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Dieser Artikel ist in der MSZ 3-1991 erschienen.

Systematik


DIE POLITISCHE ÖKONOMIE DER GEGENWÄRTIGEN WELTLAGE

Wenn professionellen Börsenbeobachtern beim besten Willen kein Argument mehr dafür einfällt, warum der Dollar vorgestern DM 1,48, gestern DM 1,71, heute DM 1,68 kostet und keiner eine Prognose wagen mag, wie es damit wohl in drei Wochen aussieht; wenn die Aktienkurse ganz ohne "Trend" steigen und fallen; wenn ein deutsches Handelsblatt sich und seinen Lesern die Frage vorlegt, ob "uns" von der Bankenkrise in den USA "Gefahr" drohe; wenn eine deutsche Exportmesse sich über Auftragsrückgänge mit dem Hinweis auf eine "noch tragfähige Binnenkonjunktur" hinwegtröstet; wenn die Finanzminister der G7 sich gemeinsam "besorgt über die weltweite Abschwächung des Wirtschaftswachstums" zeigen, Politiker Zinserhöhungen im Ausland als unfreundlichen Akt werten und der wechselseitige Vorwurf des Protektionismus mal wieder lauter wird; wenn nicht nur die Bundesbank sich um die DM sorgt, ein unbedachtes Wort Kursstürze verursacht und der Kanzler Optimismus predigt dann steht fest, daß der Zyklus des Kapitals wieder einmal die Phase erreicht hat, die altmodisch Überakkumulation heißt.

In den Führungskreisen der Weltwirtschaftsmächte ist man sich inzwischen ziemlich einig, daß es sich derzeit - naja, irgendwie - um eine solche "Lage" handelt. Groß Aufhebens davon machen sie nicht; fast könnte der Eindruck entstehen, als würden sich die Weltmächte gegenwärtig um den prekären Zustand ihrer ökonomischen Grundlage, die der Staatenwelt immerhin die materiellen Mittel ihres Herumfuhrwerkens liefert, eher weniger scheren. Der Eindruck täuscht. Klar: In den Projekten, die sie zu Existenzfragen der Nation bzw. gleich der ganzen Staatenwelt erklärt haben und durchziehen, lassen sie sich durch drohende ökonomische Krisenzeichen nicht beirren. Da wird ein Krieg gleich um eine ganze "neue Weltordnung" geführt, ein Staat in Vollendung eines obersten nationalen Auftrags annektiert und eine ganze Staatengemeinschaft im Namen von Demokratie und Freiheit in ihre Bestandteile zerlegt - alles ohne Rücksicht auf die Kosten, die die Nationen anerkanntermaßen treffen und sich als Belastung des ansonsten doch höchstgeliebten politischen Pflegekinds namens "die Wirtschaft" bemerklich machen. Daß der Zustand der Weltkonjunktur solche Belastungen übel vermerkt, wird schon ausgesprochen; daß Kriege und Großmachtpläne teuer sind, wäre allerdings der letzte Grund, aus dem Nationen sie lieber unterließen. Im Gegenteil: Daß an diesen Kosten irgend etwas scheitern könnte, was die Nationen sich jeweils so vorgenommen haben, ist so wenig vorgesehen, daß darüber nicht einmal ein deutscher Bundesbankpräsident laut nachdenken darf. Den Machern der Weltpolitik ist offenbar nicht nur bewußt, daß es mit dem sicheren Zugriff der Nationen, auf ihre ökonomischen Mittel ziemlich wacklig steht; sie sind auch fest entschlossen, ihre nationalen Vorhaben gerade deshalb um so energischer voranzutreiben. Dafür haben sie ihre guten Gründe: Es geht nämlich bei ihren Vorhaben um gar nichts anderes als darum, per Einsatz staatlicher Gewalt den nationalen Ertrag aus dieser seltsamen Veranstaltung namens Weltmarkt zu vergrößern. Da bleibt keinem Bush oder Kohl verborgen, daß gerade das Anheizen des Streits um die Verteilung von Nutzen und Schaden aus den Weltmarktgeschäften die Methode ist, aus einer "Wachstumsschwäche" eine veritable Krise des Weltmarkts werden zu lassen - gerade wenn und weil keine Nation von ihrem Interesse lassen will. Das ist die Lage.

I. Die USA definieren die neue weltpolitische Lage: Die Korrek- tur ihres ökonomischen Niedergangs bestimmt die Tagesordnung

1. Die USA haben mit dem Golfkrieg ihr Interesse an einer Korrektur der Resultate aus 45 Jahren Weltmarktkonkurrenz auf die weltpolitische Tagesordnung gesetzt. Unter dem Schirm- einer gemeinsamen Feindschaft zum Osten sind ihnen die EG und Japan zu reich und mächtig geworden, haben sich zuviele Einflußsphären gesichert, zuviele auswärtige Quellen nationalen Reichtums erschließen können, die den USA - so sehen sie das jedenfalls - jetzt abgehen. Die USA haben Bilanz gezogen hinsichtlich der nationalen Erträge aus der Weltmarktkonkurrenz; ihre sind ihr zu klein, die der anderen zu groß. Die Unzufriedenheit mit dieser Lage haben die USA zur obersten Richtschnur ihrer Politik gemacht und haben damit für den gesamten Rest der Welt definiert, worum es in der Weltpolitik gegenwärtig zu gehen hat.

Diese Unzufriedenheit der USA ist prinzipieller Natur. Sie betrifft die Art und Weise, wie sich die Weltwirtschaftsnationen in der Staatenkonkurrenz tummeln, was sie sich da herausnehmen, wie sie sich politischen Einfluß, ihrer Wirtschaft Märkte und Anlagesphären sichern. Die nationalistische Diagnose, wonach ihr ökonomischer Mißerfolg Resultat unlauterer Machenschaften sei, mit denen sich die restliche Staatenwelt auf ihre Kosten Vorteile verschafft hat, tragen die USA gleich in der Form vor, daß die Konkurrenz sich dämit nicht bloß am nationalen Interesse der USA, sondern überhaupt an den Prinzipien vergangen habe, nach denen die Staaten sich bei der Benutzung des Weltmarkts zu richten hätten. Damit kritisieren die USA die Kredit-, Export-, Wirtschafts- oder Außenpolitik der EG oder Japans nicht einfach als Konkurrent unter Konkurrenten. Sie sehen sich darüber hinaus befugt, über die Mittel und Methoden der Staatenkonkurrenz zu richten; die Interessen und Aktivitäten anderer Souveräne danach zu beurteilen, ob sie sich an US-amerikanischen Vorstellungen einer "gerechten Weltordnung" orientieren. Und da heißt ihr Befund: Wenn die Wirtschaftskraft Amerikas andauernd nachläßt, diese reiche und mächtige Nation mit ihren Mitteln auf dem Weltmarkt immer weniger putzt, dann muß in der gesamten Staatenwelt eine prinzipielle Unordnung eingerissen sein; dann kann das nur daran liegen, daß andere Mächte in ihrem ökonomischen Treiben der Macht der USA nicht ausreichend Respekt zollen. Die USA sehen die aktuelle Weltlage so, daß sie es sind, die mit ihrer militärischen Gewalt die für ein gedeihliches Benutzen des Weltmarktes nötige zwischenstaatliche Ordnung sicherstellen; und die anderen, die aus dieser Ordnung den materiellen Nutzen ziehen - wo doch die USA wegen ihrer Macht diejenigen sein müßten, die an erster Stelle aus dieser Ordnung profitieren. Dieses "Mißverhältnis" wollen sie korrigieren.

Diese Diagnose ist nicht neu; im Prinzip hegen und praktizieren US-Politiker den Verdacht, sie würden durch die Konkurrenz übervorteilt und um ihren "gerechten Anteil" am weltweit - produzierten Reichtum betrogen, spätestens seit Beginn der Reagan-Ära. Aus diesem Geist heraus hat sich den USA die Annexion Kuwaits als letzter Beweis offenbart, daß ihre Diagnose tatsächlich stimmt: daß die konkurrierenden weltpolitischen Ambitionen und Geschäftemachereien ihrer (Noch-)Verbündeten Unruhe in die mit Ausfall des Ostens endlich - so war es geplant - fertige Weltordnung bringen. Daraus haben die USA die fällige Konsequenz gezogen, daß sie dann eben mit Macht die Weltordnung neu konstituieren müssen, in der das Recht der USA unwidersprochen gilt und in der sich die gewüinschten nationalen Erträge dann auch schon einstellen würden.

Für den Beweis, daß die USA es mit diesem Programm ernst meinen, also ihre Macht rücksichtslos dafür einzusetzen bereit sind, daß die Staatenwelt zukünftig den von den USA definierten "Spielregeln" des zwischenstaatlichen Verkehrs den fälligen Respekt zollt, war der Krieg notwendig. Dieser Beweis war ja auch so schwer nicht zu haben. Das Um-zu dieses Beweises steht allerdings noch aus. Denn die Demonstration überlegener amerikanischer Siegfähigkeit ist für sich noch gar nicht der Ertrag, den die im Nahen Osten exemplarisch konstituierte "neue Weltordnung" erbringen soll. Mit dem Krieg ist zunächst nur negativ klargestellt, daß die USA sich die Ausnutzung ihrer Weltordnung zum Aufbau konkurrierender ökonomischer und politischer Einfluß-. und Machtsphären nicht bieten lassen wollen. Die positive Umsetzung dieser Klarstellung in eine Richtschnur für den zukünftigen Gang des internationalen Geschäftslebens, das sich in wachsendem Nutzen für amerikanischen Nationalreichtum niederschlägt, ist noch zu leisten. Fragt sich, wie das gehen soll.

2. In dieser Frage haben die USA bereits im Krieg selbst für gewisse Klarstellungen gesorgt. Sie haben einerseits zu erkennen gegeben, wie sie ihr ökonomisches Verhältnis zur Konkurrenz diagnostizieren; und sie haben mit der Forderung nach Tributzahlungen beispielhaft demonstriert, welche Korrekturmittel sie in dieser Lage einzusetzen gedenken.

Kaum war der Beschluß zu Krieg gefallen, haben die USA nicht nur um militärische, sondern auch um ökonomische Unterstützung bei den Verbündeten nachgesucht. "Burden-shaing" hieß der Titel, unter dem die anderen westlichen Mächte aufgefordert waren, sich an den Kosten des Krieges zu beteiligen. Die USA legten ausdrücklich Wert auf die Sichtweise, nach der sie mit diesem Krieg eine leidige, aber notwendige Aufgabe übernommen hätten, an deren Erledigung im Prinzip alle, auch die unbotmäßige Konkurrenz, Interesse haben müßten: im Dienste der Weltgemeinschaft für Ordnung zu sorgen. Daraus leiteten die USA die Pflicht des Rests der Welt ab, sie bei der Erfüllung diese Auftrags zu unterstützen. Die USA empfanden es ausdrücklich als unbillig, die "Last" dieses Krieges allein tragen zu müssen; zumal sie der Auffassung waren, daß es nur den ungehörigen Aktivitäten europäischer Profitgeier zu verdanken sei, daß dieser Krieg überhaupt nötig werde. Die Definition der Ausgaben für den Golfkrieg als gemeinsam zu tragende Kosten macht quasi die eigentlichen Verursacher der weltpolitischen Unordnung für die "Folgen" haftbar.

Ein in mehrfacher Hinsicht bemerkenswertes Vorgehen. Einerseits stand ja mit dem Beschluß zum Krieg allemal fest, daß die amerikanische Ökonomie dessen Kosten und Wirkungen in Form höherer Ölpreise, wachsender Staatsverschuldung und/oder höherer Steuern auf jeden Fall auszuhalten hatte - daß die USA ihre Kriegsbereitschaft etwa von negativen Wirkungen der anfallenden Kosten auf Wechselkurs, Zahlungsbilanz und Wachstumsrate abhängig gemacht hätten, stand nicht zu befürchten. Andererseits war das Anmahnen von Kriegstributen durchaus als Mittel gedacht, weitere Schäden von einer Wirtschaft abzuwenden, bei der allenthalben schon "Schwächezeichen" entdeckt wurden. Auf ändere, ökonomische Mittel zur Schonung oder gar Verbesserung ihrer Bilanzen haben die USA gleich gar nicht setzen wollen. Weder haben sie sich wie in früheren Zeiten schlicht darauf verlassen, daß die internationale Finanzwelt das Geltendmachen amerikanischer Macht schon für einen ausreichenden Grund halten würde, auf das Geld dieser Macht zu spekulieren, den Dollarkuis hochzutreiben und damit den USA die wachsende Zahlungsfähigkeit in die Hand zu spielen, die sie zur Kriegsfinanzierüng benötigt. Noch hat die gegenwärtige US-Regierung das weiland von Reagan praktizierte Verfahren zum Einsatz gebracht, durch "Hochzinspolitik" auswärtige Geldgeber zur Finanzierung der Aufrüstung in den Dollar zu locken, also mit staatlich gesetzten ökonomischen Angeboten den anderen Mächten eine Konkurrenz um Kredit aufzumachen; das hält sie beim gegenwärtigen Stand der Konkurrenz für kein taugliches Mittel. Mit der Einforderung von Kriegstributen haben die USA gegenüber ihren Konkurrenten nicht auf Mittel der Konkurrenz, sondern pur auf ihre Macht gesetzt: also auf den Umstand, daß diese ihrerseits gute Gründe haben, sich dem Zahlungsverlangen der USA zu beugen und eigenes Geld rüberzuschieben.

Einen Vorgeschmack auf die Spielregeln der neuen Weltordnung, wie die USA sie gerne hätten, liefert das Einklagen von Kriegstributen damit schon. Wo die eingerichteten Mittel der ökonomischen und wirtschaftspolitischen Konkurrenz nicht das Ergebnis produzieren, das die USA wollen, nehmen sie sich das Recht heraus, ihre Gewalt zur Korrektur der Resultate in Anschlag zu bringen. Zugleich wird an diesem Beispiel aber auch der Mangel dieses Korrekturmittels sichtbar. Denn eine "Korrektur" der Konkurrenzresultate kommt im eigentlichen Sinne des Wortes so gar nicht zustande. Die Konkurrenzposition der USA, der Stand ihrer Währung, der Nutzen, den der Nationalkredit dem Staat einspielt, hat sich ja so gar nicht verbessert. Ein bißchen mehr DM- bzw. Yen-Verschuldung ist an die Stelle der Dollarverschuldung getreten - mehr nicht. Darüber hinaus hat das Einfordern von Tribut den entscheidenden Mangel, daß es auf seiten der Zahler den ökonomischen Erfolg unterstellt, der den USA gerade ein Dorn im Auge ist. Das haben die Tributpflichtigen auch schnell bemerkt und haben, die Deutschen voran, das "Lastenverteilen" zu einem neuen Gegenstand der Konkurrenz erhoben. Mit dem Argument, auch die Kosten der Einheit und die projektierte Kapitalisierung des Ostens seien "Lasten", die Deutschland im gemeinsamen westlichen Interesse übernommen habe, hat der deutsche Finanzminister seinem amerikanischen Kollegen klargemacht, daß die USA auch ein deutsches Recht auf Erfolg anerkennen müssen, wenn sie an deren Ergebnissen partizipieren wollen.

II Die ökonomischen Machtmittel der Nation - und was sie für die USA noch taugen

1. Der Golfkrieg sollte glaubwürdig den Willen wie die Fähigkeit der USA demonstrieren, dem Rest der Welt die Bedingungen zu diktieren, unter denen sie an der Weltmarktkonkurrenz partizipieren dürfen. Deswegen müßte er sein. Zugleich machte er offenkundig, worin der Mangel besteht, den die USA kuriert sehen wollen: Ihnen ist die souveräne Verfügung über die Mittel abhanden gekommen, der Konkurrenz auf dem Felde der Ökonomie erfolgreich entgegenzutreten. Daß die USA das Geld der anderen brauchen, ist der Umstand, der sie stört; daß sie es, wegen Macht, verlangen können, die Basis für ihre Gewißheit, daß sich diese Lage ändern läßt.

Die USA brauchen das Geld der anderen, weil ihr eigenes immer weniger für die Realisierung der nationalen Vorhaben taugt. Das ist das Urteil, das die USA fällen, wenn sie die Entwicklung ihrer Staatverschuldung und den Stand des Dollarkurses betrachten. Dabei liegt ihr Problem nicht darin, daß sie nicht jedes Geld bekommen könnten, das sie brauchen. Die Klage über wachsende Staatsverschuldung ist ja die Begleitmusik zu einer ständigen Ausweitung des Staatskredits; und es gibt auch gar keine Instanz, die den USA diese Praxis verwehren könnte. Sie verschulden sich ja nicht in ausländischer Währung wie irgendein Drittweltstaat, der sich auf diese Weise fremde Souveräne als Gläubiger und Einmischer an den Hals holt. Die USA verschulden sich in ihrem eigenen, national gestifteten und garantierten Kredit, in richtigen schönen US-Dollars. Insofern zeugt die wachsende Verschuldung des US-Staates zunächst einmal nicht von Problemen, die dieser Staat hätte, sondern im Gegenteil von seiner Freiheit: der nämlich, ganz nach dem jeweiligen staatlichen Bedarf ständig neue Schuldzettel in die Zirkulation werfen und darauf setzen zu können, daß sich dafür nach wie vor auch Abnehmer finden, die Dollarkredite als Anlage für ihr Geldkapital nutzen.

Diese Freiheit des Kreditschöpfens per staatlicher Gewalt hat allerdings ökonomische Grenzen; und die bekommen die USA gegenwärtig zu spüren. Denn das ständige Mehr an staatlichen Kreditzetteln ist ja nicht automatisch ein tatsächliches Mehr an staatlicher Zahlungsfähigkeit, an staatlichem Zugriff auf wirklichen Reichtum. In welchem Maße seine Zettel in diesem Sinne wirkliches Geld repräsentieren, muß sich in der tatsächlichen Verwendung dieser Zettel als Geld, d.h. als Mittel, in Produktion und Zirkulation eine wirkliche Vermehrung von Reichtum zustandezubringen, erst noch erweisen. Darüber entscheidet nicht der Staat, sondern das praktische Tun seiner Geschäftswelt, die er mit seinen Kreditzetteln austattet. Daß deshalb beim Verschulden geschaut werden muß, wie gut es der Geschäftswelt gelingt, mit den nationalen Kreditzetteln erfolgreiche Geschäfte zu machen; daß deswegen auch darauf geachtet werden muß, daß die Schulden nicht so hoch werden, daß "die Wirtschaft" sie nicht mehr "verträgt", weiß jeder Finanzminister, der in steigenden Inflationsraten die Ent-Wertung des Kredits als Geld bemerkt und auf Haushaltskonsolidiervng drängt - ohne daß irgendein Zuständiger denn nun sagen könnte, wie hoch die Schulden sein können bzw. keinesfalls steigen dürfen, wenn die nationale Rechnung aufgehen soll, nach der mehr Staatskredit mehr Geld sein soll.

Die USA erfahren gegenwärtig, daß sie nicht aufgeht. Wieviel neue Schulden der US-Staat auch immer macht, wofür er sein Geld auch einsetzt, eines scheint vorweg immer schon festzustehen: Sie bringen ihm immer weniger ein und versetzen ihn immer weniger in die Lage, die alten Schulden weiter zu bedienen. Na klar: Insofern die US-Staatschuldzettel zirkulieren, wird schon irgendwer mit und an ihnen verdienen. Unterm Strich bleibt aber als Quelle dieses Verdienens, also des Mehrwerdens der Dollars, anerkanntermaßen bloß die Gewalt der USA: D.h. der Umstand, daß dieser Staat für das Wertsein seiner Zettel geradesteht. Statt daß amerikanische Geschäftsleute und Banken den vom US-Staat gestifteten Kredit verwenden, um ihr Geschäft zu erweitern, fremde Zahlungsfähigkeit und fremden Kreditbedarf zur eigenen Bereicherung benutzen; statt daß die erfolgreiche Benutzung des Kredits eine erweiterte Grundlage für neuen Kredit bereitstellt, bleibt unterm Strich der US-Staat die einzige Quelle der Kreditvermehrung.

2. Daß die USA deswegen nicht mit dem Schuldenmachen aufhören, ist die eine Sache. Daß ihre politische Macht, neuen Dollarkredit zu schaffen, nichts an der Tatsache ändert, daß ihre Freiheit zur Verschuldung ökonomisch dahin ist, ist die andere. Das merkt die Nation nicht zuletzt daran, was dem Rest der Welt die Zettel wert sind, die sie da ständig aufs Neue in die Zirkulation wirft. Der Dollarkurs verfällt: International repräsentiert jeder Dollarzettel immer weniger Wert. Darin kommt zum Ausdruck, daß im Vergleich mit anderen WeltWährvngen intemational immer weniger Geschäft mit dem Dollar gemacht, er für diese Geschäfte also weniger nachgefragt wird. Zwar ist es durchaus noch so, daß der in Dollars bilanzierte Reichtum wächst. Allerdings nicht genug: dafür, um das Anwachsen des Kredits zu kompensieren, den der US-Staat in die Welt setzt. Am Kursverfall der Währung zeigt sich, daß die Vermehrung von Dollars eben nicht das gleiche ist wie immer mehr taugliches, Gewinn abwerfendes Geschäftsmittel. Deshalb erweisen sich selbst die mit dem sinkenden Kurs gemachten Geschäfte für die Nation als zweischneidige Angelegenheit. Als positives Mittel des auszudehnenden Exports beweist der sinkende Dollarkurs den negativen Ausgangspunkt der nationalen Rechnung: Daß US-Unternehmen eben derzeit nicht in wachsendem Maße aus den Weltmarktgeschäft Gewinn ziehen, also ihnen ein für den Export günstiger Wechselkurs dabei helfen muß. Eben deshalb kommen allerlei andere Bilanzen der Nation durcheinander:

"Der niedrige Dollar ist nicht nur ein Segen. Er verschärft den Inflationsdruck und könnte zu Instabilität auf den Finanzmärkten beitragen." (Rede des amerikanischen Bundesbankdirektors Greenspan vor dem Kongreß, Januar 1990).

An der Ausweitung des amerikanischen Nationalkredits und seinen Folgen für das Geld der USA blamiert sich so einerseits die Ideologie, daß der Staatskredit durch irgend etwas "gedeckt" sein müsse, daß also "hinter" jeder staatlich gedruckten Banknote und jedem Staatsschuldpapier "irgendwie" so etwas existieren müsse wie eine wertmäßige Sicherheit dafür, daß dieser fiktive Wertrepräsentant auch wirklich Geld sei: Dann hätte es ja zu dieser fiktiven Aufblähung des nationalen Geldes nie kommen können. Andererseits wird aber auch deren Wahrheit offenbar: Daß eben keine Macht der Welt verhindem kann, daß die staatliche Definition, wonach die nationalen Kreditzettel schon deswegen als Geld taugen, weil die Staatsmacht sie in Umlauf setzt, periodisch von genau den Gesetzmäßigkeiten der Geldvermehrung als Idealismus blamiert wird, die die Staatsgewalt auf diese Weise in Gang setzt und hält. Die USA kommen also nicht umhin sich einzugestehen, daß die ökonomischen Mittel der Nation den Dienst versagen, zu dem sie sie auserkoren hat. Ihre Hoheit über das nationale Geld erweist sich als außerstande sicherzustellen, daß dieses Geld sich als Mittel für einen wachsenden Zugriff der Nation auf die von ihr benötigten und beanspruchten Finanzmittel bewährt.

III. Bankenkrise und Rezession - die USA leiden am Weltmarkt

1. Der Kredit wird aufgebläht; eine gewinnbringende Benutzung des Dollar in einem Umfang, der der Erweiterung des Kredits die sich erweiternde Basis liefern könnte, bleibt aus. Das bemerkt die Nation daran, daß in zunehmendem Maße ihr Kreditsystem den nützlichen Dienst versagt, den es von Staats wegen der nationalen Ökonomie zu leisten bestimmt ist. Der heißt, Schulden zu Geschäftsmitteln zu machen, an deren Ertrag sich der Staat bedienen kann.

Schon seit einiger Zeit vergrößert sich die amerikanische Staatsschuld durch einen Ausgabeposten, der von keiner US-Regierung so jemals vorgesehen war: durch den finanziellen Aufwand für die Sanierung pleitegehender Banken und Sparkassen bzw. für die Auszahlung von deren Gläubigern. Inzwischen wird die schlappe Summe von 500 Mrd. Dollar gehandelt, die als Ausgabeposten im US-Haushalt vorgesehen werden müssen, um für Einlagen, d.h. Schulden der pleitegegangenen "Savings- and Loan"-Kassen aufzukommen, die sich in den letzten Jahren dem aparten Zweck gewidmet hatten, auf der ökonomischen Basis vor allem der Spareinlagen der normalen Menschheit eine gewinnträchtige Beteiligung am allgemeinen Aufschwung der Bauland-, Immobilien- und sonstigen Spekulation zu organisieren. Und Zusammenbrüche in anderen Abteilungen des amerikanischen Kreditgewerbes geben Fachleuten Anlaß zur Spekulation, ob es denn mit diesen Milliarden getan sein werde.

US-Kreditinstitute haben also den reichlich vorhandenen Kredit durchaus genutzt. Allerdings offenbar mehr zu einer Sorte gewinnträchtigen Geschäfts, die der wachsende Kreditüberbau mit seinem Wachsen selbst produziert: Immobilienspekulation, Aktien, Terminbörsen... Jetzt zeigt sich, daß überspekuliert wurde. Unternehmen verdienen schlechter, Rückflüsse bleiben aus, Kredite werden nicht mehr bedient; kreditvergebende Banken sehen sich gezwungen, ihren Kredit einzuschränken, werden selbst zur schlechten Kreditadresse - das Verhängnis nimmt seinen Lauf. Hinterher weiß jeder, daß da irgendwas "zuviel" gewesen sein muß; welche Geschäfte die Bank nicht hätte tätigen sollen, als sie noch Gewinn versprachen, weiß natürlich auch niemand zu sagen."Solide" hätte es halt sein müssen - als wären Kredite vorweg danach sortierbar, welche sich später als "marode" herausstellen werden. Und außerdem: Woher soll denn eine Bank ihr Geschäftsvolumen nehmen, auf das sie selbst Kredit zieht, wenn sie bei der Immobilien-, Terminbörsen-, Aktienspekulation nicht mitmischt. Dann machen bloß andere das Geschäft. Also...

Für den US-Staat liegt die Lästigkeit dieser Lage nicht einfach darin, daß sie ihm Kosten verursacht. Daß er sich bemüßigt sieht, mit seinem Nationalkredit für geplatzten Privatkredit geradezustehen, ist vielmehr selbst schon Resultat des Umstandes, daß er mit der Zunahme von Bankpleiten viel mehr in Gefahr sieht als bloß die Spareinlagen von ein paar aufgebrachten US-Bürgern. An sich fällt es ja weniger in den Auftrag eines kapitalistischen Staates, die Gläubiger maroder Untemehmen auszuzahlen; wo sich Kredite mangels Konkursmasse als uneinbringbar erweisen, haben die Kreditgeber normalerweise eben Pech gehabt. Und auch der Umstand, daß eine Einlagenversicherung wie alle Versicherungen nur solange ihren Dienst tut, wie sich durch gewinnträchtige Anlage der Versicherungsbeiträge mehr Geld verdienen läßt als die Versicherungsfälle an Auszahlungen verlangen, wäre für sich noch kein Grund für den Beschluß der US-Regierung, aufjeden Fall mit dem Staatshaushalt für deren Kosten aufzukommen.

Im Falle von Bankpleiten stellt sich die Sache allerdings vom Standpunkt der staatlichen Aufsicht etwas anders dar. Wo eine Bank zahlungsunfähig wird, ist nicht bloß das Geschäft bzw. die Einlagen ihrer Kunden tangiert; da besteht vielmehr die Gefahr, daß sie mit ihrem Konkurs das System der wechselseitigen Kreditierung der Banken untereinander in Mitleidenschaft zieht und so eine Kettenreaktion fallierender Kredite und mit ihnen bloß deswegen zahlungsunfähigen Geschäfts auslöst. Wo das ganze nationale Geschäftsleben auf Kredit beruht, das Geschäft des Bankkapitals die Bewegung jeden Geldes und Kapitals vermittelt, das in Produktion und Zirkulation fungiert, sind Bankpleiten prinzipiell Anlaß zur staatlichen Sorge, ob hier nicht die ökonomischen Grundlagen seines Gemeinwesens und damit sein eigenes ökonomisches Mittel, der Nationalkredit, betroffen sein könnten. Deswegen steht er mit staatlichem Geld dafür gerade, daß nicht mehr Kredit kracht, als unbedingt nötig, und daß nicht darüber Zweifel in die Solidität des nationalen Geldes aufkommen.

Das Dumme ist bloß, daß durch noch so viele staatliche Milliarden eine Sanierung des amerikanischen Bankenwesens, die den Namen verdiente, gar nicht zu machen geht. Die ist ja nicht dadurch zu leisten, daß einfach neue staatliche Kreditzettel an die Stelle ausbleibender Zahlungen der Schuldner treten: Das bläht bloß den Kredit auf, macht aber noch nicht aus schlechtem Kredit lohnenden. Das ist nur dadurch zu leisten, daß der Bankkredit seine solide Grundlage wieder aus wirklich gewinnbringendem Geschäft der Bankkundschaft bezöge. Dafür ist das Platzen von Krediten, also das Vernichten von Ansprüchen auf Gewinn aus den Erträgen des nationalen Geschäftslebens einerseits ein Mittel: Durch die Entwertung von sich als fiktiv herausstellenden Gewinnansprüchen ist eine Voraussetzung geschaffen für neue, lohnende Geldanlage. Andererseits ist die Beseitigung von unbedienbaren Gewinnansprüchen noch lange keine Garantie dafür, daß auf der Grundlage, mit neuem, "soliden" Kredit dann tatsächlich neues, gewinnbringendes Geschäft gemacht wird. Das bekommt der Ami-Staat gegenwärtig zu spüren. Schon seit einigen Jahren wirft er Dollar-MiIliarden ins Kreditsystem, ersetzt mit seinen Zahlungen die wirkliche Bewährung des Kredits als Kapital - und trotzdem will sich eine Besserung der Lage nicht einstellen. Im Gegenteil: In der Banken- und Geschäftswelt verfestigt sich bloß die Auffassung, daß es sich hier um eine Krise des amerikanischen Bankensystems überhaupt handele, die zu prinzipiellem Mißtrauen in die Solidität des Kredits Anlaß biete. Damit die Krise nicht auch sie erfaßt, erhöhen noch gar nicht angeschlagene Banken ihre Zinsen und werden vorsichtiger in der Kreditvergabe; das wiederum greift die Zahlungsfähigkeit ihrer Kundschaft an; das Kreditvolumen schrumpft und die Beschwerde wird laut, daß "Kapital knapp" werde. So stellt sich das auf den ersten Blick absurd scheinende Ergebnis ein, daß ein Zuviel an Kredit sich denen, die ihn geschäftsmäßig benutzen, als "credit crunch", Kreditmangel, darstellt. Die Gleichung, daß Kredit, kaum kommt er auf die Welt, Geld sei, ein für wirkliche Vermehrung tauglicher Wert, ist gekündigt, weil die Geldvermehrung selbst an ihre Schranken gestoßen ist. Deswegen stiftet das vom Staat ausgehende Mehr an Kredit nicht neues Geschäft, sondern bloß eine spekulative Aufblähung des Kreditüberbaus, während für diejenigen, die den Kredit für die Aufrechterhaltung und Fortführung ihrer fraglich gewordenen Geschäfte brauchen, eben derselbe Kredit immer teurer und schwerer zu bekommen ist.

Damit ist das gedeihliche Zusammenspiel zwischen Bankensystem und Notenbank gestört. Statt daß die Banken sich auf der sicheren Grundlage des Kredites, den sie in Einlagen und zinsbringenden Schulden ihrer Kundschaft haben, bei der Staatsbank für Kreditausweitung refinanzieren, und so die Masse des in Wert gesetzten Nationalkredits wächst, wächst die einseitige Finanzierung des Bankkredits durch den Staat. Damit die Banken Kredit haben, erhöht der Staat seine Schulden; und das ist so ziemlich das Gegenteil der Benutzung eines florierenden Bankwesens als Instrument des In-Wert-Setzens der nationalen Kreditzettel.

2. In der Krise des Bankensystems offenbart sich der Umstand, daß deren Kunden, also die amerikanische und sonstige, bei den US-Banken verschuldete Geschäftswelt, derzeit schlechte Geschäfte machen. Das ist allseits bekannt. Weniger bekannt ist, was eigentlich der Grund für diesen offenkundig nachlassenden Geschäftserfolg ist. Regierung und Öffentlichkeit in den USA machen sich schon seit etlichen Jahren den immer gleichen nationalistischen Reim darauf, wie es mit der einstmals reichsten Nation der Welt überhaupt soweit kommen konnte: Die Japaner verhindern mit unlauteren Methoden den Zugang amerikanischer Waren zu ihren Märkten und nutzen auf der anderen Seite den US-Markt für den Absatz ihrer Waren schamlos aus; die EG umgibt sich frech mit Außenzöllen und überschwemmt den Weltmarkt mit hochsubuentionierten Agrarprodukten; auf dem amerikanischen Immobilienmarkt machen sich japanische Spekulanten breit und die europäischen Banken bekommen staatliche Unterstützung beim Abstoßen ihrer faulen Drittweltkredite. Auf die Weise verschafft sich die auswärtige Konkurrenz lauter Vorteile, die sich bei US-Firmen und Banken als ebensoviele Schäden niederschlagen. Da hilft es wenig, die Frage aufzuwerfen, was US-Firmen denn in Japan überhaupt würden verkaufen wollen; darauf hinzuweisen, daß billige Japanimporte doch immerhin den Kostpreis des amerikanischen Importeurs verbessern; daß die US-Subuentionen für die Landwirtschaft den europäischen nicht nachstehen; etc. pp. Schließlich geht es bei diesen Beschwerden ja nicht um eine Analyse der tatsächlichen ökonomischen Lage, sondern um die Übersetzung amerikanischer Niederlagen auf dem Weltmarkt in ebensouiele ungerechtfertigte Siege der Konkurrenz, die diese ohne dementsprechende Machenschaften ihrer zuständigen Regierungen nie hätten erringen können.

Entsprechend dringen die USA seit Jahr und Tag im GATT, gegenüber der EG und Japan auf "Öffnung der Märkte" und "Abbau des Protektionismus". Bislang hat sich aber noch nicht erwiesen, daß die Durchsetzung diesbezüglicher amerikanischer Forderungen dasselbe sei wie die Sicherung eines sich dadurch einstellenden amerikanischen Nutzens. Den Führern der Weltmacht Nr. 1 bleibt denn auch nicht verborgen, daß ihre diesbezüglichen Bemühungen schon seit längerer Zeit laufen, ohne Wirkung zu zeigen; daß deren einziges Ergebnis vielmehr darin besteht, daß die amerikanische Wirtschafts- und Finanzpolitik ein Dauerprogramm der Schadensbegrenzung abzuwickeln hat. Das diagnostizierte Mißverhältnis von Verschuldung und Wirtschaftskraft erscheint den zuständigen Machern selbst zunehmend als irreparabel - jedenfalls mit Mitteln der nationalen Haushalts- und Wirtschaftspolitik: Hat es sich doch durch schon jahrelang praktiziertes haushaltsmäßiges Aufpassen und wirtschaftspolitisches Befördern von Geschäften nicht ins staatspolitisch erwünschte Lot bringen lassen.

3. Inzwischen ist es offiziell: Dem amerikanischen Nationalkredit wird zunehmend seine ökonomische Basis entzogen. Anfang dieses Jahres hat sich die US-Regierung zu dem Standpunkt durchgerungen, daß sich die heimische Wirtschaft wohl in einer "Rezession" befinde. Der Ertrag der gesamten US-Wirtschaft wächst nicht, sondern schrumpft. Darin kommt zum Ausdruck, daß der Geschäftserfolg der amerikanischen Konkurrenten dem Wachstum der USA-Ökonomie insgesamt als Schranke entgegentritt. Es geht nicht mehr einfach darum, daß die Stahl- oder Autobranche in der Weltmarktkonkurrenz zurückgefallen wäre; die Konkurrenzfähigkeit dieser Nationalökonomie, ihre Potenz, Reichtum in amerikanischer Nationaluniform zu mehren, ist angegriffen. Das ist es, was amerikanische Politiker als "Rezession" bilanzieren. Und das liegt nun wiederum gar nicht bloß an ihr; sondern daran, daß die Ausdehnung der Weltmarktgeschäfte insgesamt an einen Punkt gelangt ist, wo das Geschäft eines Kapitals nur auf Kosten des anderen zu haben ist; wo japanische Autoverkäufer sich nicht mit den amerikanischen auf einem wachsenden Markt um Anteile streiten, sondem darum, wer Einbrüche am Markt am besten verkraftet und für sich in Gewinn ummünzt. Es zeigt sich, daß im Verhältnis zur zahlungsfähigen Nachfrage zuviel Kapital weltweit zwecks Gewinnemachen angelegt wurde, als daß es sich insgesamt lohnend verwerten ließe; Verluste, Entwertung von Kapital stehen an bzw. finden schon statt. Im Streit darum, wen die Entwertung trifft, unterliegen US-Firmen; damit fallen sie selbst wiederum als zahlungsfähige Nachfrage für Geschäfte aus, die europäische und japanische Firmen bislang mit ihnen gemacht haben. Nichts anderes bedeutet: Überakkumulation.

Eben deshalb nehmen die USA die wechselseitige Abhängigkeit zwischen den nationalen Ökonomien inzwischen hauptsächlich in der Form zur Kenntnis, daß fremdes Geschäft auf Kosten der USA gehe. Damit ist die Sichtweise passe, daß der Weltmarkt, wie er so geht und steht, ein Mittel wechselseitigen Vorteils sei. Daß der Gewinn, den der eine oder andere, "deutsche" oder "amerikanische" Multi aus seinen Weltmarktgeschäften zieht, nicht zusammenfällt mit dem Nutzen, den die amerikanische Nation aus diesen Geschäften zieht, bemerken die USA streng nach der Logik, daß nicht sein kann, was nicht sein darf. Die moralische Weisheit, daß die Konkurrenz den "Besten" überleben lassen solle, lassen die USA eben nur in der Lesart für sich gelten, daß es sich dann, wenn sie verlieren, eben nicht um gerechte Konkurrenz, "fair practices" gehandelt haben könne. Daß es ebensowenig in der Hand von der EG oder Japan liegt, den Weltmarkterfolg ihrer Nation sicherzustellen, wie in der der USA, - schließlich verfügen die Regierungen dort ja auch über keine anderen "Instrumente" als die, die den USA gerade ihren Dienst versagt haben - stört die USA in ihrem Befund herzlich wenig. Daß da überhaupt die Macht vorliegt, den USA in ihren Ansprüchen in die Quere zu kommen, ist schon der ganze störende Umstand, dem zu Leibe gerückt gehört.

IV. Krise des Weltmarkts - Krise des Dollars

1. Daß, wo weltweit die Geschäfte schlechter laufen, ausgerechnet die USA nicht der Nutznießer aus den Verlusten anderer sind, sondern selbst Verluste hinnehmen müssen, ist für diese Nation ein untragbarer Zustand. Damit erweist sich für die Nation endgültig, daß ihre in den letzten Jahren des Wirtschaftsaufschwungs getätigten Anstrengungen, amerikanischer Wirtschaftsmacht gegenüber der Konkurrenz wieder auf die Sprünge zu helfen, nichts gefruchtet haben. Die Weltmarktgeschäfte, die bislang dem Dollarkredit seine, wenn auch relativ sich verschlechternde, ökonomische Grundlage lieferten, sind in Frage gestellt: Und damit die Qualität dieses Nationalkredits als Geld überhaupt. Das mag auch bei anderen Währungen vorkommen. Beim Dollar hat es aber eine ganz andere Bedeutung.

Der ist nämlich zwar nicht mehr das einzige (das war einmal), aber immerhin ein Weltgeld: also eines der drei, vier nationalen Kreditgelder die überall auf der Welt als Geschäftsmittel taugen, in denen spekuliert wird, deren Kursbewegung an allen Börsen der Welt mit Aufmerksamkeit registriert wird. In dieser Qualität, als bei auswärtigen Geschäfts- und Nationalbanken akkumuliertes und akkumulierendes Geschäftsmittel ist der Dollar betroffen, wenn sein Wert verfällt.

Insofern hat das Leiden der USA an der Entwertung ihrer Währung auch eine etwas andere Qualität als das einer Nation, die darum zu kämpfen hat - oder diesen Kampf endgültig verloren hat - daß ihr Geld überhaupt international als Zahlungsmittel akzeptiert wird. Da heißt der Maßstab von dem her der nationale Nutzen des eigenen Kreditgeldes beurteilt wird: Der Dollar ist Weltgeld - oder er taugt nicht. Das ist dann aber auch der Maßstab, von dem her die USA ihren politökonomischen Korrekturbedarf gegenüber der restlichen Staatenwelt anmelden. Mit der Entwertung des Dollar als Weltgeld, mit der Fähigkeit anderer Welt-Währungen, dem Dollar seine Qualität als Geld ökonomisch zu bestreiten, steht für die USA nichts weniger als der gesamte imperialistische Zweck in Frage, für den sie ihren Nationalkredit überhaupt in die Welt setzen: Als Mittel der ökonomischen Beherrschung und Benutzung des Weltmarkts. Das politökonomische Verhältnis der USA zu ihren Weltmarktkonkurrenten verkehrt sich ins Gegenteil dessen, das sie einmal mit der Einrichtung des Weltmarkts installiert hatten: Nicht der US-Kredit ist es, dessen geschäftsmäßige Verwendung wie einst dafür sorgt, daß sich andere Nationen als Schuldner der USA wiederfinden; die USA sind es, deren Bilanzen sich verschlechtern und der gegenüber andere Nationen sich zum Gläubiger aufgeschwungen haben. In der Hand ihrer jeweiligen Besitzer, nicht zuletzt auswärtiger Notenbanken, repräsentieren die wachsenden Dollarschulden lauter Zahlungsansprüche an den US-Staat. Die braucht er zwar nicht zu saldieren, aber die Qualität seiner Währung als internationales Angebot und Erpressungsmittel geht darüber verloren. Die USA sind es, die ganz offenkundig und von allen zuständigen Stellen beglaubigt Schulden mit immer neuen Schulden bezahlen, denen kein Wachstum zugrunde liegt; und schon ist bemerkbar, daß bei der Konkurrenz, die sich im Besitz dieser Schuldzettel befindet, die Frage aufkommt, ob das in Ordnung geht.

2. Allerdings vorerst bloß die Frage. Denn der Widerspruch eines Dollar, der einerseits seinen Wert als Geschäftsmittel schrittweise verliert, andererseits als amerikanischer Nationalkredit lustig weiter in die Zirkulation gepumpt wird und dort auch als Kredit "wirkt", ist ja nicht aus der Welt. Er wird benutzt - und zugleich dauernd in Frage gestellt; entwertet und von den USA ständig neu in die Welt gesetzt. Dieser widersprüchliche Zustand des Dollar als laufend in Frage gestellter, laufend aufrechterhaltener Welt-Kredit - ein Zustand, der bei der betreuenden Instanzen bezeichnenderweise "Labilität der Finanzmärkte" heißt - hat seinen Grund nicht in der Qualität dieses Geldes als Geschäftsmittel, sondern ausschließlich in seiner Qualität als Geld der Weltmacht USA.

Daß der Dollar, weil US-Geld, eine ganz besondere Geldsorte sei, gilt dem ökonomischen Sachverstand seit Ende des letzten Weltkrieges als mehr oder weniger fixe Tatsache. Auf ihn wurde nicht nur als taugliches Geschäftsmittel, sondem auch als politisches Instrument des mächtigsten Staates der Welt gesetzt; US-Kriege ließen seinen Kurs in die Höhe schießen, und noch Reagans Hochzinspolitik für eine Staatsverschuldung, die die offensive Durchsetzung der US-Macht gegen den Osten finanzieren sollte, überzeugte auswärtige Geldbesitzer, daß der US-Staat eine gute Kreditadresse sei. Daß diese Zeiten vorbei sind, hat nicht zuletzt der Golfkrieg bewiesen: Dieser Krieg hat am geschäftsmäßigen wie spekulativen Umgang mit dem US-Geld zunächst wenig geändert. Dem läßt sich entnehmen, daß die Konjunkturen, die amerikanische Machtdemonstrationen dem Dollarkurs bescherten, der spekulative Überbau zu dem Umstand waren, daß dieses Geld das Welt-Geschäftsmittel par excellence war und in dieser Qualität durch nichts angefochten wurde. Die Börsianer und Nationalbanken bezogen sich damals eben ganz geschäftsmäßig auf die Identität von amerikanischer Macht und der Vermehrungsfähigkeit amerikanischen Geldes als praktischer Tatsache.

Die Zeiten sind, wie gesagt, vorbei. Dennoch: Daß der Dollar einfach ein internationales Kreditgeld sei wie die anderen auch, zu diesem praktisch schon eingetretenen Zustand mag sich die zuständige Staatenwelt nicht einfach bekennen. Das zeigt sich auch und gerade jetzt, wo der Kredit in Dollarform Gründe liefert, seine Brauchbarkeit als Geld anzuzweifeln; eben in der Krise. Irgendwie bekommen die zuständigen Herren auf ihre Weise nämlich auch mit, daß der Verfall des Dollar nicht bloß ein amerikanisches Problem ist; und sei es bloß dadurch, daß ihnen einfällt, daß nicht nur ihre Notenbank jede Menge dieser (wertlosen?) Zettel in ihren Konten führt, sondern noch jede international agierende Bank oder Geschäftsagentur in ihren Kreditbeziehungen heillos "verflochten" ist mit allerlei Dollargeschäften. So wird registiert, daß sich in der Entwertung des amerikanischen Geldes, also einer international gehandelten Geldsorte, bloß der Tatbestand ausdrückt, daß insgesamt, von allen Weltmarktnationen und ihren Kreditagenturen zuviel Kredit in die Welt gesetzt worden ist, um noch aus dem Weltmarktgeschäft bedient werden zu können.

Noch vor ein paar Jahren wäre die gegenwärtige Lage der Weltwirtschaft und der entsprechende Stand des Welt-Kredits für deren staatliche Hüter Grund genug gewesen, sich zu einem Wirtschaftsgipfel zu treffen und der beunruhigten Finanz- und Geschäftswelt mitzuteilen, daß man gemeinsam auf die "Stabilität der Weltfinanzmärkte" zu achten gedenke; allem voran auf den Dollarkurs. Noch im "Louvre-Akkord" von 1985 wurde sich auf ein gemeinsames Beaufsichtigungs- und Betreuungswesen für den Dollar geeinigt, der ihn, weil sein Kurs schon im Fallen war, in konzertierten Aktionen "herunterschleuste" auf den damals für "marktgemäß" gehaltenen Kurs von DM 1,80. So betätigten sich die G7 damals jenseits aller nationalen Interessengegensätze als gemeinsames Steuerungsgremium für ein Welt-Kreditsystem, von dessen Funktionieren nicht bloß ihre nationalen politischen Vorhaben, sondern auch und vor allem ihr gemeinsames Programm der Niederringung des Ostens abhing.

Die Notwendigkeit einer politische Betreuung des Dollar zeigte allerdings damals schon, daß dessen einmal vorhandene Qualität, als Kreditgeld der USA selbstverständlich und automatisch Wert zu sein, dahin war. Der Kredit der USA war von der Bereitschaft ihrer Verbündeten, ihn aus politischen Erwägungen zu stützen, mit abhängig; als fungierendes Weltgeld war der Dollar zurückgestuft auf ein mit anderen Weltwährungen gleichberechtigt konkurrierendes Geschäftsmittel.

Die Klammer der Feindschaft gegen den Osten ist in Frage gestellt; zugleich verfällt der US-Kredit Und da zeigt sich, daß die damalige wirtschaftspolitische Gemeinschaftsaktion nicht auf der Einsicht der beteiligten Nationen in den positiven Nutzen einer funktionierenden gemeinsamen Kreditgrundlage mit dem Dollar als Stütze beruhte, sondern auf dem rein negativ, durch die Gegnerschaft zu einem Feind gestifteten Interesse, das gemeinschaftliche NATO-Programm nicht durch Schwierigkeiten bzw. Streit an der Kreditfront in Gefahr geraten zu lassen. Zwar hat auch während des Golfkrieges ein Treffen der G7 stattgefunden, auf der lapidar festgehalten wurde, daß man sich "um die Stabilität des Dollar" kümmern müsse. Auf diese Absichtserklärung hat aber die Geschäftswelt nicht viel geggben, und darauf war sie auch gar nicht berechnet; daß die Kursbewegung des Dollar sich durch "Stützungskäufe" in seiner Richtung umkehren ließe, glaubt ohnehin kein Währungspolitiker. Die Verbündeten hielten es vielmehr für opportun, mit ein paar Dollarkäufen zum niedrigsten Stand ein politisches Symbol zu setzen; also zu demonstrieren, daß sie durchaus zu konstruktiven Maßnahmen bereitseien; aber daß sie es selbstverständlich nicht in der Hand hätten, den USA ihre Probleme abzunehmen.

Die Konkurrenten der USA zeigen sich also wenig geneigt, für den Dollar mit eigenem Kreditgeld geradezustehen. Das hieße ja, die eigenen Gewinne in die Waagschale zu werfen, um das bezweckte Konkurrenzergebnis wieder umzukehren, bloß weil der Dollar US-Geld ist. Es ist auch gar nicht ersichtlich, welchen Vorteil die Konkurrenten der USA von einem solchen Stützungsprogramm, selbst einmal angenommen, es wäre realisierbar, eigentlich hätten. Gegen negative Auswirkungen eines Dollarverfalls, der auch ihre Bilanzen durcheinanderbringen könnte, schützen sie sich vielmehr schon länger, indem sie soviel wie möglich dafür tun, daß die zwischen der eigenen Nation und anderen hin- und herlaufenden Geschäfte nicht in Dollar, sondern in DM oder Yen abgewickelt werden. Die europäische Währungsunion ist die endgültige Vollendung des Projekts, in Europa eine eigene Währungszone zu schaffen, deren interne Geschäfte von Schwankungen des Dollarkurses nicht betroffen sind und deren Wirtschaftskraft ausreicht, um von ihren auswärtigen Geschäftspartnern Abrechnung in EG-Währung - vorzugsweise in DM verlangen zu können. Die Schwäche des Dollar ist insofem ihr Werk; sie ist die Konsequenz des Umstands, daß immer mehr Geschäft in DM, relativ weniger in Dollar läuft; und die Lage des US-Kredits und die amerikanische Bankenkrise legen davon Zeugnis ab, wieviel Erfolg Europa wie Japan in dieser Sphäre gehabt haben.

Andererseits tritt aber auch keine Weltwirtschaftsnation mit dem offen ausgesprochenen Anliegen an, den Dollarkredit zu kündigen. Dazu fehlt den ökonomischen Konkurrenten der USA die politische Macht. Was ansonsten, gegenüber schwächeren Staaten fällig ist, wenn deren Staatsverschuldung die Erträge entwertet, die aus dem Geschäft mit ihnen gezogen worden sind: Hineinregieren in die Wirtschaftspolitik, Verpflichtung auf "solide Staatsfinanzen", Auflagen des IWF..., all das kommt gegenüber den USA ja nun wirklich nicht in Frage. Das ist die letzte, machtmäßige Grundlage dafür, daß die USA so tun können, als habe sich der Dollar nicht von seiner Sonderstellung verabschiedet; die ihnen, ermöglicht, einfach weiter ihre Schulden zu erhöhen. So machen sie Ernst mit dem Standpunkt, daß in ihrem Fall jedenfalls die Gleichung gilt, nach der die souveräne Gewalt des Staates sicherstellt, daß der Kredit Geld ist. Wo die durch die Gewalt der USA freigesetzte und gesicherte Weltmarktkonkurrenz den USA die Rechnung präsentiert, daß sie diese Konkurrenz als Wirtschaftsmacht nicht aushält, besinnen sie sich auf ihre politische Macht, ihrem Kredit auch dann noch die Zirkulationsfähigkeit zu sichern.

V. Ein Krieg und sein ökonomischer Nutzen

1. Nach alledem ist es wirklich kein Wunder, daß die USA der gegenwärtigen Weltwirtschaftslage mit ihrer Gewalt kommen. Daß ihr Kredit geschwächt, ihre Zahlungsfähigkeit angegriffen ist, ist für sie kein Grund, etwa in ihren nationalen Zielen zurückzustecken. Im Gegenteil: Gerade deshalb setzen die USA auf ihre Gewalt als Korrektiv der eingetretenen Lage.

Was die Diagnose betrifft, ist sowieso klar, daß andere Mittel nichts mehr helfen. Nicht nur stoßen die USA, wann immer sie sich nach den Gründen für die schwindende Brauchbarkeit ihrer ökonomischen Souveränitätsmittel umschauen, auf die Konkurrenz. Sie stellen auch fest, daß ihre bisher in Anschlag gebrachten Methoden, durch Einsatz ihrer Staatsmacht in Handelsrunden und Wirtschaftsverhandlungen die Position der USA auf dem Weltmarkt zu verbessern, den gewünschten Erfolg nicht gebracht haben. Und schließlich ist kaum noch übersehbar, daß diese Anliegen an der ausbleibenden Bereitschaft der Verbündeten zur gemeinsamen Regelung von "Problemen" scheitern; daß die also ihrerseits absichtsvoll ihre neu erworbenen Machtmittel hervorkehren, wenn sie sich, im GATT oder beim Waffenexport, den US-Anträgen verschließen. Aber auch an der Qualität ihrer Gewalt als Mittel, für eine Verlaufsform der Weltmarktkonkurrenz zu sorgen, die amerikanischen Erfolg sicherstellt, haben die USA wenig Zweifel. Aus ihrer Sicht hat diese Gleichung ja einmal gegolten; also muß sie auch wieder herzustellen sein. Als siegreiche Militärmacht haben die USA den Weltmarkt als Mittel für Dollarvermehrung eingerichtet; jahrelang durften sie erfahren daß die Verpflichtung der Nationen auf die Prinzipien eines freien Weltmarkts in der Tat das amerikanische Geld in den Status des unangefochtenen Wertrepräsentanten erhoben hat. Deswegen sind sie der festen Überzeugung daß das erneute Geltendmachen ihrer Macht gegenüber unbotmäßigen Konkurrenten diesen herrlichen Zustand auch wieder herbeiführen könne. Sie tun glatt so, als wäre die Gewalt, mit der sie den Weltmarkt eingerichtet haben, und das Wirken ihres nationalen Geldes, das sie damit freigesetzt haben, im Prinzip ein und dieselbe Sache; als ginge es nur darum, nationale Schranken für den Dollar, die sie in den Taten ihrer Konkurrenten entdecken, zu beseitigen, damit Raum geschaffen sei für einen erneuten Aufschwung amerikanischen Nationalreichtums. Die ökonomischen Gründe für ihre Niederlagen nehmen sie in der Form zur Kenntnis, daß andere Souveräne über Machtmittel zur Korrektur von Konkurrenzresultaten verfügen, die ihnen den Zugriff auf Märkte, Anlagesphären, Kreditmittel versperren. Was dagegen zu tun ist, ist ihnen klar: die US-Macht muß dafür sorgen, daß endlich wieder "amerikanisches" Geschäft dort verdient, wo die Konkurrenz an ihrer Stelle absahnt.

2. Die USA beabsichtigen also nichts Geringeres als eine Korrektur der Zugangsbedingungen zum Weltmarkt, die ihnen den Nutzen aus dem dort ablaufenden Geschäft sichert. Damit stellen sie die gültigen Verkehrsformen des Weltmarkts ziemlich prinzipiell in Frage. Daß das geht, ist unzweifelhaft: eben das haben sie nämlich in Falle Kuwaits gemacht. Ob die Konsequenzen ihres Vorgehens die sind, die

sie bezwecken, steht aufeinem anderen Blatt. Der Krieg selbst hat ganz nebenbei manches europäische Geschäft verdorben. Die Ausfälle in Richtung Irak haben den BRD-Staatshaushalt ein paar Milliarden aus der Hermes-Exportversicherung gekostet. Es steht auch fest, daß viele Geschäfte nicht mehr in Gang kommen, jedenfalls nicht mit dem Irak. Dabei haben die USA mit der Wahrnehmung ihres Rechts gezeigt, daß ihren Aufsichtsbedürfnissen in der Welt auch Verdienstquellen der Konkurrenz zum Opfer fallen. Das ist das eine.

Aus weggenommenen Geschäften der Konkurrenz werden aber nicht automatisch Geschäfte, die den USA nützen: das ist das andere. So kam Kuwait ins Spiel. Kaum war der Krieg um Kuwait entbrannt, stand auch schon fest, wer am Wiederaufbau verdienen sollte: US-Firmen. Und es stand auch schon fest, wer den Wiederaufbau finanzieren sollte: der Irak. Damit haben die USA in dieser Weltecke politökonomische Verhältnisse neuen Typs geschaffen. Die Verpflichtung des Scheichtums darauf, quasi aus Dankbarkeit US-Firmen am Wiederaufbau verdienen zu lassen, setzt die freie Konkurrenz, wie sie bisher galt, außer Kraft. Nicht der billigste und beste Anbieter soll verdienen, sondern einer, dessen Geschäft garantiert ein Beitrag zu amerikanischem Wirtschaftswachstum darstellt. Auf diese Weise soll ein Stück Weltmarkt als ausschließliches Mittel für US-Geschäft monopolisiert werden. Als Versuch, die Lage der US-Ökonomie, also die Bilanzen der Nation zu verbessern, taugen solche Diktate allerdings wenig. Sicher, auf dem Weltmarkt greifen Staaten stets in die vielbeschworene "freie Konkurrenz" ein, um Geld- und Kapitalströme in Richtung des Standorts zu bewegen, an dem sich die Nation ihren Haushalt verschafft. Aber die Techniken, der heimatlichen Geschäftswelt auf Kosten anderer zu Gewinnen zu verhelfen, beruhen auch auf der Respektierung der Bedürfnisse, die das internationalisierte Kapital aufweist - also auch auf der Anerkennung der ökonomischen Bedürfnisse der Nationen, die benützt werden sollen.

Die USA sind daher weder willens noch in der Lage, unter ihrer Hoheit tätigen Weltfirmen die Mittel ihres Geschäfts zu bestreiten, die sie im Ausland haben - sei es in Form von Partnern oder Dependancen; welche sich für die anderen Nationen brauchbar erweisen. Und noch weniger schreiten sie zu der Konsequenz, den anderen Weltwirtschaftsmächten mit Verboten zu kommen, sich auf überkommene Weise an den Erträgen "ihres" nicht minder (inter)nationalen Kapitals zu bedienen. Die in Sachen Kuwait und Irak verfolgte Linie, eine speziell amerikanische Verdienstquelle zu erschließen, bleibt deshalb eine in jeder Hinsicht beschränkte Sache. Die USA mögen nach ihrem Sieg die Macht haben, diese Staaten eine Zeitlang auf ein paar Aufträge in Richtung Heimat zu verpflichten - daß aus den anfallenden Projekten ein internationales Geschäft wird, weiß man schon längst. Und die Übertragung dieses Vorgehens auf Nationen, die mit denen aus dem Weißen Haus auf Weltwirtschaftsgipfeln verkehren, wäre ein Spielabbruch der härtesten Sorte - auf dem Weltmarkt und für ihn.

Insofern bleibt von der ganzen Aktion der Wille der USA übrig, ihre sich aus militärischer Macht speisende Sonderstellung zu nutzen, um ökonomische Vorteile ihrer Konkurrenten zu kompensieren. Und das heißt durchaus nicht nichts. Sie zwingen nämlich die Hüter anderer Nationalkredite zu Bemühungen um ihre Finanzen, die sich speziell mit den amerikanischen Praktiken und ihren Wirkungen auf die Welt der Spekulation herumschlagen.

3. Was die ökonomische Seite der Kuwait-Aktion betrifft, war die Reaktion der EG und Japans einigermaßen gelassen. Daß durch dieses Ami-Monopol tatsächlich das eigene Geschäft groß tangiert sei, wollte keiner geltend machen; offen wurde angezweifelt, ob es sich in dieser Weise überhaupt aufrechterhalten lasse. Die neue Geschäftsgrundlage, die die USA in Nahost geschaffen haben, wird als solche genommen: als veränderte Rahmenbedingung, unter der man zuschaut, wie dort mit welchem Staat ins Geschäft zu kommen sei. Das ist die eine Seite.

Ganz anders stellt sich der Konkurrenz die neue US-Tour dar, wo sie an ihr nicht eine unmittelbare Beschränkung laufender Geschäfte, sondern die prinzipielle Infragestellung der bisher garantierten Formen des Zugriffs auf Märkte und Einflußsphären entdecken. Dafür sind die Ausfälle der Hermes-Versichervng nämlich schon ein Indiz: Schließlich versichert die nur ein Geschäft, das politisch als sicher gilt, weil die "guten Beziehungen" der BRD-Gewalt zum auswärtigen Souverän ihm eine verläßliche Grundlage bietet. Daß der Verlust des Irak als Geschäftspartner die BRD ein paar Milliarden kostet, ist wegzustecken. Daß man sich zukünftig darauf einstellen muß, daß die USA nach ihrer Machtvollkommenheit Geschäfte und Einflußsphären in Frage stellen, wann immer ihr deren Nutzen zu einseitig ausfallen, ist eine Herausforderung, der man sich stellen muß. Und damit bekommen die politökonomischen Projekte der Wirtschaftsmacht Europa eine etwas andere Qualität.

VI. Die politische Konkurrenz um Kredit bestimmt die Lage

1. Die USA stellen klar, daß sie eine Infragestellung ihrer ökonomischen Macht nicht dulden wollen. Sie demonstrieren ihre nach wie vor vorhandene Fähigkeit, die Resultate der mit "friedlichen", d.h. ökonomischen und wirtschaftsdiplomatischen Mitteln geführten Weltmarktkonkurrenz rückgängig zu machen, wenn sie ihr nicht passen. Darin kommt zum einen zum Ausdruck, wie weit es den anderen Weltwirtschaftsmächten schon gelungen ist, das Weltaufsichtsmonopol der USA faktisch zu durchbrechen: Mit Handels- und Kreditbeziehungen haben sie Abhängigkeiten gestiftet, Einflußsphären gesichert und sich handfeste weltwittschaftliche Machtpositionen erobert, an denen die USA nicht vorbei können. Zum anderen aber wird klar, daß alle diese Machtpositionen ihren Besitzern am Ende wenig nützen wenn sie deren gewaltmäßiger Bestreitung nichts Entsprechendes entgegenzusetzen haben.

Was tun? Auf- und Ausbau einer eigenen, konkurrierenden Aufsichtsmacht über die Konditionen des zwischenstaatlichen Verkehrs heißt der nächste Schluß der Europäer aus dem Golfkrieg. Wenn die EG-Staaten den USA schon in der Weltgegend, wo diese exemplarisch neue, amerikanische Verhältnisse geschaffen haben, also im Nahen Osten, nichts entgegenzusetzen haben, dann bekommen die Projekte, mit denen die EG sich schon seit einiger Zeit als regionale Aufsichtsmacht aufbaut, neue Dringlichkeit: als da sind die Europäische Währungsunion, der politische und ökonomische Zugriff auf den zerfallenden Ostblock und - im Falle der BRD - der Auf- und Ausbau der nationalen Wirtschaft im Osten. Konkurrenzprojekte zur amerikanischen Beherrschung des Weltmarktes waren diese Vorhaben immer schon. Jetzt, wo die bisher als Geschäftsgrundlage so verläßliche und gern benutzte amerikanische Aufsicht über den Weltmarkt nicht mehr als nützliches Mittel, sondern als Potenz zur Gefährdung bislang gesichert scheinender Geschäfte auftritt, gilt es zuzusehen, wie man sich dort zusätzliche Quellen des nationalen Reichtums sichert, wo die USA einem nicht in die Quere kommen können (sollen): auf dem eigenen Territorium bzw. in Weltgegenden, die man unter die eigene, politische Aufsicht zu stellen vermag, und wo man deshalb die Konditionen des Geschäfts selbst definieren kann.

Dieses Programm verlangt selbstredend und unausweichlich den Ausbau des militärischen Standbeins der EG. Schließlich geht es um die Neudefinition der Art und Weise, wie die EG zukünftig ihre weltpolitischen Zuständigkeit geltend machen will: Also um die Klarstellung, in welchen Weltgegenden die EG in Zukunft die politische Aufsicht beansprucht und sich deshalb zum militärischen Eingreifen beauftragt, wenn sie ihre Interessen tangiert sieht. Daß europäische Politiker den ehemaligen Ostblock da quasi wie ihren natürlichen "Hinterhof" auffassen, auf dessen "Instabilität" sie zu achten haben, haben sie schon klargestellt; beschränken wollen sie sich auf diese Region selbstverständlich nicht.

Was die Wirkung solcher Pläne auf die gegenwärtig von den USA geschaffene Lage betrifft, sind sie allerdings Zukunftsmusik. Die militärische Macht ist die EG noch nicht, sondern muß sie erst werden, und der aufsichtsmäßige Zugriff auf den ehemaligen Ostblock ist erst zu leisten. Aktuell sieht sich die europäische Konkurrenz darauf verwiesen zu schauen, wie sie auf Grundlage der von den USA zunächs-t einmal exemplarisch in Frage gestellten Konkurrenzbedingungen ihre ökonomischen Machtmittel weiter auf- und ausbauen.

2. In ihren Anstrengungen, die deutschnationale Wirtschaftsmacht voranzubringen, sieht sich die BRD derzeit mit unerwarteten Schwierigkeiten konfrontiert. Nicht besser sieht es mit dem unlängst so euphorisch verkündeten Programm einer unter europäischer Aufsicht in Angriff zu nehmenden Erschließung des Ostens aus. Im ersten Fall sieht sich die Nation mit dem Umstand konfrontiert, daß noch soviel zusätzlich aufgebrachter Staatskredit samt Beseitigung vorgebliiher "Investitionshemmnisse" die angesprochene Geschäftswelt wenig zu motivieren vermag, die DDR als Standort profitabel zu finden. In den übrigen Ostländern schwinden die bisherigen Geschäftsmöglichkeiten, die neuen Chancen sind spärlich. Und kein westlicher Wirtschaftspolitiker glaubt ernsthaft, diese Lage ließe sich mit dem viel beredeten "Marshallplan für den Osten" verbessern. Deshalb kommt er auch nicht zustande.

Was die ehemalige DDR betrifft, so ist nach allem, was man hört, Geld in rauhen Mengen da. Die Agenten des Geschäfts können aber die zusätzliche zahlungsfähige Nachfrage, um die mit einem neuen Standort Ost lohnend zu konkurrieren wäre, auf dem Weltmarkt nirgends entdecken. Wo die Konkurrenz derzeit ohnehin als wechselseitiges Bestreiten von Geschäftsgelegenheiten abläuft, erscheint eine Ausdehnung des Geschäfts zu wenig Erfolgsperspektiven zu bieten. Also läßt man es lieber bleiben.

In den übrigen Staaten des ehemaligen Ostblocks zirkuliert überhaupt kein Geld, mit dem kapitalistische Geschäftsleute etwas anfangen könnten. Der marktwirtschaftliche Aufbau dieser Länder ist ein Ideal der jeweiligen Regierungen, das nur soweit realistisch ist, wie es ein Projekt der westeuropäischen Staaten ist. Die haben allerdings andere Sorgen, als mit ihrem Kredit für die Sorgen ihrer osteuropäischen Nachbarn geradezustehen. Bei der Eröffnung der einst mit großartigen Zukunftsperspektiven versehenen Osteuropabank betonten die Finanzchefs der G7 vielmehr noch einmal, unter den Bedingungen "globaler Kapitalknappheit" brauche sich gleich kein osteuropäischer Staatsmann große Hoffnungen zu machen. Wo ohnehin schon nicht absehbar ist, wo und wie mit dem vorhandenem Geld gutes Geld verdient werden kann, mag keine der Weltwirtschaftsnationen ihren Kredit für ein Projekt mit so unsicherem Ausgang ausweiten. Zumal die Frage der Federführung bei der politischen Aufsicht nicht geklärt ist, die allererst der kreditgebenden Nation die Sicherheit gäbe, daß es sich hier um wirklich für die nationalen Bilanzen lohnenden Kredit handelt.

3. Die lohnende Verwendung des aufgeblähten Kredits in aller Welt ist zweifelhaft. Das macht nicht nur den USA das Leben schwer, sondern auch den Konkurrenten der USA. Diese Lage hat es in sich, daß sie nicht bloß den Dollar angreift, sondern den Nationalkredit der anderen Weltwirtschaftsnationen gleich mit. Und das belebt die Konkurrenz.

Seit der Golfkrieg vorüber ist, gibt es wieder eine Spekulation auf den und mit dem Dollar, so daß dessen Kurs nicht weiter fällt, sondern sich irgendwo über dem vorm Krieg eingespielten Niveau hält. Gründe in einer erhöhten Nützlichkeit des Dollar fürs Geschäft hat dieser Tatbestand nicht: an der Lage der amerikanischen Wirtschaft hat sich nichts verbessert, die Schulden steigen weiter. Andererseits hat die Geschäftswelt sehr wohl mitbekommen, daß an eine Kündigung des Dollar nicht gedacht ist; daß im Gegenteil die Konkurrenz, statt ihre Guthaben zu präsentieren, den USA mit Zahlungen in gutem Geld unter die Arme gegriffen hat. Daraus hat sie den durchaus naheliegenden Schluß gezogen, daß dann mit dem Dollar auch wieder ein bißchen Geschäft zu machen geht - jedenfalls in der Abteilung Finanzspekulation.

Die Gewalt der USA steht also weiterhin dafür ein, daß der Dollar Geld ist. Das honoriert die Finanzwelt ihr derzeit mit ein paar Kursaufschlägen; und die USA entnehmen daraus das Recht und die Freiheit, ihren Kredit weiter aufzublähen. Das geht auf Kosten der Konkurrenz. Die hat sich mit ihren Zinssätzen und "Wirtschaftsdaten" ins Verhältnis zu diesem, politisch neu n Kurs gesetzten Dollar zu setzen, wenn sie ihrerseits ihre Staatsverschuldung ausweitet. Sie muß also die Anlage von Geldkapital in ihrem nationalen Geld attraktiv machen, so gut es in ihrer staatlichen Macht steht. Wo die US-Gewalt dafür geradesteht, daß bei rückläufigen Weltmarktgeschäften immer mehr Dollar den Anspruch aufmachen können, als Geschäftsmittel genutzt zu werden, sehen sich die anderen Weltwirtschaftsnationen veranlaßt, auf die ökonomische Qualität ihres Kredits zu pochen und darauf zu achten, daß sie erhalten bleibt.

Das betrifft derzeit hauptsächlich die DM, also die BRD. Über die herrscht in Finanzkreisen das Urteil, daß sie derzeit ein bißchen den Beweis schuldig bleibt, daß die Staatsverschuldung für ihr großdeutsches Aufbauprojekt tatsächlich in dem Umfang wachsendes Geschäft zu stiften vermag, der den hohen DM-Kurs rechtfertigen würde. Als die BRD ihr nationales Aufbauprojekt verkündete und in Kopie der damaligen Reaganschen Hochzinspolitik mit einem (von den USA übel vermerkten) Heraufsetzen der Zinsen deutsche Staatsschuld für anlagesuchendes Geldkapital attraktiv machte, war die Kreditausweitung der Welt des Geldkapitals Argument genug, auf den politischen Beschluß der BRD zum Erfolg positiv zu setzen. Seit die deutschen Finanzpolitiker selbst an ihrem Optimismus zweifeln, der versprochene Erfolg müsse sich innerhalb eines Jahres einstellen, kommt die deutsche Staatsverschuldung prompt auch der Spekulantenwelt als zweifelhafte Sache vor. Und insofern es das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des neuen Gesamtdeutschland war, das die Finanzwelt mit dem Setzen auf den DM-Kredit zu Kapital machte, ist ihr jetziger Zweifel an der Stabilität der DM auch sehr gerecht. Jetzt muß die DM eben unter neuen, von den USA gesetzten politischen Bedingungen um ihre Qualität als Geschäftsmittel konkurrieren. Unter diesem Blickwinkel wird der Umstand, daß der Anschluß den erwünschten Ertrag nicht einspielt, zu einem neuen "Datum" für die Spekulation. Ebenso, wie es noch vor kurzem für den BRD-Kredit sprach, daß die BRD sich dessen Ausweitung für den "Aufschwung-Ost" leistete und damit den Dollar fallen ließ; ebenso spricht es jetzt gegen ihn, daß die deutsche Verschuldungsfähigkeit sich nichtsdestotrotz weiterhin an der der USA messen lassen muß. Erfolg gibt eben recht. Die Art und Weise, wie die Weltwirtschaftsmächte derzeit um Kredit konkurrieren, ergibt eine vom Standpunkt der zuständigen Finanzgeier äußerst prekäre, weil unentscheidbare "Lage". In der Spekulation auf Dollar oder DM setzen sie ja nicht einfach auf einen vorhandenen oder erwarteten - Stand des Geschäfts, sondern auf den politischen Willen und die Fähigkeit der jeweiligen Nation, für ihren Kredit machtmäßig geradezustehen. Da werden Signale der US-Regierung, die vom Willen zeugen, den angeschlagenen Kredit zu erhalten und zu erweitern, ebenso zum Grund dafür, auf den Dollar zu setzen, wie düstere Prognosen über den Wirtschaftsaufschwung in den deutschen Ost-Ländern zum Anlaß für einen Kurssturz der DM. Schließlich hat Pöhl nichts über den Osten gesagt, was nicht jeder wüßte; aber daß er es gesagt hat, als zuständiger Geldmensch Zweifel am Gelingen des nationalen Projekts geäußert hat, ist für sich schon Grund genug, der DM das Vertrauen zu entziehen. Der wachsende Kredit der USA wie der BRD geben sich zu erkennen als Verschuldung für konkurrierende politische Projekte mit unsicherem Ausgang; wo es bei beiden deswegen auch ziemlich auf die spekulative Beurteilung von Macht, Entschlossenheit wie Zuversicht der zuständigen Nation ankommt, ihr Vorhaben auch durchzusetzen.

Kein Wunder, daß die Wirtschaftsjournaille sich nicht so recht auskennt. Da werden so seltsame Phänomene wie eine "Seitwärtsbewegung am Markt" konstatiert oder die Behauptung in die Welt gesetzt, eigentlich sei die Entscheidung für den Dollar gegen die DM bloß eine für das "kleinere Übel". Wo beiden nationalen Geldern nicht recht zugetraut wird, daß sie eine Ausweitung des Geschäfts sollizitieren - woher soll ein anständiger Börsenbeobachter denn wissen, wessen Geld mehr, wessen weniger taugt: Der Dollar mag besser sein als die DM - besser wofür, außer eben zur Spekulation, weiß keiner recht zu sagen, und deswegen gibt auch so ziemlich alles, von Politikersprüchen, dem Wahlverhalten pfälzischer Weinbauern bis zu Arbeitslosenzahlen, ein Datum für die Spekulation ab.

Handelte es sich hier bloß um Gewinne und Verluste von ein paar Geldgeiern, gäbe diese Lage für die zuständigen Politiker wenig Grund zur Besorgnis her. Es ist aber härter. Der Kredit, den sie stiften, erweist sich als abhängig von den Kalkulationen einer Finanzwelt, denen die Politik sichere Anhaltspunkte für gelingende Geschäfte entweder nicht geben kann oder will. Damit ist nicht nur von einem Tag zum anderen fraglich, was die nationale Zahlungsfähigkeit noch wert ist; die Unsicherheit des Kredits bringt auch die geschäftsmäßige Benutzung des Geldes durcheinander. Die Ungewißheit, was ein heute getätigtes Geschäft in DM oder Dollar morgen noch einträgt, trägt ein neues Moment der Unsicherheit in jede Geschäftskalkulation; und das ist erst recht ein Grund für die Agenten des Kapitals, eine Ausweitung des Geschäfts derzeit als risikoreiche Angelegenheit zu beurteilen, von dem man lieber die Finger läßt.

So macht sich für die Gewinner aus der letzten Runde Weltmarktkonkurrenz geltend, daß auch sie betroffen sind, wenn die Überakkumulation auf dem Weltmarkt den Kredit der Verlierernation trifft.