er die antifaschistischen und antiimperialistischen Bewegungen der Dritten Welt nach wie vor unterstütze, aber überhaupt keine Sympathie für westeuropäische Spielarten des Terrorismus empfinde... In Mitterrands Wahlsieg sieht Debray auch eine Demonstration dafür, wie die Linke auf legale, demokratische und friedliche Weise in die Regierungsverantwortung kommen kann." (Süddeutsche Zeitung, 2.6.81)
Mehr Freude für Solidaritätsarbeiter vermittelt da Freund Debray - darf man sich jetzt doch wieder sein altes Che-Poster an die Wand heften und sich dafür staatlicher (französischer) Rückendeckung sicher sein. (Einen "Wandel" hat Debray übrigens nicht durchgemacht: Wo er früher als solidarischer Beobachter die Guerilla in Lateinamerika vor Ort begutachtete und Material für sein Buch "Revolution in der Revolution" sammelte, macht er heute das gleiche von den vornehmen Räumen des Elyseepalastes aus.) Viel Solidarität also aus Paris plus der Empfehlung z.B. an die Guerilleros der FMLN in El Salvador, es Mitterrand nachzumachen und einen, zwei, viele Anläufe zur legal-friedlich-demokratischen Ergreifung der "Regierungsverantwortung" zu wagen.
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"Nicaragua: Keine Panzer aus der UdSSR. Wir nähmen eine Lieferung aber an, auch aus den USA, betonte ein Juntamitglied." (Überschrift aus der Süddeutschen Zeitung, 6.-8.6.81)
Brauchen könnten sie sie schon, die revolutionären Machthaber in Nicaragua, die sowjetischen Tanks. Daß sie sie nicht kriegen, ist (leider) nur allzu wahr. Wozu sie sie allerdings gerne haben würden - da läßt der Spruch aus Managua auch keine Illusionen zu: Wo die Reagan-Administration jeden Tag erklärt, daß sie es für einen Fehler Carters erachtet, Somoza fallengelassen zu haben, und dies mit allen Maßnahmen und Äußerungen der Sandinistas belegt, da ist die Beschwörung der "Blockfreiheit" bei nicaraguanischen Waffenwünschen ein Freundschaftsangebot ohne jede Aussicht auf Gegenliebe.