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Dieser Artikel ist in der MSZ 9-1987 erschienen.


Wem fehlt eigentlich die "Wiedervereinigung"?

Die Bauern haben mit der EG schon genug Probleme. Die Industrie macht mit dem Osthandel zwar nie genug Geschäfte; aber das ist ein ganz anderes Problem. Die Gewerkschaften haben sich im Bonner Staat bestens eingerichtet. Und ob die zweite oder dritte Vertriebenengeneration wirklich wieder nach drüben will, um bei den Leuna-Werken oder in schlesischen Zechen Dienst zu tun, ist doch für niemanden mehr eine Frage.

Aber als Deutsche sind wir alle sehr dafür. Denn da wissen wir genau: Ohne Wiedervereinigung - oder so etwas ähnliches - gibt es letztlich keinen Frieden in Europa.

Also Krieg irgendwann?

Das müssen wir höheren Instanzen überlassen. "Der Geschichte" z.B. mit ihrem "langen Atem". Denn als NATO-Mitglied darf die BRD gar keinen Krieg auf eigene Faust führen. Und die NATO ist nicht zur "Lösung" der "deutschen Frage" gegründet worden.

Aber innerhalb des NATO-Auftrags halten wir Deutsche uns eine nationale Sonderrechnung offen. "Die Geschichte" muß sich darauf einstellen, daß die BRD letztlich keine DDR-Bürger kennt, sondern nur "getrennte Brüder und Schwestern" - jenseits aller Verwandtschaftsbeziehungen. Daß zwischen denen und unserer demokratischen Obrigkeit ein anderes Regime steht damit findet sich die deutsche Nation nicht ab.

Das braucht die Unternehmer beim Geschäftemachen nicht zu stören; und die Arbeiter brauchen sich dafür auch nicht zu engagieren, wenn sie gerade zu arbeiten oder ihren Lohn nachzuzählen haben. Die deutsche Unzufriedenheit ist bei den Politikern in besten Händen. Die sorgen schon dafür, daß "die deutsche Frage offen " bleibt, bis sie die passende Antwort beieinander haben.