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Dieser Artikel ist in der MSZ 1-1981 erschienen.

Systematik

Japan
BESONDERHEITEN EINER HANDELSNATION

"Die Japaner kommen!": Mit ihrer "rücksichtslosen Exportoffensive" haben sie bislang unsere (!) "Werften, Elektronik-Firmen und Kamera-Hersteller in die Knie gezwungen", holen nunmehr unbarmherzig zum "Schlag gegen die Autoindustrie" aus und wollen mit ihrer "fernöstlichen Heimtücke" letztendlich die "Deutschen vom Weltmarkt verdrängen".

Andererseita ist aber "Jammern nicht angebracht". Es gilt die "japanische Herausforderung anzunehmen", jedoch keineswegs mit protektionistischen Maßnahmen: "Im Wettbewerb bestehen", lautet die allgemein verkündete Devise.

Schließlich sind von den "betroffenen Firmen", denen Japans Exportflut bis an den Hals stehen soll, sehr moderate Töne zu vernehmen. "Schutz würde nur schwächen ", meint BMW-Chef Eberhard von Kuenheim, und VW-Chef Toni Schmücker äußert gar gelassen:

"Aber es kann schon sein, daß unsere Autoindustrie den Japanern für diese Herausforderung einmal dankbar sein wird."

So der wahllos zitierte bisherige Stand öffentlicher Meinungsbildung, der keineswegs Hirnkrämpfe bei den dabei Beteiligten ausgelöst hat.

"Eine nützliche Bedrohung"

Einmal abgesehen vom ideologischen Pluralismus, der glattweg den deutschen und japanischen Herm Jedermann zum Subjekt des Weltmarkts erklärt - "Die (!) Japaner verdrängen uns (!) vom Weltmarkt" -, auch einmal abgesehen vom souveränen Verzicht auf protektionistische Schritte, bei dem das genügsame Beibehalten bestehender "Handelshemmnisse" - 10% EG-Einfuhrzoll und je nach Bedarf Kontingente und "administrative" Einfuhrerschwernisse für diverse japanische Waren in den einzelnen Mitgliedsländem - als kämpferische Verteidigung eines weltweit gefährdeten "freien Welthandels" dargestellt wird, passen solche apokalyptischen Töne glänzend zur "geplanten Gegenoffensive": Die "japanische Herausforderung" ist die ökonomische Nationalideologie wie schon lange keine und findet ihre Anwendung bei jeder wirtschafts- und sozialpolitischen Gelegenheit im Kreis von Kapital, Staat, Gewerkschaft und Arbeiter.

Jeder hat sich angesichts der drohend an die Wand gemalten "Exportwut" der Japaner an die deutsche Brust zu klopfen und bereitwillig all die Maßnahmen des Kapitals hinzunehmen, die das planerische Stadium bereits verlassen haben: Vermehrter Druck auf die Zulieferbetriebe, Rationalisierungen und weitere Entlassungen inklusive zunehmender Sondereinsätze für die in der Produktion Verbliebenen als Ergänzung zu den fortschreitenden Reallohnsenkungen.

Echt japanische Maßnahmen also, die über die "Exportkraft" dieser Nation bereits einiges verraten.

Eugen Loderer, Vorsitzender der größten Einzelgewerkschaft der Welt, hat also schon recht, wenn er in Japan äußert, daß "es die Sache der deutschen Unternehmer sei, dort wo wir (!) ins Hintertreffen gekommen sind, wieder gleich gut zu werden wie die Japaner." Und daß seine Gewerkschaft das "wir" dabei sehr ernst nimmt, stellte erst kürzlich wieder Loderers Kollege Blank, stellvertretender Gesamtbetriebsratsvorsitzender von VW und mit dabei auf Loderers Japanreise, im deutschen Fernsehen (9.1.81) klar: Die IG Metall werde im Hinblick auf die japanischen Arbeitskosten und -bedingungen keinerlei Abbau des erreichten Niveaus sozialer Leistungen zulassen - aber dieses reiche auch erstmal aus; und die 35-Stunden-Woche sei ja bekanntlich von der Gewerkschaft schon immer als langfristige Forderung angesehen worden.

Worauf es ankommt, haben auch die deutschen Gewerkschaften verstanden. Auch bevor VW mit Nissan ein "Kooperationsabkommen" vereinbarte, um sich damit die "bedrohliche" Produktivität Nippons zum Mittel seines Profits zu machen, dürfte Eugen Loderer - im Aufsichtsrat die Bewältigung des "Rückstandes" überwachend gemerkt haben, daß es mit der "japanischen Bedrohung" nicht so weit her ist.

I. Export um jeden Preis

Daß die Bedrohung durch die "Exportnation Japan" in der Tat eine sehr relative ist, ergibt sich schon aus den Zahlen: Auch 1979 und 1980 lag der Export der Bundesrepublik in absoluten Zahlen um mehr als das Eineinhalbfache über dem Japans, betrug der Anteil des Exports am Bruttosozialprodukt der BRD rund 25%, der Japans genau die Hälfte davon. Zahlen, die einfach dadurch zustandekommen, daß die Bundesrepublik über alle Branchen ihrer Wirtschaft ganz selbstverständlich voll im Export engagiert ist, während es zur Zeit immer noch einen größeren Zeitungsbericht wert ist, daß das japanische Kapital nach Kameras, Unterhaltungselektronik, Straßenfahrzeugbau "nun auch" im Maschinenbau, bei Pharmaprodukten o.ä. zur "Exportoffensive " antritt.

Es ist denn auch weniger das Volumen des japanischen Exports als die Bedeutung, die ihm Japans Staat und Kapital beimessen, weniger sein Anteil am Weltmarkt, als die Art und Weise, wie es sich auf demselben aufführt, was die Besonderheit der "Exportnation Japan" ausmacht.

"Japan verfügt außer dem Fleiß und dem Können seiner Arbeitnehmer praktisch über keine nennenswerten natürlichen Ressourcen. Es ist deshalb mehr als andere Länder auf den Import von Rohmaterialien angewiesen und daher gezwungen (!), die notwendigen Devisen hierfür durch immer neue Exportoffensiven zu erwirtschaften."

- wodurch es auf immer mehr Rohstoffimport angewiesen ist etc. ...

"Nicht nur Japans Leistungsbilanzdefizite sind die Ursache für neue Exportoffensiven, auch der Ansatz hoher Steuermehreinnahmen zwingt (!) die Tokioter Administiation, alles auf den Export zu setzen." (Die Zeit, 12.12.80)

- weil nämlich die japanischen Steuereinnahmen wesentlich von der Beschäftigung der Exportindustrie und ihren Gewinnen abhängen, deshalb auch dazu benötigt werden, um deren Exportanstrengungen zu fördern. Der Zwang zum Export, der diesen Argumenten, wie sich an ihrer Zirkelhaftigkeit zeigt, vorausgesetzt ist, verweist unmittelbar auf die Eigenart des japanischen Kapitalismus. Der verdankt sich nämlich dem Beschluß der staatstragenden Clans, ihn vermittels des Weltmarkts aufzuziehen und damit die neuen Möglichkeiten nach dem Krieg zur Stärkung Japans wahrzunehmen. Das Wachstum der Exportindustrie wurde zur Basis der nationalen Akkumulation gemacht, der innere Markt blieb eine, lediglich allmählich im Gefolge der Exporterfolge sich einstellende und davon abhängige, zusätzliche Sphäre der Akkumulation.

Die "duale Industriestruktur"

Fällt Japans Allgemeinwohl mit dem Florieren der Exportindustrie zusammen, so bedeutet das für die restlichen industriellen Sphären, daß sie als förderliche Bedingung für den Export zu fungieren haben:

"Im Schatten weltbekannter Unternehmensgiganten... fristen Zehntausende kleiner und mittlerer Unternehmen ihre Existenz: sie bleiben fast immer unerwähnt, wenn von der japanischen Wirtschaftsmacht die Rede ist. Und doch verdankt Japan gerade diesen Klein- und Mittelbetrieben zu einem großen Teil seine wirtschaftliche Stellung." (Manfred Pohl, Japan, S. 102)

Das Nebeneinander von wenigen Großen und vielen Kleinen ist nicht der Witz der "dualen Industriestruktur". Die Funktionalität dieser Klein- und Mittelbetriebe für die "16 großen Industriegruppen" besteht darin, daß sie als Zulieferfirmen auf die Nachfrage der "Großen" auf Gedeih und Verderb angewiesen sind. Diese Abhängigkeit versuchen sie durch scharfe Konkurrenz untereinander für sich zu nützen, was wiederum den erpresserischen Mitteln der Exportindustrie ihre durchschlagende Wirkung verleiht. Fortgesetzte Preisdrückerei und die Überwälzung weiterer Kosten - zum Beispiel für Transport tind erweiterte Lagerhaltung - resultieren nicht selten in einer Produktion zum Selbstkostenpreis, was zur Kreditaufnahme zwingt. Dabei sind die Geldgeber in Sachen Zins nicht zimperlich, ist es doch um die "Kreditwürdigkeit" dieser Klitschen nicht sonderlich bestellt.

Über Wasser hält man sich mit "arbeitsintensiver Fertigungsweise", was nicht etwa heißt, daß in den "kapitalintensiven" Konzernen die Arbeit minder intensiv wäre. 10- bis 12-stündige Arbeitstage an oft sechs Tagen in der Woche, Sondereinsätze nicht einmal mitgerechnet, sind an der Tagesordnung und das mit einem Hungerlohn, der 'um 30 %o unter dem Lohnniveau der Großindustrie liegt". (Süddeutsche Zeitung)

Die Funktionalität der Zulieferfirmen schließt also einen handfesten Gegensatz zum Exportkapital ein, mit dem dieses Mittel seiner Konkurrenzfähigkeit umgeht:

"Die... hohen (?) Arbeitskosten werden somit durch die Zulieferfinnen kompensiert. Daneben drückt aber auch die scharfe Konkurrenzsituation der Kleinbetriebe untereinander auf die Liefergreise und erhöht zugleich die Konkurrenzfähigkeit der Vatergesellschaften." (Mitteilungen der bfai, 400)

Die "Selbständigkeit" der Zulieferindustrie ist somit formeller Natur; ihrem Inhalt nach ist sie eine von der Exportindustrie ausgelagerte Produktion, um der Vorteile willen, die sie als "eigenständige Betriebe" bieten. Dabei bleibt es nicht aus, daß sich gerade diese Vorteile oft zu einem Hemmschuh entwickeln. Das hohe Maß der Ausbeutung an veralteter Maschinerie stößt da an Grenzen der Produktivitätssteigerung, wo der Einsatz neuer Maschinerie notwendig wäre, aber aufgrund der "Gewinnsituation" nicht geleistet werden kann. So wird es für die Großunternehmen zunehmend erforderlich, ihren Zulieferfirmen die nötigen Mittel selbst als Kredit zur Verfügung zu stellen, um sich die ihnen aufgezwungenen Kostenvorteile zu sichern, womit diese Vorteile so oder so nur noch eingeschränkt zu erhalten sind: Verlust des Kredits oder Erhöhung der Zulieferkosten sind die naheliegenden Alternativen. Angesichts dessen wird nicht selten der Ausweg gewählt, die Zulieferbetriebe in eigener Regie zu übernehmen, wie zuletzt bei Toyota.

"Japans kranker Wirtschaftszweig"

In ihrer Abhängigkeit von der Exportindustrie ist die Zulieferindustrie den Konjunkturen des Exportkapitals voll ausgesetzt. Sie gilt demgemäß in Japan als "Krisenpuffer", da sich das Exportkapital in der Krise durch verschärften Druck zum Teil an ihr schadlos hält.

Für den Staat macht sich an dieser Stelle regelmäßig bemerkbar, daß es sich immerhin um einen relevanten Teil der japanischen Ökonomie handelt.

"Der scharfe Rückgang im Wachstum der Industrieproduktion in Japan... ist zurückzuführen auf den deutlichen Rückgang der verfügbaren privaten Einkommen und den Einbruch bei der Investitionsgüternachfrage. Letzteres scheint den Prognosen wachsender Investitionsausgaben der Großunternehmen zu widersprechen, erklärt sich aber aus einem diesen Zuwachs mehr als ausgleichenden drastischen Rückgang der Investitionsgüternachfrage der kleinen Unternehmen, auf die 40% der Gesamtnachfrage in diesem Bereich entfallen." (Financial Times, 18.11.80)

Der Staat bewahrt dann die Zulieferindustrie mit verbilligten Krediten, Steuernachlässen und Zuschüssen vor dem unmittelbar drohenden Ruin, um sie als Bedingung der Exportindustrie zu erhalten, geht aber eine Sanierung dieses "kranken Wirtschaftszweiges" lieber "langfristig" an:

"Die Wirtschaftswächter im MITI und im Wirtschaftsplanungsamt streben langfristig eine Reorganisation des Sektors der Klein- und Mittelbetriebe an, gegenwärtig aber konzentrieren sie sich auf kurzfristige Maßnahmen, um den krisengeschüttelten Bereich der Klelnindustrie über die kommenden kritischen Monate hinwegzuhelfen." (Pohl, S. 106)

Denn staatliche Ausgaben für diesen Bereich mögen zwar letztendlich auch der Exportwirtschaft zugutekommen, beschränken jedoch zunächst die verfügbaren Mittel für die unmittelbare Förderung der großen Industrie. Deshalb verläßt er sich hier auch hauptsächlich auf eine spezifische "Dynamik" dieses Sektors.

"So leicht Unternehmen der Kleinindustrie auch zusammenbrechen, so schnell werden neue gegründet." (ebenda).

Das Fehlen von staatlichen "sozialen Sicherungen" entfaltet gerade hier seine segensreiche Wirkung. Frühere Stammarbeiter der Exportindustrie sind darauf angewiesen, nach ihrem Ausscheiden aus dem Betrieb mit 50 bis 55 Jahren ihre einmalige Abfindung - 40 bis 60 Monatslöhne - "produktiv" in der Zulieferindustrie als "Kleinuntemehmer oder Teilhaber" anzulegen. Diese Abfindung wird deshalb von den Exportkapitalisten auch ganz richtig als ein Art Vorschuß verstanden, der sich in der Regel durch Koppelung der Abfindungshöhe mit Auflagen, wo und wie man sich in der Zulieferindustrie zu engagieren hat, sogar unmittelbar auszahlt.

Die "duale Industriestruktur" Japans ist also keineswegs das Resultat einer naturwüchsigen Entwicklung der Konkurrenz. Sie wurde vom Staat nach dem 2. Weltkrieg absichtsvoll ins Werk gesetzt und wird durch ihn laufend aufrechterhalten.

Nippons Exportindustrie

"Den Export bestreiten die Großen. Sie haben mittlerweile eine Produktivität erreicht, die vielfach diejenige vergleichbarer Firmen in anderen Ländern übertrifft."

"Japan muß schon seit langem mit sinkenden Exportgewinnen um seine Auslandsmärkte kämpfen." (Wirtschaftswoche)

In der Produktivität Weltspitze und sinkende Gewinne im "Exportboom"? Der Weltmarkt ist schließlich kein Wochenmarkt, bei dem der niedrigste Anbieter den Zuschlag erhält. Im Kampf um Auslandsmärkte entfaltet hohe Produktivität ihre volle Durchsetzungskraft erst, wenn man sich zu seiner Behauptung noch anderer Mittel bedienen kann, Mittel, die in diesem "Kampf" gerade zu steigenden Exportgewinnen führen. Der ökonomische Erfolg will durch wirtschaftliche Erpressung, politischen und militärischen Druck ermöglicht, abgesichert und weiter vorangetrieben werden. Japan tritt - mangels ausgebildetem Binnenmarkt - als "Handelsnation", deren ausschließliche Wirtschaftskraft im Export besteht, deren Produktivitätsvorteile als Preisvorteile ihre einzigen "Waffen" in der internationalen Konkurrenz sind, auf einen "Weltmarkt", den als Anbieter und zahlungsfähige Nachfrager im wesentlichen nur zwei weitere Partner bestreiten: die USA und die EG. Erstere sowieso, letztere durch die zwischen den Mitgliedsstaaten vereinbarte Einichtung eines gemeinsamen Binnenmarktes und einer gemeinsamen Außenwirtschaftspolitik, haben hinsichtlich ihrer Akkumulationskraft auf dieser Grundlage aber auch ihrer Potenz als Käufer füreinander auf dem restlichen Weltmarkt wirtschaftliche und politische Argumente anderen Kalibers für die Gestaltung exklusiver nützlicher Beziehungen mit dem Rest der Welt anzubieten als die "Handelsnation" Japan.

"Immer die Nase vorn!"

"Bei Personenkraftwagen besteht ebenso wie im Schiffbau und in der Stahlerzeugung ein deutlicher japanischer Rationalisierunasvorsprung." (Pohl, S. 116)

Wenn die Konkurrenz das einzige Mittel ist, sich auf dem Weltmarkt zu behaupten, dann wird Rationalisierung zum Dauerprogramm. Um in Sachen Preis und Qualität die Nase vorne zu haben, ist dem japanischen Kapitalisten das Neueste immer gerade gut genug. Hiesige Wirtschaftsjournalisten geraten oft geradezu in Verzückung über die daraus resultierende "höchste Investitionsrate der Industrieländer", was in der Autoindustrie zum Beispiel dazu führt, daß das

"eingesetzte Realkapital pro Kopf... das 2,5 bis 3,5fache gegenüber der europäischen und amerikanischen Autoindustrie" beträgt. (Süddeutsche Zeitung, 9.10.80)

"Das Erfolgsgeheimnis der fernöstlichen Automobilhersteller liegt weder in niedrigen Löhnen noch in ungewöhnlich (!) harter Arbeit, sondern in umfassender Rationalisierung und weitsichtigem Management." (Süddeutsche Zeitung, 23./24.8.80)

Daß das Geheimnis des Erfolgs durch Rationalisierung allerdings in niedrigen Löhnen und gewöhnlich harter Arbeit liegt, dokumentieren Japans Kapitälisten ebenso wie ihre Kollegen in Sachen Ausbeutung hierzulande. Der Einsatz kostspieliger Maschinerie erreicht durch billige und fleißige Arbeiter erst seine profitable Würze: Dequalifikation, Abgruppierung, gesteigerte Arbeitsintensität und vermehrte Anordnung von Überstunden und Sonderschichten.

Die japanischen Kapitalisten haben dabei aber besondere Originalität durch die Einrichtung eines "Systems der lebenslangen Beschäftigung" bewiesen, das historisch in der lebenslangen Leibeigenschaft bei den alten Familienclans seinen Ausgangspunkt , hat. Sie haben sich also eine "Stammarbeiterschaft" installiert und den mit den Jahren zunehmenden Verschleiß zum Maßstab der Entlohnung gemacht. Bei der "Beschäftigung auf Lebenszeit - die mit Kündigungsschutz allerdings nicht zu verwechseln ist:

"Immer häufiger wurde das japanische System der lebenslangen Beschäftigung durchbrochen..." (M. Pohl, S. 98) -

werden die Arbeiter "Nur" dann entlassen, wenn sich die Streichung von Prämien und Bonuszahlungen, die oftmals bis zu zwei Drittel des Lohnes ausmachen, als nicht ausreichendes Mittel erweist. Entlohnt wird nach Dauer der Betriebszugehörigkeit, das heißt, die ersten 10 bis 12 Jahre keine Lohnsteigerungen als Bewährungsprobe, dann mäßige Lohnzuschläge, schließlich Pensionierung, möglichst bereits mit 50 Jahren, um leistungskräftigeren jüngeren und zudem billigeren Arbeitskräften Platz zu machen. Auf Urlaub wird auf "Anraten der Firmenleitung" weitgehend verzichtet und der Zwang zur Überarbeit sind eine fast alltäglich praktizierte Ehrensache. Ansonsten bedienen sich die Kapitalisten aus dem noch billigeren "Heer der Zeitarbeiter". ( Näheres dazu in MSZ Nr. 29 und 30)

"Die höchste Investitionsrate der Welt!"

Die Ausbeutung des japanischen Arbeiters braucht Vergleiche also nicht zu scheuen und das im Verein mit Rationalisierungen, bei deren Vollendung "fast kein Mensch mehr zu sehen ist". Dennoch weiß "Die Zeit" zu berichten, daß sich japanische Kapitalisten "im Zenith (!) ihres Welterfolges ... beinahe kleinmütig geben."

So sollen die "zur Größe verdammten (!) Autogiganten des Inselreiches" über ihren "Riesenwuchs" selbst nicht so recht froh werden und angesichts der "astronomischen Forschungs- und Entwicklungsausgaben der Amerikaner" gar resignieren:

"Toyota kann es mit General Motors nicht aufnehmen!" (Toyotas Chairman Hanai)

So bewerkstelligt gegenwärtig der "Superstar des Weltautomarktes" General Motors seine Ausbeutung "pro Kopf" mit einem Drittel des Realkapitals - Gebäude, Maschinerie, etc. - der Japaner, und das obwohl japanische Autos derselben Klasse und Qualität wesentlich billiger sind. Ist nämlich der Preis das ausschließliche Mittel der Konkurrenz, so ergibt sich für die japanischen Exportkapitalisten der Zwang, den Produktionsprozeß zwecks Kostensenkung innerhalb kurzer Zeitperioden permanent technisch revolutionieren, d.d. das angewandte fixe Kapital auf Kosten des Profits abschreiben zu müssen. Sie leisten sich also einen hohen moralischen Verschleiß, erklären ihre Maschinerie aus Konkurrenzgründen für veraltet, bevor sie überhaupt einen anständigen Gewinn abgeworfen, die Akkumulation befördert hat, sofern sie an ihrem Preisvorteil festhalten. So wird der Ausweg über erhöhte Stückzahlen zur Senkung der Stückkosten gesucht. Und hier stoßen sie emeut auf die Beschränkung, die es für sie bedeutet, auf dem Weltmarkt allein über den Preis konkurrieren zu können. Die Ausnutzung des teuer erkauften Preisvorteils durch vermehrten Export stößt sehr schnell auf die "nicht unbegrenzte Geduld" der kapitalistischen Partner Japans als neue Schranke. Die Feilscherei beginnt und zähneknirschend, aber in weiser Voraussicht praktiziert man dann "flexible Selbstbeschränkung":

"Die von einem Exportkartell der sechs größten japanischen Stahlproduxenten praktizierten Selbstbeschränkungen begrenzen die japanische Stahlausfuhr in die EG auch im Jahre 1977 auf 1,22 Mio. t jährlich." (M. Pohl, 116)

Das Resultat davon ist, daß der mit dem Rationalisierungsvorsprung verdiente Extraprofit den ausbleibenden Rückfluß des Werts des durch Rationalisierung ersetzten und damit entwerteten Anlagekapitals ersetzen muß. Das gute Geschäft der japanischen Exporteure erfordert also einen außerordentlich großen Aufwand für Kapital und Staat. Um auf die gleiche Profitmasse zu kommen, muß ein japanischer Kapitalist einen viel höheren Vorschuß tätigen als seine Klassenbrüder anderswo. Ein ärgerlicher Umstand, den er am deshalb immer aktuellen "Liquiditätsproblem" spürt. Das Resultat ist "ein im internationalen Vergleich übermäßiger Anteil an Fremdkapital, insbesondere Schulden bei den Kreditinstituten". (Mitteilungen der bfai, Nr. 400) Der Kapitalist versucht diesem "Dilemma", für eine nützliche Ausbeutung mehr Geld ausgeben zu müssen als etwa deutsche Kapitalisten, mit den gleichen Methoden entgegenzuwirken, die es herbeigeführt haben: vermehrter Export durch Erhöhung der Produktivität, flankiert von Lohnsenkungen und zunehmendem Druck auf die Zulieferbetriebe, selbst unter den Selbstkosten zu produzieren.

Mit diesem "Dilemma", das ideologisch als "mehr auf Wachstum als (!) auf Profit angelegte japanische Unternehmenspolitik" auftaucht, gehen die zehn großen Unternehmensgruppen auf ihre Weise funktional um. Diese großen Konzerne, mit Mitsubishi, Mitsui, Sumitomo, Fuji an der Spitze, die die konkurrenzfähige japanische Ökonomie darstellen, vereinigen in sich, in der Form rechtlich selbständiger Untemehmen, alle Branchen des industriellen Kapitals und alle verselbständigten, hier also nur formell selbständigen Existenzweisen des Kapitals. Diese aus der Grundlage dieser Untemehmen in den alten Feudalclans gleichen Namens sich zwanglos ergebende (und auch durch die amerikanische "Entflechtung" nach dem 2. Weltkrieg nicht beseitigte) japanische Lösung des Problems, daß es einer gewissen Mindestgröße des Kapitals bedarf, um auf dem Weltmarkt etwas zu putzen, bringt freilich auch negative Wirkungen mit sich.

Das Bestreben, alle einträglichen Geschäfte, alle Quellen der Akkumulation im eigenen Hause zu unterhalten, erhält die Verlaufsform, daß der Ausgleich der Profitrate, der unter "normalen" kapitalistischen Verhältnissen als Resultat der Abwanderung von Kapital aus un- oder minder rentablen Produktionssphähren in rentable vor sich geht, in Japan innerhalb einer Unternehmensgruppe stattfindet. Das heißt aber, daß man diesen Ausgleich wegen seiner Wirkungen Kapital wird abgezogen bzw. entwertet, eigene Betriebe machten Konkurs - möglichst zu verhindern trachtet. So treten die konzerneigenen Banken, Versicherungen und Handelshäuser durch Kredithilfe auf den Plan - und demonstrieren die für das Kapital als solches nicht gerade förderliche Wirkung einer Subsumtion des Geldkapitals, des Kredits unter das Geschäftsinteresse der Konzerne.

"Erdrückende Schuldenlasten"

"Die Kernunternehmen - Mitsubishi Bank, Mitsubishi Corporation und Mitsubishi Heavy Industries gehören sämtlich zu den führenden Gesellschaften ihrer Branche: Mitsubishi Bank ist die viertgrößte japanische Geschäftsbank..." (Handelsblatt)

Die Akkumulation von Geldkapital fällt also weitgehend zusammen mit den Exporterlösen. Das im Ausland verdiente Geld zentralisiert sich - über die ausländischen Filialen vermittelt - in den Geschäftsbanken der Konzerne und wird den industriellen Unternehmen zusammen mit den inländischen Erlösen auf ihrem Konto gutgeschrieben. Daneben wird auch die Armut der Proleten als nicht zu verachtende Geldquelle entdeckt. Dank weitgehend fehlender sozialer Sicherungen für Alter, Krankheit, hoher Kosten für eine einigermaßen zukunftsträchtige Ausbildung der Kinder, haben es diese nämlich zur "höchsten Sparquote der Welt" gebracht. Und nicht nur die "Untemehmensehre" eines Mitsui-Arbeiters, sondern auch die extrem niedrigen Zinsen der öffentlichen Sparkassen machen es zur Selbstverständlichkeit, daß er bei der Mitsui-Bank spart, sein Geld also unmittelbar seinem Unternehmen als Kredit zur Verfügung stellt.

Wenn die Banken das in "ihrer" Unternehmensgruppe je nach Geschäftsgang anfallende Geld sammeln, so beweist das, daß das Geld der Gesellschaft für die Kreditbedürfnisse der Unternehmen eine immer nur beschränkte Basis abgibt.

Mit dieser beschränkten Liquidität betreiben die Banken dann fiktive Geldkapitalschöpfung, wobei die immer "übermäßige Kreditnachfrage" der Anlaß eigentümlicher Geschäftspraktiken ist. Mit ihrem "System der Ausgleichsguthaben" koppeln sie die Kreditvergabe mit der Auflage, bei der kreditgewährenden Bank wiederum 20 bis 50% des Leihgeldes, je nach "Liquiditätslage", als Einlage zu deponieren, um den "Finanzierungsspieliraum" der Bank zu gewährleisten. Eine Praxis, die dazu führt, daß die Unternehmen gleich die doppelte Kreditmenge in Anspruch nehmen, was durch Aufblähung des Kredits durch die erhöhte Nachfrage die "Liquiditätslage" zum Zerreißen anspannt, was bei den Unternehmen zu einer Schuldensumme von "85% der Bilanzsumme, statt 40 bis 60% wie es in anderen Industrieländern üblich ist" führt:

"Nach westlichen Kriterien müssen Schuldenhöhe und Zinslast japanischer Unternehmen dementsprechend als ungewöhnlich hoch bezeichnet werden." (Mitteilungen der bfai)

Ein Umstand, der sich zwar laufend störend in der Kostenrechnung japanischer Unter nehmen bemerkbar macht, den Kapitalisten im übrigen aber keine schlaflosen Nächte bereitet, da die Banken in ihrer Geschäftspolitik tagtäglich die unmittelbare Abhängigkeit von der Akkumulation der Exportindustrie praktisch vor Augen geführt bekommen, weshalb bei

"Geschäftsschwierigkeiten fast immer eine Rettungsoperation durchgeführt wird, die um'so unausweichlicher ist, je höher das Unternehmen bei der Bank verschuldet ist." (Mitteilungen des bfai)

Bei weniger drastischen "Geschäftsschwierigkeiten" werden einvernehmlich die Laufzeiten von Krediten verlängert oder Kapitalerhöhungen durch Ankauf neuer Aktien finanziert. Geht es aber hart auf hart, werden Schulden kurzerhand gestrichen, wobei der Staat nicht untätig zusieht und mit einem Sprung in die "Finanzierungslücke" hilfreich unter die Arme greift. Das japanische Bankkapital hat also, um das Florieren der Exportindustrie zu gewährleisten, permanent Abstriche von seinem Gewinn hinzunehmen.

Die Handelshäuser

Die Handelshäuser der"Zusammenfassungen von Industrie-, Handels- und Finanzgesellschaften" betreiben Ein- und Verkauf, Lagerhaltung und Erschließung neuer Absatzmärkte in eigener Regie.

Sie "beherrschen eine Vielzahl von Klein- und Mittelunternehmen, denen sie mit Gesamtverträgen Rohstoffe und Halbfertigwaren liefern, deren Produkte sie abnehmen und an die nächste Verarbeitungssstufe wiederverkaufen." (Mitteilungen der Bundesstelle für Außenhandelsinformation)

Billig einkaufen und teuer verkaufen ist ihre Devise, mit deren Praktizierung sie den fortwährenden Ruin der Zulieferindustrie betreiben. Sie vermitteln die Akkumulation des Exportkapitals vom Standpunkt des Handelsgewinns aus, der leider nicht zur Gänze in eigenen Unternehmungen - vor allem Lagerhäuser und Transportmittel - investiert werden kann, da sie im eigenen Interesse der Zulieferindustrie mit billigen Krediten, die eine Geschäftsbank nie gewähren würde, unter die Arme greifen.

Im Außenhandel haben sie das Wechselkursrisiko zu tragen und somit für Verluste aus Veränderungen des Wechselkurses als "selbständiges Unternehmen" geradezustehen; Anlaß genug, sich so weit als möglich bei der Zulieferindustrie schadlos zu halten. Die Handelshäuser dienen somit als Puffer, daß - im Inlandsgeschäft wie im Außenhandel - eingetretene "Risiken" nicht unmittelbar auf das produktive Kapital durchschlagen.

Da ihr Außenhandelsgewinn in Dollars besteht, kommen sie auf die naheliegende Idee, sich in Devisenspekulation zu versuchen:

"Über die Hälfte des japanischen Außenhandels wird von den großen Handelshäusern abgewickelt. Sie sind deshalb die Hauptakteure im Tokioter Devisenmarkt." (Handelsblatt, 8.10.80)

Das führt oftmals zu unangenehmen "kurzfristigen Kursfluktuationen des Yen" - unangenehm immer dann, wenn ein Handelshaus erfolgreich gegen die eigene Währung spekuliert hat - und veranlaßt den Staat durch ein neues Devisengesetz den "Umkreis der meldepflichtigen Transaktionen" weiter zu fassen.

II. Der japanische Staat - ein ziemlich reeller Gesamtkapitalist

"Schließlich besitzt die Wirtschaft in der vom Staat gesteuerten MITI ein machtvolles Instrument." (WiWo)

Die berühmte japanische "Wirtschaftspolitik aus einem Guß" vom "Ministry for International Trade and Industry" (MITI) in enger Abstimmung mit den großen Unternehmenshäusern durchgeführt, legt Charakterisierungen als "staatsmonopolistischer Kapitalismus" schon recht nahe. Dennoch hat die "Japan Inc." mit der Verwirklichung jener Revi-Ideologie wenig zu schaffen. Der geschäftsführende Ausschuß, als den sich die japanischen Clans mit ihren Unternehmensgruppen den Staat eingerichtet haben, dient bekanntlich nicht dazu, einen niedergehenden Kapitalismus krampfhaft über Wasser zu halten, sondern der Durchsetzung des japanischen Kapitals auf dem Weltmarkt und ihrer inneren Absicherung. Die "Willens- und Entscheidungsbildung" innerhalb des Staatsapparats hat dementsprechend - da die Konkurrenz unter den großen Konzernen in der Sphäre der Politik durchaus nicht aufgehoben ist - ihre Eigenheiten. In der Regierungspartei LDP sind die verschiedenen Kapitalgruppen als Fraktionen von Politikern vertreten, deren unverhüllte Finanzierung durch das jeweilige Unternehmenshaus nur Nichtjapaner als Korruption bemängeln. Die Hauptaufgabe des Staats, die Förderung des Exports, wird dabei als Gerangel der verschiedenen Kapitalgruppen um Kredite, Subventionen etc. betrieben, wobei im Streitfall den Ausschlag der bereits aus eigener Kraft errungene Exporterfolg gibt.

So versucht auch immer wieder ein Unternehmen, um seine Position in der innerjapanischen Konkurrenz um die staatlichen Fleischtöpfe zu verbessern, selbständig, ohne finanzielle Unterstützung durch das MITI, auf einem neuen Markt im Ausland einen Stich zu machen, - angesichts der bereits angeführten Beschränkungen des japanischen Kapitals auf dem Weltmarkt: ohne genügend Liquidität, Größe des disponiblen Kapitals, Marktbedingungen etc. und ohne ausreichende staatliche Unterstützung seiner internationalen Expansion ein riskantes Unternehmen. So kostete Honda sein verfrühter, wegen zu geringen Kapitaleinsatzes für den Aufbau eines Vertriebs- und Servicenetzes gescheiterter 'Vorstoß auf den westdeutschen Automarkt seine Selbständigkeit. Und der Versuch des Mitsui-Konzerns, sich nach der ersten "Ölkrise " durch eine 3,5 Mrd. Dollar-Investition in ein Petrochemieprojekt - ohne Absicherung durch MITI - im Iran um die Sicherung der nationalen Ölversorgung verdient zu machen und daran natürlich auch zu verdienen, endete jüngst mit Totalverlust. Die Zustimmung seiner Konkurrenten in Japan zur nun nötigen Finanzhilfe durch das MITI wird für Mitsui nicht umsonst zu haben sein.

Der Fall Mitsui/Iran illustriert schön die Schranken des japanischen Tummelns auf dem Weltmarkt. Wo seine imperialistischen Konkurrenten mit 100 Millionen oder gleich dem Angebot einer Investitionsmöglichkeit bei sich (Krupp, Mercedes), verbunden mit ihrem "politischen Einfluß" das gleiche bzw. ein entschieden besseres Ergebnis erzielen, hat Japan nur das Mittel Kapitalexport zur Verfügung, und dieses deshalb auch immer viel zu knapp und mit allen möglichen Risiken durch politische Veränderungen aber auch Versuchen, solche Veränderungen für sich zu benutzen.

Wirtschaftspolitik

Die Förderung der Exportkapitalisten betreibt der Staat in erster Linie durch Versorgung der Wirtschaft mit billigem Geld. Die Bank von Japan betreibt eine "Niedrigzinspolitik", was mit dem staatlichen Eigeninteresse nach billiger Schuldenmacherei glücklich zusammenfällt. Wird über Diskontsatzerhöhungen der Kredit verteuert, um einer Gefährdung der Exportfähigkeit durch eine aufgrund gelungener Exporterfolge "überhitzte" Binnenkonjunktur entgegenzuwirken, so hält sich die Exportwirtschaft an Arbeitern und Zulieferern schadlos, soweit sie nicht gleich durch Sonder-Kreditkonditionen von den Wirkungen solcher geldpolitischer Maßnahmen ausgenommen wird.

Um den Kreditdurst des Exportkapitals zu lindern, leistet sich der Staat eine gewaltige Aufblähung der Geldmenge durch eine "reflationäre Notenbankpolitik" und verschuldet sich in riesigem Umfang, um das "Wirtschaftswachstum anzukurbeln":

"Die Firmen erhalten von MITI Fremdkapital, das zu günstigen Sätzen verzinst wird, den Unternehmern aber praktisch wie Eigenkapital zur Verfügung steht." (WiWo)

Der Staat schenkt also fast den Kapitalisten Geld im Vertrauen darauf, daß sich diese fiktive Kapitalbildung im Exportgeschäft schon auszahlen wird.

Diese Verschuldungspolitik zugunsten der Akkumulation in der Exportindustrie findet ihre Fortsetzung in der Gewährung großzügiger Investitionen und Anpassungsbeihilfen, Exportkrediten und Ausfallbürgschaften für Verluste seiner wesentlichen ökonomischen Basis. Als fruchtbare Ergänzung dazu geht er mit "wachstumshemmenden Auflagen" sehr sparsam um: Sein Steuersystem begünstigt die notwendige schnelle Abschreibung der Industrieanlagen und ist zudem schuldenfreundlich, da Kreditzinsen weitgehend abzugsfähig sind. Mit Auflagen in Sachen Umweltschutz und Sozialabgaben hält er sich vornehm zurück, was zu den bekannten "Auswüchsen" in der Ruinierung von Arbeitskraft und Natur führt.

Weil also der Staat von seiner Binnenökonomie nur beschränkten Nutzen hat, richtet er seinen Haushalt vorrangig auf die Bedürfnisse der Exportakkumulation aus. Daß sich dabei seine immense Verschuldung in einer hohen Inflationsrate auswirkt, ist ihm ein geringes Ärgernis, da sich steigende Inlandspreise vor allem auf die Zulieferindustrie und die Konsumtion der Arbeiterklasse negativ auswirken.

"Sorgen" bereitet ihm seine Verschuldung nur in einer Hinsicht: Das enorme Ausmaß der Staatsschuld zieht einen belastenden Schuldendienst nach sich. Der Staat hofft dabei auf "künftige Exportmehreinnahmen", eine Hoffnung, die nicht immer aufgeht. Sein Nutzen ist also von den Konjunkturen der Exportindustrie unmittelbar abhängig und Krisenzeiten schlagen durch das "hohe Verschuldungsniveau" unmittelbar auf den Zustand der Staatsfinanzen durch: Anlaß für eine kräftige Neuverschuldung, um die Exportindustrie in der Hoffnung auf künftige Mehreinnahmen anzukurbeln.

Der Yen - eine begrenzt konvertible Währung

Für die japanische Währung ergibt sich dadurch, daß sie die Währung einer Handelsnation ist, eine Besonderheit. Änderungen in der Zahlungsbilanz und die Devisenspekulation schlagen sich unmittelbar in Wechselkursänderungen nieder. Der Yen ist nämlich auf den Kapitalmärkten der freien Welt bedeutungslos und dadurch, daß alle Auslandsgeschäfte in Dollar fakturiert werden, verändern mehr oder weniger verdiente Dollars, sei es im Handel oder in der Devisenspekulation, sofort die Nachfrage nach Yen und somit seinen Wechselkurs. Kurzfristige Auf- und Abwertungen sind also die Regel, was den Staat veranlaßt, die Yen-Konvertibilität zu beschränken durch Begrenzung und Meldepflicht des Devisenverkehrs.

III. Die Schranken einer Handelsnation im imperialistischen System

"Heute ist Japan zusammen mit Deutschland und den USA eine der drei wichtigsten Säulen der liberalen Weltwirtschaftsordnung."

"Der EG-Raum nimmt nur ein Drittel der japanischen Exporte in den amerikanischen Markt auf." (Manfred Pohl, Japan 77/78, S. 123)

Japan ist eine "wichtige Säule" in der Weltherrschaft des Kapitals in seiner Besonderheit als beschränkte Welthandelsnation. Es ist somit unabdingbar darauf angewiesen, daß seine Exporte im Rahmen der "liberalen Weltwirtschaftsordnung" zugelassen werden. Die Öffnung, bzw. das Offenhalten des amerikanischen und europäischen Marktes für die noch immer beschränkten leistungsfähigen Exportbranchen ist die conditio sine qua non des japanischen Handelserfolgs. Der Exporterfolg ist zugelassen, und es war die Bereitstellung vor allem des amerikanischen Marktes, was ihren Aufstieg erst ermöglichte. Daß man dabei nicht ausbleibende Schädigungen eigenen Industriezweige, die man allerdings mit "geeigneten Maßnahmen" in Grenzen zu halten weiß, mit in Kauf nimmt, liegt am sehr eigennützigen Interesse an dieser fernöstlichen Kapitalbastion.

'Handel solk sein, aber mit Maßen!' heißt die Losung der "Welthandelspartner", die unter sich um die 'Bewältigung der japanischen Exportflut' hadern. Der Bestand dieser eigentümlichen "Exportnation" ist damit ebenso garantiert wie in die Schranken gewiesen.

Ein Beispiel: Die Werftindustrie

"Japan hat 1976 einen Anteil von 60% des Weltschiffbaus, an den 1976 eingehenden Neuaufträgen sogar von über 80% erreicht. Europa möchte das Verhältnis im Weltschiffbau auf 50:50 zurückschrauben." (ebenda, S. 116)

Mit Milliardenpragrammen des MITI hatte die japanische Werftindustrie zu Beginn der siebziger Jahre, vor allem im Öltankerbau, Weltspitze in Preis und Qualität erreicht und wurde damit für die "traditionellen Schiffbauer" ein zunehmendes Ärgernis. Die europäischen Regierungen, mit ihren Schiffbau-Kapitalisten in der Sache einig, begannen daraufhin die "diplomatischen Kanäle" zwischen Brüssel und Tokio zunehmend zu beleben. Schließlich verfaßten die europäischen Regierungschefs auf ihrem "Gipfel" im November 1976 in Den Haag eine "fünfzehnteilige Deklaration", bei deren Verabschiedung man ausdrücklich betonte, daß sie "kein Ultimatum" sei und keine "Gegenmaßnahmen anführt oder auch nur androht." Zur selben Zeit begann man als flankierende Maßnahme - kongenial japanisch - die eigenen Schiffbaukapitalisten verstärkt zu subventionieren. Der Wink mit dem Zaunpfahl verfehlte seine Wirkung nicht: "Selbstbeschränkung" sonst Fremdbeschränkung wurde deklariert; schließlich, so ein dezenter "Hinweis", haben die eigenen Märkte nicht nur Nippons Schiffe zu "verdauen". Die "zugespitzte Situation" machte sich dann in der "Misere im Welttankerbau" gewaltsam Luft, in der Japan versuchte, Schiffe zu "Dumpingpreisen" loszuschlagen und einen großen Teil seiner Werftkapazitäten durch Stillegung entwerten mußte:

"Exportbeschränkungen: Im Schiffbau und bei Stahl sind auch für uns, d.h. für die Bundesrepublik Deutschland (ach so!), relevante Ergebnisse erzielt worden." (ebenda, S. 120)

Das Resultat: Gar nicht überraschend konnte Europa seine Stellung ausbauen, und die Japaner mußten der Tatsache Rechnung tragen, daß die Lasten der Krisenbewältigung auf sie abgewälzt wurden:

"1979 entfielen Angaben aus Tokio zufolge 32,9% aller in der Welt neugebauten Schiffe auf japanische Werften." (NfA vom 16.12.80)

So schraubt man das "Verhältnis im Weltschiffbau" auf 50:50 zurück.

Der Preis einer "Handelsnation"

"Wie es die Japaner sehen, habe Japan erstmals aus 'politischen' Gründen Bereitschaft(!) zu 'Opfern' für Europa gezeigt, die es unter den geltenden Regeln der Weltwirtschaftsordnung eigentlich nicht (!) nötig hätte." (Manfred Pohl, Japan, S. 120)

Die Japaner waren zu Opfern bereit, obwohl es eigentlich nicht nötig gewesen wäre? Diese "eigentlich" überflüssige Opferbereitschaft muß schon einen anderen Grund haben, als einfach das "Interesse, guten Willen zu demonstrieren"; und daß gewaltsam verfügte "Importrestriktionen" bei den "geltenden Regeln der Weltwirtschaftsordnung" miteingeschlossen sind, weiß Japan nicht zuletzt aus seiner eigenen Praxis.

Als Handelsnation ist Japan auf den Absatz in Europa angewiesen und mußte sich deshalb den "Argumenten" der europäischen Regierungschefs aufgeschlossen erweisen, da Japan deren Erpressung nicht mit gewichtigeren "Argumenten" als dem Verweis auf gemeinsame Freihandelsideale entgegentreten konnte. Daß die "geltenden Regeln" des imperialistischen Weltmarkts ökonomische Erpressung und politischen Druck ausschließen ist zwar ein Witz, mit dem die Japaner aber - in Ermangelung dieser Mittel - gerne Ernst machen würden. Japan hat keinen eigenen Wirtschaftsraum, auf dem man sich lohnende "Präferenzen" sichert und auf den andere angewiesen wären. Und Nippons eigene politische Macht besteht wesentlich in seiner Existenz als Welthandelsnation, gegenüber der EG und den USA auf jeden Fall kein "überzeugendes" Argument. Das macht Japan von der Weltmacht Nr. 1 in ganz anderem Maße abhängig, als es etwa die EG ist. Die Japaner verspüren dies am stärksten in ihrer Außenpolitik, die sie selber gerne bescheiden als "Wirtschaftsdiplomatie" bezeichnen. Es tut sich in Sachen "Rohstoffgewinnung", "Sicherung von Absatzmärkten" und dergleichen immer das Ärgernis auf, bei ökonomischen Unternehmungen nicht die sie fruchtbar ergänzenden politischen und militärischen Gewaltmittel zur Hand zu haben und deshalb völlig auf den "Schutzschild" der USA angewiesen zu sein. Sie müssen mit den von den USA eingerichteten 'liberalen' Weltmarktbedingungen zurechtkommen, ohne sie wie die EG modifizieren zu können. Ihr Gewicht als imperialistische Macht haben sie nur in der Durchsetzung ihres Kapitals auf dem Weltmarkt; weshalb sie mit allen Beschränkungen, die diesem dort entgegengestellt werden, ökonomisch zurechtkommen müssen, ohne sie anderweitig kompensieren zu können. Eine eigenständige Außenpolitik, wie sie die EG, natürlich immer nur "in Abstimmung" mit dem big brother, betreibt (AKP-Abkommen, Süderweiterung), ist also für sie nicht drin.

"Japan war zusammen mit den Niederlanden allein von dem absoluten Erdölembargo betroffen worden. Dies war nicht eine Folge besonders aggressiver japanischer Politik, sondern diplomatischer Schwäche, die Japan zu einem leichteren Opfer politischer Erpressung werden ließ als vergleichbare andere Länder." (ebenda, S. 127)

Mit der Einstellung von Militärhilfe, dem Einfrieren iranischer Konten, der "Unternehmensruinen" produzierenden Reduzierung von "Kapitalhilfe" und solcher schönen Dinge mehr, konnte Japan in diesen "kritischen Zeiten" also nicht aufwarten. Japan stand eine eigene Mitsui-Ruine ins Haus, ohne daß es sich dafür auch nur zum Teil schadlos halten konnte, was heißt, daß die imperialistischen Aktivitäten Japans sich in höheren Kosten und geringeren Erfolgsgarantien niederschlagen.

Der konzedierte Aufstieg

"Der letzte Weltkrieg war für Japan der letzte - gescheiterte - Versuch, unter den Verhältnissen des modernen Industriestaates einen eigenen abschließbaren Lebensraum zu schaffen, wenn auch als 'Co-Prosperity-Zone', einen (mit anderen) "gemeinsamen" Raum also." (ebd., S. 109)

Der "Versuch", sich durch Krieg eine exklusive Einflußsphäre zu schaffen, wurde von den Amis unsanft abgebrochen. In der japanischen Verfassung, die von den USA entworfen wurde, wird der "Krieg als Recht eines souveränen (!) Japan" verboten.

Konzediert wurde der ökonomische Aufstieg zur Exportmacht durch Verordnung von freedom democracy, wirtschaftliche Aufbauhilfen und durch Öffnung des amerikanischen und europäischen Marktes.

Forciert wurde der ökonomische Aufstieg durch die Kriege der USA in dieser "Region". Vor allem im Koreakrieg (später auch im Vietnamkrieg) erlebte die japanische Ökonomie den Boom einer Kriegswirtschaft ohne selber Krieg führen zu müssen.

Es galt "Sonderbedarf" für die amerikanische Kriegsführung zu produzieren - von Armeekleidung über kleinere Bomben und Leuchtkugeln bis zu militärischen Transportmitteln - und der dadurch entstandene Exportboom erreichte eine "Rekordhöhe" von 41% am Gesamtexportvolumen. Das schöne ökonomische Ergebnis wurde durch die politische Genugtuung abgerundet, mit den nunmehr zum Teil kommunistisch gewordenen Erzfeinden abzurechnen, ohne auch nur einen Blutstropfen zu vergießen.

Die Wirtschaftskraft Japans erblühte also unter dem Pationat der USA. Bedeutende faux-frais für die "Verteidigung" waren nicht zu erbringen, so daß diese Gelder in den Aufbau der Wirtschaft gesteckt werden konnten, während man sich unter amerikanischer Ägide ökonomisch im asiatischen Raum umtun konnte:

"Das Verteidigungsbündnis mit den USA als Rückgrat der japanischen Diplomatie der Nachkriegszeit lieferte zusätzlichen Rückhalt." (ebd. S. 125)

Keineswegs zugestanden wurde der Aufbau einer militärischen Macht, geschweige denn die Entwicklung einer eigenen "Präferenzzone", die die Japaner vor der Weltwirtschaftsmacht Nr. 1 und dem Wirtschaftsblock Nr. 1 begünstigen würde. Daß es die BRD bei ähnlicher Ausgangslage binnen kurzer Zeit zur "heimlichen Großmacht" mit den "stärksten konventionellen Streitkräften in Europa" brachte, braucht dabei nicht zu verwundern. Im Unterschied zum pazifischen Raum, der unter politisch-militärischer Kontrolle der USA steht, verläuft schnurstracks durch Westeuropa unter Einschluß der Ostgrenze der BRD die Hauptfront im "Ost-West-Konflikt".

Daß Japan dagegen der Konkurrenz der Amerikaner und Europäer auch in der eigenen Region voll ausgesetzt ist und die Mittel zur Schaffung einer 'Einflußsphäre' nicht besitzt, ist noch heute für manchen japanischen Veteranen Anlaß, sich alter Zeiten zu entsinnen, in denen der Rohstoffabtransport zum Wohle Japans ohne Umschweife mit Waffengewalt gewährleistet wurde. Diverse "japanische Vorstöße", die ASEAN-Staaten "enger" an sich zu binden, wurden immer abschlägig beschieden: Schließlich wissen gerade solche Staaten, und das besonders in erhitzten Friedenszeiten, was die "Tokioter Angebote" angesichts "amerikanischer Sicherheitsgarantien" wert sind.

Und auch in der Konkurrenz um den "neuen Markt China", immerhin unmittelbar vor der eigenen Haustür, erfährt Japan seine eigeinen Beschränkungen recht deutlich.

Die Beziehungen zu den ASEAN-Staaten und zu China sind somit "reine" Geschättsbeziehungen: Für Japan ein Rohstoffreservoir und ein beschränkter Markt für billige Konsumartikel. Südkorea und Taiwan sind die Billiglohnländer Japans, bestens geeignet für "Halbfertigwaren" und "billige Gerbrauchsgüter", eine dem Tatbestand nach ausgelagerte Zulieferindustrie also. Seine wirtschaftlichen Interessen läßt sich Japan dabei auch einige "Entwicklungshilfe" kosten, ein Haushaltstitel, der ganz ohne ideologischen Schnick-Schnack im wesentlichen staatliche Zuschüsse zu Direktinvestitionen japanischer Unternehmen zur Rohstofferschließung und -abfuhr beinhaltet, eine nationale Aufgabe, mit deren profitablen Ausführung das japanische Kapital sich mangels Masse nach wie vor schwer tut.

Modifikationen in der imperialistischen Arbeitsteilung

Die "Handelsmacht" Japan stellt also für die USA und die EG Kosten dar: Kosten, die der ökonomische Erfolg der Japaner zu Hause verursacht und Kosten für die "strategische Sicherheit" in Fernost, die zwar nicht um der Japaner willen eingerichtet wurde, unter deren "Schutzschild" sie sich aber bisher "sonnen" konnten.

Kurzum, faux-frais, die man sich wegen eigener "Interessen und Einflußsphären" leistet, was noch lange kein Argument gegen deren Minimierung ist. Was die "Exportflut" der Japaner betrifft, so ist ein Streit der USA mit der EG darüber im Gange, wer denn nun vermehrt die ökonomischen Lasten zu tragen habe:

"Japan war bislang an Europa in dem Maße, wie sein Gewicht in der Weltwirtschaftspolitik wuchs und ihm eine aktivere Rolle aufzwang, vornehmlich als Gegengewicht zu Amerika interessiert; ähnlich glaubten die USA, die europäischen Märkte könnten als Ventil dienen, um den japanischen Exportdruck vom amerikanischen Markt abzulassen." (ebd., S. 108)

Für Japan war also der Export nach Europa zugleich Mittel, seine Abhängigkeit von den USA zu verringern, um der amerikanischen Konjunktur nicht auf Gedeih und Verderb ausgeliefert zu sein. Dies ein Interesse, dem auch die Amis aufgeschlossen gegenüberstehen oder sich durch "Kooperation" mit ausländischen Firmen Vorteile zu sichern und den Zugang zu den Exportmärkten zu gewährleisten.

Die europäischen Automobilhersteller sahen sich also bei ihrer letzten "Runde" in Tokio mit "unnachgiebigen" Japanern konfrontiert, die Zugeständnisse nur auf der "Ebene der Selbstbeschränkung versprachen". "Informierte Kreise" wußten den Grund solch selbstbewußten Auftretens, wie die Frankfurter Allgemeine zu berichten weiß:

"Aus Washington kam nämlich der deutliche Hinweis, daß die Japaner Öl ins Feuer der angeheizten politischen Debatte über mögliche Zwangsbeschränkungen bei Autoausfuhren in die USA schütten würden, wenn auch nur der leiseste (!) Hinweis auf freiwillige Zugeständnisse an die Europäer sichtbar werden sollte."

Ein "Hinweis", den die Japaner sicherlich zu beherzigen wissen, wenn auch der Ausgang nicht so eindeutig ausfallen dürfte. Auf jeden Fall sind ihnen dieses Mal die "geltenden Regeln der Weltwirtschäftsordnung" nicht eingefallen.

Die Aufrüstung Japans

Japan hat eine "Berufsarmee, die als 'Selbstverteidigungsstreitkräfte' mit der 7. US-Flotte und ca. 40000 US-Soldaten auf japanischem Boden in taktischem Verbund kämpfen würden." (M. Pohl, S. 3)

Der Hinweis westdeutscher Militärjournalisten, daß Japans gegenwärtige Streitkräfte nicht einmal (!) in der Lage sein werden, das Land "selbst" zu verteidigen, trifft durchaus den Kern des westlichen Interesses. Es sind die USA, die ihren eigenen "Entmilitarisierungsbeschluß" rückgängig machen und Militarisierung "anraten".

Der scheidende US-Außenminister sieht eine Steigerung des Rüstungshaushaltes um 10% als "absolutes Minimum" an und mußte sich darauf den vernichtenden "Vorwurf gefallen lassen, daß eine "derart spezifische (!) Forderung an Einmischung in innere Angelegenheiten Japans grenze (!)". 'Aber ja doch', mußte sich H. Brown gedacht haben, als er die amerikanische Forderung in der Öffentlichkeit wiederholte.

Es ist nun einmal beschlossene Sache der USA im Rahmen ihres globalen militärischen Aufbaus, einen Teil der faux frais in der "Verteidigung" der südasiatischen Region - mit einem deutlichen "Hinweis" auf die Höhe der japanischen Exportquote in die USA - den Japanern aufzuhalsen. Die Japaner sollen als wachsende Militärmacht in diesem Gebiet kleinere Ordnungsaufgaben übernehmen. Daß sie darin einen zusätzlichen Stachel gegen die Russen bilden, ist eh klar.

Die Japaner ihrerseits können bisher für derartige Pläne "wenig Verständnis" aufbringen, da keine Rede davon sein kann, damit für sich neue Souveränität zu gewinnen:

"Allerdings herrschte in Tokio Verlegenheit über den Charakter eines verstärkten japanischen Engagements in Südostasien, wenn man von Japan mehr als eine wirtschaftliche Rolle erwarte." (Pohl, S. 158)

Japan ist schließlich unter amerikanischem Patronat ganz gut gefahren, und vermehrte Ausgaben für vermehrte Rüstungsanstrengungen stellen bei dem kostenaufwendigen Charakter von Nippons Ökonomie eine empfindliche Beschränkung dar:

"In Tokio spricht man allerdings nicht gern darüber, daß dieser Pazifismus ein Luxus ist, den man sich nur leisten kann, weil eine wirksame amerikanische Abschreckung existiert." (ebd., S. 158)

Das wußte allerdings Carter auch, weshalb er es nicht bei einem Anraten beließ und durch "Abzug von US-Bodentruppen aus Südkorea" eine kleine, aber wirksame "Geste" machte:

"Die mit dem Abzug der US-Truppen einhergehende Stärkung der südkoreanischen Streitkräfte ist ein Element der Beunruhigung in Tokio."

"Es mußte Japan schon jetzt irritieren, daß der südkoreanische Nachbar seine Stärke dann auch in Verhandlungen mit Japan politisch wirksam werden lassen könnte." (ebd., S. 136)

Der Forderung nach einer Beteiligung an den gewaltigen Rüstungen, mit denen Amerika unter Benutzung des gesamten Westens die SU in die Knie zwingen will, wird sich Japan also auch im wohlverstandenen Eigeninteresse nicht grundsätzlich widersetzen können. So sind eben die "Regeln der Weltwirtschaftsordnung".