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Dieser Artikel ist in der MSZ 3-1980 erschienen.

Kroetz
HEIMAT, DEINE STERNE

Wenn der Schriftsteller Franz Xaver Kroetz seinen Austritt aus der DKP der Öffentlichkeit mit einer "Sensibilisierung im Verhältnis Mensch-Umwelt" erklärt, so heißt dies nicht, daß sich hier ein von tiefem feeling überwältigter Intellekt in ein allumfassendes Verhältnis aufzulösen droht.

Geschärfter Geist meldet sich vielmehr in Kroetzens Entscheidung für den rechten 'Zeitmarsch' an: Es ist nicht mehr 'in' für Westdeutschlands Intellektuelle, den "Sang der Gesänge (für) den Marsch der roten Kolonne" erschallen zu lassen. Wirklich unsensibel von denen, die 'trotz Afghanistan' immer noch fürs falsche Deutschland Partei ergreifen, gerade "gegenwärtig (von ihren Kroetzen) besonders viel Verbundenheit zu verlangen".

So wird die DKP damit überführt, daß sie dem kunstschaffenden Ex-Genossen doch wahrlich durch solch mangelnde "Differenzierung" in Sachen "realer Sozialismus" "schmerzliche Widersprüche beim Schreiben" bereitete. Solch ästhetisch fruchtbar gemachter Antikommunismus ist es dann auch wert, von der Presse anders bedacht zu werden als diejenigen, über die nach der Bundestagswahl unter der Rubrik "Stimmenverluste der DKP" ('= extreme Parteien haben bei uns keine Chance') mit einer Zeile 'informiert' werden wird. Genüßlich auf die Koketterie des Autors mit sich als Politikum anspielend (Kroetz über Kroetz: "Da aber der Schriftsteller sehr oft mit den Ellen des Parteimitgliedes gemessen worden ist und dieses Bild möglicherweise (!) auch in der Öffentlichkeit vorherrscht, bedarf es doch der Erklärung dieses von mir an sich als persönlich betrachteten Schrittes") weiß die "Süddeutsche Zeitung" über den glücklosen politischen Ausgang des "Menschen Kroetz" zu berichten:

"Jetzt arbeitet der Mensch Kroetz wieder an seinem lange geplanten Roman, und am 22. Mai wird in Recklinghausen sein Stück 'Der stramme Max' uraufgeführt."

So schlägt durch alle Irrungen und Wirrungen der Heimatliebe die "Utopie eines eigenständigen nationalen - bayerischen - Sozialismus" durch, dessen gesunde "Hiesigkeit" sich Bahro-mäßig vorzutragen weiß:

"Ich bin alles in allem heute eher fortschrittsskeptisch, was sich schwer mit dem Bild des herkömmlichen marxistischen Fortschrittsglaubens vereinbaren läßt."

Der stramme Abgang des Franz Xaver hält einen Jörg Högemann vom Referat Öffentlichkeitsarbeit der südbayerischen DKP noch lange nicht davon ab, tief in den Kroetz zu kriechen und sich dort zu verankern:

"Wir respektieren, wenn jemand eine andere Form des Verhältnisses zu uns sucht."

Bei soviel Heuchelei darf bei der DKP die förmliche Verachtung für einen, auf den man so scharf ist, nicht fehlen; so fand Kollege "Sepp" Herburger:

"Ich habe Theatralikern schon immer mißtraut. Ihre sehr öffentliche und ebenso beklatschte oder geschätzte Kunst führt gern zu artnahem (!) Opportunismus..."

Leute von gestern

Wahrscheinlich zur Finanzierung eines neuen Toupets, welches er zur Aufrechterhaltung gewisser Illusionen braucht, hielt Prof. Elmar Altvater am 6.6.80 vor dem MIC-Management Informationscenter im Münchner Hilton einen Vortrag des Inhalts: "Ist der Kapitalismus eine Illusion?" (Manager-Magazin)

Wohin geht die Frauenbewegung?

(In der "tageszeitung" vom 30. April gibt Frau Barbara Auskunft über den aktuellen Stand der Frauenbewegung: er befindet sich irgendwo im Mittelalter:)

"Der lebensbejahende Charakter des Mittelalters, die Freude und die Lust am Leben und Ausdruck der noch unmittelbaren Naturverbundenhelt der Menschen."

"Die Frauen tanzten, das Gesicht nach außen gerichtet, in einem Kreis um die Symbole des ewigen Naturkreislaufs: um einen Baum, ein Feuer oder eine andere Frau. Der Kreis selbst, der keinen Anfang und kein Ende hat, ist das Rad der Jahreszeiten und des ganzen Lebens mit Geburt; Tod und Wiedergeburt."

"Auf der Walpurgisnacht herrschte eine Atmosphäre der Ausgelassenheit und Lebenslust, die wir heute verlernt haben." (a.a.O., S. 5)