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Humanitäres weltweit
MENSCHEN, TIERE, ENDSTATIONEN
Eine Spezies von Lebewesen, die über den regelmäßig wie die Kriege hereinbrechenden 'Hunger-', 'Mißernten-', 'Bürgerkriegs-' und sonstigen Katastrophen in bestimmten Teilen des Globus laufend vergessen zu werden droht, sind die lieben Viecher, die besonders in Afrika und Umgebung sehr unter dem Hunger, Aberglauben und anderen Lastern der Eingeborenen zu leiden haben. Die Schwarzen machen ihnen, wenn keiner aufpaßt, einfach die kärglichen Weidegründe streitig, nehmen auf Tierparkgrenzen und Abschußverbote einfach keine Rücksicht kurz benehmen sich wie die Tiere. Dabei sind sie ihrer natürlichen Umgebung inzwischen schon so entfremdet, daß sie nicht einmal echtes von falschem Horn unterscheiden können, wie die Zeitungen wissen. Umso bemerkenswerter ist es, daß ein Vorkämpfer dieser gequälten Kreaturen sich wieder einmal öffentlich ihrer angenommen hat: Prof. Grzimek, der schon in seinem aufsehenerregenden Melodrama "Serengeti darf nicht sterben" den Streit, ob sich die Tiere nicht an die Wildparkgrenzen, die Grenzen nicht an die Tierzüge oder die Massai nicht an beide hielten, unentschieden ausgehen ließ, und der damit seine Verbundenheit mit beiden erhaltenswerten lebendigen Naturschönheiten Afrikas bekundete, hat zu Spenden für die eigentlichen Opfer des ugandischen Machtkampfes aufgerufen, Opfer, die keine UNO, UNESCO oder andere wohltätige Organisationen haben, um ihr unverschuldetes Elend der Weltöffentlichkeit zur mitleidigen bis gelangweilten Begutachtung vorzulegen. Soldaten aller streitenden Parteien haben die streng neutralen Wildhüter vertrieben und schießen ohne Vorwarnung das Wild ab. Da gilt es unverzüglich zu helfen, denn Serengeti darf nicht sterben.
Mehr Einsicht in das Recht der Tiere auf ihre angestammte Heimat zeigen dagegen inzwischen die Aufständischen und Nichtaufständischen in Oman und Dhofar, die sich auf Kosten der Tierwelt schon seit Jahr und Tag wechselseitig umbringen, bombardieren und brunnenvergiften. Mit guten Aussichten auf Erfolg hat man dort die Onyx-Antilope wieder angesiedelt, die zwischenzeitlich heimatvertrieben war und nun aus ihrem kalifornischen Flüchtlingslager
"über 17000 Kilometer nach Maskat, der Hauptstadt des Sultanats" geflogen wird."
"Von hier aus geht es dann im Speziallastwagen über gut 600 Kilometer Piste in den Südwesten des Landes, zum steinigen Wüstenparlateau von Jiddad al Harasis, wo die Herde 'eingebürgert' werden soll."
Das Plateau wurde freundlicherweise von den Rebellen zur Verfügung gestellt, die ins Grab oder in die offizielle Armee wechselten.
Und nicht nur das:
"Im Gebirgsland des Jebel Aswad südlich von Maskat wurde ein Reservat für den vom Aussterben bedrohten omanischen Taher eingerichtet, eine nur in Oman vorkommende Bergziegenart, deren entfernte Verwandte im Himalaja leben. Vor kurzem wurde am Rande von Salalah, der Hauptstadt der Südprovinz Thofar, ein Vogelreservat eingerichtet; Aufklärungskampagnen unter der Bevölkerung sollen die große Seeschildkröte vor dem Aussterben bewahren, die aus dem Indischen Ozean an die Sandstrände Omans kommt, um hier ihre Eier abzulegen. Vor allem aber wird in Aufklärungsschriften an die Jugend appelliert, bei der Erhaltung der einheimischen Tiere und Pflanzen und beim Schutz der Umwelt mitzuwirken: 'Mit eurer Hilfe wird Oman ein herrliches Land bleiben!'" (Süddeutsche Zeitung, 29.1.1980)
In Indien, wo bekanntlich keine Kuh geschlachtet wird, hat man die arme Menschenverwandtschaft sogar fast vollständig juristisch und damit auch sozial integriert:
"Affe unter Mordverdacht
In der westindischen Stadt Ujjai hat ein Mann einen Affen wegen Mordes angezeigt. Die Nachrichtenagentur United News of India meldete, der Mann beschuldigte das Tier, seine Frau auf einem Balkon so angesprungen zu haben, daß diese gefallen sei und sich tödliche Verletzungen zugezogen habe. Die Polizei hatte gegen die Anzeige keine Einwände."
Trotz solcher spekulativer Fortschritte tut man sich mit den geistbegabten Stammesgenossen der wilden Tiere dank Selbstbestimmungsrecht der Völker und Würde der Person leichter. Wenn die Ugander zu Hunderttausenden flüchten und verhungern, ist schnelle und unbürokratische Notfütterung zur Hand, wenn auch nur in solchen demonstrativen Ausnahmefällen und ohne die Gewähr, daß die paar Medikamente und Lebensmittel überhaupt an die richtige Adresse kommen, zumal außer den Negern auch der Charakter unserer Überschüsse der Wohltätigkeit enorme Hindernisse in den Weg legt:
"Gallus: mit Überschuß ist dem Hunger nicht immer abzuhelfen.
Die Nahrungsmittelüberschüsse der Industriestaaten ließen sich nicht ohne Schwierigkeiten an die vom Hunger betroffenen Entwicklungsländer weitergeben, sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesernährungministerium, Georg Gallus. Gleichzeitig teilte er mit, daß die Bundesrepublik dem neuen Nahrungsmittelhilfe-Übereinkommen der Vereinigten Nationen beitreten werde, das am 1. Juli in Kraft tritt. Nach den Angaben des Staatssekretäcs sind Überschußprodukte wie Obst und Wein für die Versendung wenig geeignet. Bei Magermilchpulver und Butteröl, die die Europäische Gemeinschaft mit 150.000 Tonnen und 45.000 Tonnen zur Verfügung stelle, ergäben sich ernährungsphysiologische und hygienische Probleme. Wichtigstes Produkt sei nach wie vor Getreide." (Süddeutsche Zeitung, 5.5.1980)
Die Flexibilität der menschlichen Rasse sorgt außerdem dafür, daß sie sich - in Flüchtlingslagern - auch noch unter Umständen einzurichten vermag, die ein freigeborenes Tier nicht zu ertragen imstande ist. Menschen lassen sich außerdem 'verpflanzen', wenn es unumgänglich ist, ohne gleich zu krepieren. So kommen die Bikini-Atoll-Bewohner dank ausdauerndem Überlebens endlich - nach, einem verfrühten Rücksiedelungsversuch, der am noch mangelnden Pflanzenwuchs gescheitert war - in den Genuß, auf ihre Heimatinsel zurücksiedeln zu dürfen, die sie vor nahezu 30 Jahren für die Atombombenversuche mit einem anderen Eiland tauschen mußten. Die sanftmütigen Insulaner danken den Amis die Rückkehr in die mehr oder weniger entseuchte Heimat mit der Zufriedenheit, in der eigenen Muttererde begraben zu werden und sie mit radioaktiven Elementen anzureichern.
Andere Exoten erhalten zum Dank für treue Dienste am amerikanischen Volk als Endstation sogar eine richtige freie neue Heimat, eine freie, gleiche und geheime Abstimmung und ein Weltreiseticket von Dschungel zu Dschungel gratis angeboten:
"Laotischer Volksstamm soll nach Guayana ausgesiedelt werden
Der laotische Volksstamm der Hmong, der während des Vietnamkriegs für die Amerikaner gekämpft hat und seit dem Ende des Krieges von der Pathet-Lao-Regierung verfolgt wird, wird möglicherweise im südamerikanischen Guayana eine neue Heimat finden. In dieser Wochen sollen die rund 35.000 Hmong, die derzeit in einem Flüchtlingslager an der laotischen Grenze leben, über die Umsiedlung abstimmen. Die Regierung in Guayana hat Angaben eines Hmong-Verbindungmannes in den USA zufolge zugesagt, zunächst 1.500 Hmong aufzunehmen."
Es geht also wirklich rundum menschlich zu auf dem Globus - sowohl was die Tiere, wie was die Menschen angeht.